Briefspiel:Liebestolle Delphine/Vorbereitungen auf den Ball

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Briefspiel in Efferdas
Datiert auf: 24. Praios 1041 BF Schauplatz: Efferdas Entstehungszeitraum: Herbst 2019
Protagonisten: Familien aus Efferdas Autoren/Beteiligte: Haus di Camaro.png;Dajin, Haus Efferdas.png Elanor, Familie Trenti.png Trenti, Familie Gerber.png Amalia Gerber, Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras
Zyklus: Übersicht · Jammerstimmung · Die Zeit läuft... · Die Suche nach einem Ausweg · Vorbereitungen auf den Ball · Das Gongfest · Nach dem Tanze


Innerer Zwiespalt

Aus einer abgegrenzten Gebetsnische im Tempel der blühenden Nacht erklangen leise Töne einer Handharfe. Auf den weichen Kissen aus Seide und Samt saß Larona Vinarii, die Tempelvorsteherin, und spielte dieses Instrument mit einer solchen Hingabe, als wäre sie selbst Teil der auf der Wand verewigten Szenerie. Diese zeigte eine Liebesszene innerhalb eines Rosenstrauches, dessen Geäst sich durch die gesamte Nische zog. In diesem Geäst saßen kleine Feenwesen die auf allerlei Instrumenten spielten und die beiden ineinander geschlungenen Körper beobachteten. Im Hintergrund konnte man sogar einen Satyr erahnen.

In der Mitte des Raumes kniete Terantina ya Pirras in ein aufreizendes rotes Gewand gekleidet. Ihr Kopf war nach oben gerichtet und ihre Arme waren seitlich ausgestreckt mit ebenfalls nach oben gerichteten Handinnenflächen. Die Augen hielt sie geschlossen und sie murmelte leise ein Gebet. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Ihr Körper begann leicht zu zittern. Das Murmeln wurde abgehackter und klang fast schon flehend. Terantina schluckte und erste Tränen bildeten sich an den Augenrändern. Ihre angespannte Haltung löste sich und sie sackte in sich zusammen. "Ich spüre sie nicht mehr. Sie erhört mich nicht. Das kann doch nicht sein." Larona legte ihrer Nichte und Glaubensschwester beruhigend eine Hand auf die Schulter. Sie spürte Terantinas Zittern und dann brachen bei der jungen Frau alle Dämme. Tränen liefen ihr über die Wagen und sie warf sich in Laronas Arme.

Sie verharrten einige Zeit zusammen eng umschlungen. Terantina begann leise zu sprechen. "Ich soll morgen auf dem Gongplatz meinem zukünftigen Ehegatten die Treue schwören. Aber das kann ich nicht. Meine Treue gehört einer anderen" Larona runzelte die Stirn. "Du hast ihnen noch immer keinen reinen Wein eingeschenkt? Wie lange willst du noch deinen wahren Glauben verbergen? Wie lange diese Scharade aufrecht erhalten? Du wunderst dich das die Schöne dich nicht erhört, dabei predigst du ihre Lehren hinter vorgehaltener Hand im stillen Kämmerlein. Noch schlimmer, du verlegnest deine Zugehörigkeit zu ihrer Herde." Terantina löste sich aus der Umarmung und war entrüstet, aber Larona war noch nicht fertig mit ihr. 'Hier, an einem Ort der heiteren Göttin trägst du ihr Gewand, rezitierst ihre Gebete und preist ihr Wirken, aber machst du dies auch außerhalb dieser Mauern. Nein." Die Hochgeweihte redete sich in einen wahren Rausch und Terantina fühlte sich wie beidseitig geohrfeigt. Nachdem die Tirade mit den Worten "Es dürfte jetzt außer Frage stehen, was von dir erwartet wird." endlich vorbei war senkte Terantina ihr Haupt. "Ich werde die Sache morgen beenden und in den Schoß der Kirche zurückkehren, Hochwürden."


Im Palazzo Pellioni

Amalia stand seufzend vor ihrem Bett und betrachtete die drei Kleider, die sie darauf ausgebreitet hatte. Warum nur hatte sie sich von ihrer Cousine Belisa breitschlagen lassen, sie zu dieser Feier zu begleiten? Sie hasste solche Veranstaltungen: Die Leute dort, ihre Gespräche, die Kleidung und diese dünkelhafte Etikette.

Amalia seufzte ein zweites Mal. Sich nach einem Mann umsehen wollte Belisa, hatte sie gesagt. Sie sei ja schließlich nicht mehr ganz jung. Amalia schnaubte bei dem Gedanken an diese Bemerkung. Ihre Cousine würde nächsten Monat gerade mal 19 Götterläufe.
Sie selbst war bereits 21 und hatte relativ wenig Sorge was das Suchen eines Ehemannes betraf. Früh hatte ihre Mutter ihr den Nutzen und die Anwendung von Rahjalieb erklärt. Während ihres Studiums in Methumis hatte sie dieses Wissen auch mal zur Anwendung gebracht, war aber schnell zu dem Schluss gekommen, dass ihr dieses Karussell aus Beziehungen, Tratsch, Skandalen und Eifersucht zu anstrengend sei und sich wieder mehr Hesinde und Ingerimm zugewandt.

Amalia seufzte zum dritten Mal, bevor sie sich für das schlichteste der Kleider auf ihrem Bett entschied. Es mochte zwar kaum Verzierungen wie Perlen, Stickereien oder verspielte Rüschen haben, aber der Stoff war von hervorragender Qualität und exzellent verarbeitet, so dass es für jemanden, der ein Auge für's Handwerk hatte die meisten anderen Kleider auf dem Ball ausstechen würde.
Sollten sich die anderen Schnepfen aufdonnern um sich von den schmierigen Kerlen umschwärmen zu lassen, wie die Misthaufen von Fliegen an einem sonnigen Sommertag – sie wollte lieber in Ruhe ein paar Gedanken zu ihrer neuesten Konstruktion zu ende denken. Bei der Wahl des geeigneten Holzes würde sie noch mal auf Lessandero Trenti zukommen. Dieser hatte ihr schon einige Male mit gutem Rat weitergeholfen.
Amalia zwängte sich in das edle Gewand, schnürte es notdürftig und griff sich noch eine passende Kette und Ohrringe, bevor sie durch den Palazzo zum Zimmer ihrer Cousinen ging.

Schon durch die geschlossene Tür hörte Amalia Belisa und Yoline aufgeregt miteinander plappern. Als sie klopfte verstummten die Stimmen auf der anderen Seite augenblicklich.
„Was willst du, Melsina?“, tönte es nicht gerade freundlich von drinnen.
„Ich bin‘s. Wie weit seid ihr? Ich brauche Hilfe beim Schnüren und Schminken. Belisa kann aber natürlich auch gerne alleine gehen.“, erwiderte Amalia knapp.
Keinen Atemzug später wurde die Tür aufgerissen und Yoline stand in ihren gewöhnlichen Kleidern vor Amalia, während Belisa in ihrem Lieblingskleid und aufwändiger Frisur vor dem Spiegel stand und sich begutachtete. Amalia kam nicht umhin anzuerkennen, dass ihre Cousine sich alle Mühe gegeben hatte und dass es sich gelohnt hatte. Belisa sah wirklich schön aus, sie strahlte geradezu.

„Gut siehst du aus.“ sagte Amalia in Richtung von Belisa, während sie eintrat und fügte hinzu: „Die Kette ist hübsch. Die hast du neu, oder?“ Belisa drehte sich zu Amalia um und lächelte, während sie unwillkürlich mit ihrer rechten Hand das Schmuckstück berührte, das sie vor Kurzem auf so mysteriöse Weise erhalten hatte.
„Danke, liebste Cousine und auch danke, dass du mich heute begleitest. Wo ist denn das Kleid, das du anziehen willst? Soll ich mit in dein Zimmer kommen?“ fragte sie überrascht.
„Das ist das Kleid, das ich anziehen werde. Ich brauche nur Hilfe beim Schnüren und dabei, Farbe ins Gesicht zu schmieren. Du weiß ja selber, dass ich darin nicht so geübt bin und mich auch nicht sonderlich dafür interessiere.“, gab Amalia missmutig zurück.
Belisa musterte Amalia von Kopf bis Fuß und antwortete dann kleinlaut: „Naja, na gut. Aber dann lass mich wenigstens noch deine Haare etwas frisieren.“
Amalia seufzte und nickte „Aber bitte übertreibt es nicht.“. Sie setzte sich auf einen Stuhl und ließ die beiden Zwillingsschwestern mit Bürsten, Kämmen, Spangen, Klemmen, Pinseln und Schwämmchen ihr Werk verrichten, bis diese zufrieden waren.
Als sie anschließend in den Spiegel blickte, schaute ihr eine unbekannte Dame entgegen. Nicht ganz so schlimm schnepfenhaft, wie die Anderen, die dort sein würden, versuchte sich Amalia zu trösten.

„Komm schnell! Wir müssen noch dein Kleid schnüren, die Kutsche steht schon unten!“, rief Belisa, die aus dem Fenster in den Innenhof geschaut hatte.

Schicksalsergeben erhob sich Amalia. Jetzt kam der Teil des Ankleidens, den sie am meisten hasste…


In der Villa Melinda

Noch einmal prüfte der Galan seinen Federschmuck im Spiegel. Der Anzug saß. Dartan sah gut aus. Das Gong-Fest könnte kommen. Sein älterer Bruder blickte etwas grinsend auf ihn. „Ein Anzug eines Junggesellenabschieds würdig.“

„Vor allem eines Gong-Festes...“ Dartan gefiel die Bezeichnung Junggesellenabschied gar nicht. Er hatte weiterhin nicht vor, den Bund der Ehe anzutreten und sein geheimer Plan würde heute dafür sorgen, dass Terantina für eine Ehe nicht mehr in Frage käme. Ein wenig bedauerte er es fast. Er mochte die Dame ya Pirras. Die beiden hatten irgendwie eine gute Chemie, sie forderten sich irgendwie ständig gegenseitig, jeder Zoff hatte etwas aufregendes, etwas erotisierendes. Vermutlich wären die beiden sogar ein gutes Paar gewesen, wenn da nicht vor allem eins zwischen ihnen gestanden hätte. Ihre Freiheit. Er blickte auf seinen Bruder. Croënar di Camaro hatte diese Freiheit durch das Eheleben eingetauscht. Bei ihm war nun alles so ernst und trocken. Früher war er für vielerlei Späße zu haben gewesen, aber nun drehte sich alles nur noch um seine Frau, seine Kinder und die Arbeit, von der er immer mehr von Vater Esteban übernommen hatte. Er sah sich so nicht. Er sah sich bei Bällen, bei Tanzbällen und entsprechenden Empfängen. Auch zusammen mit Terantina. Aber er sah sich nicht auf einem alten Liegestuhl vor einem brennenden Kamin in einer Villa auf dem Land, dabei zusehend, wie auf einem großen Bärenfell kleine Kinder spielten, die alle irgendwie wie Terantina aussahen. Und Esteban würde genau dies von ihm erwarten. Er war inzwischen 42 Jahre alt, er wusste, dass sich das auch nicht mehr ändern würde. Er wusste, dass er vermutlich längst irgendwelche Kinder gezeugt haben dürfte, die nun irgendwo auf Bärenfellen herumtollten, aber er hatte damit nichts zu tun und darüber war er glücklich. Kurz ärgerte er sich wieder über Terantina. Seine Eltern hatten seinen Lebensstil akzeptiert. Und hätten es weiterhin getan. Als dieser Scherz mit Terantina begann, taten seine Eltern das im Wissen, dass es laufen würde wie immer. Dartan hätte schon einen Grund gefunden, den Scherz zu beenden. Aber dann musste die Pirras es ja so übertreiben und die Familie brüskieren. Normalerweise konnte er die Situationen lösen, ohne dass jemand Schaden genommen hätte. Heute würde das anders laufen. „Und du kommst wirklich nicht mit zu meinem „Junggesellenabschied.“? Dartan sprach das letzte Wort fast spöttisch aus.

„Ich werde schon beim Gongfest sein, aber glaub mir, in dem Moment, wo du die Sauferei anfängst, bin ich schon zuhause. Die Kinder müssen ins Bett.“

„Du weißt doch gar nicht, wann ich mit dem Trinken beginnen werde?“ lachte Dartan.

„Nein, aber ich weiß, wie viel du verträgst. Aber keine Sorge, ich habe deine restlichen Freunde alle gebeten, darauf zu achten, dass du keinen Blödsinn machen wirst und nachher es statt Hochzeit nur Schimpf und Schande heißt.“

Dartan klopfte seinem Bruder auf die Schultern und lachte. „Ach Croënar, du bist wirklich viel mehr Bruder als Freund.“ Auch der älteste der Di Camaros musste ob dieser sehr eigenartigen und recht interessanten Formulierung lachen. „Schlimm, nicht wahr? Aber ich schätze mich glücklich, dass du mich dennoch nicht lynchen willst.“

„Damals beim 31er Damendelphinocco war ich nah dran...“

Das Schwelgen in Erinnerungen ob nass aus dem Meereswasser steigenden Delphinoccodamen wurde von einem wütenden Schrei aus dem Nachbarzimmer gestört. „NEIN, NICHT DIESE SPANGE! JETZT MÜSSEN WIR VON VORNE BEGINNEN!“ Die Brüder blickten sich an. „Sieht aus, als wäre Phelippa das Gongfest noch wichtiger als dir.“ grübelte Croënar.

„Tja, noch eine Dame Mitte 30, die partout sich nicht binden will. Unsere Eltern sind wirklich gestraft, nicht wahr?“

„Ja, aber sie wartet wenigstens nur auf einen Potentaten mit ausreichender Barschaft und Namen. Nur, dass diese nicht auf sie warten... ich werde mal nach ihr schauen. Falls wir uns nicht mehr sehen dann dir noch einen wundervollen Junggesellenabschied.“ Croënar verließ den Raum. Aus einer dunklen Ecke des Raumes trat eine weitere Person aus dem Schatten. Sein jüngerer Bruder Vigo. Leise trat er auf Dartan zu und reichte ihm zwei Phiolen. „Hier. Dein Retter in der Not.“

„Danke Vigo. Ich würde mit dir anstoßen, auf einen ewigen Junggesellenabschied. Aber besser nicht hiermit.“

„Nein. Besser nicht.“ Vigo lächelte nicht, aber das tat er eigentlich nie. „Die erste Phiole schüttest du in das Getränk des Zieles. Das zweite schüttest du Terantina in ihr Getränk und machst dich dann vom Acker. Der Trank sollte die beiden dann anziehen wie Magnete. Dann gibt’s kein halten mehr für die beiden und du kannst den beleidigten Verlobten gehen, der verlangt, diese Ehe auflösen zu müssen.“

„Danke. Habe verstanden.“ Dartan nahm die beiden Tränke entgegen. Ja, es tat ihm wirklich um Terantina leid. Er mochte sie wirklich. Und er hätte gerne einen anderen Ausweg gefunden. Aber in dem Fall sollte es einfach nicht sein.


Vor der Casa Trenti

Die restaurierte Kutsche war soeben abgeholt worden, und Arbas stand noch im Hof und schaute ihr nach. Das hatte ja wirklich ausgezeichnet geklappt. Sein erster „eigener“ Auftrag, und direkt scheint es ein voller Erfolg zu werden. Termin eingehalten, Budget ebenso, und obgleich ihm Eigenlob zuwider war: das Gefährt, das da in kürze hinter der Ecke verschwinden würde, gefiel ihm sehr...

„Ach, hier bist du!“ erschallte es hinter ihm. Arbas zuckte zusammen, so plötzlich aus seinen Träumen gerissen. „So nehm ich dich aber nicht mit!“

„Mitnehmen? Was?“

„Alter Thorwaler! Und mir sagt man Vergesslichkeit nach.“

„Wovon sprichst du, Thalio?“

Arbas wandte sich zu seinem Cousin um. Während Arbas seine übliche Arbeitskleidung trug, stand Thalio in einer blauen Robe vor ihm. Silberne Wellenborten säumten das Knöchellange Stück und ließen Arbas grinsen.

„Aaah, Euer Hochwürden, bitte Verzeiht.“ Arbas deute eine spöttische Verbeugung an.

„Lass den Quatsch und zieh dich um.“

Die beiden Cousins gingen zusammen ins Haus. Ja, Thalios neue Gewandung, die er sich extra für Tanzbälle hatte schneidern lassen, stünde einem Efferdgeweihten in der Tat nicht schlecht. Doch bei ihm war es lediglich eine Mischung aus Heimatverbundenheit, praktischer Veranlagung und vielleicht etwas Schriftstellerischer Extravaganz, die ihn auf diese Idee gebracht hatte.

„Ach ja, der Ball.“

„Du sagst es, als ob es etwas schlimmes wäre.“

„Naja... Nicht jeder tanzt so gern wie du.“

„Ach, das kommt schon noch. Dir fehlt nur etwas Übung.“

„Soll ich das auch den Damen sagen, nachdem ich ihre Füße plattgetrampelt habe?“

„Hmm.“ Thalio schien zu überlegen. „Würd ich lassen. Ein verlegener Blick und eine knappe Entschuldigung kommen vermutlich besser an. Sonst gerätst du zu leicht aus dem Takt.“

„Du bist ein furchtbarer Schauspieler.“

„Deshalb schreibe ich ja auch nur“ gab Thalio Augenzwinkernd zurück. „Du hast die Kutsche gebaut, die heute Abend präsentiert wird. Sei mal ein bisschen Stolz auf dich und genieße den Abend.“

„Na was denn nun? Genießen oder tanzen?“

„Ha! Humor! Hab ich dich.“


Beim heiligen Strohsack!

Melsina saß in der Gartenlaube des Palazzo und war in Gedanken versunken. Gryphino d’Antelli hatte sich ihr Problem angehört, aber statt ihr die Lösung zu verraten, hatte er geheimnisvoll gelächelt und ihr ein weiteres Rätsel aufgegeben: Das Ganze sei wie ein Kuckucksei, hatte er gesagt und sie solle herausfinden, wer der Kuckuck war und in wessen Nest das Ei gelegt werden solle.
Melsina grübelte: Sie hatte den Boten zum Palazzo der ya Pirras verfolgt, also mussten die ja schon mal was damit zu tun haben, aber warum sollten die den Gerbers ein Kuckucksei ins Nest legen? Mit diesem Gedanken schlug sich Melsina herum, seit sie aus dem Hesindetempel gekommen war. Aber sie kam einfach nicht weiter… Irgendetwas musste sie übersehen! Aber was?

Ihre Schwester und ihre Cousine waren im Palazzo damit beschäftigt, sich fertig zu machen, zu diesem einen Fest. Belisa hatte Amalia nicht in Ruhe gelassen, bis diese zugestimmt hatte, sie zum Gongfest zu begleiten. Warum nur? Belisa wollte dort irgendeinen Mann treffen, der ihr wohl den Hof machte – das hatte sie von Yoline und Belisa belauscht, bevor sie weggejagt worden war.
Aber warum auf diesem Fest? War das nicht ohnehin die offizielle Feier von Dartan di Camaro und seiner baldigen Ehefrau? Wer war das noch gleich? Terantina… Terantina ya Pirras und Dartan di Camaro! Die Kette! Der Strauß! Die geheime Botschaft! Es sah so aus, als hätte Dartan das Geschenk geschickt, aber eigentlich kam es von den ya Pirras. Dartan war als Lebemann und Schürzenjäger bekannt. Gewiss wollten die ya Pirras für Terantina nicht so einen Kerl als Ehemann! Deshalb sollte Belisa manipuliert werden, dass sie in die Quere käme und die ya Pirras dann beleidigt die Verlobung lösen könnten! Die Gerbers waren nicht das Nest, sondern das Ei!

„Oh! Beim heiligen Strohsack! Das ist ja…“, entfuhr es Melsina, bevor sie sich eine Hand vor den Mund schlug.
„Hast du Etwas gesagt, Liebes?“, fragte ihre Mutter, die etwas weiter entfernt im Schatten der Hecke saß, die sie heute Morgen von Totholz befreit hatte und sich jetzt bei einem Glas Weinschorle ausruhte.
„Nein, nein Mutter! Alles gut!“, rief Melsina rasch zurück und versank wieder ins Grübeln.
Eigentlich gönnte sie ihren Schwestern ja, mit ihrer Geheimniskrämerei und ihrem albernen Getue auf die Nase zu fallen, aber das war dann doch zu arg. Schließlich würde dieser Skandal auf die ganze Familie ein negatives Licht werfen. Wenn sie petzen würde, würde das ja auch wieder auf sie negativ zurückfallen und ihre Schwestern würden ihr auch sicher nie verzeihen.
Ihr Blick fiel auf eines der liebevoll gepflegten Blumenbeete ihrer Mutter, in dem einige Astern ihre Köpfe im Winde neigten. Oh ja, sie würde das Spielchen mitspielen und wie sie das würde! Aber zunächst musste sie zum Markt und in einige weniger gepflegte Ecken im Gerberviertel um ein paar Blumen und Kräuter zu besorgen…

Etwa eine gute Stunde später lief Melsina in einfacher Dienstmädchenkleidung und einem Korb, in dem sie ihr Gebinde aus Hopfenblüte, Brennessel, Zwiebelblüte und Kartoffelrosen transportierte, in Richtung des Palazzo der ya Pirras. Diese Botschaft sollte der Verlobten einen ordentlichen Schrecken einjagen und diese intrigante Familie Saures lehren.

Zielstrebig steuerte sie den Dienstboteneingang an, durch den sie ja bereits Efferdinand hatte gehen sehen und klopfte.
„Hallo, ich wurde vom baldigen Herrn eurer Dame geschickt mit einer dringenden Botschaft, bitte gebt ihr doch den Korb.“, sagte Melsina mit einem freundlichen Lächeln, als ihr die Tür geöffnet wurde.