Archiv:Blutiger Zwist am unteren Sikram (BB 25)

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Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 25, Seiten 9-12 Schildwacht.png Datiert auf: 1027 BF


Blutiger Zwist am unteren Sikram

Grenzflüsschen Torre wird zum urbetisch-efferdischen Zankapfel

von Alverano ya Paredo

Baronie Efferdas/Domäne Urbet. Die Torrems – seit jeher Signores am efferdwärtigen Torreufer – zählen zu den ältesten Geschlechtern des Alten Reiches, und ebenso lang währt ihr Anspruch auf (und ihre Herrschaft über) die an der Mündung der Torre in den Sikram gelegene Doppelstadt Torremund. Angefochten wurde und wird dieser Status von den alten Signores des rahjawärtigen Torreufers – zuvorderst den Familien di Salsavûr und Cindano, aus deren letzterer indes längst der urbetische Zweig des Hauses Marvinko hervorgegangen ist – und zahlreiche blutige Konflikte wurden darum beiderseits des Flüsschens schon ausgetragen. Diese Reihe scheint nun eine abermalige Fortsetzung gefunden zu haben. Von den Ereignissen wollen wir dabei in ihrer zeitlichen Abfolge berichten.

Bauernaufstand in Urbet

Ausgangspunkt des Zwists ist der Bauernaufstand in Süd-Urbetien.

Ihren Ausgang nahmen die aktuellen Geschehnisse in den aufkommenden Unruhen unter der südurbetischen Landbevölkerung, die auf die Wahl Gransignore Travianos folgten (BB#24). Zur ersten Eskalation dieser Unruhen kam es in Gerrich, dem an nicht weniger als vier methumische Domänen und Baronien grenzenden Süden Urbets. Etliche mit Mistgabeln und Dreschflegeln bewaffnete Bauernhaufen rotteten sich dort zusammen, um Mord und Brand über die Güter des Adels und der wohlhabendsten Großbauern zu bringen. Auf dem weitläufigen Rossgut der herrschenden della Penas griffen die dortigen Stallburschen gar den Sitz der örtlichen Vogta an, und veranlassten selbige damit zur eiligen Flucht gen Norden.

Auch der Funke des Aufruhrs breitete sich aber nach Norden aus, in die Herrschaften Salsavûr und Cindano an der Torre sowie nach Cerellion am Sikram – die Büttel der Signores vermochten den zahlenmäßig bei weitem überlegenen Bauernhaufen nichts entgegenzusetzen oder verbrüderten sich mancherorts gar mit ihnen! In ihrer Karosse und mit leichter Bedeckung unterwegs wurde die Cavalliera Bellarahja di Tamarasco vor Cindano vom Pöbel überrascht und erschlagen – und mit ihr ihre Eskorte, ihr Kutscher und ihre Zofen. Allein den Bürgern des befestigten Cindanos gelang es in den vom Aufruhr heimgesuchten Gebieten, die Tore ihrer Stadt rechtzeitig vor den Aufständischen zu schließen und damit einer Plünderung zu entgehen.

Derweil die Feldaufseher des Gransignore zumindest ein Übergreifen des Aufruhrs auf die der Residenzstadt nahegelegenen Güter mit Schwert und Peitsche zu verhindern wussten, gingen zwischen dem Castello della Torres zu Urbet und dem Arivorer Goldenhelm eilige Depeschen hin und her. Gemeinsam ritten schließlich ein Bataillon des Ardaritenordens unter Signore Reon ya Torese (aus Aldan) und die landherrlichen Kürassiere unter Gransignore Traviano selbst aus, den Aufruhr im Süden niederzuschlagen und die Mörder der Cavalliera Bellarahja zu bestrafen – die mit der Wahl Travianos einhergegangenen Zwistigkeiten zwischen Marvinko und Torese (BB#24) waren vorerst vergessen.

Mehrere Wochen benötigten die beiden vormaligen Rivalen, den Aufstand endgültig niederzuschlagen, da dieser – offensichtlich bewusst geschürt – mehrfach wieder aufflammte und die Reiterkavalkaden dadurch wiederholt zwischen Cindano und Gerrich hin- und herzueilen gezwungen waren. Am Ende bezahlte die Domäne Urbet die wiederhergestellte Ordnung mit etlichen niedergebrannten Gütern und Höfen sowie einem hohen Blutzoll – neben drei Dutzend Bewaffneten der Truppen Travianos und Reons (meist durch Hinterlist gefällt) ließen auch einige hundert Aufrührer und Bauern ihr Leben auf dem ruhmlosen Schlachtfeld.

Die Torrems als Urheber? Ungeheuerliches kam dann allerdings heraus. In Gerrich gelang es dem Trupp Travianos schließlich, die Anstifter der Unruhen – Auswärtige! – ausfindig zu machen und sie bis vor die Tore Torremunds zu verfolgen. Hier jedoch fanden die Flüchtigen im Castello Pontorre, der am urbetischen Ufer gelegenen Stadtfestung der Torrems, bereitwilligen Unterschlupf. Damit schien Signore Drago Ariando Torrem, das Oberhaupt des Torremunder Geschlechts, der wahre Initiator des blutigen Aufstands zu sein.

Dass andere Stimmen behaupten, der Signore Drago III. di Salsavûr (welcher nicht nur ein Namensvetter des Torremunders, sondern – wegen einer Affäre seiner Gemahlin mit diesem, wie es heißt – auch ein Erbfeind desselben ist) habe den Verdacht der Urheberschaft auf seinen Nachbarn lenken wollen, sei jedoch auch erwähnt.

Ein anderer Torrem indes, Signore Reon Phalaxan Torrem von Toricum, machte ebenfalls von sich reden. In seiner Residenzstadt Toricum, auf halbem Wege am Sikram zwischen Torremund und der Mündung bei Belhanka gelegen, ließ er den Zollmeister der Baronin von Efferdas verjagen und beanspruchte für sich selbst die Ausübung des Zollprivilegs. Als Grundlage hierfür führte er die sogenannte "König-Khadan-Akte" an, eine ältere Sammlung von Privilegien und Dotationen des Hauses Torrem, deren Gültigkeit jedoch ob des hohen Alters der Urkunde und angesichts nachfolgender Rechtsgeschäfte keineswegs unumstritten sein konnte.

Baronin Elanor von Efferdas soll auf den schweren Affront – man hatte den Siegelring ihres mißhandelten Vogts in eine Kloake geworfen! – zunächst mit einer gütlichen Offerte habe reagieren wollen, die jedoch von den nachfolgenden Ereignissen hinweggefegt wurde. Dass Reon Phalaxan es sich gerade da mit der Baronin verscherzte, als sein Vetter Drago Ariando in einen Konflikt mit Urbet zu geraten drohte, wird immerhin von aufmerksamen Beobachtern als ein Zeichen innerfamiliärer Uneinigkeit oder gar Rivalität gewertet.

Die Belagerung Neu-Torremunds

Beinahe gleichzeitig kam es zum Zollkonflikt in Toricum und zur Eroberung Alt-Torremunds.

Wenige Tage nach diesen Vorfällen – mancher fragte sich schon, ob der junge Landherr die offensichtliche Aggression Torremunds unbeantwortet ließe – entsandte Gransignore Traviano Nepolemo von Urbet-Marvinko seinen Hofconstabler, den Signore von Salsavûr, und einen größeren Heerhaufen vor die Tore des Castello Pontorre und Neu-Torremunds. Neben der Hauptmacht, die sich aus landherrlichen Hellebardieren und Bewaffneten der örtlichen Signores rekrutierte, fanden sich auch einige größere Söldnerscharen unter den Truppen. Dazu landete des Gransignors Flussgaleere »Santa Lutisana« auf einem behelfsmäßigen Steg am Sikram schweres Belagerungsgerät an.

Mehr als 150 Mann standen so vor dem Castello, das mit seiner Besatzung in Halbbannerstärke dem nur wenig entgegenzusetzen gehabt hätte, wenn nicht Signore Drago Ariando selbst mit weiteren vier Dutzend Gardisten aus dem größeren und hinter dem Fluss gelegenen Alt-Torremund hinzugeeilt wäre. Als Wortführer der Urbetier trat da der Salsavûrer vor, den Torrems die Herausgabe der Anstifter des Aufstandes sowie des "seit jeher auf urbetischer Seite gelegenen" Castello Pontorre und dazu des Ostteils der Stadt abzuverlangen. Signore Drago Ariando verweigerte – im Wissen, dass er auf den Zinnen für zwei Angreifer immerhin einen Verteidiger hatte, und in der Gewissheit, dass er sich übers freie Alt-Torremund jederzeit versorgen konnte. Da an eine längere Belagerung also nicht zu denken war, musste offensichtlich nur der erste Sturm der Angreifer zurückgeschlagen werden.

Tatsächlich formierten die Belagerer vor dem Castello sich zu diesem Zeitpunkt auch bereits für den Sturm auf die Stadt. Der Onager der Urbetier war längst in Stellung gebracht worden und auch die ebenfalls mit der Galeere herangeschafften Sturmleitern und die leichte Torramme standen bereit ...

Die Besetzung Alt-Torremunds In diesem spannungsgeladenen Moment allerdings wurde das angstvolle Harren in der Stille jäh von einem Laut des Entsetzens von der anderen Seite des Flusses unterbrochen, einem Alarmruf nämlich – doch zu spät. Während die Verteidiger des Castello Pontorre auf der rahjawärtigen Seite sich umsahen, preschten die Kürassiere des Gransignore Traviano, er selbst darunter, längst durchs efferdwärtige Tor Alt-Torremunds – Saboteure mussten ihnen den Weg in den von seinen Verteidigern fast gänzlich entblößten Westteil der Stadt eröffnet und geebnet haben. Ein Augenblick der geordneten Neugliederung der Kräfte blieb den Torremundern nicht, da nun sowohl die Reiter des Gransignors auf die Brücke zum Ostufer zuhielten, als auch die Belagerer auf der anderen Seite mit dem Sturm begannen.

Allein der Geistesgegenwart Signore Drago Ariandos war es zu schulden, dass es den Truppen der Torremunder rechtzeitig gelang, die Brücke vor den heranpreschenden Reitern zu sperren. Deren zahlenmäßige Überlegenheit verlor darob auf der schmalen Brücke jegliche Bedeutung. Obgleich nun noch ein wildes Hauen und Stechen begann, war den Torrems dadurch der entscheidende Schritt zur Verteidigung zumindest des östlichen Teils der Stadt bereits gelungen. Ohne größere Verluste an Mann und Material zu riskieren, zogen sich daraufhin auch die Urbetier auf das Erreichte – die Eroberung Alt-Torremunds – zurück.

Auch die Situation am westlichen Ufer ließ sich daher nun überblicken: Gransignore Traviano hatte seine landherrlichen Kürassiere und dazu die berittenen »Mardilo-Jäger«, ein aus Marvinko stammendes Söldnerbanner, in den Rücken der Verteidiger geführt – offensichtlich, indem er sie weiter nördlich über die Torre hatte übersetzen lassen. In Alt-Torremund requirierten die Besatzer nun Vorräte und Unterkünfte, während sie zugleich als deutliches Zeichen den Torrems gegenüber den Herrschaftswechsel öffentlich ausrufen ließen. "Denn wenn der Domäne Urbet schon die Aufklärung der Verbrechen im Umfeld der bedauernswerten Aufstände versagt und ihrem gerechten Anspruch auf ihr eigenes Torreufer nicht entsprochen wird, ist es zumindest erforderlich, etwaigem efferdischen Entsatz für das Castello Pontorre zuvorzukommen", so die Worte des Herolds.

Auf der Brücke zwischen den beiden Stadtteilen wurden alsbald von beiden Seiten behelfsmäßige Barrikaden errichtet und man schien sich für eine längere Belagerung einzurichten, bei der der eingeschlossene Signore von Torremund nun deutlich die schlechtesten Karten hatte. Zumal sich auch die Reaktion seines Vetters Reon zu diesem Zeitpunkt schwerlich vorhersagen ließ. Die Baronin von Efferdas beließ es zunächst bei einer Protestnote gegen die Urbetier.

Entsatztruppen der Torrems vor Torremund Tatsächlich eilte der Signore von Toricum seinem Vetter zur Hilfe – einen Griff Urbetiens nach den Hausgütern des Geschlechts konnte er nicht geschehen lassen, zumal es eine wichtige militärische Position zu behaupten galt. Allerdings verzichtete er der Notlage ungeachtet auf einen Ausgleich mit der Baronin Elanor und sammelte stattdessen allein die Truppen des eigenen Hauses, um die Unternehmung auf eigene Faust zu beginnen. Zu Toricum trat dazu die Landwehr unter Waffen, und es darf vermutet werden, dass der Signore ein riskantes Spiel zu spielen bereit war. Mit der Baronin von Efferdas, so mag er gedacht haben, würde am Ende immer noch ein Ausgleich möglich sein, ohne die eigenen Interessen zuvor hintanstellen zu müssen.

So marschierte ein Kriegshaufen von wohl 100 Mannen gegen Torremund und verschanzte sich vor den Mauern der besetzten Altstadt. Da ein Berennen der Befestigungen dem Signore jedoch aussichtslos erscheinen musste, wichen Rondras Tugenden bald jenen Phexens. Nachdem der Capitan Praiopius di Trequerce, der Schwiegersohn des Toricumers, im Zuge einer nächtlichen Aktion in Gefangenschaft geraten war, entwickelten sich aus den Verhandlungen um seine Person bald ernsthafte Konsultationen, die hinwieder den Fortgang der gesamten Angelegenheit in ganz neuem Lichte erscheinen ließen. Gesichert ist, dass Signore Drago Ariando Torrem von Torremund, Signore Reon Phalaxan Torrem von Toricum und Gransignore Traviano Nepolemo von Urbet-Marvinko bald ein Treffen auf neutralem Boden ausgehandelt hatten, jenseits des Sikramstromes in der Signorie Trimara – um dort gemeinsam zu speisen.

Während Baronin Elanor noch nach Torremund marschierte, hatten sich Torrems und Urbetier bereits geeinigt.

Tags darauf war in allen Lagern reger Eifer festzustellen, und endlich, als an der Brücke die Kriegshaufen der Torrems einerseits und des Gransignore andererseits zum bewaffneten Aufeinanderprall Aufstellung genommen hatten, erfolgte die unerwartete Wendung: Die Befehlshaber, anstatt ihre Knechte in ein blutiges Treffen zu führen, übergaben einander die Kontrolle über den jeweils anderen Stadtteil. So geschah es, dass die Urbetischen nach Neu-Torremund überwechselten, das Kriegsvolk des Signore von Torremund hingegen nach Alt-Torremund.

Trotz dieser gütlichen Einigung darf es verwundern, dass Reon Phalaxan Torrem offenbar darauf bestanden haben muss, seinen Schwiegersohn in der Gefangenschaft des Gransignore von Urbetien zu belassen. Dies mag allerdings darin begründet gewesen sein, dass jener Praiopius di Trequerce gegenüber der Baronin von Efferdas als sehr loyal galt ...

Baronin Elanor vor Torremund Dass hinter dieser Einigung zwischen den Torrems und Urbet tatsächlich mehr zu vermuten war, offenbarte sich erst beim alsbaldigen Erscheinen Baronin Elanors von Efferdas vor Torremund. Die Torrems verwehrten ihrer eigenen Lehensherrin jedoch den Einzug in die Stadt und kündigten somit ihre Loyalität auf! Mit einer stattlichen Eskorte von bald 150 freiherrschaftlichen Gardereitern und Infanteristen – gewiß in der Erwartung einer Auseinandersetzung mit Urbet mitgeführt – hatte die Baronin bereits die Tore Toricums auf dem Wege verschlossen vorfinden müssen. Vor Torremund nun, wo zuvor noch Signore Reon Phalaxan bis zum Austausch der Stadtteile vor den Mauern gelagert hatte, richteten sich nun die Truppen der Baronin ein und harrten weiterer Befehle, vorerst der eigenen Verteidigung Sorge tragend.

Mehrfach trafen sich Baronin und Signores in den folgenden Tagen zu Gesprächen im freiherrschaftlichen Zelt, ohne dass allerdings die Fragen Elanors nach dem Hintergrund des Austausches beantwortet worden wären. Tatsächlich belauerte man sich so mehrere Wochen lang – doch keine Seite schien den nächsten (militärischen) Schritt tun zu wollen. Immerhin wurde alsbald deutlich, dass die Torrems sich mit dem ärgsten äußeren Feind der Baronin von Efferdas verbündet hatten, um die eigene Lehensherrin um wichtige Zugeständnisse zu erpressen.

Es ging hier nicht mehr nur um das Privileg des Brückenzolls. Vielmehr schien der Gransignore von Urbet-Marvinko bemüht, das Haus Torrem als Speerspitze gegen die Baronin von Efferdas zu gebrauchen, um letzten Endes die Macht am unteren Sikram an sich zu reißen und seinen Machtbereich indirekt bis an das große Meer auszudehnen. Zumindest würde es ihm gelungen sein, die Baronin von Efferdas aus den großen Entwürfen kommender Zeiten herauszuhalten. Seelenruhig verließ Gransignore Traviano Nepolemo nun den Ort des Geschehens gen Norden, um in Silas aus des Grafen Hand die Signorskrone Cindanos entgegenzunehmen (und seiner verstorbenen Tante Bellarahja di Tamarasco nachzufolgen), sich zum Marschall der Lutisaner küren zu lassen und schließlich auch seinen Pflichten am HORas-Hofe zu Vinsalt nachzukommen. Das Regiment in Torremund aber überließ er seinem Hofconstabler, dem Signore von Salsavûr.

Die "Brandnacht von Torremund" Der Signore von Salsavûr jedoch, verfeindet mit dem Signore von Torremund, schien über die Allianz mit seinem Widersacher keineswegs erfreut, und bald kündigten sich dichte Wolken am Himmel des neuen Bündnisses an, da er sich systematisch den Bündnispflichten zu entziehen schien. Einige Stimmen meinten gar, es habe im Kalkül des Gransignore von Urbet gelegen, sich auch nach dem Eintritt des casus foederis die Option zu erhalten, innerefferdische Angelegenheiten nicht zu berühren. Mancher Bote der beiden efferdischen Signores nun, den diese ins Castello Pontorre entsandt hatten, kehrte dieser Tage endlich mit unerfreulicher Zeitung zurück. Auch hieß es, der Signore von Torremund sei bei einem Sturz vom Pferde schwer verunglückt, und auf dem Krankenlager habe ihn eine schwere Pneumonie erfaßt, so dass er seinem Vetter Reon Phalaxan fürdere Entscheidungen gänzlich überlassen musste.

Nach Wochen endlich wurden etwa 100 urbetische Kriegsknechte zur Unterstützung nach Alt-Torremund verfügt, die unter dem Befehl des Signore von Salsavûr zum Zwecke offensichtlicher Bündnistreue kommandiert wurden. Es musste wohl vermutet werden, nun endlich werde der finale Ausfall gegen die Truppen der Baronin geführt. Bis zum Abend tat sich vorerst nichts – die urbetischen Truppen nahmen Quartier im Hafen der Altstadt.

In der "Brandnacht" verrieten die Torrems die Urbetier wieder und schlossen sich Elanors Vergeltungszug gegen Urbetien an.

Tatsächlich vollzog sich nun, was schon im Anbeginn als Fatalität des marvinkisch-torremschen Bündnisses zu erahnen stand: In der kommenden Nacht öffneten sich die Tore Alt-Torremunds, doch anstatt einen Ausfall der Urbetischen vorzubereiten, fielen die freiherrschaftlichen Kriegsknechte und -reiter der Baronin Elanor in die Stadt ein. Die Torrems hatten nun also ihren hohen Alliierten verraten! Völlig überrascht, ging der Signore von Salsavûr schon im ersten Treffen mit Rondra ab. Seine Truppen aber zogen sich, da ihnen der Rückweg nach Neu-Torremund von den Torrems versperrt wurde, in ihr Quartier zurück, sich dort vor den nachdrängenden Efferdiern zu verbarrikadieren und auszuharren. Allein die urbetischen Söldner gingen kurz darauf zum Feinde über, und als endlich eine Offerte der Baronin Elanor, die verbliebenen Hellebardiere mögen sich doch ergeben, abgewiesen worden war, ließ sie Feuer an das Lagerhaus legen.

50 von 100 Urbetischen überlebten die Brandnacht von Alt-Torremund nicht. Ohne entscheidende Wirkung dagegen blieb, dass das Castello Pontorre die Altstadt mit Geschützhagel bedeckte – sieht man einmal davon ab, dass alsbald weitere Feuer zu lodern begannen und schwere Rauchsäulen in den Nachthimmel emporstiegen. Die Löschketten der Bürger wurden bis zum kommenden Vormittag an den schweren Bränden mit Eimern und Kübeln geschäftig gesehen.

Neu-Torremund indes blieb in urbetischer Hand, und eine Fortsetzung des Angriffs gegen die Neustadt verbot sich denn auch bald, weil die Brücke bei einer nachfolgenden Unternehmung einstürzte, als ein Rammstoß gegen die urbetische Barrikade fehlging und ein ganzes Segment der Brücke in den Fluß riss.

An der oberen Torre Da die dezimierten Urbetier nun noch ihre Truppen sammelten, darunter die Lutisaner in ihrem ersten Einsatz für ihren neuen Marschall, nutzten die Efferdier diese Schwäche, um sich für das nicht mehr erreichbare Neu-Torremund im Norden Ersatz zu verschaffen. Bei Thirindar überquerten die Kriegsknechte Elanors die obere Torrebrücke, um sich in den nahegelegenen Dörfern und Weilern der Signorie Cindano zu 'versorgen'. Als bemerkenswert darf dabei gelten, dass es den efferdischen Truppen in erster Linie um die Palisaden und schwachen Befestigungswerke der Orte ging. Diese wurden abgetragen und nach Thirindar verbracht, wo sie der Errichtung einer eigenen notdürftigen Bastion am urbetischen Ufer dienten.

Derweil trafen die Signori Urbets mit ihrem Entsatz in der Stadt Cindano ein – unter ihnen Tarquinio della Pena, der Bruder Baronet Horasios della Pena. Vor allem aber kam es hier zum Aufeinandertreffen der Cavallieri Zodian von Urbet-Marvinko und Romualdo di Salsavûr, die sich während der vergangenen Gransignorswahl zum Duell gefordert hatten und einander seither – unter dem jeweils gegenseitigen Vorwurf der Feigheit – aus dem Weg gegangen waren (BB#24).

Der Aggression Efferdas' zum Trotze, gewährten sie sich nun Satisfaktion. Wohl ergrimmt noch durch den Tod seines Onkels in der Brandnacht, für den er auch den Gransignore und dessen Familie verantwortlich machte, ließ Romualdo dabei keine Gelegenheit aus, den Marvinko seinen Missfallen auszudrücken, und zog gar den Rock der Kaiserin in seinem Duell gegen Zodian über. Umso schwerer tat er sich indes ob dieses Vorspiels zu erklären, wie er Zodian so unglücklich am Halse habe treffen können, dass dieser tot zusammenbrach! Obgleich die Sekundanten, so versicherten sie, keine unrechtmäßige Aktion haben erkennen können, warf dies doch im Nachhinein kein gutes Licht auf das Verhalten Romualdos. Zodian indes war gefallen, noch bevor er einem Efferdier hatte gegenüberstehen können, und die Urbetier drohten nun gar noch in ihre alten Streitigkeiten untereinander zurückzufallen.

Verhandlungen in Ankram Wohl angeraten musste es da dem endlich aus dem Norden zurückgekehrten Gransignore erscheinen, es nicht unbedingt auf weitere Waffengänge ankommen zu lassen; wie auch die Baronin Elanor nach der notdürftigen Befestigung ihres Vorpostens bei Thirindar nun auf Gespräche drängte. Die mittlerweile an der Torre zusammengezogenen Truppen Efferdiens und der Marvinko schienen sich ebenbürtig und keiner konnte mehr für sich mit einem deutlichen Sieg in einer bewaffneten Auseinandersetzung rechnen.

In Ankram, im Castello Ankhelet und unter der Gastfreundschaft Baronin Delhena di Visterdis, die sich dort als Vermittlerin angeboten hatte, fanden Landherr und Freiherrin schließlich zusammen. Nach dem Bankette mit der Gastgeberin, ihren eigenen Erben und den ihr schutzempfohlenen Grafenkindern Thegûns seien Gransignore Traviano Nepolemo von Urbet-Marvinko und Baronin Elanor von Efferdas im Rauchsalon des Castellos dann die Möglichkeiten durchgegangen, unter Wahrung der gegenseitigen Ansprüche zu einem Ende der Kampfhandlungen zu kommen, heißt es. Da die Urbetier ihrerseits wohl das eroberte Neu-Torremund nicht aufzugeben bereit waren, und die Baronin von Efferdas im Gegenzug auf eine Kompensation bei Thirindar bestand, einigte man sich schließlich auf einen langfristigen Waffenstillstand, der die bei Vertragsschluss herrschenden tatsächlichen Verhältnisse unberührt ließ. Dass dies vor allem die Herrschaft des Hauses Torrem über Neu-Torremund beschnitt, schien aus der Sicht beider Parteien vertretbar zu sein ...

Da zudem die beschädigte Brücke in Torremund seither keiner Reparatur entgegensah – es heißt, auch dies habe dem Wunsch der Baronin Elanor entsprochen – scheint sich der niedergelegte Konflikt für Reisende (und Händler) aber noch weiter auszuwirken. Bittere Verwünschungen wurden an der Torremunder Brücke seither nicht selten gehört – allein geholfen hat es keinem der Schimpfenden, denn am Ende musste doch jeder den Umweg über Thirindar in Kauf nehmen.

Vermählungen und Hinrichtungen Zum Ende unseres Berichts bleibt uns noch das nachzutragen, was sich in der Folgezeit ergab. So wurden die von den Efferdiern in der Brandnacht gefangenen, überlebenden urbetischen Hellebardiere alsbald in der Signorie Trimara wieder ihrem Dienstherrn, dem Gransignore übergeben. Dass dieser sie teuer auszulösen hatte, mag ein Gerücht sein, aber andererseits auch darin begründet liegen, dass er es sich vor der eigenen Truppe nach der Schmach der Brandnacht nicht erlauben konnte, die Hellebardiere längere Zeit in efferdischer Kriegsgefangenschaft zu belassen.

Zu Toricum wurden dagegen Traviabünde gefeiert. Der erstgeborene Sohn Signore Reons wurde mit der zweitgeborenen Tochter des Cavalliere Tomasiello di Punta von Sikras (Horasdomäne), und seine drittgeborene Tochter mit dem Cavalliere Bassanio di Punta von Vendramin (Domäne der Berlinghan) vermählt. Beachtenswert ist diese Heiratspolitik deswegen, weil sie dem Toricumer einen gesteigerten Einfluss in seinen direkten Nachbarsignorien zu verschaffen und wohl auch ein Grund für seinen Verrat an den Marvinko gewesen zu sein scheint.

Mittlerweile beinahe vergessen, wurde aber auch der ursprüngliche Anlass des Konflikts nochmal offenbar – in Urbet wurde nämlich schließlich ein halbes Dutzend vermeintlicher Anstifter des Bauernaufstands hingerichtet. Ob es sich dabei tatsächlich um die Aufwiegler oder aber – Praios bewahre, doch auch diese Gerüchte gehen! – um Unschuldige gehandelt hat, lässt sich leider nicht mehr feststellen, da die Gerichtsherren der Domäne sich in dieser Angelegenheit nicht weiter äußern wollten. Ebenso ungeklärt ist indes das Schicksal des Cavalliere Praiopius di Trequerce. Am weitesten verbreitet ist diesbezüglich die Ansicht, er habe in den Katakomben unter dem urbetischen Castello della Torres ein Domizil gefunden ...

Armin Bundt, unter reichhaltiger Mitarbeit von Bernhard Sieber und Olaf Tomaszewski sowie mit Dank auch an Felix Füzi, Karsten Ockenfels und Christel Scheja