Briefspiel:Das Schicksal eines Schinkens (2.2)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: ab 1039 BF Schauplatz: Urbasi, Sikramara, Umland Entstehungszeitraum: Anfang 2016
Protagonisten: Sanjana ya Malachis, Timor Sâl d. J. di Salsavûr und andere Autoren/Beteiligte: Familie ya Malachis.png Cassian, Haus di Salsavur.png Rondrastein
Zyklus: Übersicht · Auf den Weg zur Schlachtbank · Serviert und verspeist Teil 1 · Serviert und verspeist Teil 2 · Serviert und verspeist Teil 3 · Gespräch nach dem Mahl · Hochzeitsnacht · Ein eindringliches Versprechen

Sanjana hörte auf zu lächeln, immerhin war es möglich, dass Timor keine Lust hatte seine Zeit mit ihr zuzubringen, für ihn musste sie ja noch ein Küken sein, zumindest hatte der Baron so gewirkt, als würde er in ihr eher ein Kind sehen.

Der Salsavûr hatte die Augen zusammengekniffen und schaute seinem Vetter lange schweigend hinterher. Dann drehte er sich zu Sanjana, öffnete den Mund, schloss ihn wieder um ihn dann erneut zu öffnen. „Ja, … ähm, nein, mich binden heute keine Verpflichtungen mehr von denen ich wüsste.“ Wieder schwieg Timor, um sich etwas zu sammeln. Sein Vetter hatte ihn, mit dieser Vorgehensweise, auf kalten Fuß erwischt und seinem Blick nach zu urteilen, hatte Lorian genau das auch noch amüsiert. Er schüttelte kaum merklich den Kopf und schmunzelte, dass würde sein Vetter noch zurückbekommen.

Nachdem er sich gesammelt hatte, wendete er seine Aufmerksamkeit wieder vollends der jungen Malachis zu. Als er weitersprach, lächelte er sie wieder an. „Da habt ihr wohl Recht, aber dies steht ihm wohl zu, als Höherrangigem. Noch dazu bin ich wahrscheinlich auch ein besserer Gastgeber als Lorian, auch wenn er das wohl anders sieht.“ Er grinste kurz, bevor er weiter redete. „Da mein Verwandter, oder besser seine Hunde, vollendete Tatsachen geschaffen haben, schulde ich jetzt wohl ein Essen.“ Während er sprach, hatte er zu Sanjana aufgeschlossen und ließ sein Ross direkt neben ihrem halten. „Was haltet ihr davon, wenn wir zu einer Villa meiner Familie reiten, die nicht allzu weit entfernt liegt?“

Timors Worte klangen zwar aufrichtig, aber so ganz zerstreuten sie Sanjanas Bedenken nicht. Außerdem hatte sie für heute eigentlich schon genug zweifelhafte Gunstbeweise von Männern erhalten. Almosen hatte sie nun wirklich nicht nötig und eine lästige Pflicht wollte sie erst recht nicht sein. Abschätzend blickte sie den Salsavûr an. Ihrer Einschätzung nach war er ein Mann, der Klartext vertragen konnte und heute war ihr kein bisschen nach höfischer Etikette zu Mute.

Also hob sie mit leichter Ungeduld in der Stimme an: „Signor Salsavûr, ich nehme eure Einladung gerne an, wenn ihr sie nicht nur aus Pflichtgefühl heraus aussprecht. Mir ist heute wirklich nicht danach aus reiner Höflichkeit hofiert zu werden. Also bitte, wenn ihr den Tag lieber anderweitig verbringen mögt, nur heraus damit. In diesem Fall bestehe ich nicht auf der Abmachung, die ich vorgeschlagen habe und werde auch nicht ungehalten sein. Was mir viel übler aufstoßen würde, ist es hingegen als lästige Verpflichtung betrachtet zu werden. Dafür könnte ich euch in der Tat einen Pfeil durchs Herz jagen, denn Geringschätzung hatte ich heute wahrhaft schon genug.“

Das Lächeln im Gesicht des Vogts von Garlák verschwand schlagartig und seine linke Augenbraue wanderte nach oben, während er Sanjana musterte. Mit ernster Miene erwiderte er: „Wenn dass so ist“, er tat so, als ob er sein Pferd wenden wollte, „werde ich doch wieder nach Ur...“ Er unterbrach sich selbst, als er die säuerliche Miene der Malachis sah. Timor konnte nicht anders und musste loslachen. Selbst wenn sie sauer wurde, sah sie hübsch aus. Mit einem Lachen in der Stimme setzte er fort: „Wenn ich etwas aus Pflichtgefühl getan hätte, hätte ich mich ebenfalls verabschiedet und wäre zu den Papieren auf meinem Schreibtisch zurückgekehrt. Aber“, sein Grinsen wurde noch breiter, „das Schöne an Papier ist, es kann nicht weglaufen.“ Die Miene der jungen Dame war immer noch nicht sonderlich entspannter geworden. „Jetzt lacht doch mal wieder. Ihr seid zwar auch, wenn ihr säuerlich seid, ziemlich hübsch, aber das kann eurem Lächeln nicht annähernd das Wasser reichen.“

Obwohl sie es nicht wollte musste Sanjana schmunzeln. „Versucht ihr gerade mir zu schmeicheln?“Timor schmunzelte: „Wäre möglich, es sei denn, ihr schießt mir dann auch einen Pfeil ins Herz.“Jetzt lächelte Sanjana wirklich. "Für Komplimente? Nein, ich glaube nicht, ich würde lügen, wenn ich sagte ich höre sie nicht gern." Verschmitzt zwinkerte sie ihm zu. "Tragt nur nicht all zu dick auf."„Ich? Als ob ich je dick auftragen würde...“ Timor musste auch lächeln. „Was ihr nur von mir haltet...“ „Momentan halte ich euch für charmant.” „Dann haltet ihr aktuell das Richtige von mir.“ Timor grinste und musterte kurz die Malachis. „Was haltet ihr von meinem Vorschlag?“

Nachdenklich musterte die junge Frau den stattlichen Mann mit dem gewinnenden Lächeln, dass sein kantiges Gesicht sehr viel weicher werden lies. Ja, sie würde es genießen den Nachmittag mit ihm zu verbringen. Also nickte sie und erwiderte nun gänzlich entspannt: „Er klingt gut. Ja, ich begleite euch gern zu eurem Anwesen.“„Dann wollen wir mal. Wenn die Dame mir folgen möchte“, seine Stimme hatte einen amüsierten Unterton. Während er sprach wendete er sein Pferd und ließ es langsam im Schritt loslaufen. „Wie kommt es eigentlich, dass ihr in Urbasi weilt, wo der Großteil eurer Familie in und um Marudret ist.“

Mit einem leichten Schenkeldruck bedeutete Sanjana ihrer Stute neben dem Hengst des Salsavûr aufzuschließen. „Also das ist eine längere Geschichte.“ hob sie an, während sie die Sehne von ihrem Bogen nahm. Einen kurzen Blick warf sie dabei auf seine Miene, aber ihre Eröffnung schien ihn nicht abzuschrecken. Im Gegenteil, Timor wirkte tatsächlich interessiert. Also fuhr sie fort: „Meine Schwestern leben tatsächlich in Marudret. Mastrade ist sogar Prinzipalin der Stadt. Mein Bruder lebt mal dort, mal in Urbasi, mal in Vinsalt. Er ist frei und ungebunden und tut was er will.“ Einen Moment war Sanjana anzuhören, dass sie ihren Bruder wohl beneidete, aber bevor Timor noch darauf eingehen konnte, fuhr sie schon fort. „Hier in Urbasi leben mein Vater und ich. Seid einigen Jahren intensiviert meine Familie die Kontakte zur Silberstadt, genauer gesagt, seit der Graf nach Marudret gegriffen hat.“ Die junge Frau seufzte und ihr Gesicht wurde wieder düster. „Ich sehe ja ein, dass wir Verbündete brauchen und es wichtig für die Familie ist eine Stimme in der Signoria zu haben. Auch wenn ich mich nicht sonderlich dafür interessiere, Politik ist mir nicht fremd. Aber muss ausgerechnet ich der Preis dafür sein?“ Sanjana nagte zornig an ihrer Unterlippe bei diesen Worten, lies aber gleichzeitig resigniert die Schultern hängen.

Timor schwieg lange bevor er antwortete und das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. „Wenn ihr euch diese Frage immer und immer wieder stellt, werdet ihr daran wohl irgendwann zerbrechen... Lasst es darauf beruhen, wenn ihr die Lage nicht ändern könnt und versucht das Beste daraus zu machen.“ Der Blick des Salsavûr war in die Ferne geschweift, bevor er wieder zu Sanjana wanderte und er leicht schmunzelte. „Keiner wird euch zwingen ständig neben eurem Gatten zu stehen oder immer am gleichen Ort zu verweilen. Eines kann euch keiner nehmen... naja, eigentlich zwei Dinge. Ihr entscheidet, wie nahe ihr euren zukünftigen Gatten an euch heranlasst und welches Aussehen er in euren Zeichnungen hat.“ Bei den letzten beiden Sätzen blitzten seine Augen vor Schalk.

Sanjana musste lachen. „Ja es ist nicht unwahrscheinlich, dass er des öfteren in meinem Skizzenbuch landet, denn seiner Wurst und seinem Schinken ist er ja wirklich nicht unähnlich.“ Noch einmal kicherte die Zeichnerin bei den diversen möglichen Karikaturen, die ihr in den Sinn kamen. Wurde dann allerdings wieder ernst. „Wisst ihr, es ist noch nicht mal das Aussehen, was mich stört. Natürlich träumt man als Frau eher von einem stattlichen, gutaussehenden Mann. Aber das er klein und dick ist könnte ich wohl noch verschmerzen. Nur es mangelt ihm auch an Humor, an Geist und Abenteuerlust. Nie könnte ich mit ihm, wie jetzt hier mit euch, scherzen und reiten, geschweige denn irgendwelche Tunnel erforschen, wobei sich das ja wohl für eine verheiratete Frau auch nicht mehr geziemt.“ Verschmitzt blinzelt Sanjana Timor zu. „Was haltet ihr von einem kleinen Wettrennen bevor ich zur gesetzten Matrona werde? Über den Hügel, bis zu dem Wäldchen und hindurch? Wer verliert macht den Abwasch!“ Und unvermittelt sprengte Sanjana los, ohne auf eine Antwort zu warten. Ihre rotbraune, üppige Mähne wehte mit dem Schweif ihrer Stute um die Wette.Der Salsavûr schaute ihr leicht überrumpelt hinterher, lächelte dann aber geheimnisvoll, bevor er seinem Pferd die Sporen gab.

Rubina schoss voran, wie ein Pfeil den man von der Sehne ließ, dem Pferd aus Valavet lag das Rennen im Blut. „Yeeehha!“ feuerte Sanjana die Stute noch weiter an und legte sich weit nach vorn. Sie liebte es, wenn der Wind ihr ins Gesicht peitschte und sie vogelgleich dahinflog. Erst als sie den Scheitelpunkt der Anhöhe erreichte blickte sie über die Schulter. Ja, Timor war ihr gefolgt. Der Salsavûr lag drei bis vier Pferdelängen hinter ihr und seinem Gesicht nach zu urteilen genoss er die wilde Jagd ebenfalls. Kurz überlegte Sanjana, ob sie ihm winken und etwas zurufen sollte, aber da wurde das Gelände abschüssig und sie musste sich wieder auf ihr Pferd konzentrieren. Im vollen Galopp hügelab zu stürmen verlangte Aufmerksamkeit oder man bezahlte mit einem bösen Sturz. Daran das Tempo zu verringern dachte Sanjana keinen Augenblick. Auch nicht, als ihr aufging, dass am Fuße des Hügels ein Graben verlief. Wahrscheinlich zur Bewässerung, einst angelegt, oder irgendein Rinnsal aus einer namenlosen Quelle verlegte ihr den Weg. Ein kurzes Annehmen der Zügel, ein Aufmerksammachen des Tieres, die ungestüme Reiterin nahm die Schenkel ans Pferd und schon spannte dieses die Hinterhand und hob in hohem Bogen vom Boden ab. „Flieg, Rubina, Flieg!“ jauchzte ihre Reiterin und breitete verwegen die Arme aus, während sie über den Graben segelten.Der Salsavûr hatte indes sein Pferd ein wenig zurückgenommen, um das Hindernis nicht in diesem halsbrecherischen Tempo anzureiten, sondern moderat. „Verrückt“ entfuhr es ihm, als er der Malachis zuschaute. Und trotz ihres Übermuts landeten Pferd und Reiterin unbeschadet auf dem anderen Ufer, ja sie wendete sogar lachend den Kopf zu ihm um und rief: „Wo bleibt ihr denn?“

Timor schüttelte den Kopf und ließ sein Ross über den Graben setzen. Sanjana jauchzte, sie fühlte sich frei und genoss jeden Galoppsprung, spürte die Kraft und Verbundenheit mit ihrem Pferd. Aber etwas fehlte, sie war ja nicht allein, so wollte sie nicht gewinnen. Sanft nahm sie das Tempo etwas zurück unmerklich wurde sie langsamer, bis ihr Begleiter sie am Rand des Waldes eingeholt hatte. Nebeneinander stoben die schweißbedeckten Pferde nun den schmalen Pfad entlang. Geschwind duckte sich Sanjana unter einem Ast durch, bevor er ihr ins Gesicht wischte. Strahlend lächelte sie zu Timor hinüber. „Da seid ihr ja!“

Ihre Wangen waren gerötet und ihre Augen strahlten. Aus ihrem Lächeln blitzte der Schalk, Timor musste zugeben, die junge Malachis sah großartig aus, wie sie da neben ihm ritt. Aber der Krieger in ihm behielt trotzdem die Umgebung im Auge und so war er rechtzeitig gewarnt als sich der Weg verengte. Der Pfad wurde noch schmaler, zu schmal für zwei Pferde. Einer von ihnen beiden würde sein Pferd zügeln müssen, einen Moment lang war er versucht der Dame den Vortritt zu lassen, bis er das Funkeln in Sanjanas Augen sah. Er nahm die Herausforderung an und trieb seinen Hengst vorwärts. Hals an Hals flogen die Pferde dahin. Kurz bevor sie das Nadelöhr erreichten legte sich Sanjana flach auf den Hals ihrer Stute und Timor hörte sie flüstern: „Chatir Rubina!“ Die Stute legte die Ohren an und ihr gesamter Körper spannte sich in einer letzten Kraftanstrengung, die es dem Tier erlaubten mit zwei enormen Sätzen an seinem Hengst vorbeizuziehen und sich knapp vor ihm durch die Engstelle zu schieben. Wenige hundert Schritt später endete der Wald und Sanjana ließ ihr schnaubendes Pferd anhalten. Zerzaust aber glücklich lächelte sie Timor an, während sie Rubina den Hals streichelte. „Wir haben gewonnen. Ich danke Euch, ihr habt ehrlich gekämpft und mir nichts geschenkt.“

Er hatte schon zu Beginn des Rennes geahnt, dass er nicht gewinnen würde, da sein Ross zwar für seine Masse schnell war, aber eben ein Schlachtross, dass einen gepanzerten Reiter tragen und nicht bei einem Rennen antreten sollte. Noch dazu hatte er es scheinbar so geschickt angestellt, dass Sanjana nicht gemerkt hatte, dass er Durron zurückgehalten hatte. Timor lächelte, als er die Malachis schließlich einholte. „Herzlichen Glückwunsch, dass ihr gewonnen habt. Euer Pferd scheint aus einem guten Gestüt zu kommen, in dem auf die Schnelligkeit ihrer Rösser wert gelegt wird. Dass ihr eine so gute Haltung beim Reiten habt, ist dabei fast nebensächlich, da ihr sowieso mit deutlichem Vorsprung über die Ziellinie geritten seid.“

Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto mehr konnte man von dem schmucken Landgut sehen. Malerisch erhob es sich, von drei Seiten vom Wald umgeben, auf einer kleinen Lichtung. Das Landgut war nicht sonderlich groß und schien eher für einen kurzen Abstecher aus der Stadt gedacht. Es bestand aus einem Hauptgebäude, und zwei Nebengebäuden, wovon eines unzweifelhaft Remise und Stall war. Das andere wohl ein Gebäude für Bedienstete. Umfriedet wurden die drei Häuser von einer etwa einen halben Schritt bis Schritt hohe Bruchsteinmauer, die allzu lästige Tiere heraushalten sollte. „Willkommen in der Villa Arnicese, Signora.“ Timor lächelte freundlich und deutete mit einer ausholenden Handbewegung auf die drei Gebäude vor ihnen. „Nicht sonderlich groß, aber überaus angenehm um die engen Straßen Urbasis zu vergessen.“

Sobald sie auf den Hof ritten kam ihnen schon ein hektisch wirkender älterer Mann entgegen bei den es sich wohl um den Verwalter handelte. Ihm folgten zwei Pferdeknechte, die sich der Reittiere annehmen wollten.„Signore Timor...“, Aranio wirkte nicht sonderlich glücklich, als er den Salsavûr erkannte, „es ist schön euch wieder zu sehen. Wir hatten nicht mit euch gerechnet...“ „Eigentlich war der Plan auch ein anderer, als hier herzukommen. Aber Pläne ändern sich nun mal, Aranio. Lass bitte den kleinen Salon schnell herrichten und stell etwas Wein..“, Timor musterte seine Begleiterin kurz, „... Weißen bitte, und ein bisschen was zu speisen zurecht.“

Sanjana hörte dem Gespräch nur mit halbem Ohr zu, da sie damit beschäftigt war dem Stallknecht Anweisungen für ihre Stute zu erteilen. Sie liebte das schnelle Pferd sehr und benahm sich daher oft kapriziös was Rubina anging. Aber in dem Fall war ihr das egal. Danach ließ sie sich von Timor in Richtung Haus geleiten, wobei sie den kleinen, schmucken Bau und den Park bewunderte. Sie hätte gern selbst ein Landhaus dieser Art besessen, was die finanziellen Mittel der Familie aber leider nicht ermöglichten, da die Malachis rund um Urbasi nicht über Landbesitz verfügten. Auch der Salon, in den Timor sie führte traf ihren Geschmack. „Ein sehr schmuckes Anwesen.“ lobte sie ihren Gastgeber und nahm ein Glas Wein entgegen. Lächelnd prostete sie Timor zu und kostete den leicht gekühlten Wein. „Sehr süffig. Nicht zu trocken und nicht zu süß. Ich muss gestehen, ihr trefft in sehr vielen Dingen meinen Geschmack.“ kokett lächelte die junge Frau und lies ihre Augen über die Statur des Salsavûr wandern. „Aber ich merke bereits den Alkohol. Besser ich trinke nicht zu viel auf nüchternen Magen.“ Mit leichtem Bedauern stellte Sanjana das Glas ab. Trotzdem war der Pokal schon halb leer.

Als ob das Hauspersonal hellsehen konnte, öffnete sich kurz darauf die Tür und ein Diener brachte ein Tablett mit Häppchen, das er auf einen kleinen Tisch in Reichweite der Sofas stellte. „Mit dem Essen dauert es noch etwas, Signor“, sagte der Diener zu Timor, worauf dieser kurz nickte und der Angestellte wieder den Raum verließ. Timor lächelte Sanjana an. „Ab und an habe ich die Vermutung, dass das Personal hellsehen kann, wenn man bestimmte Dinge sagt.“ Er grinste kurz. „Ich empfehle, die Häppchen mit dem kalten Rinderbraten und Tomate.“ Während er das sagte, schnappte er sich auch gleich eine der erwähnten Speisen und schob sie sich in den Mund. Während er kaute, beobachtete er seinen Gast.

Die junge Malachis gehörte nicht zu den Damen, die sich, was das Essen anging, zierten. Im Gegenteil, sie schnappte sich ebenfalls ein belegtes Brot und biss herzhaft hinein. Kurz schloss sie die Augen, um den Geschmack besser genießen zu können. „Mmmh, sehr lecker.“ stellte sie fest, nachdem sie das Häppchen verspeist hatte. „Ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich mich weiter bediene? Mein Magen ist wirklich leer“, entschuldigte sie sich lächelnd, während sie noch ein Zweites nahm. Dabei fiel ihr auf, dass Timor sie bereits seit einer Weile musterte. Irritiert blickte sie an sich herab, fand aber keinen Fehler. „Habe ich etwa Schmutz im Gesicht? Ihr schaut mich schon die ganze Zeit so … intensiv... an.“

Timor lächelte und schaute ihr wieder in die Augen. Dabei bemerkte er, dass diese ein strahlendes Grün hatten, von dem er gerade seinerseits irritiert gemustert wurde. Der Salsavûr schmunzelte, als ihm aufgefallen war, dass er immer noch nichts gesagt hatte. „Entschuldigt, aber ich konnte nicht anders. Und nein, ihr habt kein Schmutz in eurem Gesicht, auch wenn dass eure Aussehen kein Abbruch tun würde.“ Er biss wieder in sein Brot und kaute genüsslich mit einem Schmunzeln, während er das Gesagte wirken ließ. „Eure Au...“ weiter kam er nicht, da sich die Tür öffnete und eine Magd hereinkam. Timor drehte den Kopf zu ihr und ihrem leicht erschreckten Blick nach zu urteilen, schien sein Gesicht nicht sonderlich freundlich zu sein. „Ent... Entschuldigt, Herr“, sie knickste hastig, „aber es gibt eine Frage wegen dem Gericht.“ Der Salsavûr verdrehte die Augen, was Sanjana allerdings nicht sehen konnte. „Die da wäre?“ Die Stimme des Vogts von Garlák hatte einen leicht knurrenden Unterton angenommen. Der Blick der Magd wanderte kurz zur Malachis und wieder zum Hausherrn. Es schien fast so, als ob sie sich etwas zieren würde, weiter zu sprechen.

Dachte die Magd sie wäre ungehalten? Sanjana verstand langsam gar nichts mehr. Aber sie lächelte der Frau ermutigend zu. Freundlich forderte sie auf: „Nur zu!“ Nachdem ihr Herr noch eine herrische, auffordernde Geste vollführte, hub die Bedienstete schließlich an: „Ähm, der Koch lässt fragen, ob Signor wieder geruhen selbst das Mahl zuzubereiten?“ Sanjana konnte nicht anders, sie lachte amüsiert auf. „Das war also wahrhaftig kein Scherz von eurem Vetter? Ihr schwingt tatsächlich den Kochlöffel?“ Die arme Bedienstete versank fast im Boden, während Timor mit einer steilen Falte auf der Stirn seinen Gast fixierte und fragte: „In der Tat, das tue ich. Ihr findet das erheiternd?“ „Ihr nicht?“ Sanjana grinste Timor weiter an. „Niemand der euch sieht käme drauf, das ihr eine Vorliebe für das Kochen habt. Oh, nun hört auf mich so bärbeißig anzusehen. Ich finde das charmant. Menschen, die keine Marotten oder Macken haben sind fatigant.“ Schnell überbrückte Sanjana die wenigen Meter zwischen ihr und Timor, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Es wäre mir ein Vergnügen von euren Kochkünsten zu kosten, mein lieber Timor. Aber ich werde euch dabei über die Schulter schauen und mich amüsieren.“ Schalk und Übermut blitzten wieder in den smaragdgrünen Augen der jungen Dame.

Timor war sichtlich überrascht von dem Kuss und schaute kurz von Sanjana zur Magd und zurück. 'Was passiert hier gerade?' Er schüttelte kurz den Kopf und fing sich wieder. Der Salsavûr warf der Magd einen Blick zu der Bände sprach. Sie lächelte schief und knickste kurz. „Ich werde es dem Koch ausrichten.“ Mit diesen Worten verschwand sie und es waren schnelle Schritte zu hören, die sich entfernten.

„Dann komm mal mit Sanjana.“Immer noch leicht kopfschüttelnd folgte er der Magd durch die Tür. Er brummte was vor sich hin, dass so klang wie „und das wo der Koch auch so gut Gerichte zu bereiten kann“. Kurz darauf erreichten die beiden Adligen die Küche, in der scheinbar ziemlich überstürzt aufgeräumt worden war, wobei die Unordnung noch deutlich sichtbar war. Zu sehen waren nur der Koch und die Magd, die die beiden erwarteten.

Der Koch schaute nur bedingt glücklich drein, so als ob Timor ihm einen bösen Blick zu geworfen hatte. „Wie weit bist du?“ Timors Stimme klang deutlich freundlicher, als im Salon und er schien zu lächeln, als er sprach. Schnell antwortete der Koch auf die Frage seines Herrn, was dieser nickend zur Kenntnis nahm. „In Ordnung, dann habt ihr wohl erst mal frei...“ Timor blickte kurz zur Tür, was die beiden Bediensteten sofort verstanden und schnell den Raum verließen. Der Hausherr wandte sich nun wieder seinem Gast zu. Während er sie wieder musterte, zog er sich sein Obergewand aus und warf es achtlos auf einen an der Tür stehenden Hocker. Zum Vorschein kam ein weißes Hemd, unter dem sich deutlich seine Muskeln abzeichneten. „Du hast deinen Spaß, hmm?“ Er zog die Augenbraue nach oben, musste aber bei ihrem Gesichtsausdruck lächeln. 'Sie hatte Grübchen an Mund und Augen, wenn sie lachte', stellte er fest. Der Salsavûr, der nun der Koch war, band sich eine Schürze um, die der eigentliche Küchenchef da gelassen hatte und krempelte sich die Ärmel hoch. Dabei kamen seine Unterarme zum Vorschein, die über und über mit Hautbildern bedeckt waren.

Sanjana schnappte sich einen zweiten Hocker und machte es sich am Rand der Arbeitsfläche bequem, von wo sie den Krieger in der Küchenschürze gut beobachten konnte. Ihr geschärftes Künstlerauge sah in diesem Ensemble sofort das Potential für eine ihrer spöttischen Zeichnungen und sie war versucht umgehend nach ihrem Notizbüchlein zu greifen. Allerdings blieb ihre Hand unterwegs hängen, denn Timor begann zu schaffen und die Muskeln seiner Unterarme zu arbeiten. Wie von Zauberhand schienen sich seine Hautbilder zu bewegen. Während er irgendein Gemüse zerhackte kam es Sanjana so vor, als würde die Fluke des weißen Pottwals sich heben und senken. Der Meeresriese schien einen Kampf mit einer sich windenden Seeschlange auszutragen. Leider verschwand das Haupt des Ungetüms unter dem Hemdsärmel. Der Kopf musste auf dem Oberarm sein. Sanjanas Blick wanderte weiter. Der dünne Stoff des Hemdes lies sie erahnen, dass es noch mehr Bilder auf dem Körper des Salsavûr geben musste. Außerdem spannte es sich immer wieder über die gut ausdefinierten Muskeln des Mannes. `Eigentlich sollte man ihn nicht malen, sondern in Stein meißeln.´ ging es ihr durch den Kopf. Während er sich dem Herd zuwandte, bewunderte sie in aller Ausführlichkeit seine knackige Kehrseite. Erfreulicherweise hatte Timor, ganz aufmerksamer Gastgeber, dafür gesorgt, dass sie wieder einen Weinbecher vor sich hatte. Sanjana nahm einen großen Schluck, denn ihr Mund war trocken geworden und in dieser Küche war es wirklich, wirklich warm. Timor musste auch heiß sein, denn er hatte die oberen Knöpfe seine Hemds geöffnet und sie konnte erkennen das ein rundes, knotenartiges Ornament in tiefem Blau auf seiner linken Brust eintätowiert war. Ob man den Herzschlag fühlen konnte, wenn man die Linien nachfuhr? Versonnen fuhr ihr Zeigefinger über die Maserung der Tischplatte, während sie im Geiste der Tätowierung folgte. „Sanjana? Du hörst mir überhaupt nicht zu! Woran denkst du denn so angestrengt?“ Drang seine tiefe Stimme durch ihre Träumerei. „Ich frage mich gerade welche Bilder du noch auf deinem Körper hast und wie es sich anfühlt sie nach zu fahren.“ Bei den Göttern! Das hatte sie gerade nicht laut gesagt, oder? Seinem Blick nach zu urteilen doch. Verlegen schlug die junge Malachis die Hand vor den Mund und wurde puterrot. Aber wegzuschauen, das schaffte sie nicht.

Timor konnte nicht anders und lachte laut los. Eins musste man ihr wirklich lassen, sie kam schneller auf den Punkt als er und dass wollte was heißen. Immer noch lachend und sichtlich amüsiert zog er sich das Hemd über den Kopf und warf es achtlos auf den Hocker neben der Tür. Zum Vorschein kam ein durchtrainierter Körper, der über und über mit Hautbildern verziert war. Einige der Tätowierungen wurden von mal mehr mal weniger dicken weißen Linien durchzogen oder unterbrochen, die definitiv nicht zu den Bildern gehörten.

Der athletische Krieger trat näher an Sanjana heran, so dass er nun fast direkt neben ihr stand. „Tu dir keinen Zwang an“, mit einem schelmischen Grinsen fügte er noch hinzu, „sie beißen nicht....“Jetzt war sie befangen. Nun, da er halbnackt vor ihr stand traute sie sich doch nicht. So musterte sie die verschiedenen Bilder zunächst eingehend. Es war eine Mischung aus Ornamenten und zumeist maritimen Motiven. Schließlich blieb sie an einer Schule Delphine hängen, die über seine rechte Flanke tätowiert waren, sie sprangen über die Rippenbögen wie über Wellenkämme. Leider wurde das Bild von einer hässlichen, roten Narbe zweigeteilt. Es konnte noch nicht all zu lange her sein, dass Timor sich hier böse verletzt hatte. Vorsichtig fuhr sie mit den Fingerspitzen die Narbe entlang. „Wie ist das denn passiert? Das sieht böse aus.“ fragte sie.

Der Salsavûr zuckte leicht, als ihre Finger der Narbe folgten, überspielte die Reaktion aber gekonnt. Er schaute an sich herunter. „Die... die habe ich mir beim letzten Königsturnier zu gezogen. Da hat mich die Lanze des della Trezzi erwischt.“ Timor zuckte mit den Schultern. „Nicht mehr als ein harmloser Kratzer.“ Wie es schien, war das kein Herunterspielen der Wunde, sondern eine ehrliche Meinung des Kriegers zu der Verletzung. „So, so... Kratzer“, nun lächelte die Malachis wieder neckisch. Und ließ ihre Nägel dabei leicht über seine Bauchdecke schaben. Zu ihrer Befriedigung spannten sich die so gereizten Muskeln an und Timor entfuhr ein Zischlaut. Damit hatte er nicht gerechnet. Aber seiner Selbstbeherrschung musste man zugestehen, er blieb eisern ruhig. Dadurch ermutigt, ließ Sanjana ihre Finger nun wirklich wandern und fuhr die geometrischen Muster nach. Den wunderschönen, verschlungenen Knoten über seinem Herzen hob sie sich bis zum Schluss auf. Als ihre Hand schließlich da ankam, gewahrte Sanjana, dass sich Timors Brust schnell hob und senkte, außerdem schlug sein Herz tatsächlich heftig unter ihrer Berührung. Vorsichtig hob sie den Kopf und blickte dem Salsavûr ins Gesicht.

'Wie eine verspielte Katze...', schoss es ihm durch den Kopf. Er ließ sie gewähren, als ihre Finger über seinen Körper zu wandern begannen. Timor beobachtete die Malachis. Ihre Atmung schien sich bei der Erkundungstour seines Körpers beschleunigt zu haben. In ihrem Gesicht spiegelten sich Neugier wieder und... ja, auch Aufregung war dort zu erahnen.

'Irgendwie entwickelte sich der Nachmittag immer kurioser. Er traf sie, während sie einen Schinken mit Pfeilen durchlöcherte. Dann hatte sie ihn in die Villa begleitet und im Salon hatte es... was hatte es sich da eigentlich?' In Timors Kopf überschlugen sich die Gedanken. 'Und nun hier in der Küche... wohin entwickelte sich dieser Tag wohl noch...'

Das Antlitz des Salsavûr wirkte ruhig. Allerdings durchbrachen ab und an Neugier, Faszination und Anspannung die sonst entspannt wirkende Maske des Kriegers. Als sie hochschaute, trafen sich die Augen der Beiden. Dann verschwanden seine Augen aus ihrem Blickfeld und sie spürte den warmen Luftzug seines Atems an ihrem Ohr. „Ich hoffe, dein Hunger lässt sich noch etwas hinhalten und du wirst mir das Folgende verzeihen“, hauchte er in dasselbe, bevor sein Angesicht wieder in ihrem Sichtfeld erschien. Kurz darauf näherten sich seine Lippen den ihren und er küsste sie auf diese …