Briefspiel:Hesindes Löffel (11)

Aus Liebliches-Feld.net
Zur Navigation springenZur Suche springen

Auge-grau.png

Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: undatiert Schauplatz: Urbasi und Umland Entstehungszeitraum: Jahreswechsel 2013/14
Protagonisten: Lissa Falira, Gylduria Deraccini, Antonius Taubenschwinge Autoren/Beteiligte: Familie Deraccini.png Terralux


Zurück in der Wildnis

Am Abend kampierten sie wieder auf einer Lichtung. Die Zelte waren schnell aufgestellt und ein gutes Essen vorbereitet.
Lange grübelte Lissa, wie sie das Thema ansprechen sollte. Der Vorfall in der vergangenen Nacht war ihr immer noch peinlich. „Mir wäre es recht, wenn ich diese Nacht eine etwas … kürzere Leine hätte, wenn du verstehst.“
Antonius nickte: „Natürlich, auch wenn ich nichts gegen deine Gesellschaft habe.“
Lissa schluckte ihre Antwort herunter. Sie wollte jetzt keine wilde Rahjanacht mit ihm verbringen.
Sie grübelte noch lange, während sie alle wichtigen Entdeckungen in ihrem Buch fest hielt.
Schließlich wurde es aber so spät, dass sie sich hinlegten. Antonius legte das Seil wieder schmerzhaft fest um ihren Körper und band das andere Ende um einen dicken Baum.
„Das wird leider nicht bis in mein Zelt reichen.“
War das ein Lächeln in seinem Gesicht? Lissa starrte ihn an und kam sich dumm vor. Sie hatte keine Ahnung, was sie von ihm nur halten sollte, also ignorierte sie ihn erstmal. Vielleicht würde sie ihn eh nicht wieder sehen, sobald sie in Urbasi Hilfe bekommen hatte und neue Ausrüstung. Gylduria hatte ihn nur mitgeschickt, damit er ihr nicht im Weg war bei diesem Treffen mit den Silbertalern. Für sie war es wohl fast so etwas, wie ein netter kleiner Ausflug.
Lissa presste die Lippen zusammen. „Was mache ich mir überhaupt vor?“
Antonius sah sie verwirrt an. Sie verzog ihr Gesicht zu einem Lächeln und erklärte: „Ist schon in Ordnung, gute Nacht und mögen eure Träume ruhiger sein, als meine.“
Der Ritter lächelte nur und verzog sich unter seine Plane. Auch Lissa fiel es nicht schwer nach diesem Tag in den Schlaf zu fallen.

Unklar träumte sie davon, ihr Arbeitsmesser in der Hand zu haben. Wie aus einer Distanz und den Augen einer anderen Person verschwamm die Szene und sie fand sich vor einem Knoten an einem Baum wieder, den sie geschickt öffnete. Wieder verschwamm ihr Blick und sie spürte weichen Boden unter ihren Füßen. Dann strichen ihre Finger über hartes Muskelfleisch. Sie wusste, was das bedeutete. Innerlich wollte sie schreien, aber es half nichts und bald gab sie es auf. Auch weil sie mehr sehen wollte, wenn sie schon mal da war. Niemand konnte ihr einen Vorwurf machen, solange sie schlief. Ihre Finger tasteten unter den Leinenstoff und strichen über die vernarbte Haut, bis hinunter zu seinen Beinen. Sie glitten durch sein Haar und flochten ihm einen Zopf.
Dann, ganz unvermittelt, meinte sie ihre Tinte zur Hand zu haben. Ihre Hände agierten ganz von allein, als sie einen Finger hinein tauchte und über das harte Gesicht mit der Tinte strich. Das war so kindisch, warum machte sie das? Bei Phex, was sollte das?
Endlich merkte sie, dass sie wieder in ihr Zelt ging und atmete erleichtert auf.

Das nächste, was sie hörte, war der Schrei von Antonius. Sofort war sie hellwach und schon halb aus dem Zelt, ehe sie sich an ihren Traum erinnerte. Die niedrige Plane von Antonius war zusammengefallen und er wand sich darin, im Versuch sich zu befreien.
Ohne es zu wollen schmunzelte sie, aber dann erinnerte sie sich an den Rest ihres Traums. Schnell warf sie sich etwas über und lief zu dem Ritter, um ihn aus der misslichen Lage zu befreien.
Als sie sein rotes Gesicht mit den bemalten Augenbrauen sah, konnte sie aber nicht mehr an sich halten und lachte laut los. Es war so übertrieben und sah so dämlich auf dem eher ernsten Gesicht aus. Das linke Auge war wie von Kinderhand mit einer Sonne bemalt, das rechte wies die Form eines Schmetterlings auf. Dazu waren die Augenbrauen so stark nachgezogen und zu den Geheimratsecken gezogen, dass es halb diabolisch und halb närrisch aussah. Unter der Nase hatte sie mit Tinte einen mächtigen Zwergenbart gezogen, der einfach perfekt zu den Flüchen des Ritters passte.
Sie konnte sich erst wieder einkriegen, als sie die kräftige Hand des Ritters an ihrer Schulter bemerkte. „Na schönen Dank auch. Ich kann mir schöneres vorstellen, als aufzuwachen und das Zelt einstürzen zu sehen.“
Lissa wischte sich eine Träne aus ihren Augenwinkeln. „Bitte entschuldige, aber das sah zu komisch aus. Leider scheint dein Knoten nicht gehalten zu haben.“ Entschuldigend deutete sie auf das durchgeschnittene Ende. „Ich kann wirklich nichts dafür, dass ich nachts so was mache … und vielleicht sollte ich dir sagen, dass dein Gesicht etwas, naja, farbig ist.“
Grummelnd zog sich der große Ritter mit dem Tintengesicht zurück und begann sein Gesicht zu waschen, aber die Tinte erwies sich als recht zäh.
„Dabei fällt mir ein, ich habe sonst nie sehen können, was ich überhaupt tat. Aber diese Nacht war es anders. Warum konnte ich das alles nur verschwommen sehen?“ Gedankenverloren suchte sie nach ihrem Buch der Schlange, um diese Erinnerung festzuhalten. Dabei sah sie auch, dass sie auf dem Rubin geschlafen hatte. „Ob das wohl was mit dir zu tun hat?“, fragte sie den Rubin.
„Ich bin sicherlich nicht schuld an deinen Träumen“, brummte Antonius hinter ihr und forderte sie auf: „Hilf mir mal, ich bekomme die Tinte nicht runter.“
„Da kann ich dir leider nicht helfen. Ich habe nichts dabei, um die Tinte wegzuwischen. Das können wir wohl erst in Urbasi machen, oder wenn wir hilfreiche Leute auf dem Weg treffen.“
„Ich soll so herumlaufen?“, brachte Antonius erst ungläubig, dann wütend hervor. „Wisst ihr, wie peinlich das ist? Ich habe mich vorhin in meiner Rüstung gesehen!“
Lissa winkte ab. „Das wird euch schon nicht umbringen, außerdem nehme ich jede Schuld auf mich, ehrlich!“
„Ich sollte mir einen Sack über den Kopf werfen, oder Bandagen.“ Er warf verzweifelt die Arme hoch, hielt dann aber inne. Bei der Idee rieb Antonius sich glatt das Kinn und verschmierte die Tinte noch ein bisschen. „Wir könnten von einem Kampf erzählen, bei dem ich heldenhaft verwundet wurde.“
Lissa lächelte breit: „Ohja, der Kampf gegen das Tintenmonster.“
Antonius schloss nur kurz die Augen, um sich zu beruhigen. „Nein, ein Kampf gegen einen dieser Achaz. Zumindest war einer da und vielleicht hat er auch die umliegenden Dörfler beunruhigt.“
„Das gefällt mir gar nicht. Wir wissen nicht, ob er feindlich ist, oder nicht. Ich will da niemanden falsch verdächtigen, aber nach ihm fragen könnte durchaus weiter helfen.“
Schließlich ließ sich Lissa überreden, dem Ritter ein paar einfache Bandagen umzuhängen. Vorsorglich trug er aber auch noch den Helm dazu. Das war natürlich ungewöhnlich, aber besser, als immer auf die Bandagen angesprochen zu werden.