Briefspiel:Krieg in der Urbasiglia (Unter Jalteken)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png


Beteiligte (irdisch)
Haus della Pena jH klein.png Horasio


Prolog

Urbasi, in der Nacht vom 19. Tsa

Dunkel glitzerten die Wasser des Sikram im Lichte der Mada, deren gespiegelter Schein die Ufer des Flusses in unwirkliches Licht tauchten. Die Wolken der vergangenen Tage waren aufgebrochen und boten der Hesindetochter Gelegenheit aus ihrem Gefängnis zu besehen, wie sich eine behende Frau durch eine knappe Öffnung in der Mauer zwang. Die Plünderungen unter den Söldnern Valpozas hatten doch ihr gutes, freute sie sich.
Ihr Weg führte sie nach Norden, den Sikram entlang. Zum Schutze vor wilden Tieren oder götterlosen Gesindel, das in diesen Tagen häufig geworden war, drückte sie einen Säbel eng an ihr Wams. Doch ihr schneller Schritt ließ sie nicht größer über die Gefahren nachdenken, sondern trug sie durch die Dunkelheit zu ihrem Ziel. Der Lohn der Signora sollte reich ausfallen, so erhoffte sie sich, auch wenn der Inhalt der Zeitung nicht erfreulich sein dürfte für die Dame.
Gegen Morgen sollte ein Flussfischer zu finden sein, der sie für einige Silberlinge übersetzen würde und dann war es nur noch ein kurzer Weg sein. Übermorgen sollte sie das alte Castell erreicht haben.

Mardilo-Forst, am Morgen des 21. Tsa

Oh, der Herr Firun hatte es gut mit ihr gemeint und ihr den Segen für die eilige Reise erteilt, vor wenigen Wochen noch wäre dieser ausgetretene Pfad durch den dichten Mardilo-Forst für eine ungeübte Wanderin, wie sie es war, schwer zu bewältigen gewesen. Doch heute kam sie gut voran, ihre ledernen Stiefel trugen sie über Stock und Stein, noch am frühen Nachmittag sollte sie das beschauliche Castello Terrena, das hinter dem Forst lag, erreicht haben.
Fröhlich pfiff sie ein Lied vor sich her, eine rahjagefällige Melodie entwich ihren Lippen und wurde nur beizeiten von einigen Rabenvögeln unterbrochen, die sich in den Baumwipfeln erdreisteten ihre Krährufe einzuwerfen.
Der Weg fächerte sich weit auf und ging in eine gräserne Lichtung über, deren Mittelpunkt von einer kleinen Hütte gebildet wurde. Hierunter befand sich ein kleiner Schrein, der güten Peraine gewidmet, wie die in den Stein gehauenen Ähren und Götterbilder bezeugten.
Ein kurzes Gebet an die Götter könne nicht schaden befand die Frau und wandte sich zur Hütte. Wieder krächzte einer der Raben, er hatte es sich auf dem Dach der Hütte bequem gemacht und stieg protestierend in die Lüfte auf, als sie näher trat.
Doch in die krächzenden Schreie mischten sich auch andere Töne. Stimmen, die nicht vom Weg kamen, sondern direkt aus dem dichten Gehölz. Zitternd suchten ihre Hände den Säbel, umgriffen eisern den Griff der Waffe. Sie drehte sich um.
Die Fremden verbargen sich teils hinter Bäumen, teils waren sie auch schon herausgetreten auf die Lichtung. In ganzer Zahl mochte es sich um ein etwas mehr als ein Dutzend handeln, die sie mit grimmiger Miene betrachteten...

... der Vogel setzte sich wieder auf das Dach, ein lautes Krächzen entwich seinem Schnabel. Doch niemand war auf der Lichtung, der seinen Triumph hätte wahrnehmen und deuten können, mißachtet man einmal die anderen Teile seiner Rabenfamilie.
Unten, vor der Hütte lag eine reife Frau in ihrem Blut, über das Nirgendmeer gesandt durch einen Pfeil, der ihre Brust schräg durchstoßen hatte. Scheinbar hatte sie sich noch an einen Pfeiler der Hütte ziehen können, wie die Blutspur hinter ihr anzeigte. Als sie dort jedoch ihren letzten Atem ausstieß, muss sie wieder hinabgerutscht sein auf das winterliche Gras. "Der Tod ist nur das Ende unserer derischen Geschichte." pflegt der borongeweihte vinsalter Vater Orban zu sagen und genau so wollen wir es an dieser Stelle halten. Möge die Frau ihren Frieden finden und ihren Weg vor die Seelenwaage Rethon antreten, ihre Geschichte ist erzählt.

Marsch auf Terrena

Marvinko, nachmittags am 22. Tsa
Der von dunklen Wolken verhangene Himmel mochte auf manchen Söldling wie ein schlechtes Omen wirken, als sich die zusammengewürfelte Bandiera des jungen Tarquinio della Pena aufstellte und sich bereit machte für den Marsch ins tiefe Aurelat. Der Signor selbst hatte dafür keinen Blick. Seine Augen wandten sich dem auf einem Wimpel im Winde flatternden geflügelten Löwen der della Pena zu. Direkt daneben war an einem anderen Spieß der Panzerhandschuh der Marvinko zu erkennen. Mögen meine Ahnen, Lutisana, Tharinda und Broinho mit Stolz erfüllt sein, wenn ich mir durch die Einnahme Terrenas einen Namen gemacht habe, dachte er bei sich.

Die Bewaffneten wandten sich auf der Via mardilia zunächst gen Mardilet, einem kleinen beschaulichen Ort, der direkt an der Mardilo-Schlucht gelegen war. Gilia de Falcona, die Hauptfrau des Gewalthaufens, erklärte eben Tarquinio, der neben ihr ritt, dass sie vermutlich schon am Abend ihr Zwischenziel erreicht haben würden.
Er nickte zufrieden, dachte einen Moment nach und wandte sich dann wieder an sie. „Und ihr sagt in Mardilet ist nicht mit größeren Widerstand zu rechnen?“
Sie schüttelte den Kopf. „Vermutlich werden sich die Einwohner und die wenigen Büttel sofort ergeben.“ Sie warf einen Blick auf ihren kleinen Haufen. „Es gilt dann vielmehr andere Dinge sicher zu stellen: Wir müssen zum einen darauf achten, dass unsere Söldlinge nicht die Weinvorräte plündern, zum anderen darf keine Kunde von unserem Marsch nach Terrena zur Signora Elfa d‘Auspizzi gelangen.“
Erneut nickte er, diesmal heftiger. Dann versuchte er, der jüngere, eigentlich unerfahrenere von beiden, einen Befehlston aufzusetzen, was ihm leidlich gelang. „Ihr habt Recht. Daher bleibt ihr über Nacht in Madrilet, während ich mitsamt unseren Reitern nach Terrena vorstoße und die Signora gefangen nehme.“
„Die Zahl unserer Reiter ist sehr, sagen wir überschaubar“, erwiderte sie.
„Wir haben den Überraschungsmoment auf unserer Seite und die Signora hat, so wissen wir von unseren Verbündeten aus Urbasi, für gewöhnlich kaum Bewaffnete bei sich.“
„Für gewöhnlich“, widerholte sie. Doch Tarquinio zuckte daraufhin nur mit den Schultern und ritt weiter.

Mardilet, am Abend des 23. Tsa
Gilia de Falcona blickte grimmig über die Szenerie, einige ihrer Männer und Frauen hatten sich vor der hiesigen Schenke versammelt, leerten auf den Bänken und Tischen fleißig requirierte Weinvorräte. Die Corporale hatten die Aufgabe erhalten ein Auge auf die Söldner zu halten, eine vergleichbar einfach Aufgabe, denn zu Beginn eines Feldzugs war es ihrer Erfahrung nach einfach die Disziplin zu wahren. Hier und da musste man Entgegenkommen zeigen, dafür hoffte man dies später in der Rondrenstunde zurückgezahlt zu bekommen.

Ohne jede Gegenwehr hatte sich die urbasische Soldateska der beschaulichen Ortschaft Mardilet annehmen können, wie vermutet hatte es hier keine Garnison gegeben. Außer zwei Bütteln, die in der hiesigen Umgebung für die Sicherheit die Wege und das Einhalten des Jagdrechts sorgen sollten, gab es überhaupt keine Bewaffneten in Mardilet.
Die greise Bäuerin, welche die Dorfbewohnerin als Stimme erkoren hatten, bot den eingetroffenen Söldlingen Speis‘ und Trank an. Vermutlich wollte sie sich gut Freund mit den neuen Herren des Ortes machen. Schließlich wollte man allzu umfangreiche Requirierungen oder gar Plünderungen vermeiden. Dazu kam es dann auch nicht.

Der junge Heißsporn Tarquinio hatte sich sogleich auf den Weg gemacht um mit seiner Eskadron noch in der Nacht die Villa der Signora Auspizzi zu erreichen. Um einer voreiligen Flucht dieser Dame zuvorzukommen, wollte er sich schleunigst ihrer Person bemächtigen.
In Gilia de Falconas Brust machte sich immer mehr ein beklemmendes Gefühl breit je länger sie über den geplanten Hasardeursstreich nachdachte. Ihr durch Erfahrung gewachsener Spürsinn ließ sie unruhig werden. Bisher war alles viel zu glatt gelaufen...

Bei Terrena, in der Nacht des 23. Tsa
Bald musste das Anwesen der Signora erreicht sein. Tarquinio, selbst an der Spitze der Reiterabteilung, trieb sein Pferd heftig an. Zur Rechten des Weges lag jene tiefe Schlucht, durch die sich der wilde Mardilo in heftigen Stürzen seinen Weg bahnte. Die Reiter hörten aufgrund des lauten Klapperns der Hufe ihrer Pferde jedoch kaum die Stromschnellen. Auf der linken Seite befand sich ein dichter Zedernwald, der sich beinahe direkt bis an den Wegesrand vorgeschoben hatte.

Ein gellender Schrei, gefolgt von einem leiseren Gurgeln erschütterte Tarquinio. Heftig riss er an den Zügeln, drehte seinen Kopf und erkannte durchs fahle Mondlicht gerade noch wie sein Nebenmann es ihm gleichtun wollte, sein Pferd sich jedoch in etwas verfing und mit lautem Wiehern zu Boden stürzte, den Reiter unter sich begrabend. Schockiert sah Tarquinio wie einer der Berittenen vom Pferd gestürzt war, am Boden röchelnd darniederlag und sich vor Schmerzen wandt.
Das Surren abgeschossener Pfeile war unvermittelt zu hören, vom Rande des Waldes ging eine Salve auf die Reiter nieder. "Eine Falle!" rief einer und alle griffen zu den Waffen. "Von den..., von den...", stotterte Tarquinio ungläubig und versteinert, während vor seinen Augen Waffengefährten zu Boden stürzten, weil sie selbst oder ihr Pferd von einem Geschoss getroffen worden war.
"Wenden!" schrie ihm nun jemand entgegen, während er von anderer Seite des Zuges vernahm, wie einer lauthals die Leute dazu aufrief von den Pferden zu springen. "Oh Ahnfrau Lutisana, schenk mir Kraft!" entrang es zitternd seiner Kehle und mit einem Male fand er seine Stimme wieder.
Auf der anderen Seite des Weges hatte eine Gruppe Reiter bereits kehrt gemacht, war allerdings schon nach einigen Schritten wiederum von etwas aufgehalten worden. Tarquinio konnte erkennen, wie sie mit schemenhaft Gestalten, die sie von allen Seiten attackierten, kämpften.
Er schluckte - wie sollte er dieser Falle entkommen. Er musste etwas gänzlich unerwartetes unternehmen um sich und die ihm Untergebenen aus der Gefahr zu retten. Rasch blickte er sich um, gerade rauschte ein Pfeil an ihm vorbei. Er war so dicht gewesen, dass er ihn gehört hatte.
Aus vielstimmigen Kehlen drang nun aus dem Wald Kampfgeschrei zu ihm. "Für den König!" Einige der Angreifer erhoben sich aus ihren Verstecken und rannten wie unheimliche Schatten auf die Überfallenen zu. Viel war nicht zu erkennen, doch sie trugen keine Kriegsröcke. Und die Bewaffnung von ihnen unterschied sich auch untereinander sehr stark.
Tarquinio wendete sein Pferd. "Folgt mir! Ab durchs Unterholz! Wer überleben will, folgt mir!" schrie er aus dem tiefsten Winkel seiner Lunge und gab seinem Ross darauf die Sporen.

Mardilet, in der Nacht des 23. Tsa
Schon die letzten Tage über hatten dunkle graue Wolken den aurelassischen Himmel verhangen und so wunderte es kaum einen, als sich am Morgen endlich ein kräftiger Regenschauer über das marudreter Land ergoss.
Die urbasische Infanteria, deren Aufbruch an sich für den Morgen vorgesehen war, hatte sich zunächst in die Häuser der kleinen Ortschaft Mardilet verkrochen, um dort des hoffentlich baldigen Endes zu harren. Gemeinsam saßen die Bewaffneten mit ihren auf offener Flamme gewärmten Tränken vor den Fenstern und besahen sich die Regentropfen, welche entweder einzeln auf die Erde fielen und den trockenen Boden in feuchten Morast wandelten, oder sich auf den Dächern zu kleinen Bächen zusammenfanden um sich dann stürzend in eine Pfütze zu ergießen.

Mittlerweile hatte der Regen zwar geendet, doch der Himmel war immer noch von einigen dunklen Wolken verhangen, welche sich an den Hängen der Goldfelsen sammelten und das Gebirge wie ein graues Tuch umspannten. Doch trotz des durchweichten Bodens war Gilia de Falcona, die Hauptfrau der Infanteria, gerade kurz davor ihre Leute zum Aufbruch anzutreiben, um möglichst noch an diesem Abend das beschauliche Terrena zu erreichen und dort mit der Reiterabteilung Tarquinio della Penas zusammenzutreffen.
Just als sich die genannte Kriegsfrau aufraffte, ihren Waffenrock mit einem Streich glättete und sich ihren Säbel umlegte, konnte man von der Straße das Klappern schnellen Hufgetrampels hören. Mit einem lauten Wiehern stoppten Ross und Reiter. "Ein Reiter!", erscholl der Ruf eines wachsamen Soldaten, der sogleich hinzufügte: "Einer der Unsrigen!"

"Ihr meint was?", fragte sie und belegte den jungen Mann, der sie mit hohlen ermüdeten Augen aus seinem verdreckten Gesicht anblickte, mit einem strengen Blick.
"Jalteken." Er bildete das Wort ohne den Mund zu bewegen, rau löste sich der Ton von der Zunge, welche scheinbar nur widerwillig ihre formende Funktion übernahm. "Auf unserem Rückzug... oder vielmehr unserer Flucht, gelang es uns einen der ihren, der bis kurz vor Borons Seelenwaage geschlagen war, auszufragen."
Die Hauptfrau nickte und besah sich der verdreckten Kleidung. Nach ihm waren noch einige Berittene aus Tarquinios Gefolge in Mardilet erschienen, doch vom Signor gab es bis jetzt keine Spur. Sie musste mit seinem Tod oder seiner Gefangennahme rechnen. "Ihr dürft gehen!" befahl sie dem Mann und war froh, als er mit schweren Schritten ihr Quartier verlassen hatte und sie alleine mit ihren Gedanken ließ.
In ihrem Kopf begann sie die verschiedensten Möglichkeiten durchzuspielen. Wenn hier die Anhänger Jaltek Firdayons, hinter dem sich mit Sicherheit ein gerissener Betrüger verbarg, aufhielten, dann waren alle ihre Pläne überfällig. War die Signora mit dem Anführer der jaltekischen Revolte verbündet? War sie Gefangene? War sie vielleicht selbst längst tot oder geflohen? Wie viele sonst friedliebende Landmänner und -frauen hatte der selbsternannte König hinter sich gebracht und wie eng hatte sich die spitze Zunge des Aufruhrs in diesem Landstrich verbreitet? Waren sie in Mardildet nur so freundlich aufgenommen worden, da die Menschen nur auf die günstigste Gelegenheit zum Verrat warteten? Sie seufzte auf. Es hätte alles so einfach werden können, doch die Götter hatten sich scheinbar entschlossen den wagemutigen Plan des Signors nicht aufgehen zu lassen...

...Die himmlischen Arme Efferds öffneten sich erneut und ließen einen diesmal kürzeren Regenschauer auf das Aurelat hinab. In einem Forst nahe Terrena prasselte das Wasser auf die knorrenden Äste der Zedern, von dort tiefer auf den bereits durchweichten Waldboden.
Einige Regentropfen fielen herab auf kalte Leiber, niedergestreckt von den Waffen ihrer heimtückischen Feinde oder gestorben beim Sturz vom Pferd, das sich in der Dunkelheit im Wald vertreten hatte und seinen Reiter so im wahrsten Sinne des Wortes zum Flug übers Nirgendmeer verhalf.
Tarquinio della Pena, der immer wieder über abgebrochene Äste oder Wurzeln stolperte, versuchte die Gesichter der Niedergestreckten zu erkennen, doch der feste Griff um seinen gefesselten Arm zog ihn gnadenlos weiter durchs Unterholz...

Der Prinz

Castello Terrena, Abend des 26. Tsa
Dem jungen Edelmann fiel eine Strähne seines dunkelblonden Haares ins Gesicht, als ihn eine der Wachen meinte ihn mittels grobes Drucks in den Rücken etwas schneller durch die Gänge des alten liebfeldischen Herrenhauses treiben zu müssen. Er stolperte einige Schritte voran, fing sich an einer Wand ab und drehte seinen Kopf zu seinem Peiniger. Der wie ein gewöhnlicher Landmann gekleidete Bewaffnete schenkte ihm ein überlegenes Grinsen, bei dem neben seinen zahlreichen Zahnlücken auch seine stolz zur Schau getragene Beschränktheit zum Vorschein kam.
Für gewöhnlich würde er solche Frechheiten des einfachen Volkes nicht über sich ergehen lassen, doch müde und gefesselt fügte er sich in sein Schicksal. Er wurde weiter geschoben und stand schließlich als kümmerliches Häufchen Elend vor einer doppelflügeligen Tür, in dessen Holz ein stolzer Adler, das Wappentier der d‘Auspizzi, hineingearbeitet war. Was würde hinter dieser Tür auf ihn warten?