Briefspiel:Argentum in Corde (2)

Aus Liebliches-Feld.net
Zur Navigation springenZur Suche springen

Auge-grau.png

Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: ab Phex 1037 BF Schauplatz: Urbasi und Bassalo Entstehungszeitraum: ab August 2014
Protagonisten: Pamina und Norinia di Bassalo, einige weitere Autoren/Beteiligte: Haus Urbet.png Gonfaloniere, Familie di Bassalo.png Klimpermädchen, Familie di Bassalo.png Neli, Haus Doren.png Dorén
Zyklus: Übersicht · Der Unfall · Das Erwachen · Die Ankündigung · Der Freundschaftsbesuch · Eine unverhoffte Visite · Erstes Kennenlernen

Das Erwachen

10. Peraine 1037

Pamina ritt durch das Tor zu ihrem Palazzo, in Gedanken noch bei dem Göttinendienst im Tempel der Peraine in Tamarasco. Im letzten Monat war kaum eine Andacht vergangen, ohne dass ein Mitglied der Familie di Bassalo anwesend gewesen wäre. Da der Peraine-Tempel aber etwas weiter entfernt war, besuchten sie zumindest regelmäßig die Götterdienste in den Standmauern, man konnte schließlich den Segen aller Götter gebrauchen in einer Zeit wie dieser. Heute war sie extra bis nach Tamarasco geritten und hatte eine großzügige Spende an die Hochgeweihte übergeben.
Irgendjemand muss ja Dankbarkeit zeigen, immerhin sind unsere Gebete erhört worden – zumindest teilweise. Zerto di Bassalo war aus seinem todesähnlichen Schlaf erwacht und die Heiler meinten, nun würde er durchkommen. Auch wenn er wohl lieber tot wäre! Die Verletzung an seiner Hüfte war nicht richtig verheilt. Ihr Vater konnte das eine Bein überhaupt nicht spüren, geschweige denn bewegen, und das andere nur unter großen Schmerzen. Für einen Mann wie ihn – ein Familienpatriarch, war die Aussicht, sich nicht mehr selbstständig fortbewegen zu können, beinahe schlimmer als der Tod.
Pamina seufzte schwer, als sie die Treppe zu seinem Krankenzimmer hochstieg. Die Stimmung im Haus war angespannt, überall liefen geschäftige Dienstboten umher und brachten den Palazzo in Ordnung. Seit drei Tagen war Zerto nun wieder bei vollem Bewusstsein und seine Laune war grauenhaft. Er beschwerte sich über alles und jeden, der in sein - zugegebenermaßen eingeschränktes - Blickfeld geriet. So war die anfängliche Erleichterung rasch in eine unangenehme Spannung umgeschlagen. Es blieb noch abzuwarten, ob er weiter genesen würde, die Heiler vermuteten, dass er sich mit dieser Verkrüppelung bis an sein Lebensende würde abfinden müssen – sollte nicht ein Wunder geschehen.

Norinia saß im Krankenzimmer, die Geschäftsbücher auf dem Schoß, und versuchte ihren Vater auf den neusten Stand der Dinge zu bringen, als Pamina herein kam.
„Ich soll die besten Wünsche von der gütigen Mutter ausrichten“, bemerkte sie beim Eintreten.
„Gute Wünsche bringen mich auch nicht auf die Beine …“, murmelte Zerto und verzog das Gesicht vor Schmerzen, als er sich aufrichtete, um seine älteste Tochter zu begrüßen. „Deine Schwester Norinia war sehr tüchtig, während ich … unpässlich … war. Aber als meine Erbin wäre es jetzt deine Aufgabe, dich vermehrt in die Geschäfte mit einzubringen.“
Norinia, die sich bei dem vorangegangenen Lob schon aufgerichtete hatte, runzelte jetzt die Stirn und wollte schon etwas sagen, als Pamina das Wort ergriff: „Ich war damit beschäftigt die Familie zusammenzuhalten und unseren Onkel daran zu erinnern, dass Ihr noch nicht tot seid, Vater. Außerdem ist Norinia bestens für die Führung der Geschäfte ausgebildet, und ihr Interesse für Zahlen und all die langweiligen geschäftlichen Korrespondenzen machen sie viel geeigneter als ich es je wäre.“ Dabei lächelte sie ihrer Schwester kurz zu und nahm den Worten etwas von ihrer Schärfe. „Ich bin gerne bereit der Familie auf meine Weise zu dienen, aber Verwaltungsaufgaben gehören definitiv nicht dazu.“
Als Zerto diese leicht trotzigen Worte vernahm, begann sich sein Gesicht leicht rot zu verfärben, und Norinia befürchtete schon einen seiner berüchtigten Wutausbrüche. Doch gerade als er den Mund öffnete, um eine Tirade über die Pflichten seiner Erbin zu beginnen, verkrampfte er sich und hustete, schwach sank er in seine Kissen zurück.
Schnell ergriff Norinia das Wort: „Das sind alles keine Dinge, die wir sofort besprechen müssen, Vater. Ihr solltet euch jetzt erst mal ausruhen, die Gespräche über die ganzen Geschäfte haben euch erschöpft.“
Sie sprang auf und rückte ihm die Kissen im Rücken zurecht, damit er bequemer sitzen konnte.
“Richtig“, sagte Pamina, ergriff seine Hand und küsste sie, „ich werde jetzt gehen und mich um die Beantwortung der Genesungswünsche diverser Verwandter und anteilnehmender Patrizier kümmern. Damit erfülle ich wohl mein Soll an langweiliger Korrespondenz!“
Als Pamina das Zimmer verlassen hatte, wandte Norinia sich wieder ihrem Vater zu: „Es überfordert mich keineswegs, die Geschäfte ohne Pamina zu führen. Wenn ich sie brauche, wird sie mir schon helfen!“
Zögerlich nickte er.
„Trotzdem müssen wir uns etwas für sie überlegen, die Zeiten ihres wilden Abenteurerlebens sind vorbei! Irgendjemand muss schließlich die Familie repräsentieren, wo ich das anscheinend erst mal nicht weiterführen kann. Die Überlegungen ihrer Vermählung lagen wohl auch brach in der letzten Zeit?“
Norinia nickte: „Wir hatten Wichtigeres zu tun, und da ihre Situation unklar war, solange Euer Leben in der Schwebe hing, wollte ich nichts überstürzen. Außerdem will sie davon nichts hören …“
„Nun, sie kann sich nicht davor drücken, es ist ihre Aufgabe die Erblinie zu sichern. Sie wird ja auch nicht jünger!“
Norinia musste schmunzeln, dreiundzwanzig Götterläufe waren nun wirklich nicht alt, aber andererseits waren viele Patrizier in dem Alter schon verheiratet und hatten die ersten Kinder.
„Lasst uns morgen weiter darüber diskutieren, Ihr solltet jetzt noch ein wenig ruhen.“
Sie nahm die Bücher und verließ leise den Raum. Beim Hinausgehen sah sie, dass ihr Vater immer noch die Stirn runzelte.

Heiratsplanungen

11. Peraine 1037

„Also, wie weit sind die Verhandlungen mit der Familie Cestor?“, nahm Zerto das Gespräch vom Vortag wieder auf. „Haben sie der Verlobung zugestimmt?“
„So weit sind wir mit den Verhandlungen noch nicht gekommen. Pamina weiß von alledem ja auch noch nichts. Euer Unfall hat die Gespräche erst einmal auf Eis gelegt, da ich auch nicht eigenmächtig entscheiden wollte. Ich denke, auch eure Autorität wird vonnöten sein, um Pamina … ähm … zu überzeugen.“ Norinia runzelte leicht besorgt die Stirn. „Es wird ihr nicht gefallen.“
„Nun, es muss ihr auch nicht gefallen, aber sie muss tun, was von ihr verlangt wird. Wir können nicht immer Rücksicht auf ihre Wünsche nehmen.“ Man merkte an seiner Stimme, dass ihr Vater wieder zu Kräften kam. Auch wenn er es nicht ohne Hilfe aus dem Bett schaffte, strahlte er doch wieder einen Teil seiner alten Bestimmtheit aus.
„Da habt ihr Recht, Vater. Aber ich hoffe, sie wird nicht zu ablehnend reagieren. Ich möchte nicht, dass sie unglücklich ist. Naziro Cestor ist ein vernünftiger junger Mann, intelligent und fähig. Ich habe schon häufiger mit ihm zu tun gehabt. Er wäre eine gute Partie und könnte sich zu einer Hilfe im Geschäft entwickeln.“ Dann fügte sie mit einem Zwinkern hinzu: „Er sieht auch nicht schlecht aus, das dürfte es für sie erträglicher machen!“
Zerto schnaubte. „Na Hauptsache sie kann sich mit ihm in der Öffentlichkeit zeigen, der Rest interessiert mich nicht. Er ist nicht ganz standesgemäß, aber zumindest bringt es uns in der Zunft weiter.“ Nach diesen Worten entließ er Norinia mit einer kleinen Handbewegung. „Sei so gut und kümmere dich weiterhin darum.“