Briefspiel:Drachen unter sich/Teil VII

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Die Briefspielgeschichte Drachen unter sich spannt sich um die Magistratswahlen in Shenilo im Praios 1032 BF. Nachdem man sich zu Beginn (siehe hier, hier und hier) auf eine Kandidatenliste für das Amt des Constablers aufgestellt wurde, ringt man nun (siehe hier, hier und hier) um den einflussreichen Posten des Cancellario. Nach dem Abschluss der Verhandlungen schreitet man schließlich zur Amtseinführung der Magistraten.

Sheniloneu3k klein.png Briefspiel in Shenilo Sheniloneu3k klein.png
Beteiligte (irdisch)
Familie Menaris klein.png Athanasius
Familie Brahl klein.png Brahl
Haus Calven klein.png Calven
Familie Cordur klein.png Cordur
Haus di Matienna.png Di matienna
Familie Tuachall klein.png Lagoil
Haus Carson klein.png OrsinoCarson
Haus Aurandis klein.png Randulfio

Belenos Beharren

Bewahrt die Ruhe - Beleno Brahl

Der Consiliere Darador lauschte dem Hesinde-Geweihten aufmerksam, auch dessen Blicke entgingen ihm nicht. Überrascht hatte Beleno eine Augenbraue gehoben, als selbst Tankred Menaris ins Lager der Wankelmütigen und mit den plötzlichen Wendungen Überforderten zu wechseln drohte. Schon befürchtete der merklich stiller gewordene Rahjen-Geweihte eine weitere böse Überraschung, von denen er heute mehr als genug zu spüren bekommen hatte. Sein Gesicht blieb jedoch schwer zu lesen.
Als Beleno schließlich Tankred Vorschlag vernahm, konnte er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Natürlich hatte der politisch versierte Mann keineswegs den Überblick über seine momentane Lage verloren. Tankred nutzte nun die Gunst der Stunde, um seiner eigentlichen Kandidatin - denn daran bestand für Beleno kein Zweifel - eine Chance auf das Amt zu geben. Fast war Beleno gewillt, es dem allgemeinen Umschwenken von einem angeblich fähigsten auf den nächsten Kandidaten gleichzutun; die Matienna auf seiner Seite zu wissen, wäre sicherlich wertvoller als die derart ungestüm handelnden Tuachall. Und es würde sicher helfen, seine Wut über deren beleidigenden und vorlauten Spross verrauchen zu lassen, der selbst seine Entschuldigungen anklagend vorzubringen versteht...
Die 'Eiserne Dame' war ohne Frage von der nötigen Befähigung für das Amt der Cancellaria, wenngleich auch gefährlich ehrgeizig; Beleno war eine machthungrige und damit vorhersehbare Frau deutlich lieber, als der Wunschkandidat dieser heißblütigen und sprunghaften Consilieri, deren Direktheit und Mangel an Etikette auch auf die Sinnhaftigkeit ihrer Äußerungen schließen ließ. Beleno langsam amtete aus. Er musste seine Haltung wahren und nicht noch immer seine Verärgerung zeigen. Der Rahja-Geweihte würde seine Wahl nicht widerrufen und seine eigenen Worte damit der vorgebrachten Kritik aussetzen. Außerdem war Yolanda natürlich auch weiterhin eine gute Kandidatin. Aber vielleicht vermochte Beleno die weiteren Consilieri von Guilana überzeugen, wenn diese den Wert Yolandas - sicher auch dank dem Auftreten ihres Neffen - nicht erkennen konnten.
Die Unterredungen, die während seiner Gedanken allenthalben ausgebrochen waren, versuchte er mit um Ruhe bittender Geste zu beenden. Der Consiliere Darador hatte sich erhoben und richtete das Wort an alle seine Gefährten im Tempel: "Verehrte Consilieri, vorweg um Euch zu beruhigen: Ich halte an meinem Wort fest und Yolanda weiterhin für die fähgiste Kandidatin. Ich hoffe noch immer auf eure diesbezügliche Unterstützung. Sollte Signora Yolanda jedoch keine ausreichende erfahren, so kann ich Monsignore Menaris nur beipflichten: Unsere Aufgabe ist es, dem gewählten Gransignor der Stadt eine Auswahl zu ermöglichen. Männer und Frauen, die ihre Befähigung bereits unter Beweis gestellt haben... darum möchte auch ich Euch die Signora von Arinken empfehlen. Wenngleich meine Wahl feststeht, will ich Ihr meine Stimme im mehr profanen Sinne leihen; die Schwester unseres geliebten Gransignores Benedict - Boron sei seiner Seele gnädig - würde das Amt mit einem scharfen Verstand und viel Erfahrung bereichern. Ich will daher dem Consiliere Naclador für sein... Umdenken... danken." Wieder Belenos offenes Lächeln, diesmal zum unbewegt blickenden Hesindegeweihten gewandt.

Alte Loyalitäten

Hat das Wiesel noch immer Einfluss?

Yarbosco Aurandis blickte finster drein. Nicht nur Kedios Worte, sondern auch die von Tankred erfreuten ihn gar nicht. Was wusste Kedio schon von den alten Zeiten? Zugegeben, er selber gehörte nicht zu den Ältesten und die Familie Aurandis saß erst seit etwa 250 Jahren in der Domäne Pertakis. Aber alles hier war einst Galahan-Land gewesen. Das war zwar heute nicht mehr opportun, aber Freundschaften und Feindschaften pflegte man nicht leichtfertig zu ändern. Nun, Yarbosco hatte schon immer ein Faible, sein Schicksal nach eigenem Gusto zu gestalten. Doch da konnte ihm Guiliana durchaus das Wasser reichen. Nein. Die Braut hatte schon Randulfio hintergangen. Wenn es nach ihm ging, würde sie nur noch eins gewährt bekommen: ein Richtschwert!
Er hob seinen Weinbecher, setzte ihn aber missmutig wieder ab, als er merkte, dass er leer war. Yarbosco räusperte sich. „Wir haben hier viel gehört und einigem kann ich zustimmen, anderem nicht. Meine Stimme gebe ich an... Leomar Gabellano.“ Er sah in seinen Becher. „Ach nein, ich vergaß, der werte Gabellano steht ja schon auf der Kandidatenliste. Und es wäre sehr schade, wenn es keine Alternative gäbe. Wir haben doch viele geeignete Männer und Frauen, oder? Dann gebe ich meine Stimme Selina Cordur.“ Und er nickte dem Consiliere Branibor zu.

Belenos Einwand

„Aber Signore Aurandis, Eure Stimme wäre damit doch vergeben! Keiner im Saal bezweifelt die Eignung unserer verehrten Maestra, doch haben wir auch von ihrer Nichte selbst, der Reverendissima, gehört, dass Signora Selina sich aus der Politik Shenilos zurückziehen und sich damit auch den schwer wiegenden Pflichten der Cancellaria entziehen möchte. Es bedarf also keiner Stimme, um uns auf den Verdienst der Signora hinzuweisen. Vielmehr müssen wir, wie Ihr richtig bemerktet, Consiliere Fuldigor, dem Gransignor eine Auswahl ermöglichen. An fähigen Männern und Frauen mangelt es uns nicht, wie Ihr ebenfalls erkannt habt. Darum möchte ich Euch“, und mit Blick und Lächeln zu den Angesprochenen, „und auch Euch, Consiliere Branibor, und Euch, Consiliera Aldinor, vorschlagen, Eure Wahl noch einmal zu überdenken. Die Vorzüge Yolanda Tuachalls habe ich hinlänglich erläutert, ich möchte die Runde nicht weiter damit ermüden; zumal bereits einige Stunden seit unserer Zusammenkunft vergangen sind. Was meint Ihr, Consiliere Umbracor, kann das Oberhaupt eines derart boron- und rondratreuen Hauses wie das der Matienna Eurem prüfenden Blick standhalten?“

Yarboscos Erfahrungen

„Nun, in gewissem Sinne mögt Ihr Recht haben. Aber glaubt Ihr, Signora Selina würde sich dem Ruf entziehen, wenn er denn käme?“

Brahl'sches Bosparano

Noch bevor der überraschte Prätor Boronir zu einer Antwort ansetzen konnte, hatte Yarbosco Aurandis auf Belenos Einwurf reagiert – rechtzeitig, um vermutlich preisende Worte über Guiliana zu umgehen. Der Rahja-Geweihte antwortete ihm mit einem Verweis auf Arana von Shenilo: „Das, mein Freund, weiß ich natürlich nicht zu beantworten. Was meint Ihr, Reverendissima, wäre Signora Selina in casum salutarim trotz ihres grundsätzlichen Rückzugs zu einer Zusage zu bewegen?“

Ein Schlupfloch für Selina

Diese direkte Frage von Yarbosco mußte natürlich beantwortet werden, 'aber wie?' fragte sich Arana. 'Ganz sicher kann man sich bei Selina nie wirklich sein.' Bevor sie erneut sich an die Anwesenden richtete trank sie noch einen Schluck Wasser aus ihrem Kelch. „Werter Yarbosco, natürlich weiß ich nicht was in den Gedanken meiner Tante vorgeht und es wäre durchaus vorstellbar das sie zum Wohle Shenilos der Politik erhalten bleibt.“

Kein Umdenken Isidas

Die Consiliera Aldinor, zum Sprechen nun schon mehrfach aufgefordert, aber auf Grund der Verworrenheit der Situation und der ihr eigenen jugendlichen Befangenheit im politischen Gespräch bisher still geblieben, versuchte wie als Rechtfertigung ein hastig überlegtes Fazit zu geben: „Ich verstehe die Lage nun so, dass Signora Cordur die Entscheidung offen bleiben kann, ob sie die Wahl - gesetzt den Fall, der ehrenwerte Herr Gransignore wählt diese zweifellos geeignete Kandidatin, annimmt. Damit steht ja nun ihrer bloßen Kandidatur nichts entgegen. Ich bleibe also bei meiner Stimme.“ Herr Beleman, wenn das nur gut ginge...

Tankred non triumphans

Tankred Menaris schluckte. Dann stieß er einen bei seinen Nachbarn vernehmbaren Seufzer aus, trank an seinem Wein und rieb sich über den Nasenrücken.
„Wie mir scheint,“ er räusperte sich, als er merkte, dass seine Stimme etwas zu leise war, „wir mir scheint ist damit Signora Selina ebenfalls mit der nötigen Unterstützung versehen, um auf die Kandidatenliste zu gelangen.“ Er wandte seinen Kopf in Richtung des immer noch grübelnden Scibor Tuachall. "Es ist nun an Euch, Signore Scibor, Leomar Gabellano und Selina Cordur einen dritten Namen an die Seite zu stellen. Entscheidet Ihr Euch nun doch für Eure Verwandte Yolanda oder habt Ihr Euch umentschieden und wollt Travin di Asuriol erneut Euer Vertrauen aussprechen? Euch scheint das letzte Wort zu gebühren, Consiliere Teclador!“ Damit ließ sich der Hesinde-Geweihte in seinen Stuhl zurücksinken und blickte eine Weile starr an die Decke des Praios-Tempels, ohne etwas zu fixieren.
'Wann hast du das letzte Mal auf den alten Folmin gehört?', fragte ihn seine eigene, grollende Stimme in Gedanken. 'War das bevor oder nachdem die Herrin Hesinde ihm bei der Reinigungszeremonie die Worte der Weisheit raubte?'

Scibors Sinnsprüche

Scibor, Consiliere Teclador, räusperte sich. Noch nie fühlte er sich so vorgeführt wie heute. Egal wie er sich äußern würde, es wird ihm ewig vorgehalten. Der Schaden des Hauses Tuachall war unabsehbar, er sah schon die Spötter. Sein Vater würde toben vor Wut. Nun denn, dann würde er sich doch an die alte Familienregel halten: 'Halt es einfach, du Depp.' Er war sich sicher, dass Tankred ihm vor der Versammlung vermitteln wollte, dass sie gemeinsam für di Asuriol zu stimmen hätten. Sie wären ein natürliches Paar gewesen, beiden wollten das Ansehen der Herrin Hesinde mehren. Aber Tankred stimmte nicht für di Asuriol. Jetzt war nicht die Zeit das zu verstehen.

„Werte Herren, ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass hier nicht die echten Gründe genannt werden, die für und wider einen Kandidaten sprechen. Vielmehr sehe ich das alte Geschacher, dass wir mit dem Sheniloer Bund hinter uns lassen wollten. Unser Gremium ist nur dem Volk verpflichtet, und danach sollten wir handeln. Ich werde auch in Zukunft danach handeln. Heute gebe ich meine Stimme meiner Tante Yolande Tuachall. Von ihr weiß ich, dass sie ihre Arbeit solide erledigt. Sie wird zum Wohle des Bundes handeln und nicht zum Wohle ihrer Vermandten.“

Menarische Mäßigung schwindet

Auf die Entscheidung des Consiliere Teclador erfüllte Gemurmel und Raunen das Rund des Praios-Tempels der Stadt. Tankred Menaris meinte sogar ein leises Lachen aus dem Kreis der Consilieri zu vernehmen. Für einen Augenblick war er versucht, aufzustehen und in spöttischen Applaus zu verfallen, aber dieser Augenblick verging. Stattdessen atmete der Consiliere Naclador tief durch und erhob sich. Stehend wartete er eine Weile bis das Gros der gewisperten Gespräche verstummte und begann zu sprechen:
„Wir mir scheint, hat sich meine Sorge um einen dritten Kandidaten als verfrüht erwiesen. Der Consiliere Teclador hat sich für das Wohl der Stadt entschieden...“ er unterbrach sich eine Weile. Diesmal war er sicher, dass einer der Consilieri in seinen Weinkelch lachte. „Er hat sich für das Wohl der Stadt entschieden und das Schweigen gebrochen. Damit haben drei Kandidaten die nötigen Unterstützer gefunden, um auf die Liste für das Amt des Cancellario zu gelangen. Wir könnten daher diese Beratungen beschließen.“ Er musterte jeden der elf anderen Consilieri kurz und fuhr fort. „Wenn ich nun danach frage, ob jemand noch Zweifel an seiner Entscheidung hat, dann nicht, weil ich mir dies wünsche, sondern weil die Erfahrung des heutigen Tages gezeigt hat, dass eine einmal geäußerte Entscheidung nicht von Bestand sein muss. Sprecht jetzt, Consilieri, oder fügt Euch in die Weisheit unseres Ratschlusses und vertraut auf den neu gewählten Gransignore und sein Urteilsvermögen, unter den drei Kandidaten die oder den Besten zu finden.“

Ratschluss des Consiliums

Scibor blickte zu Tankred. In der Tat, nicht jede Entscheidung muss Bestand haben. Nur ein freier Geist ist in der Lage, seine Meinung zu ändern. Kurz bildete sich die Falte zwischen seinen Augen, die sonst nur bei seinem Vater zu sehen war.

Yarbosco blickte kurz in die Runde, dann stand er auf, hob seinen - immer noch - leeren Becher: „Auf den Gransignor! Möge er eine weise Entscheidung treffen!“ Damit war ihn das Thema durch.

Fußnoten

casum salutarim = ‚im vorteilhaften Falle‘