Briefspiel:Malbeth und Delhena (17)

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Horasreich-klein.png Briefspiel Horasreich-klein.png
Datiert auf: Ende 1012 BF Schauplatz: vor allem Ankram und Onjaro Entstehungszeitraum: im letzten Jahrtausend
Protagonisten: siehe Übersichtsseite Autoren/Beteiligte: Christel Scheja, Markus Hattenkofer, Niels Gaul; bearbeitet von Michael Hasenöhrl und (fürs Wiki) Armin Bundt
Zyklus: Übersicht · Malbeths Aufbruch · Von Onjaro nach Ankram · Delhenas Warten · Weitere Gäste ... und ein Tanz · Malbeths Zweifel · Treffen in der Nacht · Die Einladung · Jaarns Antwort · Die Feier zu Ankram · Eine besondere Überraschung · Jaarns Ankunft · Weitere Gäste · Das Fest beginnt · Unterbrochene Zeremonie · Bankett, Tanz und allerlei Reden · Gespräche abseits der Feier · Ein wenig festliches Ende · Die Kreisweihe ... · ... und eine druidische Trauung · Die Geburt der Erben Ankrams und Onjaros

Ein wenig festliches Ende

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nd so trugen die Maiden und Jünglinge Ankrams erneut Platten mit allerlei Leckereien auf, Fisch gebraten oder gesotten mit den fruchtigen Soßen der Region, und dazu die berühmten Nudelgerichte. Sorgsam zubereitetes Wild und Geflügel folgten, dazu das knusprige Fladenbrot mit Kräuterfüllung. Pastetchen ummantelten zartes Lammfleisch, und scharfe Gewürze ließen manch einen der Gäste rascher zu seinem Weinbecher greifen, weil er sich recht verschätzt hatte, als er die liebevoll vorbereiteten Platten begutachtete. Saftige Methumiser Mandelpflaumen kühlten den Brand der scharfen Kräuter, auch die gebratenen Äpfel. Der Rabe, der unserer Herrin von Seiner Edelgeboren Kadron geschenkt worden war, erhob sich von seinem Sitzplatz, als er die köstlichen roten Früchte entdeckte, die in einer kristallenen Schale dargereicht wurden, und verursachte amüsierten Aufruhr, als er diese in Anspruch nahm und jeden, sogar seine neue Herrin, mit Schnabelhieben von seinem Schatz vertrieb. „Verräter! Verräter!“ krächzte er dabei. Die Anwesenden ließen es sich wohl sein, und manch einer rieb sich verstohlen den Magen ob der Köstlichkeiten, die keine Ende nahmen - wenn Fladenbrot auf dem Fleisch und Gemüse angerichtet war und Kräuter den Geschmack abrundeten, im Ofen eine Weile gebacken, knusprige Gebäckstücke, mit Kräuterbutter bestrichen, dazu fein gebratene Fleischstückchen, gesottenes Gemüse und gebackene Früchte, die mit Zuckerglasur überzogen waren.
Es ist müßig, all die Dinge aufzuzählen, die gereicht wurden, denn vieles wird dem geneigten Leser unvergeßlich geblieben sein, seien es die schmackhaften Zimtkuchen mit der Honigglasur, seien es die Geleestückchen, denen man die Würze der Minze oder der Himbeere beigefügt hatte.
Nun, da alle gesättigt waren und Diener nach und nach die Platten austauschten, geschah das, womit niemand in diesem Saale gerechnet hatte.

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eine Hochgeboren Jaarn Firunwulf ter Severijn erhob sich plötzlich und sprang mit einer gewandten Bewegung auf die Tafel. Des mittelländischen Barons Leibwächter hob die Axt, doch der Baron zu Kabash würdigte ihn keines Blickes, stolz und mit starrem Gesicht schritt er an diesem vorbei - weiter auf das Haupt der Tafel zu.
Seine Hoheit Herzog Timor, dessen Kopf schon langsam nach unten gesunken war, sah auf und lehnte sich mit interessiertem Blick zurück, derweil die Baronin Delhena-Naila mit schreckensgeweiteten Augen auf den Kommenden starrte und miterleben mußte, wie dieser noch im Schritte sein Schwert aus der reichverzierten Scheide zog und es nun herausfordernd auf Seine Hochgeboren Malbeth Glandore richtete, der seinen Arm beschützend um seine Gemahlin gelegt hatte.
„Das ist das Scharfe ...“ hörte ich den Waffenmeister Nazir zu dem jungen Herrn Aran raunen.
Laut aber klang die kalte Stimme des Herrn von Kabash durch die Halle und hallte vom Stein wieder. „Nun denn, Ihr, der Ihr Euch Baron von Onjaro nennt. Beweist, daß Ihr Eures Amtes würdig seid! Ich fordere Euch zu einem Duell bis zum ersten Blute, Herr!“
Seiner Forderung folgte Schweigen, und die Frischvermählten blickten einander verwirrt an. Entschlossen wollte sich Ihre Hochgeboren Delhena-Naila erheben, aber ein plötzlicher Schmerz raubte ihr den Atem und die Stimme. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sank sie in den Stuhl zurück, während Seine Hochgeboren Malbeth sich erhob und kurz in die Runde blickte. Man sah deutlich in seinem ernsten Gesichte, daß ihm dies nicht gefiel, aber Seine Hochgeboren Jaarn Firunwulf sprang schon federnd vom Tisch und stützte sich herausfordernd auf die Klinge. „Nun, Baron ...“ klang des Barons von Kabash spöttische Stimme kalt. „Oder seid Ihr kein wahrhafter Ritter und Landherr des Reiches und unserer erhabenen Majestät?“ Dabei sah er den Herzog herausfordernd an, der zustimmend nickte und damit beschäftigt war, zum einen unsere Herrin zu beruhigen, zum anderen die Szene zu beobachten.
„Wenn es sein muß, dann nehme ich diese Herausforderung an.“ erwiderte Seine Hochgeboren Malbeth nun unwillig und umrundete den Tisch. Sein Freund Ramin Edler von Garland versuchte ihn umzustimmen und an seiner Stelle zu kämpfen, aber wie alle erkannten, ging es um eine Frage der persönlichen Ehre, die unbeantwortet zu lassen nur noch mehr Schande gebracht hätte ...
So ließ Herr Malbeth sich nur dessen Schwert reichen, legte wie der Baron zu Kabash sein Obergewand ab und nahm Aufstellung, während die Dienerschaft störende Tische in aller Hast beiseiteräumte. Herzog Timor betrachtete dies mit unverhohlenem Interesse und rieb sich begeistert die Hände.

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ie Kontrahenten umkreisten sich lauernd, einander beobachtend und einschätzend, ehe zum ersten Mal Stahl auf Stahl traf. Wieder tänzelten die Gegner zurück, um erneut aufeinander zuzutreten und ihre Klingen in einem silbern blitznden Netz zu verweben.
Nun vermochte keiner zu sagen, welcher der beiden Barone der Bessere war; was der eine vielleicht an Erfahrung mehr besaß, machte er durch seinen Zorn zunichte, der andere blieb besonnener. Aber der Gesang der Schwerter war ein Lob der Rondra, das die Geister dieser Hallen sicherlich lieber vernahmen, als die Lieder der lieblichen Rahja.
Sie trieben einander durch die Halle, zwei Helden alter Legenden gleich, und zogen die Augen der Anwesenden auf sich. Vorstoß und Abwehr, Finte und Parade, Attacke und Gegenwehr wechselten einander ab in dem schnellen Spiel, in das die Männer nun vertieft, und sie bewiesen, daß sie die Klinge der Edlen zu führen wußten.
Als ich einmal zum Sessel Ihrer Hochgeboren Delhena-Naila blickte, so fand ich ihn leer. Nicht einmal Herzog Timor Firdayon hatte das Verschwinden der Gastgeberin bemerkt, so gebannt und gefangen war er von dem Kampf, den er begeistert kommentierte.
Dann traf des Herausforderers Schwert den Arm seines Gegners und zerschnitt den Stoff des Gewandes, auf daß Blut aus einem Kratzer strömte. Und schon zuckte die silberne Klinge erneut vor und richtete sich gegen des Herrn von Onjaro Hals. „Nun denn!“ keuchte Seine Hochgeboren Jaarn Firunwulf erhitzt durch der Rondra Spiel und fügte hinzu: „Meine Genugtuung habe ich!“
Damit wandte er sich ab, trat einige Schritt zurück und neigte den Kopf vor Herzog Timor, ehe er zielstrebig auf den jungen Herrn Aran zuschritt, diesen am Arm packte, hochzerrte und mit sich zog, um dann, ohne die Gesellschaft ein letztes Mal mit Blicken oder Worten zu würdigen, die Halle verließ.

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urück blieb die verwirrte und vor Überraschung schweigende Versammlung der Edlen, nur Herzog Timor lobte die Schwerthand des jungen Recken, aber auch die Seiner Hochgeboren Malbeth Glandore, der nun zu seinem Platz zurückkehrte und den Sitz seiner Gemahlin verwaist fand.
„Wo ist Ihre Hochgeboren hingegangen?“ fragte er, doch keiner wußte eine Antwort. So verließ auch er ohne ein weiteres Wort die Halle, und eine nun gänzlich verwirrte Gesellschaft blieb zurück.
Man blickte sich an und tuschelte, versuchte zu erfragen, warum dies geschehen sei, doch selbst ich konnte nur mit einer Mär antworten - von den Männern, die die gleiche Frau begehrten, und dem Verschmähten, der in seiner Enttäuschung Rache suchte. Mögen die Zwölfe mir verzeihen, wenn ich dabei maßlos übertrieb, aber wir selber wußten ebensowenig, was überhaupt geschehen war.
„Ach ... immer nur Trübsal“ meinte dann Seine Hoheit Herzog Timor laut in den Raum. „Ein fröhliches Fest sollte es werden, und kein Trauerspiel. Wenn einige der edlen Herren und Damen nicht mehr an diesen Feierlichkeiten teilnehmen wollen, so laßt sie. Gönnen wir uns lieber die noch ausstehenden Attraktionen.“
Dieses Machtwort half, aber dennoch blieb die Stimmung gedrückt, nachdem keiner sich mehr in der Halle sehen ließ, geschweige denn entschuldigen, und der Herr Nazir mit seinem Gefolge kurze Zeit später dem Lehnsherrn folgte und die Festlichkeiten verließ.

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enn es wollte keine rechte Fröhlichkeit mehr aufkommen, selbst als die Gaukler ihre Possen trieben und Meister Rudolphino mit seiner Vorstellung die Anwesenden ein wenig ablenkte. Nein, nicht einmal Seine Edelgeboren Ascanio fand mehr Gehör für seine Berichte, denen zufolge er eine zweite Expedition zu den Waldinseln ausrüsten wollte. Immer wieder glitten die Gedanken der Anwesenden zu dem Geschehenen zurück, und manch ein edler Herr fragte sich, ob die Verbindung zweier Baronien nicht einen Keil zwischen sich und die dritte getrieben habe. Wie ernst das Geschehene zu nehmen war.
Schließlich zog man sich, von wilder Musik und Wein berauscht, oder grübelnd, in die Gemächer zurück, erleichtert zu erfahren, daß Ihre Hochgeboren Delhena nach einem Schwächeanfall und Schwindel wieder auf dem Weg der Besserung sei, und ihre Leibesfrucht mit ihr. Sie habe sich aber zusammen mit ihrem Gemahl in das ruhigere Landhaus zurückgezogen ...
So verbarg die Nacht die Sorgen und Schmerzen, und das sanfte Licht des Madamals ließ alles harmloser und einfacher erscheinen ...

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nd damit schließe ich meinen Bericht. Es ist nur noch hinzuzufügen, daß die edlen Damen und Herren am nächsten Morgen nach und nach abreisten, denn die Namenlosen Tage nahten, an denen keiner gerne unterwegs sein wollte, wie zu Beginn dieses schicksalshaften Jahres.
Wie wir erfuhren, war auch Seine Hochgeboren Jaarn Firunwulf wohlauf und auf dem Heimritt, sodaß sich niemand Sorgen zu machen brauchte.
Ihre Hochgeboren Delhena aber machte sich mit ihrem Gemahl ebenfalls auf den Weg, um sich als neue Landesmutter auch den Einwohnern von Onjaro zu zeigen ...
So hoffe ich, daß der geneigte Leser viel Freude an diesem Bericht hatte, und danke den Zwölfen für ihre unerfindliche Weisheit, die Dinge so geschehen zu lassen, wie sie geschahen.
In Demut.
Lyendor Tamarisco