Briefspiel:Rebenblut (2)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: Herbst 1035 BF Schauplatz: Urbasi, besonders Palazzo Solivino Entstehungszeitraum: Februar 2014
Protagonisten: führende Mitglieder der Familie Solivino, dazu weitere Patrizier Urbasis Autoren/Beteiligte: Familie Solivino.png Dunkelklinge, Haus Urbet.png Gonfaloniere, Familie Zorgazo.png Toshy
Zyklus: Übersicht · Ausbrechender Bruderzwist · Briefe unter Geschwistern · In unruhigen Bahnen · Rahdrigos Rückkehr · Auf Kollisionskurs · Wie Eis und Feuer · Ist er tot? · Seines Bruders Blut · Bolzen und Dispute · Aufbruch

Briefe unter Geschwistern

5. Travia 1035 BF

Werter Bruder,
die im Affekt gesprochenen Sätze bereue ich von ganzem Herzen, doch bitte ich Euch inständig, dass Ihr endlich einseht, dass gewisse Marotten eurer Lebensführung nicht mit der bedeutsamen Rolle als Teil der Familie Solivino übereinstimmen wollen.
Es wäre daher überaus erbaulich, wenn ihr euch in Richtung einer Gemahlin orientieren könntet und dabei nicht willfährig wählt, sondern auch den gesellschaftlichen Nutzen nicht vernachlässigt.
Mit meiner Gesundheit steht es in momento zwar nicht sonderlich gut, doch werde ich das casa della famiglia in drei Tagen für eine persönliche Begutachtung unserer Weingüter und Keltereien für mehrere Umläufe verlassen. Am 12. Tag des Travia-Mondes werde ich mit gewisser Vorrausicht zurückgekehrt sein.

Rahdrigo Solivino


7. Travia 1035 BF

Seligste Cerceri,
in meiner Brust herrscht ein Gefühl der Leere, seit Ihr uns vor über zehn Umläufen gen Belhanka verlassen habt. Zwar hält sich neben mir auch noch Rahdrigo im Palazzo auf, doch viel zu häufig liegt die Villa unserer Ahnen trist und stumm zwischen den Palazzi Urbasis und die Schatten, die in den weiten Fluren hängen, trüben allzu häufig meinen Sinn.
Unser Bruder scheint in ebendieser düsteren Stimmung vollends gefangen zu sein und ich fürchte zunehmend um seinen Geisteszustand. Das Arbeitszimmer hat er über Tage hinweg nicht mehr verlassen und des Nachts fällt bis weit nach Mitternacht ein flackernder Kerzenschein in das Treppenhaus.
In einem vor kurzem ausgetragenen Disput schien ein Anflug von Wahn in seinem Blick zu liegen. Ihr wisst um seinen starken Charakter, es war jedoch mehr eine unlautere Bestie, welche in jener Stunde durch unseren Bruder sprach. In wildester Anklage und götterlästigem Reden fluchte Rahdrigo über den meinigen Dienst, den ich gegenüber Rahja verrichte. Es dürfte dir kein Novum sein, dass in dieser Beziehung große Uneinigkeit zwischen mir und dem geschätzten Bruder schwelt. In dieser Wut habe ich ihn jedoch niemals erlebt: Er schrie wahrlich Zeter und Mordio. Seitdem war er an keinem weiteren Austausch zwischen uns interessiert und schloss sich ein, womit wir wieder am Anfang der Geschichte angelangt wären.
In einem durch Datames überreichten Brief teilte er mir am heutigen Tage kühl mit, dass er beabsichtige, eine Kontrolle der Weinreben durchzuführen, und daher einige Tage abwesend sei. Es bleibt zu hoffen, dass Gesundheit an Körper und Seele dadurch wiederhergestellt werden.
Der Brief war im Ton zwar ruhiger, doch harrt er unnachgiebig auf seiner Meinung und verlangte ein weiteres Mal eine baldige Vermählung meiner Person. Dabei muss er verstehen, dass diese Pläne allem anderen als meinen Wünschen entsprechen.
Habt Ihr einen Rat, wie ich weiter verfahren soll?
Ich schließe, indem ich euch verkünde, dass sich wenigstens eure Kinder in wahrhaft bester Gesundheit erfreuen, obwohl sie zielstrebig ihre eigenen Absichten verfolgen.

Schütze Euch Rahja,
Rahjalin Solivino


10. Travia 1035 BF

Höchst ehrenwerter Bruder,
es betrübt mich sehr, dass Eure Kunde eine solch raue sein muss. Gerade in diesen frohen Festtagen, wo wir einhellig nebeneinander dem Leben, der Liebe und dem lieblichen Rahja-Trunk huldigen sollten, da trennt uns Raum und Zwist.
Wie groß sind die seelischen Qualen, wo ich nun hören muss: Bruder und Bruder in argem Sinne gegeneinander. Oh Bruder, Rahjalin du, erkennst du nicht, in welch misslichem Dilemma Rahdrigo zur Stunde befindlich ist. Unser Bruder verfügt über Grandezza, Prudenza und Sprezzatura; sein Geist eint Brillanz und Urteilsvermögen in seltenem Gleichgewicht. Seine Unrast kann daher niemals als charakterliche Verderbnis, sondern nur als schrecklichster Kampf seines Gewissens mit seinem Pflichtgefühl anerkannt werden. Daher bitte ich Euch, dass Ihr nicht zu hart mit ihm zu Gerichte schreitet.
So sehr ich überdies geneigt bin, Euren Klagen vollends Glauben zu schenken, verwundert und erschreckt es mich dennoch, dass Ihr Rahdrigo mit dunklen Begriffen wie der Götterlästerei zu belegen nicht scheut. Es ist meine feste Überzeugung, dass unser Bruder niemals zuwider dem Familienwohl handeln würde und auch blasphemische Ansichten liegen Ihm ferner als alles andere.
Ich würde jedoch niemals abstreiten, dass Rahdrigo in einem Maße der Rahja verschrieben ist, wie wir es sind. Trotzdem sind seine Argumente meist gut durchdacht sowie vorauschauend und es würde mich verzweifelt machen, wenn Ihr mir, geliebter Bruder, mit dem nächsten Epistula weiterhin solch schreckliche Botschaften brächtet. Sollte Rahdrigo vor dem Weinfeste in Urbasi also in das angestammte Heim zurückkehren, dann wird es, ich bin mir dessen gewiss, zu einer Aussprache kommen.
Ansonsten freue ich mich, Euch über die ungehinderte Kutschfahrt nach Belhanka unterrichten zu können, die wir unter der strahlenden Praiosscheibe verbringen. In einem Umlauf schon dürften wir in der Serenissima angelangt sein.
Gleichfalls lässt auch die Nachricht über den Wohlbehalt der Kinder mein rühriges Herz erbeben.
Mein Bedauern, nicht bei Euch sein zu können, lässt sich kaum in Worte fassen und den Schmerz, den ich Euch damit zufüge, bitte ich zu verzeihen. Doch sollt Ihr wenigstens ein Weinfest in gegenseitigem Respekt zueinander verleben, als im Zwist entzweit. Dafür bete ich vor Rahja.

Auf Verständnis für meine Ehrlichkeit und rasche Antwort hoffend,
Cerceri Solivino


12. Travia 1035 BF

Seligste Cerceri,
ich bin dankbar für Euer consilium und entdecke erst jetzt, was für ein Tor ich gewesen bin. Zwar habe ich die Anschuldigungen Rahdrigos noch immer nicht ganz verschmerzt, doch habe ich mich in meinem Zorn zu einer Ausdrucksweise verleiten lassen, die einem Tempelvorsteher der gütigen Rahja nicht würdig ist.
Ich werde einen Dialog mit Rahdrigo anstellen, doch glaube ich nicht an einen positiven Ausgang, denn lautet seine unerfüllbare Bedingung weiterhin, ich solle mich nach einer Frau für den Ehebund umschauen. Über das Ergebnis der Unterhaltung werde ich Euch in jedem Falle informieren.
Um zu einem anderen Thema zu kommen: Die Vorbereitungen für das Weinfest in Urbasi sind in vollem Gange, während Rahdrigo weiterhin die Güter bereist, um die Qualität der Reben zu überprüfen. Schließlich steht der Name Solivino für ausgezeichnetes Winzer-Handwerk, was schließlich auch kontrolliert sein will.
Unser Haus wird zu gegebenem Anlass natürlich zur Weinprobe und zu Fahrten über die fruchtbaren Weinfelder unserer Familie laden, deren genauen Ablauf ich noch mit Datames besprechen werde. Rahdrigo wird das Weinlager mit Lieferungen des diesjährigen Sommerweines aus den Keltereien aufstocken, so dass es an Rahjas frischem Trunk nicht mangeln wird. Es würde ein ausgezeichnetes Fest, sollte nicht eine Wolke über unserem Familienheil lasten.
Wie ergeht es Euch? Seid Ihr bisweilen in Belhanka angekommen?

In freudiger Ungeduld Eurem Briefe harrend,
Rahjalin Solivino