Briefspiel:Feuernacht (16)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: ab 7. Rondra 1035 BF, abends Schauplatz: Stadt Urbasi, besonders Palazzo Casciano Entstehungszeitraum: Juni bis Dezember 2013
Protagonisten: Haus Urbet und viele zum Fest geladene Patrizier Urbasis Autoren/Beteiligte: Familie Aspoldo.png Aspoldo, Haus della Pena aeH.png Dellapena, Haus di Onerdi.png Di onerdi, Haus Doren.png Dorén, Haus Urbet-Marvinko.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio, Familie ya Ranfaran.png Ranfaran, Haus di Salsavur.png Rondrastein, Familie Dalidion.png Storai, Haus di Tamarasco.png Tamarasco, Familie Zorgazo.png Toshy, Haus della Turani.png Turani, Familie Carasbaldi.png ZarinaWinterkalt


Rondrawetter

Autor: Gonfaloniere

Yandriga fühlte sich hilflos. Nein, sie fühlte sich, als wenn sie selbst niemandem eine Hilfe war, obwohl so viele dieser bedürften. Viel zu viele.
Ihre Kinder und ihren jüngeren Bruder hatte sie aus dem brennenden Palast herausgeholt – und konnte doch nur an die denken, die es (bislang?) nicht geschafft hatten. Oder an die, die vom Inferno wohl für immer gezeichnet waren. Die Schmerzensschreie ihres Neffen Novarizio, die einer hässlichen Verbrennung am Hals geschuldet waren, konnte sie vom Tempelportal über den halben Renascentia-Platz bis zu ihrem Standort vor dem Magistratspalast hören. Panthino, der Baron, hatte schwere Brandwunden an beiden Händen, die er in seiner apathischen Trauer über den Verlust der Gemahlin jedoch gar nicht wahrgenommen zu haben schien, als er das wundersame Neugeborene aus dem Palast trug. Am schlimmsten waren aber ihr Bruder Auricanius und ihres anderen Bruders Witwe gezeichnet, die abseits der übrigen Familienmitglieder gerade vor ihren Augen von den Medici unter Peraijana Acciaioli behandelt wurden.
Nur Yandriga war ihnen dabei keine Hilfe und sah hilflos mit an, wie sich ihr Bruder unter Schmerzen wand – und dennoch darauf beharrte, dass Peraijanas arkane Fähigkeiten allein Preciosa zustanden.
„Weiter nach rechts!“
Plötzlich brüllte direkt neben ihr jemand einer der Löschketten, die sich auf dem Platz längst gebildet hatten, Anweisungen zu. Sie wandte ihren Blick unwillkürlich zum Inferno zurück, das nur wenige Dutzend Schritt neben ihr seinen verheerenden Lauf nahm. Auf die zum Palazzo Casciano weisende Nordostecke des Magistratspalasts hatte das Feuer bereits übergegriffen. ‘Wie sinnlos …’, stieg in ihr ein Gedanke auf. Wie sollte man mit einfachen Eimern Gebäude löschen, die vier, fünf Stockwerke hoch aufragten?
‘Wir müssen hier weg’, setzte sie den Gedankengang für sich selbst fort und sah sich hastig nach Helfern um, die ihren Bruder mit wegtragen könnten.
Bevor sie welche gefunden hatte, hörte sie aber noch ein anderes Geräusch: Stahl auf Stein, das metallische Geräusch eisenbeschlagener Hufe auf dem gepflasterten Platz. Und dann sah sie hinter der Nordwestecke des Magistratspalasts auch schon das Wolfsbanner des Hauses di Salsavûr auftauchen.
Im selben Augenblick schlug ein erster Blitz vom nächtlichen Himmel …

„Salsavûr!“
„Eisenwölfe!“
Zwei Rufe gellten beinahe gleichzeitig durch die Reihen der Getreuen des Hauses Urbet vor dem Hesinde-Tempel Urbasis.
„Macht euch bereit“, schallte der Befehl Thion de Falconas direkt hinterher – und ein Dutzend Basiliskengardisten spannten sich sofort noch weiter an. Die mit der medizinischen Versorgung der Verletzten des Hauses beschäftigten Novizen der allweisen Herrin dahinter zuckten hingegen überwiegend erschrocken zusammen.
„In den Tempel!“
Panthinos Entscheidung war eine instinktive. Die neuerliche Bedrohung riss ihn jedoch aus seiner ihn zwischenzeitlich überwältigten Trauer sofort wieder heraus. Er sah sich nicht einmal nach der nur wenige Schritt neben ihm stehenden Hohen Lehrmeisterin Ingalfa um, die von der ganzen Situation genauso überrumpelt war wie die meisten ihrer Geweihten und Novizen.
Unterdessen zuckte ein weiterer Blitz übers nächtliche Firmament.
„In den Tempel! Alle in den Tempel! Sofort!“
Während er seine Anweisung wiederholte, riss der Baron einem der Basiliskengardisten bereits dessen Armbrust aus der Hand. Wenn ihm kein anderer Ausweg blieb, würde er in dieser Nacht noch auf weitere Adlige schießen – daran bestand kein Zweifel.
Unter den sich nähernden Berittenen erkannte er die Zwillingsgeschwister Lorian und Larissa di Salsavûr in vorderster Reihe. Er hielt auf den Baron selbst an.
„Schickt der Brandstifter seine Schoßhündchen, um sein Werk zu vollenden“, brüllte er den beiden mehr feststellend als fragend entgegen, sah sich aber gleichzeitig nochmal zu seinen eigenen Familienmitgliedern um.
„Ihn auch!“ Er machte einem der sich langsam zu den Tempelportalen zurückziehenden Gardisten eine Andeutung, die ihn aufforderte auch den als Geisel gehaltenen Timor Sâl mitzunehmen. „Ab in den Tempel mit ihm!“
Und als er selbst das Portal bereits in seinem Rücken spürte, erhellte ein weiterer Blitz die ohnehin schon feuererleuchtete Nacht. Dann fielen erste Regentropfen aufs Pflaster des Renascentia-Platzes.


Autor: Rondrastein

Fast hätte man es als Antwort auf Panthinos Feststellung ansehen können, als einer der Basiliskengardisten, der Timor in den Tempel trug, in sich zusammensackte. Aus seinem Hals ragte, wie unschwer zu erkennen war, ein Bolzen. Ein weiterer schlug kurz darauf im Tempelportal auf Höhe von Panthinos Brustkorb ein.
Wer seinen Blick von dem eben Getöteten nahm und aufschaute, der sah Larissa di Salsavûr auf sich zu kommen, die in jeder Hand eine Balestrina hielt. Die Cavalliera verstaute die Waffen wieder in den Holstern und zog ihren Reitersäbel.
Ihr Bruder rief ihr etwas zu, was es war, konnte man nicht verstehen, aber alleine an der Tonlage war zu erkennen, dass es keine Freundlichkeit war.
Der Kommandeur der Eisenwölfe hatte sein Schwert gezogen. „Memento mortuorum!“ Lorian brüllte den Schlachtruf heraus und der Ruf wurde von den Paritori aufgenommen.
„Ausfächern! Kreist sie ein! Und keiner betritt den Tempel!“ Die Befehle des Barons waren klar und deutlich zu vernehmen. Sie wurden ohne zu zögern von den Reitern ausgeführt. Flüssig, wie nach jahrelangem Üben fächerten die Eisenwölfe, so gut es unter den Platzumständen ging, aus und ritten auf das Tor des Hauses der Göttin Hesinde zu.
„Legt die Waffen nieder, Hochgeboren, und ihr und eure Kinder werden verschont!“
Lorian rief die Worte zum Tempel hinüber. Allerdings klangen sie eher wie eine Floskel, so als ob er sich sicher war, dass Panthino ihnen nicht folgen würde.

Am Rande des Platzes erschien in deutlichem Abstand zu den Eisenwölfen die Lanze der Custodia Donatica. Larissa wendete ihr Ross und ritt auf diese zu, um ihnen Befehle zu geben. Nach einem kurzen Wortwechsel bogen die Männer und Frauen im Laufschritt in die Gasse neben dem Hesindetempel ein, um eine Flucht der Urbeter durch eine Hintertür des Tempels zu verhindern.

Zur gleichen Zeit verließen drei Reiter den Palazzo Nemoblesco. Zwei davon ritten Richtung Süden und einer nach Nordwesten. Aus dem Innenhof des Palazzos stieg ein kleiner Schwarm Tauben auf, die schnell von dannen flogen ...


Autor: Gonfaloniere

„Wir müssen hier weg“, wandte sich Yandriga diesmal auch an ihren noch vom Schmerz benommenen Bruder. „Auricanius, wir müssen hier weg. Überall sind Salsavûrs …“
Im vom tröpfelnden Regen feuchten Gesicht des Angesprochenen spiegelte sich indes ein weiterer das Firmament durchzuckender Blitz wider.
„Auricanius, bitte“, flehte sie ihn fast an.
„Nein, Yandriga“, fand der seine Kraft wieder, „ich lasse sie …“ Er sah zu Preciosa rüber, von der Yandriga noch immer nicht glaubte, dass sie diesen Tag überhaupt überleben konnte. „… nicht im Stich. Sie wird leben, ja?! Doch nur, wenn ich dafür sorge.“ Er machte eine kurze Pause, die er offensichtlich schon zum Atemholen brauchte. „Aber du musst auch leben, Yandriga! Und dich werden sie nicht schonen … Geh, bring dich in Sicherheit!“
„Ich lasse dich nicht im …“
„Geh! Ich will dich nicht mehr sehen! Geh!“
Die fatale Entschlossenheit ihres Bruders machte Yandriga richtig Angst – ein seltsames Gefühl, das die furchtlose Cavalliera sonst gar nicht kannte. Wasser perlte ihre Wange hinab. Und sie war sich nicht sicher, ob dies der Regen oder nicht doch ihre Tränen waren …

„Genügt euch das als Antwort, Mörder!“
Es war wieder mehr eine Feststellung als eine Frage, die Panthino dem Anführer der Eisenwölfe entgegenbrüllte – und der er gleich einen Armbrustbolzen folgen ließ. Als hätte er das erwartet, konnte der dem Geschoss aber ausweichen, so dass es ihn nur an der gepanzerten Schulter streifte.
Unterdessen verschwanden auch die letzten Basiliskengardisten nun hinter den Tempelportalen, vor denen nur noch vollkommen verängstigte Novizen und angehende Medici auf den Treppenstufen kauerten.
Im Tempel selbst herrschte ein unheimliches Zwielicht – und eine ebensolche Stille. Selbst die Schreie des brandgezeichneten Novarizio waren inzwischen verstummt. Daneben machte Panthino seine eigene jüngste Tochter aus, die beiden Kinder Yandrigas, außerdem Istirde und Rondralio. Wieviel größer war die Zahl derer, die fehlten? Darunter seine Mutter, seine Frau, sein jüngerer Sohn …
Unbändige Wut stieg in ihm auf, während er die Armbrust erneut spannte.

„Für Urbet!“
Ein ‘Schlachtruf’, der von einem Röcheln begleitet wurde, während einer der zentral im ‘Belagerungsring’ des Hauses di Salsavûr um den Hesinde-Tempel aufgestellten Eisenwölfe rücklings vom Pferd fiel. Ein geworfener Speer hatte seinen Oberkörper sauber durchstoßen.
Der Angreifer musste ihn aus der Menschenmenge geschleudert haben, die sich noch immer in Richtung des brennenden Palasts und Rahja-Tempels auf dem Renascentia-Platz befand.
„Für Urbet, ihr Schweine!“
Es war Yandriga, die den Salsavûrs diese Worte entgegenbrüllte, während sie sich bereits an einem Pferd hinaufzog und ihm die Sporen gab. Sie lenkte das Tier weg vom Hesinde-Tempel, weg vom Renascentia-Platz, einfach nur weg …
Sie sollte gehen, hatte Auricanius zu ihr gesagt. Wie, das hatte er nicht gesagt, dachte sie trotzig. Darum hatte sie den Entschluss gefasst, möglichst viele der Feinde als Verfolger auf sich zu lenken und vom Tempel wegzulocken. Ob ihr das gelingen mochte? Sie wusste es nicht, aber den Versuch konnte ihr nun niemand mehr nehmen.
Ein naher Blitz erhellte über ihr den nächtlichen Himmel, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donnern.

Unterdessen hatte sich Auricanius trotz der Einwände der ihn versorgenden Medici wieder halb aufgerichtet. Ein junges Mädchen von vielleicht zehn Götterläufen stand neben ihm.
„Lauf zum Kloster vor der Stadt und richte der Wache am Tor aus, dass der Subprior sein Inquisitionsgefolge sehen will, jetzt sofort. Nimm das hier mit und sie werden dir keine weiteren Fragen stellen.“
Er reichte dem Mädchen seinen Siegelring.
„So schnell dich deine Füße tragen, verstehst du“, rief er ihr noch hinterher, während sie bereits loslief …