Briefspiel:Zwei Seelen

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: Ende Rondra 1035 BF Schauplatz: Palazzo Sathÿara über dem Kaskadengarten Urbasis Entstehungszeitraum: Januar 2015
Protagonisten: Thespia Aldyranis, Fulvio und Bellazza Zorgazo Autoren/Beteiligte: Haus Urbet.png Gonfaloniere, Familie Zorgazo.png Toshy

Zwei Seelen

Autor: Gonfaloniere

„Kommt übermorgen zur Efferdstunde wieder“, verabschiedete sich Thespia von ihrem letzten geplanten Besucher an diesem Tag.
„Werde ich, werde ich …“, antwortete der, verbeugte sich tief, machte in dieser Haltung ein paar Schritte zurück und wandte sich dann tatsächlich zum Gehen. Die Seelenheilkundige blickte ihm noch einige Augenblicke mitleidig hinterher, ehe auch sie sich umdrehte.
„Dottora“, trat sogleich ihre Leibdienerin Jatane an sie heran, nachdem sie das Portal geschlossen hatte, „kann ich etwas für euch tun? Ihr hattet wieder einen langen Tag …“
Wie zur Bestätigung schnaufte Thespia einmal tief durch. „Einen langen und langweiligen, ja … leider …“ Sie hielt nur kurz inne, und ging dann wieder in ihren zum Arbeitszimmer umfunktionierten Salon zurück. Jatane begleitete sie. „Zuletzt haben sich die Aussagen sowohl der Patrizier zur Brandnacht als auch der Camponuover im Wesentlichen nur noch wiederholt. Das macht mir meine Arbeit nicht leichter. Die Arbeit, wegen der ich eigentlich gar nicht hier bin …“
„Die Magisterin der Magister wartet noch auf eine Antwort auf ihren letzten Brief“, setzte die Leibdienerin an dieser Stelle an.
„Ich weiß. Aber was soll ich ihr neues schreiben, wenn sich nichts neues ergibt? Die ‘Träume von Salkya’ haben mit der Brandnacht aufgehört, seltsamerweise …“ Sie schüttelte den Kopf. „Und Metallsplitter finden unsere Ausgräber immer noch, jedoch keine zum Schwert ihrer Schwester mehr gehörenden. Ach, hat Bran im Keller jetzt eigentlich aufgeräumt?“
„Ein bißchen, ja, aber es sieht immer noch ein wenig chaotisch aus dort unten.“
„Dann erinnere ihn nochmal daran. Ich will gar nicht wissen, was unsere Gastgeber, die Priori und der Gonfaloniere, davon halten würden, wenn sie wüssten, wie es derzeit im Keller ihres eigenen städtischen Gästehauses aussieht.“
„Mach ich“, nickte Jatane bestätigend.
„Dass unser Aufenthalt hier keine Selbstverständlichkeit ist, trotz der Empfehlung Aldares, hatte ich dir schon …“
Plötzlich unterbrach ein Klopfen am Portal die Ausführungen Thespias, die sich sofort an ihre Begleiterin wandte: „Wer ist das? Steht heute noch wer auf der Liste?“
„Nein, eigentlich nicht.“
Erneut pochte es an der zur Oberstadt führenden doppelflügeligen Tür.
„Naja, dann sieh nach, wer das ist“, schickte die Gesandte der Magisterin der Magister in Urbasi ihre Dienerin los – um vor allem ihre eigene Neugier zu stillen …


Autor: Toshy

Nervös tippelte der füllige Patrizier mit seinen ledernen Schuhen auf und ab. Gerade als er erneut mit seinen kräftigen Händen gegen die wuchtige Tür hämmern wollte, öffnete sich diese. Jatane blickte in gütige, aber übernächtigte Augen. Ein freundliches Lächeln huschte dem Besucher übers Gesicht.
„Verzeiht mein spätes Erscheinen“, sprach der eigentlich Höhergestellte die Dienerin höflich an. „Ich würde nicht zu so später Stunde eure Nachtruhe stören, wenn es nicht wirklich wichtig wäre.“
Der dickliche Mitsechziger spielte nervös mit den goldenen Knöpfen seiner dunkelblauen Samtrobe. Er wirkte auf Jatane ehrlich besorgt.
„Würdet ihr eurer Herrin Thespia wohl ausrichten, dass Fulvio Zorgazo und seine Begleiterin sie zu sprechen wünschen, und uns derweil zum Warten einen angemesseneren Ort für unsere Bittstellung zuweisen, als diesen Ort vor eurer Tür?“
Die Dienerin war irritiert. Neugierig schob sie ihr Gesicht aus der geöffneten Flügeltür, aber erblickte außer dem fülligen Patrizier niemand weiteres. Erst als sie zur Frage ansetzen wollte, welche Begleiterin er meinte, bemerkte sie die kleinen, zarten Finger, die sich am Rocksaum des großgewachsenen Adligen festklammerten.
Ein kleines, blondgelocktes Köpfchen schob sich hinter Fulvio zum Vorschein und blickte aus grünen Augen zu Jatane hoch.
„Oh … ähm ja … natürlich, wie unhöflich von mir, bitte tretet ein. Ihr könnt selbstverständlich im Korridor warten, bis ich meiner Herrin euer Erscheinen angekündigt habe.“
Jatane bemerkte ihren schneller werdenden Herzschlag, konnte sich aber nicht erklären, wieso der Patrizier sie so nervös machte. Als sie gerade die Tür schließen wollte, nahm sie Schatten im Augenwinkel wahr.
„Ist dort jemand?“, fragte sie in die Nacht.
„Wir sind alleine gekommen“, antwortete Fulvio irritiert. Er und das Kind waren an Jatane vorbei eingetreten.
„Oh ja, natürlich“, antwortete die Angesprochene verschämt und schloss das Portal.
„Ich dachte für einen Augenblick nur, dass ich da noch jemanden … Verzeiht, ich vergeude eure Zeit.“
Hastigen Schrittes eilte die Leibdienerin zurück in das Zimmer, in dem Thespia auf ihre Rückkehr wartete. Und doch: Ein ungutes Gefühl hatte von ihr Macht ergriffen. So als würde sie beobachtet. Noch einmal warf sie einen Blick über ihre Schulter, ehe sie zu ihrer Herrin in den Raum eintrat.


Autor: Gonfaloniere

„Ihr dürft nun eintreten.“
Thespia straffte ihre Robe noch einmal, als Jatane den Wartenden bereits das Zeichen gab, dass ihre Herrin sie nun empfangen würde.
„Bitte, nehmt doch Platz, Signor“, begrüßte die selbst noch stehende Seelenheilkundige ihren eintretenden Gast und wies auf einen der schweren Lehnstühle vor ihrem großen Schreibtisch. „Und ihr natürlich auch, junge Dame.“
Sie musterte die Kleine beiläufig. ‘Ungewöhnlich’, dachte sie dabei, ‘dass ein Patrizier wie dieser Zorgazo seine Nichte oder Enkelin mit zur Unterredung bringt.’ Sowas war sie eher von den einfachen Camponuovern gewohnt, die schlicht gerade niemanden hatten, der auf den Nachwuchs aufpassen konnte.
„Keine Scheu, setzt euch“, wiederholte sie ihre Aufforderung, als die beiden späten Gäste zunächst zögerten, sich vor ihr auf den durchaus bequemen Sitzmöbeln niederzulassen. Dann nahm sie selbst Platz.
„Ich hatte schon erwartet, dass ihr mich auch noch aufsuchen werdet“, wandte sie sich an Fulvio. „Ihr wart in der tragischen Nacht doch auch unter den Gästen der Festlichkeit, wie mir zugetragen wurde … Aber, entschuldigt, eine Frage noch vorweg: Habt ihr oder eure Begleiterin Angst vor Schlangen?“ Sie zog abwartend die Augenbrauen hoch.


Autor: Toshy

„Schlangen?“ Thespias Frage verblüfte Fulvio, so dass er sich zu dieser Gegenfrage veranlasst fühlte. Als jedoch keine Antwort der Seelenheilkundigen folgte, antwortete er möglichst gelassen: „Ich wohne auf dem Land und begegne dort öfters Schlangen in meinen Gärten. So schnell fürchte ich mich nicht vor ihnen. Und die kleine Bella hier ist ebenfalls ein recht furchtloses Mädchen.“ Die Angesprochene schien sich zu langweilen. Sie war auf dem bequemen Sessel, soweit es ihr möglich war, zurück gerutscht und baumelte nun mit ihren Füßen, die nicht ganz den Fußboden berührten.
Für Thespia bisher unbemerkt, hatte das Kind ein geschnitztes Holzpferd hervorgezogen, und kämmte diesem liebevoll die Mähne aus eingearbeitetem Tierhaar.
„Das ist aber ein schönes Spielzeug, kleine Bella“, sagte die Dienerin Jatane liebevoll und beugte sich freundlich lächelnd zu der kleinen Signora Zorgazo herunter.
„Bellezza Violenza Zorgazo“, gab die Angesprochene mürrisch zurück, „nur Dummköpfe, die meinen Zorn nicht fürchten, nennen mich Bella!“
Sie blickte die zu Tode erschrockene Leibdienerin aus ihren strahlend grünen Augen an ohne den Kopf zu heben.
„BELLA!“ Fulvio schlug wütend mit der Hand auf seine Sessellehne. „Wer bringt dir nur immer diesen Unfug bei?“ Er wandte sich an Thespia: „Verzeiht meiner Enkelin ihren absonderlichen Humor. Sie ist bei mir in Pievara aufgewachsen, und aus Mangel an gleichaltrigen Spielgefährten ließen wir sie mit den Kindern der Bauern spielen. Ein Grund, warum ich sie vor ein paar Wochen mit nach Urbasi brachte.“
Fulvio lächelte Thespia entschuldigend an, während die kleine Bellezza damit begann, vor sich hin zu summen und ihr Holzpferd zu striegeln, als ginge sie das alles hier nichts an.
„Wo waren wir? Ach ja, Schlangen! Warum stelltet ihr diese Frage noch gleich?“


Autor: Gonfaloniere

„Schlangen sind die heiligen Tiere der Herrin Hesinde, wie ihr sicherlich wisst.“ Thespia machte eine kurze Pause, so als wollte sie Fulvio Gelegenheit geben, das Gesagte erstmal aufzunehmen. „Und ich bin ihnen sehr verbunden. So sehr, dass ich ein Exemplar, eine prächtig goldglänzende Güldenschlange nämlich, stets mit mir führe. Wenn euch dies nicht unbehaglich ist, würde ich meiner Dienerin daher erlauben, ihren Korb zu öffnen und ihr ein wenig mehr Freiraum zu gewähren, als ich dies über den Tag sonst häufig tun kann.“
Wieder schaute die Seelenheilkundige den Patrizier fragend an.


Autor: Toshy

„Oh, ähm ja, natürlich, wenn das Tier zahm ist, so hab ich da keine Bedenken.“ Fulvio wirkte dennoch beunruhigt. „Du hast doch auch keine Angst vor einer Schlange, oder?“, fragte der dickliche Patrizier seine Enkelin. Die Angesprochene zuckte nur gleichgültig mit der Schulter und hob nicht einmal den Kopf. Mit einer Geste seiner Hand gab Fulvio der Seelenheilkundigen zu verstehen, dass er einverstanden war.


Autor: Gonfaloniere

„Wunderbar“, lächelte Thespia den Patrizier mit sichtlicher Genugtuung an. „Jatane, tue das noch, und ziehe dich dann zurück.“
Die Dienerin nickte, öffnete die Tür zu einem Nebenraum des Salons und verschwand in diesem.
Thespia lehnte sich indes in ihrem Sessel zurück, musterte ihre beiden späten Gäste ein weiteres Mal, kratzte sich nachdenklich am Kinn, und begann nach einigen ewig erscheinenden Augenblicken wieder zu sprechen: „Ihr Name ist also Bellezza?“
Eine rhetorische Frage wohl, denn sie wartete gar keine Antwort ab.
„Eine … selbstbewusste … junge Dame, wie mir scheint. Mit einem starken, eigenen Willen. Wahrscheinlich macht sie euch nicht immer nur Freude.“
Aus dem Nebenraum war das Öffnen einer weiteren Tür und kurz darauf das erneute Verschließen derselben zu hören.
„So, nun sind wir allein“, schlussfolgerte Thespia, „mehr oder weniger …“ Ihr Blick ruhte immer noch auf der jungen Zorgazo-Tochter. Dann besann sie sich jedoch: „Vielleicht wollt ihr mir jetzt erzählen, welche Alpträume euch plagen, Signor?“
Fulvio zögerte kurz.
„Ich nehme an, sie haben mit eurem Aufenthalt im niedergebrannten Palast während jener verhängnisvollen Nacht zu tun …?“
Da war er wieder, der fixierte, abwartende Blick Thespias. Ein sich durch die Tür zum Nebenraum herein schlängelndes, goldenes Reptil lenkte Fulvio jedoch nun ab. Erst ein Räuspern der Seelenheilerin brachte ihr wieder die Aufmerksamkeit des Patriziers ein.


Autor: Toshy

„Oh achja!“ Fulvio schien nicht ganz bei der Sache zu sein. Ein Leiden, dass er mit vielen Menschen seines Alters teilte. Dann besann er sich.
„Alpträume? Wieso sollte ich Alpträume ...? Ach, ihr denkt …? Haha ... Nein, nein ... haha.“
Fulvio hielt sich lachend den Bauch.
„Es braucht mehr als so einen kleinen Brand um den alten Fulvio … haha ... wisst ihr ich hab schon ganz anderen Schrecken ins Auge geblickt. Wir waren da mal auf Eberjagd, als plötzlich das Unterholz aufbrach und ein gewaltiger Keiler auf uns zusprang. Das größte Tier, das ich je gesehen habe. Mit zwei Zähnen so lang wie Novadidolche. Mein Eberspieß war abgebrochen und steckte noch in dem Keiler, den ich zuvor erlegt hatte, und so war ich unbewaffnet. Ich zog also mein kleines Jagdmesser hervor. Höchstens so lang wie mein Mittelfinger und ...“
Fulvio blickte auf und in das Gesicht einer Frau, die keine Regung zeigte, deren Blick allein deutlich machte, dass sie keinerlei Interesse an seinen Lagerfeuergeschichten hatte.
Der Patrizier errötete leicht.
„Verzeihung, ich lass mich gern hinreißen … und ... nun ja, es geht eigentlich nicht um mich.“
Wieder umspielte der füllige Mann nervös die goldenen Knöpfe seiner Robe mit den Fingern. Dann endlich besann er sich seines eigentlichen Anliegens.
„Ich bin wegen Bella hier, unserem Sonnenschein. Sie ist das erste Mal von zu Hause weg und in Urbasi. Ich fürchte sie leidet schrecklich unter Heimweh. Und dann auch noch die schrecklichen Ereignisse der letzten Tage.
Fast wären ich und meine beiden Kinder Finnian und Duridanya ein Opfer der Flammen geworden. Die Heiler gingen Tag und Nacht im Palazzo ein und aus und brachten Unruhe. Und in der gleichen Nacht stirbt dann auch noch meine geliebte Schwester und Bellas Großmutter Varosja. Beide standen sich sehr nah. Meine Schwester hat uns mehrmals im Jahr in Pievara besucht und hatte immer ein Geschenk für die Kleine dabei. Das Holzpferd da ist ihr letztes Geschenk gewesen. Seit diesen Ereignissen kann das Mädchen nicht mehr richtig schlafen. Wir finden sie am Morgen auf dem Fußboden unter ihrem Bett. Sie redet von bösen Träumen und unheimlichen Monstern, die des Nachts in ihre Kammer kommen würden. Die Heiler haben ihr verschiedene Kräuter gegeben, die sie als Schlaftrunk zu sich nehmen sollte, aber nichts hat geholfen. Ich weiß nicht mehr weiter und bin am überlegen, ob ich sie in letzter Konsequenz wieder nach Hause bringen soll und weg von hier. Aber sie sagt selbst, dass sie bei mir bleiben möchte. Nur ist es mir aufgrund meiner Verpflichtungen in Urbasi derzeit nicht möglich selbst die Heimreise nach Pievara anzutreten. Und da ruhen meine Hoffnungen nun auf Euch.“
Fulvio blickte die Seelenheilkundige mit flehenden Blicken an.
Bellezza verzog keine Miene in ihrem Sessel. Nur hin und wieder zog sie die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und schmollte, wenn ihr Großvater wieder einmal ihren Namen verniedlicht aussprach.


Autor: Gonfaloniere

Ein Stirnrunzeln war zunächst die einzige Regung, die Fulvio seinem Gegenüber entlockte. Dann schweifte Thespias nachdenklicher Blick zum wiederholten Mal zum Mädchen, um das es nun offensichtlich eigentlich ging.
„Ihr sagt“, begann die Seelenheilerin endlich, „sie sei seit jener verhängnisvollen Nacht so schlaflos? Es habe genau da angefangen?“
Fulvio nickte nur.
„Interessant …“ Thespias Neugier schien geweckt zu sein. „Das ist ein guter Anfang, Signor, dochdoch …“ Dann beugte sie sich seitlich neben ihrem Sessel zum Boden. Es dauerte einige Momente, bis ihre Arme hinter dem schweren Arbeitstisch wieder auftauchten. Sie hielt die Güldenschlange nun in ihren Händen, hob sie auf den Tisch und ließ sie an ihren auf der Tischplatte abgelegten Unterarmen herumschlängeln. Ihre Finger rieben aneinander, als versuchte sie geradezu bildlich einen Gedanken zu fassen.
„Bellezza Violenza“, sprach sie schließlich das Mädchen direkt an, „würdest du einmal aufstehen? Ich möchte dich näher ansehen, wenn du erlaubst. Magst du zu mir vortreten?“
Dabei drehte Thespia den Kopf wieder in Richtung Fulvios, ohne allerdings ihren Blick von der jungen Dame zu nehmen.


Autor: Toshy

Bellezza schaute fragend zu ihrem Großvater. Fulvio nickte freundlich und gab dem Kind zu verstehen, dass es ruhig machen sollte, was Thespia von ihr verlangte.
Zögerlich stand die Kleine auf. Zupfte sich ihr Kleidchen zurecht und stellte liebevoll ihr Holzpferd auf den Sessel und kam dann um den Schreibtisch herum, ließ dabei die Schlange in Thespias Hand aber keinen Augenblick unbeobachtet.


Autor: Gonfaloniere

Thespia lächelte Bellezza freundlich an, als diese zu ihr vortrat.
„Das machst du gut, du brauchst keine Angst haben“, sprach sie ihr zu. Dass die Kleine die Güldenschlange auf dem Schreibtisch nicht aus den Augen ließ, entging ihr gleichwohl nicht. „Von ihr geht keine Gefahr aus, siehst du“, sprach Thespia weiter, und streichelte das Tier demonstrativ. „Sie mag es gestreichelt zu werden, weißt du … Dann verharrt sie ganz bewegungslos. Manchmal schläft sie sogar dabei ein.“
Tatsächlich lag die Schlange bald ganz still auf der Tischplatte, ließ sich streicheln und schloss sogar die Augen. Nur ab und zu züngelte sie scheinbar genußvoll. Thespia hingegen sah nun wieder nur Bellezza an.
„Könntest du mir noch einen weiteren kleinen Gefallen tun, Bellezza, sieh mich an …“
Die junge Signorina wandte ihre Augen nur für einen Wimpernschlag von der Schlange ab, blickte die Seelenheilerin fragend an.
„Das war er schon“, lächelte Thespia zufrieden. „Hat doch gar nicht wehgetan, oder? Du darfst jetzt auch …“
Erstaunt hielt die Hesinde-Gesandte inne, als Bellezza aller vorigen Skepsis zum Trotz plötzlich ihre Hand vorstreckte, zur Schlange auf dem Schreibtisch. Thespias Hände hielten ebenso inne, hörten auf, die Schlange zu streicheln. Im Augenwinkel sah sie, wie sich Fulvio auf seinem Sessel anspannte, als wollte er aufspringen oder etwas in den Raum rufen – doch er blieb stumm. Dann berührten Bellezzas zartgliedrige Finger die goldglänzende Schlangenhaut, ganz vorsichtig zunächst, und fingen selbst an das Tier zu streicheln. Die junge Dame war gänzlich in diese Erfahrung versunken, die ein freudiges Lächeln auf ihr Gesicht zauberte.
„Ich denke, ich kann euch helfen“, wandte sich Thespia schließlich an Fulvio.