Briefspiel:Ein Hafenmeistertag

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Sheniloneu3k klein.png Briefspiel in Shenilo Sheniloneu3k klein.png
Beteiligte (irdisch)
Familie Menaris klein.png Athanasius
Familie Brahl klein.png Brahl
Haus Calven klein.png Calven
Haus di Matienna klein.png Di matienna
Haus Tribec klein.png Tribec


Die Briefspielgeschichte Ein Hafenmeistertag beschreibt ein kriegerisches Ereignis, die Konfrontation von Cinanzia, auf dem Höhepunkt der Ponterranischen Landherrenhändel dar. Dabei kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den vorrückenden Kräften des Liliendrachen, die Endor Dorén unterstützen und den verteidigenden Calvenisten beim bzw. im Dorf Cinanzia am Banquir in der Mitte des Efferd-Mondes.


In den Auen des Banquir, in einer Taverne in Cinanzia, 12. Efferd 1033 BF

Ein Hafenmeistertag

In Methumis hätte man den 12. Efferd zu einem Hafenmeistertag erkoren.
Geronya Madalina Menaris blickte mit zusammengekniffenen Augen zum von schwarzen Wolken bedeckten Himmel hinauf und bemühte sich seit Stunden, einen einzigen Sonnenstrahl auszumachen. Während ihrer Ausbildung hatte ihr ein Fischer im Hafen erklärt, dass diese Art tiefhängender, tiefschwarzer Wolken ein heftiges Gewitter oder einen heftigeren Sturm bringen, genauso gut aber einen ruhigen Tag auf See bedeuten konnten. Findige Hafenmeister verlangten deshalb bei solchem Wetter die volle Gebühr für im Hafen ankernde oder aufgezogene Schiffe und Boote. So musste sich der Seemann entscheiden, ob er das Risiko eingehen wollte, mitten in einen Sturm zu fahren oder lieber für einen Tag, der am Ende ohne einen einzigen Tropfen Regen zu Ende gehen mochte Silberlinge in die Kasse des Hafenmeisters werfen wollte.
Geronya wischte sich besorgt den leichten Schweißfilm von der Stirn, den das schwül-warme Wetter herbeigeführt hatte. Wenn Efferd es an diesem Tag regnen lassen würde, dann würden viele Frauen und Männer dafür mit ihrem Blut bezahlen. Sie konzentrierte sich wieder auf das gegenüberliegende Ufer des Banquir. Dort, aus der grün-braunen Fläche des Waldes von Shumir oder von seinem südlichen Rand würden sie kommen. Vor dem Ablauf eines Stundenglases war Alwin Brahl ins Lager der Calvenisten zurückgekehrt. In Chetan war kein Schiff aus Millenis vor Anker gegangen oder vorbeigefahren.
Sie löste ihre Beine aus dem Schneidersitz und schob den Kopf langsam hinter dem Vorhang hervor, der ihren Körper vor neugierigen Blicken auf der Straße schützen sollte. Dann legte sie die Hände an die Schläfen und sprach eine Formel. Die andere Seite des Banquir machte förmlich einen Satz und schien mit einem Mal direkt hinter dem Fenster der Schenke zu liegen, in der sie Unterschlupf gefunden hatte. Und auch der Wald dahinter war nun besser zu erkennen. Geronyas geschärfter Blick tastete suchend den Waldrand und ungewöhnliche Bewegungen in der Ortschaft ab. Es hatte kein Anzeichen dafür gegeben, dass die Bewohner Banquilas südöstlich auf der anderen Flussseite gelegen, eine Gruppe Bewaffneter versteckt hielten, aber man hatte ihr erklärt, dass der Herr von Millenis, ein Freund Endor Doréns, auch Herr von Banquila war. Sie war nur vorsichtig. Konzentriert betrachtete sie den alten Händlerweg von Perainidâl nach Arinken, folgte kurz einem Ochsenkarren, der sich auf die Schleuse zubewegte und ließ schließlich den Blick über Cinanzia selbst schweifen. Im Ort bewegten sich einige wenige Fuhrwerke durch die Straßen, trieb ein Gänsehirt seine Tiere in den Stall und eine Gruppe von Schneidern und Handwerkern schien eine graue Zeltplane zuzuschneiden. Geronya vermutete hinter den Arbeiten auf dem Marktplatz Vorbereitungen für das Nebelfest in vier Tagen. Gerade galoppierte ein weiß gewandeter Reiter über die Zugbrücke, die die Schleuse von Cinanzia überqueren half, der einzigen Querung des Banquir zwischen Chetan und Arinken. Geronya beobachtete wieder den Waldrand gegenüber. Immer noch war kein Speerschaft, kein Reiter, keine flatternde Fahne zu erkennen. Sie griff nach einem Tuch, das ihre Mutter .Fiaga am Bett ihres Großvaters für sie bestickt hatte und tupfte sich abermals den Schweiß von der Stirn.
Von Süden näherte sich auf der Händlerstraße eine sechsspännige Postkutsche der Schleuse. Geronya fragte sich stirnrunzelnd, was eine solch große Lieferung des Postendienstes bedeuten könnte. In Cinanzia angekommen wurde die Kutsche zu einer großen Stallung gelenkt, die Pferde abgeschirrt und die Kutschenreisenden gingen einer nach dem anderen in die Taverne am anderen Ende des Marktplatzes, in der Geronyas Zimmer lag. Es dauerte einige Augenblicke bis Geronya bemerkte, dass auch die Fuhrwerke, die sie zuvor beobachtet hatte, ohne die Zugpferde am Markplatz standen. Irgendetwas am Gang des letzten Reisenden, der in die Taverne trat machte Geronya stutzig. So bewegte sich ihr Bruder auch, wenn er einen längeren Ritt hinter sich hatte. Ihre Augen weiteten sich. Dann sprang sie auf, packte hastig ihre Sachen zusammen und eilte die Treppe hinab, vorbei an der Küche und in den Hinterhof. Sie warf einen Blick zurück, niemand hatte ihren schnellen Aufbruch bemerkt – hoffte sie.

Magier auf dem Feldherrenhügel

Die Kriegskundigen unter den Unterstützern des Calveners waren sich in der Einschätzung einig, dass die Übersetzung der Verbände Doréns nur in Cinanzia stattfinden konnte. Zwar bot sich ein Transport über den Yaquir an, aber dafür hätte man zunächst Chetan einnehmen müssen, wo die Drachenreiter standen, deren Neutralität im Falle eines Angriffs für Constabler Orsino Carson würde zur Diskussion gestellt werden können. Zudem war der Weg nach Westen durch die Ockerfelsen und Nisselva für Reiter schwer passierbar. Auch das Einschiffen bis Pertakis versprach wenig Erfolg, hatte doch Endor selbst noch vor einigen Jahren im Kerker des Gransignors Alessandro ya Ilsandro gesessen. Die Kontakte der di Matienna hatten zudem gemeldet, dass Endors Verbündete eine größere Zahl der Schwarzen Säbel, der Kusliker Seesöldner angeheuert hatten und deren Emblem war in Pertakis mindestens so verhasst wie die Drachen Shenilos. Schließlich stand in Côntris die Darpatengarde bereit. Banquiraufwärts war Arinken gut genug gesichert, um einen Angriff wie Narretei wirken zu lassen.
Valeran Menaris runzelte die Stirn und beobachtete die anderen Frauen und Männer, die mit ihm auf dem Hügel, einem nordöstlichen Ausläufer der Ockerfelsen von Chetan standen. Neben Odolring Karden, dem Capitan der Zyklopenjäger, der den militärischen Befehl führte, waren drei weitere Magier um Valeran versammelt. Die beiden jüngsten, Alwin Brahl und sein eigenes Mündel Argelia, standen etwas abseits und schienen sich über irgendetwas Amüsantes zu unterhalten. Alwin grinste trotz der sichtbaren Erschöpfung, die das Transversalieren mit sich gebracht hatte und aß aus einem Tuch dampfende Ockermocken, die er sich offenbar aus einem Topf im Lager stibitzt hatte. Argelia Menaris hatte die kräftigen roten Haare mit einem Lederband zusammengebunden, wohl um sich schwitzende Strähnen im Gesicht zu ersparen. Sie bemerkte Valerans Blick und nickte ihm kurz ernst zu, bevor sie lächelnd wieder etwas zu Alwin sagte.
Der dritte Adeptus auf dem Hügel, kaum älter als die beiden anderen, blickte gen Osten, nur sein durchgestreckter Rücken verriet seine Anspannung. Der alte Magister fragte sich, ob Carolan von Calven-Imirandi die sichere Rückkehr seiner Frau oder die Ankunft des Feindes ungeduldig erwartete. Der Adeptus seufzte und nahm einen Schluck aus einem Trinkschlauch aus Ochsenleder, auch er schwitzte. Der Magister selbst trug wie immer seine schwarze Kleidung, die Hitze störte ihn wenig. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Erläuterungen des Befehlshabers zu, die er schon beim ersten Mal verstanden hatte, und studierte konzentriert die Karte, auf der der Mann mit kleinen Holzklötzen die verschiedenen Positionen der Kräfte von Liliendrache und Calvenisten markiert hatte.
Der Angriff konnte nur über Cinanzia erfolgen, aber sie würden bereit sein. Am Morgen hatte ihr Spion in Millenis das Ausrücken der Söldner unter Nurîm Tribêc von Trebesco gemeldet. Die Streitkräfte müssten jeden Augenblick auf der Straße oder aus den Wäldern kommend gesehen werden. Das würde ihnen genug Zeit geben, ihre eigenen Verbände in Stellung zu bringen und den Übergang über die Schleuse Cinanzias zu verhindern. Dann käme die Zeit der Arinkener Bogner. Sie mussten schnell handeln, sonst böte das Dorf den Anhängern Endors gefährlichen Schutz und ein Blutvergießen unter Ponterranern wollte Valeran vermeiden, die Anweisungen Esindios waren diesbezüglich unzweideutig.
Valeran blickte hinüber zu der drahtigen Utharia di Matienna, die die Verbindung zu den Bognern darstellte. Die junge Frau war im Gespräch mit seinem Großneffen Angrond. Die beiden standen fast einen Schritt voneinander entfernt, dennoch unterhielten sie sich leise und auf gewisse Weise auch vertraut. Valeran begrüßte, dass die beiden jungen Patrizier miteinander auskamen, es war überaus wichtig, dass man den Menaris und den Magiern insgesamt unter den Bognern nicht mit Misstrauen begegnete. Er hatte es zunächst als unnötig, ja fast beleidigend empfunden, als sein Vetter Esindio den Hauptmann der Tempelgarde und ein halbes Dutzend seiner Männer mit den Magiern gen Banquir entsandt hatte, die nun in einem lockeren, aber wachsamen Halbkreis um die Magier standen – und wie fast alle schwitzten. Es stimmte zwar, dass auch Valeran selbst seit dem Attentat auf den Patriarchen der Menaris fast ständig ein leises Gefühl der Gefahr verspürte, wenn er in der Gegenwart mehrerer Menschen war, die ihm kaum oder gar nicht vertraut waren. Aber er war durchaus in der Lage, sich seiner Haut zu erwehren und unter seinen Begleitern waren immerhin zwei Adepten der Magia Combattiva. Aber er begann die Weisheit hinter der Entscheidung Esindios zu verstehen, der weit mehr als nur die Sicherheit der Magier im Sinn zu haben schien: Zum einen war Angrond gut mit den di Matienna bekannt und war wohl nur mit dem verstorbenen Gransignore Benedict vertrauter gewesen als mit dessen Verwandter Utharia. Zudem gab er dem jungen Gardehauptmann damit eine Aufgabe außerhalb der Stadt, wo die Situation unübersichtlich und auf ihre Art gefährlicher war, als hier auf dem Feldherrenhügel der Calvenisten.
Mit einem Mal wurde Valerans Aufmerksamkeit durch Rufe aus dem Lager am Fuße des Hügels auf eine Gestalt in grün-roter Robe gelenkt, die den Hügel hinaufeilte, die aufgestellten Wachen hinter sich lassend. Auch Geronya schwitzte, als sie schnaufend bei den ihr entgegengehenden Magiern angelangt war.
„Sie haben die Schleuse längst überquert, Magister! Ich glaube sie sammeln sich in diesem Augenblick in den Stallungen Cinanzias!“ Die erschrockenen Ausrufe schienen die junge Adepta nicht zu verwundern. Sie lächelte. „Ich fürchte, wir sind einer List aufgesessen. Ich glaube die Verbände des Feindes sind in Teilen bereits vor meiner Ankunft in Cinanzia eingetroffen.“ Sie deutete in Richtung des Dorfes.
„Aber wie ist das möglich? Noch heute Morgen stand ein Banner in Millenis!“ verlangte ihr Gatte Carolan zu wissen. Trotz der Situation war seine Anspannung etwas gewichen, stellte Valeran beiläufig fest. Carolan runzelte kurz die Stirn als Geronyas Bruder wortlos hinter sie trat.
„Bauern, denen die Waffen, Wimpel und Wämser von Söldnern zu tragen befohlen wurde, vermute ich. Ein lustiger Einfall!“ Das müde Gesicht Alwin Brahls wurde von einem anerkennenden Grinsen erhellt. Solcher Art Streiche hatten dem jungen Magus noch zu seiner Ausbildungszeit Gefallen bereitet. Valeran seufzte. Es war nicht das erste Mal, dass er die Abwesenheit seiner Base Brigona bedauerte. Sie kannte sich mit solchen Dingen weitaus besser aus als er. Solche Schliche der Kriegskunst wären ihr rascher aufgefallen. Die Adepten begannen zu beraten, was nun zu tun sei, aber Valeran wandte sich an den Kommandeur.
„Capitan Korden, ich denke Ihr stimmt mir zu, wenn ich sage, dass Euer ursprünglicher Plan damit aufgegeben werden muss?“ Valeran wartete nicht auf eine Antwort, der verärgerte Gesichtsausdruck seines Gegenübers verriet ihm, dass auch der Andergaster Odolring den Plan verworfen hatte. Die Überquerung der Furt war nun nur noch schwer zu verhindern. „Wenn ich Euch noch einmal den Rat geben dürfte, auf alle Euch zur Verfügung stehenden Mittel zurückzugreifen?“ Valeran fing den Blick des Mercenarios ein und achtete nicht auf Angrond, der gegen die Entscheidung, die Magier ins Kampfgeschehen zu bringen, zu protestieren begann. Einen Augenblick schien Odolring ihm widersprechen zu wollen, dann schloss er die Augen und nickte grimmig. „Erklärt, wie Ihr vorgehen würdet, Magus!“ befahl er dann mehr, als dass er bat. Valeran lächelte dünn. Er gestattete sich keinen Gedanken an ein Scheitern seines Plans: Esindio hatte ihn entsandt um große Verlust auf beiden Seiten zu vermeiden und Valeran hatte nicht vor, seinem Vetter Grund zur Beschwerde zu geben. Er winkte Alwin Brahl zu sich. „Wir werden...besser, wir sollten folgendes tun...“