Briefspiel:Hesindes Löffel (12)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: undatiert Schauplatz: Urbasi und Umland Entstehungszeitraum: Jahreswechsel 2013/14
Protagonisten: Lissa Falira, Gylduria Deraccini, Antonius Taubenschwinge Autoren/Beteiligte: Familie Deraccini.png Terralux


Gen Urbasi

Sie kamen gut voran und kampierten auf Wunsch von Antonius etwas abseits des Weges. Auch schlugen sie zu Lissas Bedauern alle Essenseinladungen aus. Der Ritter wollte wirklich sicher gehen, nicht entdeckt zu werden. Von großen Echsenwesen hatte aber keiner der Leute etwas gesehen oder gehört. Das beruhigte Lissa etwas. Achaz neigten dazu, die einfache Landbevölkerung schnell in Aufruhr zu versetzen, allein durch ihre Gestalt.
Im Lager befreite Antonius sich von Helm und Bandagen. Sein Gesicht sah schon wieder ganz anders aus, da sein Schweiß die Tinte gelöst und neu verteilt hatte. Jetzt sah es aus, wie ein sehr seltsames Tattoo, oder eine bedenkliche Hautkrankheit, während die Bandagen natürlich blau waren.
In dieser Nacht verzichtete Antonius darauf Lissa festzubinden. „Das hat keinen Zweck, ich müsste dich schon fesseln. Am besten wäre es, wenn ich gar nicht einschlafe.“
Lissa schlug reumütig die Augen nieder. „Es tut mir Leid, wirklich! Aber ich kann nichts dafür! Du hättest mal dabei sein sollen, als ich im Hesindetempel gewandelt bin. Einmal bin ich aufgewacht und hatte anscheinend versucht mir irgendetwas zu schmieden. Ein anderes Mal war ich mit einem Korb voll Äpfel auf halbem Weg zum Bauernhof aufgewacht… und einmal im Bett eines Schönlings, der die Situation glatt ausgenutzt hat.“ Bei den letzten Worten schaute sie beschämt zu Boden. „Zumindest glaube ich das, er hat mir bei allen Zwölfen geschworen, stark geblieben zu sein.“
Der Ritter ließ die angestaute Luft langsam entweichen. „Es muss auch für euch eine ziemliche Bürde sein, vor allem, wenn ihr euch an nichts davon erinnern könnt.“
„Ohja, ich hatte gehofft, dass ich durch den Löffel mehr darüber erfahre. Mir ist das Buch mit den Aufzeichnungen von Helion beim Schlafwandeln ‚in die Hände gefallen’.“
Antonius schaute sie verdutzt an: „Selbst im Schlaf noch am Lesen? Bibliotheken sind wohl wirklich nicht gesund auf Dauer.“
Lissa nickte nur. „Ich zieh mich zurück. Wenn ich morgen früh nicht da bin, wartet einfach kurz. Ich bin selten weit weg von meiner Bettstatt.“
Die Hesindegeweihte legte sich hin und besah sich noch einmal den rot funkelnden Rubin. Wenn sie sich wieder an so viel erinnern würde, musste irgendeine magische Kraft in ihm wohnen. Aber das Studium musste warten, bis sie ein paar Stunden in einem ruhigen Zimmer hatte.

Wieder merkte sie, wie sie aufstand. Die Distanz zu ihrem Körper war schier unüberwindlich, wie durch ein verschwommenes Glas, konnte sie erkennen, wie sie halb nackt ihren Stab nahm. Draußen schaute sie kurz hoch in die sternenklare Nacht, dann zum Feuer. Antonius saß noch immer an der Glut, regte sich aber nicht.
Sie konnte sehen, dass sie zum Rand des Lagers ging und dann ihren Stab hob. Mit einem kräftigen Schlag gegen eine junge Birke begann ein tanzender Bewegungsablauf, den sie bei einer Reise von einem Rondrageweihten gelernt hatte. Immer wieder hieb sie auf den frischen Baum ein und bremste kurz vor der Rinde, nur um in einer schnellen Wende wieder zuzuschlagen. Nach und nach fühlte sie den Schweiß an sich herunter rinnen, von der vielen Übung. Sie war nicht fehlerfrei, aber besser, als sie es vermutet hätte.
Plötzlich drehte sie sich mit einem Ausfallschritt und fing einen eher laschen Hieb von Antonius ab. „Was soll das?“, wollte sie erstaunt fragen, aber nichts drang nach außen. Wollte der Ritter am Ende den Löffel stehlen? Oder den Rubin? Hatte er nur so nett getan? Langsam stieg Angst in Lissa auf, dieser Mann hätte wenig Probleme sie im Schlaf umzubringen.
Der Tanz ging weiter, diesmal mit Antonius. Immer wieder folgte Attacke auf Parade, Konter auf Gegenschlag und Finte auf Wuchtschlag. Lissa hatte nie viel kämpfen müssen und daher war sie sicher, dass sie im wachen Zustand sich niemals so gut gehalten hätte. Antonius schien der Kampf zu gefallen. Er lächelte und zog das Tempo an, wurde schneller und zielte mit kräftigeren Schlägen auf sie.
Die Geweihte schrie innerlich auf und konnte gar nicht verstehen, worauf das hinauslaufen sollte. würde Antonius sie jetzt zerstückeln? Aber warum? Wegen dem Löffel wohl kaum.
Plötzlich schnellte Lissas Körper mit ungeahnter Gewandtheit zur Seite aus und traf Antonius mit einem schnellen Hieb. Gleichzeitig spürte sie kühles Metall auf ihrem Oberarm. Beide hatten rechtzeitig gestoppt, ehe es ernsthafte Verletzungen gab, aber ein blauer Fleck würde wohl bleiben.

Lissa verneigte sich tief und begab sich wieder in ihr Zelt, wo sie erst am morgen, zwar schweißgebadet, aber unversehrt aufwachte. Sie schwieg, bis sie in die Stadt Urbasi einritten. Dann schaute sie zu dem Ritter auf und fragte: „Wie ernst war dir der Kampf gestern Nacht?“
Antonius sah sie durchdringend durch seinen Helm an. „Ich war hauptsächlich neugierig. Du hast mich überrascht, ich hätte nicht gedacht in dir eine so ebenbürtige Gegnerin zu finden. Die Technik war gut, aber du solltest an Kraft zulegen und genauer zielen.“
Lissa lief wegen des Lobs rot an. Im Kampf war sie nicht wirklich geübt und das kam von einem echten Ritter.
„Dabei fällt mir auf: Warum kannst du dich an den Kampf erinnern?“
Erschrocken zuckte Lissa kurz zusammen. Der Rubin wog schwer in ihrer Tasche. Sie spielte an ihrem schlangenförmigen Halsband, während sie antwortete: „Ich weiß es nicht genau, es war im Traum, als ob ich reine Zuschauerin war. Ich konnte nichts nach meinem Willen bewegen.“
Antonius wollte sich ans Kinn fassen, aber da war sein Helm im Weg. „Und dennoch hast du rondrianisch gekämpft, fast wie eine Löwin. Das ist interessant. In der Nacht davor war es ein Streich, der an Phex erinnern würde und in der ersten Nacht war es wohl Rahja, die dich geleitet hat.“
Lissa nickte. „Mir ist auch schon aufgefallen, dass es irgendwie mit den Dr... Zwölfen zu tun hat. Ich weiß wirklich nicht, warum. Wie gesagt, ich hatte gehofft, dass der Löffel mir eine Antwort geben könnte.“
Antonius stutzte zwar kurz bei dem Versprecher, aber dann nickte er nur. Er schien es auch nicht besser zu wissen, oder dachte wieder an ihren Kampf zurück.