Briefspiel:Zug nach Norden/Walsarella bei Nacht

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Sheniloneu3k klein.png Briefspiel in Shenilo Sheniloneu3k klein.png
Beteiligte (irdisch)
Haus di Côntris klein.png Di Côntris
Familie di Ulfaran.png Di Ulfaran

Die Briefspielgeschichte Walsarella bei Nacht beschreibt den Mordanschlag auf Dartan di Côntris in der Nacht des 22. Rondra 1036 BF.

Nachtlager der Drachenreiter, südlich von Jelese, 22. Rondra 1036 BF

Cusimo ging von seinem Zelt die wenigen Schritte die ihn vom Zelt Dartans trennten. In seiner Hand hielt er eine Flasche guten Weines, die er noch aus Vinsalt mitgebracht hatte. Das Lager selbst war ruhig. an drei Feuern saßen die Drachenreiter, die nach Calven ausgesandt wurden vor ihren Zelten, während ein größerer Feuerkorb zwischen den Zelten Dartans, Aldares und Cusimos stand und Licht spendete. Es war eine warme Nacht, sodass Cusimo nur in ein einfaches Hemd gekleidet war. Misstrauisch schaute Cusimo zu den angebundenen Pferden des Trupps. Er mochte diese Tiere nach wie vor nicht besonders und war froh, wenn er endlich nicht mehr reiten musste. Er konnte Kavalleristen noch nie verstehen, die eine enge Bindung zu diesen Tieren aufbauten und sie schon fast als Personen ansahen. Der Fechtmeister riss sich von dem Anblick der Pferde und seinen Gedanken fort, als er am Eingang von Dartans Zelt ankam. "Signore Dartan? Darf ich eintreten?" fragte Cusimo durch den noch geschlossenen Zelteingang.

"Tretet ein, mein Freund," erklang es aus dem inneren des Zeltes, an dessen Eingang ein Wimpel mit den Insignien des Hauses di Côntris befestigt war: dem Kleeblatt und den Greifvogelfängen mit der Sonnenscheibe.
Das Innere des Zelts war schlicht aber bequem ausgestattet. Auf einem samtverbrämten Schemel saß Dartan di Côntris. Er war in ein Wams ganz nach Art der arinkener Waidmänner gekleidet, mit dem kleinen Unterschied, dass das seine aus Brokat gefertigt war. Auf Dartan’s Schoß lag ein mit Schnitzereien verzierter Schnepper, welchen dieser gerade säuberte. Das lange honigblonde, nach Pagenart geschnittene Haar fiel ihm etwas strähnig über die Augen. Mit einem Lächeln blickte der junge Baron auf und wischte sich die Strähnen aus dem etwas mädchenhaften Gesicht, so dass man nun deutlich die Sommersprossen auf seiner Nase sehen konnte. Die Armbrust in der linken, erhob sich Dartan um seinen Gast zu begrüßen.

"Signore Cusimo, bitte nehmt Platz," wies der Jüngling auf einen zweiten Hocker neben ihm. "Geht es Euch wieder besser? Ihr scheint Euch von Eurem Sturz ein wenig erholt zu haben."
Cusimo setzte sich auf den Hocker, den Dartan ihm gewiesen hatte. Die Tatsache, dass er schon wieder ritt, half ihm ebenfalls nicht dabei sich von dem, von Dartan angesprochenen Sturz zu erholen. "Ich danke Euch für die Nachfrage, Signor Dartan. Ich muss gestehen, dass die Erholung nicht so schnell von statten geht wie ich es mir wünschte." Cusimo lächelte in Dartans Richtung bevor er fortfuhr. "Wäre ich noch in Eurem Alter, wären die Blessuren wohl schon nach ein oder zwei Tagen vergessen, doch mittlerweile dauert die Erholung ein wenig länger, obwohl ich immernoch nicht wirklich alt bin. Wie schnell die Jugend doch verfliegt." Tatsächlich hielt Cusimo das neuerliche Reiten nur deswegen aus, weil er eine dezent gepolsterte Hose beim Reiten trug. "Aber ich möchte nicht leidender erscheinen, als ich in Wahrheit bin. Mittlerweile spüre ich den Sturz kaum noch und bin wieder voller Tatendrang."

Cusimo stellte die Weinflasche auf den kleinen Tisch in Dartans Zelt und nahm zwei Becher von diesem. Bedächtig füllte er beide mit dem mitgebrachten Wein und reichte Dartan einen. Cusimo hob seinen Becher in Richtung Dartan. "Auf alte Freunde, glimpfliche Stürze und ein neues Leben." Dartan rückte näher zu seinem väterlichen Freund und erhob ebenfalls seinen Becher. "Auf die Freundschaft, ein neues Leben und auf einen glimpflichen Ausgang dieser Expedition – und auf unsere Familien. Sagt mir mein Freund, wie ist es euch ergangen? Meine Mutter erzählte mir, Ihr hättet Euch in Vinsalt niedergelassen hattet. Von Ihr erfuhr ich auch, dass Euch Eure Gemahlin mittlerweile zwei Kinder geschenkt hat. Und nun seid ihr in die Ponterra zurückgekehrt - um eine Fechtschule zu eröffnen? Warum seid ihr nach all Euren Reisen gerade hierher zurückgekehrt?"

Cusimo trank noch einen Schluck Wein, bevor er seinen Becher abstellte um zu antworten. "Mir ist es gut ergangen, ich danke Euch für die Nachfrage Dartan. In der Tat war es so, dass mich mein Weg, nachdem ich Euch verließ, mich zunächst gen Vinsalt brachte. Dort lernte ich Geron von Tikalen kennen. Damals war er allerdings noch nicht wieder Baron, sondern eher ein Lebemann, der von Taverne zu Taverne zog. Es war reiner Zufall, dass wir ins Gespräch kamen und es entwickelte sich eine Freundschaft. Er stellte mir auch meine Gemahlin, die seine Base war, vor. Bald darauf haben wir geheiratet. Glücklicherweise konnte ich Politik und Liebe in einer Ehe vereinen, was selten genug vorkommt. Meine geliebte Kylvana schenkte mir zwei wundervolle Kinder. Meinen erstgeborenen Lessandero Horodan und meine Tochter Sharina Umberta. Leider war es auch eine Zeit, in der ich viel auf Reisen war. Vor Allem in Almada und in den südlichen Teilen der goldenen Allianz. Während ich also Auszog meine Fechtkunst zu vervollkommnen lebten meine Frau und meine Kinder in unserer Wohnung in Vinsalt. Mittlerweile ist allerdings für mich die Zeit gekommen, da ich sesshaft werden möchte, Zeit mit meiner Familie verbringen will und mein Wissen und meine Fähigkeiten weitergeben sollte. Ich hatte mich schon damals, als ich noch für Euren Großvater arbeitete, in das Land der Ponterra verliebt, mit seinen Weinbergen und den grünen Wäldern. Es ist ein ruhigeres Leben als in Vinsalt, ohne das man fernab der Annehmlichkeiten der Zivilisation leben müsste. Ein weiterer wichtiger Punkt für diese Entscheidung war die Tatsache, dass ich eine eigene Schwertgesellenschule eröffnen möchte, doch die Rivalität mit den Vinsalter Vaganten und der Fecht- und Lebensschule zugleich ist nur schwerlich zu bestehen, da beide alteingesessen sind und ich vor lauter Werbung laufen nicht zum unterrichten käme. So suche ich für mich und meine Familie ein Gut, auf dem wir uns niederlassen können. Durch das Arrangement mit Signor Kvalor Menaris habe ich zumindest schon die Räumlichkeiten um eine Schule zu eröffnen und bis ich ein passendes Gut gefunden habe, werden ich und meine Familie im Hotel residieren" Cusimo nahm noch einen Schluck Wein und lächelte zufrieden. Er zog sein Zigarillenetui aus der Tasche und hielt es Dartan anbietend hin.

Dartan lehnte das Rauchwerk dankend ab, wäre er doch an einem ähnlichen Kraut nur einige Tage zuvor fast verendet. "Nun, lasst uns sehen, vielleicht kann ich Euch bei Eurer suche nach einem neuen Heim behilflich sein," sagte er stattdessen. "Es ist gut einen Freund wie Euch in meiner Nähe zu wissen. Feinde habe ich beileibe genug," lachte Dartan und nahm einen tiefen Schluck aus seinem zinnenen Becher.

"Und wie ist es Euch ergangen seit wir uns das letzte Mal sahen? Dass ihr zu einem stolzen Mann herangewachsen seid kann ich wohl sehen aber was habt Ihr seitdem erlebt?"

Dartan begann zu erzählen. Über die Schmach nach dem Frieden von Shenilo, in der sein Haus als "Geisel des Sheniloer Bundes" beinahe all seine Besitztümer und seinen Einfluss verloren hatte - aber auch über die Zeit nach den Landherrenhändeln, nach deren Verlauf er von der Gräfin zum Baron von Côntris erhoben worden war. "Glaubt mir mein Freund. Bis zu den Landherrenhändeln war der Sheniloer Bund nichts weiter als ein Werkzeug des Unrechts und der Tyrannei. Niemals hätte sich ein di Côntris mit Stolz Bundesbruder nennen können, ohne Schande über sein Haus zu bringen. Aber die Zeiten ändern sich. Heute, nur drei Jahre Später, reise ich als Gesandter dieses selben Bundes nach Norden. Ich habe erkennen müssen, dass das Wohl Côntris unabdingbar mit dem Shenilos und seiner Bundesgenossen verbunden ist." Dartans Zunge war schwer geworden nachdem sie die Flasche vollends gelehrt hatten, und so brachte er diese Worte eher mühsam von den Lippen. "Was habt Ihr mir da für einen Tropfen eingeschenkt, Cusimo," lachte der junge Baron auf und stützte sich an der Zeltstange ab um von seinem Hocker aufzustehen, "ich hätte nicht gedacht, dass mir der Wein so schnell zu Kopfe steigt. Lasst uns hoffen dass morgen kein Wehrwolf neben Euch gen Calven reitet". Er öffnete eine kleine Truhe und holte eine Flasche Arinkener Waldschrat hervor, den er wohl auf der Durchreise erworben hatte. "Auf den praiosverdammten Bund", sagte er und nahm einen tiefen Schluck der Flasche. Dann reichte er das irdene Gefäß dem Schwertmeister.

Dieser nahm das Gefäß dankend an und nahm ebenfalls einen tiefen Schluck. Cusimo merkte, dass ihn die Natur rief. "Verzeiht Hochgeboren, aber ich muss mich kurz entschuldigen", sagte er zu dem Jüngling und drückte ihm die irdene Schnapsflasche wieder in die Hand. Der junge Baron nickte etwas dümmlich und gönnerhaft und nahm einen weiteren Zug.

Cusimo verliess das Zelt und stellte sich etwas abseits vom Lager an einen Holderbusch um sein Geschäft zu erledigen. Er blickte hinauf in den Nachthimmel, wo sich deutlich das Sternbild des Schwerts und das Ogerkreuz abzeichneten. Aus dem nahe liegendem Zelt des Barons hörte er er den etwas schiefen Gesang des Côntrisers. Es klang ein wenig nach Paquamon. Der Kalif von Unau? Der Text war jedenfalls eine Neudichtung. Cusimo vernahm so etwas wie "… ja, Signor, ich kann die Walsarella … die ganze Nacht…".

Als sich Cusimo zurück zum Zelt begab, war das Licht in seinem inneren verloschen. Vermutlich hatte der Baron recht kurzfristig beschlossen, sich zu betten. Auch Cusimo merkte, dass er langsam müde wurde. Gerade wollte er sich deshalb zurück zu seiner eigenen Schlafstätte begeben, als er ein seltsames Geräusch aus dem Zelt des Barons hörte. Er vernahm etwas das wie das Klirren von zerbrochenem Glas klang und dann ein rhythmisches Ächzen. Vielleicht war dem jungen di Côntris der arinkerner Schnaps nicht wohl bekommen.

Cusimo betrat das Zelt um zu sehen ob alles mit dem jungen Baron zum besten Stand. Umso überraschte war er, als er merkte, dass er nicht mehr mit dem Jüngling alleine war. Eine Gestalt, welche Cusimo nur schlecht im Halbdunkel erkennen konnte, hatte den Baron von hinten an sich gezogen und hielt ihn fest. Der Baron zappelte dabei mit seinen Beinen, ohne einen halt finden zu können und gab ein japsendes Geräusch von sich. Cusimo dachte nicht lange nach, wie von selbst kam sein Körper in Bewegung. Er näherte sich dem Unbekannten schnell und griff im Lauf nach der leeren Weinflasche, die er dem Angreifer ohne Vorwarnung auf dem Kopf zerschlug. Überrascht, da Cusimo doch noch einmal zurückgekehrt war, und noch mit dem sich wehrenden Dartan in den Armen, gelang es dem Fremden nicht rechtzeitig zu reagieren. Der Angreifer sackte in sich zusammen und schlug mit dem Kopf auf die Kante von Dartans Stuhl auf und blieb bewegungslos liegen, während sich um seinen Kopf eine Blutlache ausbreitete. Cusimo war unterdessen schon bei Dartan, der ebenfalls zu Boden gegangen war und versuchte im Dunkeln die Garotte vom Hals des jungen Barons zu entfernen, was ihm nach einigen Augenblicken auch gelang. Hastig tastete Cusimo Dartans Hals ab und stellte erleichtert fest, dass der Kehlkopf des jungen Mannes unbeschadet geblieben war.

"Wachen! Medicus!" schrie Cusimo aus vollem Hals in die nächtliche Ruhe des Lagers, welches kurz darauf in emsiger Betriebsamkeit aufging. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sowohl Medicus als auch Wachen im Zelt des jungen Barons standen und die von Cusimo ersehnten Laternen mit sich brachten. Im Schein dieser konnte er erkennen, dass er noch rechtzeitig gehandelt hatte und sich Dartans Brust noch immer im Rhythmus des Atems bewegte. Sofort wurde der Angreifer wurde von den wachhabenden Drachenreitern umstellt. Diese konnten jedoch nur seinen Tod feststellen. Der dazueilende Medicus konnte dies nur bestätigen. Der Attentäter musste sich beim Sturz auf den Stuhl das Genick gebrochen haben.

Am darauffolgenden Tag brach die Dritte Escadron der Drachenreiter verspätet auf, nachdem sichergestellt worden war, dass der junge Baron von Côntris auch im Stande war zu reisen. Weder im nahen Jelese, noch in Calven konnten die Einwohner etwas zur Identität des Attentäters sagen. Es schien als handelte sich um einen Auswärtigen, welcher von Süden her herangereist war.