Briefspiel:Liebste, lass uns eilen

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: Boron 1043 BF Schauplatz: Tempel Sancta Ricarda in Urbasi Entstehungszeitraum: August 2022
Protagonisten: Pira Rahjalina della Turani, Rhymeo della Pena Autoren/Beteiligte: Haus della Pena jH.png Horasio


Im Rahjatempel Urbasis im Boronmond 1043 BF

Sie atmete tief durch. Obschon sie als häufiger Gast im Tempel Sancta Ricardas die heiligen Hallen der Heiteren Göttin gut kannte, hatte sie nur selten die privaten Gemächer der Geweihten aufgesucht. Ihr Herz schlug schnell, doch nicht vor freudiger Aufregung wie sonst wenn sie den Tempel aufsuchte, vielmehr war es eine Mischung aus Ärger und Wut, die sie innerlich aufwühlte. Sei es drum, sie wollte mit ihm sprechen!
Vorsichtig schob sie den rötlichen Vorhang zur Seite, wodurch einige der am Saum befestigten Glöckchen in hellen Tönen erklangen und ihr Eindringen ankündigten. Ihr Vetter, offensichtlich damit beschäftigt Oktavbände in einer ledernen Reisetasche zu verstauen, blickte überrascht auf. „Pira!“, frohlockte er und ließ die Tasche neben den gepolsterten Stuhl sinken um sie zur Begrüßung zu umarmen. Zunächst zaghaft, dann umso offener, ließ sie sich in seine Arme sinken. Als Rhymeo sich kurz darauf lösen wollte, hielt sie ihn an den Schultern fest und blickte ihm in die azurblauen Augen. „Ich musste sofort kommen als ich hörte, dass du uns verlässt!“, erklärte sie direkt und spürte, wie Tränen ihre Sicht vernebelten. Er drehte sich schmunzelnd weg, seine Lippen kräuselten sich unter dem feinen Schnurrbart. Sie ließ ihn los.
„Es tut mir leid, ich habe Nachricht aus Belhanka erhalten und ich darf nicht zögern, will ich diese Gelegenheit nicht verspielen. Diese Stadt ist mir zu eng…“, begann er seine Gründe darzustellen und wurde von ihr jäh unterbrochen.
„Du lässt uns einfach zurück!?“, warf sie ihm vor.
„Ich hätte mich sicherlich im Palazzo Broinho von allen verabschiedet.“

Rhymeo della Pena

„Darum geht es nicht. Wie vielen von uns erschien mir diese Stadt wie ein Kerker, aus dem du uns zumindest zeitweise befreien konntest.“ Sie schüttelte den Kopf. „Und wenn es nur für Augenblicke war, die wir glücklich waren.“
Sein schuldgeplagter Blick traf nun wieder ihre Augen. „Liebste Pira! Auch mir ist diese Stadt, das ganze Silbertal, zu eng. Mich dürstet es nach Freiheit, nach Luft zum Atmen, nach der Welt, die doch so groß und weit ist.“ Er ließ sich selbst auf jenem samtenen Sessel nieder, den er sonst Gästen anbot, um ihnen Gebäck oder süße Getränke zu servieren, ehe er sich ihre Sorgen und Nöte anhörte.
„So war es schon seit meiner Ankunft hier und deshalb flüchtete ich mich in rahjagefällige Schriften, in Poesie und studierte die Amor Cortesia…“, wieder unterbrach sie ihn: „Aber hattest du nicht gesagt, wir seien in unserer Fantasie unendlich frei? Und ist all das, was du geschaffen, was du geschrieben und gedichtet hast, nicht wunderschön und ein der Göttin zweifellos gefälliges Geschenk? Reicht das nicht?“ Er schmunzelte. „Ich will mehr“, erklärte er kurz.
Sie stellte sich vor den Sessel und betrachtete ihn von oben, während er sie flehentlich ansah. „Ich weiß.“ Es war wie immer. Die Männer in ihrem Leben wollten mehr. Sie hatten Pflichten, Ambitionen und Pläne.
Sie wollte nur Harmonie.
Er ergriff ihre Hände und streichelte über diese. „Begleite mich! Wir finden einen Vorwand, weshalb dir das Seeklima in Efferdas gut täte.“ Für einen Moment dachte sie darüber nach, stellte sich vor frei zu sein, dann erinnerte sie sich an Quanion, ihren Sohn. Ihre travianischen Pflichten als Mutter, Ehefrau und Mündel banden sie ebenso an diesen Ort, wie ihre Freundschaften mit Elfa und Vascinia.
Sie zog ihre Hände zurück. „Nein.“ Sie neigte den Kopf, wischte sich eine Träne von der Wange und schenkte ihm schließlich ein Lächeln. „Nein, geht nur, euer Gnaden.“ Beide lachten kurz auf ob der formellen Anrede, die noch nie eine Rolle zwischen ihnen gespielt hatte.
Sie ging zu seinem kleinen Sekretär, fuhr mit ihren Händen über die verstreut liegenden Notizbüchlein und entdeckte schließlich das gesuchte Objekt. „Ach Liebste, lass uns eilen.“, las sie die erste Zeile, drehte sich dann zu ihrem Vetter um und grinste ihn an. „Das hier sind einige meiner liebsten Verse von dir. Deshalb: Auch wenn du in die Coverna gehst, bleibt das hier bei mir.“ Sie drückte es an ihren Körper.
Rhymeo hatte sich erhoben, nickte ihr zu und nahm sie wieder in die Arme. „Versprich mir, dass du mich besuchen wirst!“ Sie nickte und beide verabredeten einander Briefe zu schreiben, miteinander im Austausch zu bleiben und sich nicht zu vergessen. Dann verabschiedeten sie sich.