Archiv:Gedenken bei den Ruinen von Parsek (BB 39)

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Gedenken bei den Ruinen von Parsek – Herzog Eolan plant die Idealstadt

von Dorian Weidek

Parsek. Sieben lange Jahre ist es nun her. Sieben Götterläufe, seit die Stadt am Onjet, der Bestie des Krieges zum Opfer fiel, die in Coramar ya Strozza Gestalt angenommen hatte. Schon seit einigen Jahren herrscht Frieden, nach einigen Nachbeben scheint in der Region Ruhe einzukehren. Doch was ist aus der zerstörten Stadt geworden?

Das Erneuerungsfest am 30. Tsa 1036 BF bot Gelegenheit, sich dieser Frage anzunehmen. Eolan IV. Berlînghan, unser gütiger Herzog, hatte gemeinsam mit Baron Nicolo di Onerdi, dem Herrn von Stadt und Baronie Parsek, zu einer Zusammenkunft gerufen, die dem Andenken an die Toten, aber auch den Plänen für die Zukunft gewidmet sein sollte.
Inmitten einer eigens errichteten kleinen Zeltstadt fanden sich an diesem Tage viele hochrangige Persönlichkeiten des Herzogtums, aber auch efferdische Patrizier ein. Der Herzog hielt zunächst eine bewegende Ansprache in Erinnerung an die vielen Opfer dieser schrecklichen Tage, dieser vielleicht schrecklichsten Tat des ganzen Krieges. Schweigend gedachte die Versammlung denen, die Leben und denen, die Heimat verloren hatten. Zuallererst aber richteten sie ihre Gebete an den Herrn des Todes, auf dass er jene erlöse, die noch immer keine Ruhe gefunden haben. Dass in vielen Nächten noch immer die Geister ruheloser Toter umgehen, ist kein Geheimnis in der Gegend.
Der Baron sprach bei dieser Gelegenheit seinem ehemaligen Hofkaplan, Horadan di Salsavûr, seine tief empfundene Dankbarkeit aus. Grade in den ersten schweren Jahren hatte dieser Nacht um Nacht in der Stadt verbracht und nach Kräften daran gearbeitet, der Erscheinungen Herr zu werden.
Doch nicht nur der Vergangenheit gehörte der Tag, man wandte den Blick auch in die Zukunft, auf den Wiederaufbau. Eolan machte deutlich, dass noch ein langer Weg zu gehen sei, bis wieder geschäftiges Treiben auf Straßen und Plätzen in der Stadt herrscht. Als wichtigsten Schritt auf diesem Weg bezeichnete der Herzog die Aufräumarbeiten in der Ruinenstadt. Baron Nicolo trieb diese Arbeiten in letzter Zeit verstärkt voran und hatte dafür auch Freiwillige aus Efferdas gewinnen können. Diese Arbeiter sind mittlerweile als die Köhler von Parsek bekannt geworden und wer einmal einen Fuß in die verrußten Trümmer der Stadt gesetzt hat, ahnt, woher dieser Name rührt. Dennoch kann niemand die enormen Fortschritte bestreiten, die in Monaten harter Arbeit erzielt wurden.
Umbario Horadostai, der Anführer dieser Arbeiter präsentierte nun einige Funde aus der Stadt. Erst kürzlich konnte er persönlich eine Statue der Schönen Göttin aus dem zerstörten Rahja-Tempel bergen, einzig eine Hand fehlte ihr. Überhaupt scheint dieser Mann von Phex gesegnet zu sein, denn schon zuvor rettete er diverse Kunstwerke und Wertgegenstände aus den Trümmern.

Baron Nicolo
Nach einem Götterdienst kam dann auch das Ende des Tages und damit auch der Höhepunkt der Versammlung. Herzog Eolan ergriff noch einmal das Wort und breitete seine Vision eines neuen Parsek vor den Anwesenden aus. An diesem Ort des Schreckens soll sie entstehen: Mit Weitsicht geplant, großzügig in Raum und Höhe, doch maßvoll und bodenständig, hell und offen für alle – die Idealstadt! Eine Stadt, die für alle Bedürfnisse das Nötige bietet, den Menschen zum Wohl, und dabei alles Hässliche vermeidet, den Göttern zum Gefallen. Und all dies orientiert an den Idealen des alten Bosparan, die durch die Renascentia-Idee wieder ins Bewusstsein gekommen sind und sich nun mit den Erkenntnissen moderner Wissenschaft zu etwas noch Vollkommenerem verbinden. Mit diesen Plänen könne man die Taten der Söldner nicht ungeschehen machen, doch wäre so aus all dem Leid dennoch etwas Gutes entstanden, für alle Welt zum Vorbild. So rief Eolan im Schlusswort alle Denker des Landes dazu auf, ihre Ideen einzubringen, seien sie Baumeister oder Maler, Mathematiker oder Historiker, um gemeinsam einen Entwurf für das neue, wiedererstandene Parsek zu fertigen. Die Rede des Herzogs wurde mit großem Jubel aufgenommen.

Bald darauf zerstreute sich die Versammlung dann aber, denn es dämmerte bereits und niemand wollte länger als nötig vor Ort bleiben. Die meisten reisten zu Pferde noch einige Meilen und schliefen ruhig oder träumten von großen, kommenden Zeiten. Diejenigen aber, die in der Nähe lagerten, sollten diese Nacht deutlicher in Erinnerung behalten, als den Tag zuvor. Nach übereinstimmenden Berichten erhoben sich zur Geisterstunde Stimmen in der Stadt, erst flüsternd, dann lauter. Starker Wind kam auf, und die Menschen fröstelten in ihren Schlaflagern. Dann endete mit einem verstörenden, markerschütternden Schrei der Spuk, wie als Zeichen, dass Parsek eben nicht bereits morgen wieder ein ganz normaler oder gar idealer Ort sein wird.

Was werden also die kommenden Jahre bringen? Alle, die an diesem Tage sprachen, waren voll Zuversicht – Parsek wird wieder auferstehen aus Tod, Ruß und Ruinen, größer und prächtiger, als es je war! Doch kann all dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch im besten Fall noch Jahre ins Land gehen werden, bis dieser Flecken Land sich wieder eine Stadt nennen kann. Hoffen wir, dass den Plänen von Herzog und Baron Erfolg beschieden ist. Und beten wir, dass die Götter es endlich wieder gut meinen mit Parsek, der Stadt, die sie vor sieben Jahren verlassen hatten.

di Onerdi