Rahjenball: Einladung und Antworten

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Briefspiel im Wiki:
Ein Ball der Rahja zu Ehren

Einleitung


Räumlichkeiten


Einladung

Ingerimm 1030

Savinya Romeroza saß missmutig in ihrem Salon an dem kleinen Sekretär, den ihre Tante Teresa in irgendeiner alten Ruine ausgegraben hat und danach aufwendig restaurieren lies. Sie liebte dieses Tsatagsgeschenk von Herzen denn das dunkle Blutulmenholz fügte sich harmonisch in den mit zartrosa Seide bespannten kleinen Salon ein.
"Rahja... ein Ball... ein Ball... ach..." murmelte Savinya vor sich her.

Ja, ein Ball musste her. Die Trauerzeit um ihren Mann Tiro hatte sie längst standesgemäß hinter sich gebracht. Eine schreckliche Zeit war das gewesen.
Schwarz stand der Domna zwar, doch schreckte es auch jeden Jüngling und gestandenen Mann ab, so dass er das Weite suchte. Schon zu lange lebte Savinya zurückgezogen. Die Ehe am Ende eine Farce besiegelt auf einem Stück Papier und dann die elendige Trauerzeit. Zeit wird es, sich zurück ins Leben zu stürzen. Am liebsten, wie es sich für eine Romeroza gehört: mit einem lauten Knall auf einem rauschenden Fest. Die neue Familienresidenz in Unterfels bot dazu eine formidable Architektur. Wunderschön die neue Residenz. Der Innenhof war genau Savinyas Geschmack. Hier ließ es sich Lustwandeln. Und sobald die Rosenhecken gepflanzt und der Springbrunnen mit Wasser gefüllt sind, wird der Garten in voller rahjagefälliger Pracht erstrahlen.

Zurück zu dieser Liste. Die Liste der Familien, die eingeladen werden sollten. Politisch äußerst brisant! Kaum konnte Savinya entscheiden, welche Familien sie einladen sollte. Schließlich wollte sie ein rahjagefälliges und kein korgefälliges Fest ausrichten. Nun, die della Penas und die Berîsac in ein Haus zu bekommen, das sollte ihr gelingen, war doch ihre Tochter mit Ronaldo della Pena verlobt und ihre Cousine Nandaia die Cancellaria von Mantrash. Andere Familien gestalteten sich schwieriger.
Nun ja, sie würde eine der maßgeschneiderten Corsettagen tragen, die sie vor drei Jahren auf der Tombola zu Gunsten der garethischen Travia-Kirche gewonnen hatte. Beim Anblick ihres Dekolletés würden sich die Herren hoffentlich nicht mehr allzu viele Gedanken um Politik machen, dafür wäre bei den Ehevertragsverhandlungen noch Zeit genug.
Ein phexischer Maskenball! Die Lösung für das Problem. "Ach Savinya, du kleiner schlauer Fuchs. Ja dem Fuchs zu Ehren für diese Eingebung ein Maskenball!" frohlockte Savinya.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Festivität beendet ist, bevor die Masken fallen.

Nun dann sollen die Einladungen versendet werden an die Familien:


Einladungsschreiben

An das Oberhaupt der (Familie einfügen).

Geschätze/r (Titel und Name einfügen), Die Familie Romeroza lädt zu einem phexischen Maskenball der Rahja zu Ehren. Die Festivität findet in der Residencia Romeroza statt am 20 Rahja und beginnt zur Nachtigallenstunde.
Wir bitten Euch, ein Phexensstück zu vollbringen und in einer Kostümierung zu erscheinen.
Wir freuen uns, unsere wehrten Gästen in unserer neuen Residencia zu empfangen.


Savinya Romeroza
Signora von Arreth

Um Antwort wird gebeten.


Savinya zog an der goldenen Quaste. Irgendwo in der Ferne schellte eine kleine Glocke und ein Secretario klappte seine Bücher zu und machte sich hurtig auf in den Rosa Salon.
"Domna, Ihr wünscht?"
"Die Einladungen, Ernando, sie sind fertig unterschrieben und gesiegelt. Sie können nun mit Pertakis´ Kutschdienst versandt werden. Über jede Antwort der Familien will ich sofort unterrichtet werden."
"Natürlich Domna...."
"Und überbringt der Dame Fenia di Niam meine Karte pro visitare commerciale. Ich will mit ihr morgen zum Tee die Planungen durchsprechen für den Ball."
"Sehr wohl Domna. Wenn Domna erlauben... Der junge Tenor ist mit der Kutsche angekommen und Maestro Silberglanz möchte ihn Euch vorstellen."
"Der Maestro soll den Jungen mit zum Dinée bringen. Bis dahin soll der Junge seine Stimme schonen. Über die Arie des Grisbello würde ich mich heute Abend ganz besonders freuen."

Ernando verbeugte sich knapp und kam eilig den Anweisungen der Signora nach. Savinya schlenderte zu dem entzückenden Belhankaner Chaiselon und ließ sich nieder. Vorfreude durchschauerte sie. Wunderbar würde es werden....

Antworten

Haus dell'Arbiato

Villa dell'Arbiato, bei Arivor, Ende Ingerimm 1030 BF

Rondrakan dell'Arbiato las noch einmal das Schreiben, welches ihn vor wenigen Praiosläufen mittels Boten erreicht hatte. Alessandero schien die Angelegenheit in Urbasi im Griff zu haben, wenn er auch von "unwesentlichen Verzögerungen" schrieb. Der Junge hatte wirklich das Talent seiner Mutter geerbt, möge sie in Borons Armen Ruhe finden. Wie sie neigte sein Zweitgeborener gelegentlich zu Untertreibungen. Rondrakan zuckte mit den Schultern und beschloss, zunächst seinem Sohn die weiteren Schritte zu überlassen.

"Was gibt es sonst noch, Casparo?", fragte Rondrakan seinen Schreiber und legte die Botschaft aus Urbasi in seine Privatschatulle.

"Eine Einladung, Exellenca", antwortete der langjährige Vertraute respektvoll und überreichte ein gesiegeltes Pergament. "Die Signora von Arreth lädt zum Maskenball und bittet um Eure Anwesenheit."

"Hmmmm", Rondrakan las das Schreiben und überlegte. Mit den Romeroza hatte die Familie eigentlich wenig zu schaffen. Auf der anderen Seite konnte es nicht schaden, wenn das Haus dell'Arbiato auf diesem Ball vertreten war. Selbstverständlich war es unmöglich, selbst dort zu erscheinen. Ein Maskenball! Ein phexischer Maskenball!

"Sagt Casparo, diese Romeroza, sagt man denen nicht Hexenkräfte nach? Und diese Arreth, hat die nicht gerade ihren Mann zu Boron geschickt?"

"Zweifellos nichts als Gerüchte im Volke, Exellenca", wiegelte der Schreiber ab. "Wünschen Exellenca, dass ich eine höfliche Absage verfasse?"

"Nein", entschied Rondrakan, "schickt eine Abschrift an...... nein, nicht an Alessandero, obwohl der Junge ohne Zweifel sich mit Begeisterung an dieser Festivität beteiligen würde. Bereitet ein Schreiben an meinen Sohn Malvolio vor mit dem Inhalt, dass ich wünsche, er möge diese Einladung annehmen und die Familie würdig vertreten. Dann eine Antwort an diese Arreth: Einen blumigen Dank für die Einladung und kündigt Malvolio dell'Arbiato als Vertreter unseres Hauses an. Und verwendet viel Bosparano, Casparo, die im Norden lieben das. Muss an der Nachbarschaft zu den Almadanern liegen. Legt mir beide Briefe noch heute zur Unterschrift vor und sorgt für einen Boten, der die Nachricht zu meinem Sohn bringt."

"Sehr wohl, Exellenca", verneigte sich der Secretario, "ich werde mich sofort darum kümmern."


Haus di Camaro

Efferdas, kurze Zeit nach Erreichen eines Unterfelser Boten...

"Cro-eeeeenaaaar" schallte der Ruf der jungen Phelippa durch das Casa Camaro. Croënar fuhr aus dem Buch hoch, in das er gerade vertieft war. Leicht genervt rollte er mit den Augen. Nun hatte er sich verzählt und die letzten Minuten hatte er umsonst mit den Bilanzen des Kassenbuches verbracht. Die 16-jährige Di Camaro stürmte Laut in das Arbeitszimmer. "Ja, Phelippa?" unterdrückte er konnitiv seinen Groll und hoffe, es war etwas wichtiges. "Ein Brief von Tantchen Teresa. Sie hat ein ganz ganz tolles Angebot."
"Und das macht sie DIR?"
"Ja... also... also bestimmt, adressiert war er an Mama und Papa. Aber als ich den Inhalt gelesen habe, war klar, dass der eher für uns ist."
Der älteste Sohn Esteban di Camaros blickte entgeistert auf seine jüngere Schwester. Die ließ Croënar aber gar nicht die Zeit für Kritik an ihrer Neugier.
"Teresa berichtet, dass ihre Nichte in Unterfels einen Maskenball veranstaltet und dazu wohl das ganze Horasreich eingeladen hat. Zumindest den Adel. Und sie bittet, uns da doch auch zu erscheinen. Croë, wir MÜSSEN da hin. Ich hab meiner Schneiderin sofort zwei neue Kleider in Auftrag gegeben, der kann ich ja jetzt nicht absagen, oder?"
"Was sagen Mama und Papa dazu?"
"Äh... noch nichts, die wissen es noch nicht, die sind bei Leon im Hafen."
"Ah... dann wissen sie wohl nur von der direkten Einladung, die sie an sich ausschlagen wollten, weil der Weg von Efferdas durch mehrere Kriegsgebiete führt und nicht gerade ungefährlich ist..."
"Ah, Papperlapap, wenn Teresa läd, muss man doch kommen. Ich hab ihr auch schon einen Boten geschickt, dass wir natürlich kommen, von daher glaub ich nicht, dass Papa da sich wehren wird..."
"Du hast... wie viele Jahre Hausarrest soll dir Vater an sich noch verteilen?"
"Als hätte ich mich auch nur einmal an seine Verbote halten müssen. Ein Augenschlag und dann..."
"... dann verpasst Mutter dir die nächste Strafe. Es läuft doch immer so ab."
"Pff... soll sie doch, ist mir egal. Ich habe auf jeden Fall schon die Kutsche bestellt. Wenn ihr nicht wollt, ich gehe auf jeden Fall hin. Da müsst ihr mich schon anketten und einsperren."
Croënar seufzte laut. Warum hatte Tsa ihnen nur solch einen unbelehrbaren Trotzkopf wie Phelippa beschenkt. Allein, das Trotz-Kind war in den Brunnen gefallen, man konnte sie nicht alleine reisen lassen.
"Nun gut, wenn Teresa schreibt, gibt es der Sache durchaus noch einmal etwas mehr Tiefgang, wir können Tante Teresa ja nicht enttäuschen. Ich werde selbst nicht die Zeit aufbringen können aber ich frage mal Dartan und Simona, die werden sicher mitkommen."
"Simona?" Phelippa zog eine Schippe. "Die blamiert mich doch sicher nur mit ihrem Sternengekundel. Als würde das jemanden interessieren. Und ihr Kleidungsgeschmack ist so... altmodisch... sie zieht manchmal sogar noch Omas Kleidungen an..."
"Du glaubst doch nicht, dass wir bei einer Einladung von Teresa zu einem Maskenball auf DEINE Vorlieben Rücksicht nehmen, oder?"
Phelippa zeigte ihrem Bruder die Zunge und drehte sich zur Tür um. "Mach doch, was du willst. Aber wenn sie mich blamiert, kann sie was erleben."
"Na klar, sie ist ja auch nur 5 Jahre älter als du. Ich werde übrigens auch Mama und Papa fragen, ob sie nicht doch mitwollen. Jetzt, wo auf jeden Fall jemand hin fährt..."
Phelippa drehte sich noch einmal an und funkelte ihren Bruder mit wütenden Augen an. "DAS WAGST DU NICHT!!!"
Croënar grinste. "Wer sollte mich daran hindern?"
"Mit diesen alten Knackern auf einen Maskenball da hin, das wird doch voll peinlich. Die blamieren mich doch nur, wie soll ich da Spaß haben?"
"Ich bin untröstlich. Aber Teresa hat nun mal die beiden gebeten, nach Unterfels zu kommen. Vielleicht hast du ja Glück und sie wollen dich nicht mitnehmen."
Mit einem wütenden Blick drehte sie sich auf dem Absatz um und stampfte nach draußen. Nur um einige Tage später mit Esteban und Isaura di Camaro sowie den Geschwistern Dartan und Simona nach Unterfels aufzubrechen.

Haus Calven-Imirandi

Shenilo, Ingerimm 1030 BF

Ein Lakai in weiß-blauem Livree öffnete vorsichtig die Tür zum großen Dachzimmer der vorläufigen Bleibe des Hauses Calven-Imirandi in Shenilo. „Ein Brief durch einen Eilboten aus Unterfels, Herr.“ Rasch wurde ihm dieser aus der Hand gerissen. Mit einem Lächeln öffnete Ludovigo von Calven-Imirandi das Kuvert und ließ sich, nachdem sich der Diener zurückgezogen hatte, gänzlich unaristokratisch in den grünbespannten Sessel fallen.
Mit einer wachsenden, skurrilen Mischung aus Freude und Unbehagen las er die kurze Mitteilung.
„Ein Ball!“, entfuhr es ihm. Er selbst war zwar kein Mensch, der solcherlei Lustbarkeiten übermäßig schätzte, aber ließ sich nicht manche vorteilhafte Allianz, manches nutzbringende Bündnis in einem entspannten Rahmen schließen? Wie sehr bedurfte sein Haus in diesen Tagen eines neuen, starken Partners – außerdem konnte man die Bande zu den Romerozas („Savinya“, dachte Ludovigo, „ist ja selber eine halbe Calven!“) erneut knüpfen und festigen.

Nur der Zeitpunkt! Da die Bauarbeiten am neuen Palazzo der Familie, neben dem Rahjatempel, in eine entscheidende Phase gingen, da die Überführung der Familie nach Shenilo seine komplette Aufmerksamkeit verlangten und da zu allem Überfluss seine Gattin ihr erstes Kind erwartete. Früher hätte er seine Schwester geschickt, die nach Bällen lechzte wie ein Zwerg nach dem Humpen... „Aber einerseits ist Rumina kaum die geeignete Person für politische Verhandlungen, andererseits seit Monaten mit Horasio Amarinto verheiratet. Der wird seine Gattin wohl kaum gerne auf einem Rahjenball sehen...“.
Die Zwillinge aber...

„... Seid also gewiss, dass Eure Einladung mit größter Freude aufgenommen wurde.
Zu besagter Festivität werden in Vertretung unserer selbst unser geschätzter Onkel Odarin von Calven-Imirandi nebst seinen beiden Kindern eure Gastfreundschaft in Anspruch nehmen wollen, da wir - den Göttern sei's geklagt! - nicht abkömmlich sind.

Gezeichnet,
Ludovigo Beryllion von Calven-Imirandi, pro tempore Oberhaupt seines Hauses“

Familie Changbari

Die Sonne stand schon tief, als Massimiliano wieder einmal die Baupläne seines neuen Palazzos auf den großen, mit vielen Schnitzereinen verzierten Schreibtisch legte.

Trotz der weit offen stehenden Fensterläden, drang nur ein spärlicher Lichtschein in das persönliche Büro Massimilianos im Palazzo Changbari. Eilig entzündete ein Diener zwei Öllampen, damit genügend Licht die Pläne erhellte.

Genüsslich betrachtete das Oberhaupt der Familie die Dokumente. Er überließ nichts dem Zufall und erst recht nicht dem Architekten Vagorian Tamaresso. Diesem, so befand Massimiliano, musste man in seiner Bauwut bremsen. Zu viel Pracht und Protz missfielen ihm. Elegant und pompös durfte der neue Wohnsitz in Residencia schon sein, doch wenig Verständnis hatte der Bauherr, als Tamaresso die geplante Puttengalerie auf dem Dachfirst vorstellte. Jede anders gestaltet mit einer besonderen Bedeutung. Zum Leidwesen des Architekten, der viel Zeit in die Gestaltung dieser gesteckt hatte, wurden die beinahe einen Schritt messenden Figuren ersatzlos gestrichen. Auch wenn Tamaresso sehr fortschrittlich in der Architektur war und viele Zukunftsvisionen hatte, zog Massimiliano doch eine bodenständigere Bauweise vor.

Sein Augenmerk lag an diesem Abend auf der Ausgestaltung des Festsaales im Erdgeschoss, sowie dem Terrassenbereich. Der mit edlem Parkett auszulegende Boden war bereits besprochen worden. Vielmehr ging es nun um Verzierungen an den Wänden. Immer wieder wichen Massimilianos Blicke von dem Grundriss des Saales ab und er bemerkte, dass seine Augen auf dem weißen Bereich jenseits der Terrassenanlage ruhten. Genau dort, wo später einmal eine großzügige Gartenanlage liegen wird, stellte er fest.

Im derzeitigen Palazzo Changbari, gelegen am Quarto Novo, war schlicht und ergreifend nie Platz für einen Garten gewesen. Erst in diesem Moment bemerkte er, wie sehr er die weiten Flächen und die Freiheit des Landes vermisste. Am alten Sitz der Familie Changbari in Ranqides gab es diese städtische Enge nicht. Die Landschaft ist geprägt von endlosen Weiden und bunten Feldern. Umso mehr freute sich der Bauherr über das satte Grün, welches den neuen Palazzo umgeben würde.


Als Massimiliano den gesamten Plan überblickte, dachte er über die schöne Zeit und die fröhlichen Feste, die sicher in der neuen Residenz gefeiert werden. „Eine neue Zeit wird anbrechen“, dachte er sich. Aber nicht nur aufgrund der Villa im Grünen. Vielmehr verändert sich das Leben in der Stadt Efferdas und der umliegenden Gegend.

Die kürzlich begründete Republik wird neue Wege eröffnen und den Bürgern mehr Rechte bescheren. Allein, dass Bürger in den Stadtrat gewählt werden, ist neu und wünschenswert. Aber vor allem ist sensationell, dass das Patriziat auf gleicher Augenhöhe mit dem Adel die Republik durch den Senat leitet.


Die Stimmung in der Stadt ist geprägt von dem „belhankanischen Gefühl“, dem Freiheitswillen und dem Wunsch nach Selbstbestimmung. Trotz der etlichen Probleme, die noch zu bewältigen sind und den immer noch bedrohlichen Truppenbewegungen, die vor allem die einfachen Bürger und Gutsbesitzer zu spüren bekommen, kehrt so etwas wie Ruhe in die Stadt und das Umland von Efferdas ein. Ob es eine Ruhe vor einem weiteren Sturm ist, konnte Massimiliano zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.

Just in diesem Augenblick klopfte es an der Tür. „Ja bitte.“, sagte Massimiliano noch halb in seine Gedanken vertieft. Ein Diener kam herein und überreichte einen Brief. „Der Brief wurde gerade eben abgegeben, Herr.“ Massimiliano war etwas überrascht, bedachte man, dass es bereits sehr spät am Abend war.

Nachdem der Diener das Büro wieder verlassen hatte, öffnete der Hausherr den Umschlag und las rasch den Inhalt. Maskenball – rahjagefällig – Unterfels. Diese drei Worte ließen nur eine Entscheidung zu. Ein Vertreter musste an seiner Statt zu dieser Festivität anreisen. Nicht, dass Massimiliano nicht gerne feierte und fürwahr Rahja war wohl maßgeblich für seine große Familie verantwortlich, doch an diesem Ball sollte ein junger Mann teilnehmen. Ein Mann, der sowohl gerne feierte, als auch um die Verantwortung wusste, die solch ein Zusammenkommen vieler hoher Familien mit sich brachte. Praktischerweise war sein Sohn Gaetano, auf den die Wahl fiel, bereits im Norden. Von Grangor war der Weg weitaus kürzer, als von Efferdas.

Schnell verfasste Massimiliano ein Schreiben an seinen Sohn Gaetano, um ihn auf diese Aufgabe vorzubereiten. Dem Brief lagen Informationen über die Familie Romeroza bei, teils über Dinge, „die man so gehört hat“, teils recherchierte Details, die ein gewisses Einschätzen der Gegebenheiten ermöglichten.

Am nächsten Morgen verfasste Massimiliano ein Antwortschreiben. In diesem drückte er seine Freude über die Einladung zu solch einer Festivität aus. Des Weiteren teilte er der Dame Savinya Romeroza die Umstände mit, aus welchen er nicht persönlich anwesend sein könne und zugleich den Namen seines Vertreters.


Familie Cirrention

Stadthaus der Familie Cirrention, Unterfels, im Ingerimm 1030

Targuins Blick wanderte über den Bogen Pergament, der vor ihm auf dem tadellos aufgeräumten Schreibtisch Platz gefunden hatte. Ein sorgenvolles Stirnrunzeln stahl sich in seine Züge. Es wartete noch viel Arbeit auf ihn, wollte er die finanziellen Verhältnisse der Familie erneut konsolidieren. Der Bau des Palazzo in Veliria verschlang Unsummen, hinzu kamen die Reparaturen in Cerasruh, die Anzahlung an die Deganos für den Karavellenbau, die Mitgift für seine kleine Joela... Die Liste wollte kaum enden. "Und der Junge hat noch immer vor allem seine bosparanischen Flausen im Kopf!" murmelte Targuin kopfschüttelnd. Jetzt, wo Tiro endlich einmal seine Pflicht gegenüber der Familie und seinem Vater erfüllen konnte und soviel über das Geschäft zu lernen hatte. Jetzt, wo er, Targuin, eine weitere helfende Hand dringend brauchen konnte. Nun, er würde es Tiro noch austreiben.

Ein Klopfen ertönte. "Herein!" rief Targuin, kaum von seiner Arbeit aufblickend. Beppo, der alternde Secretario und Factotum, trat ein und räusperte sich. "Eine Nachricht des Hauses Romeroza", verkündete er.

Targuin hielt inne. "Zeig her." Er nahm den Brief entgegen und öffnete ihn, während der Secretario sich still entfernte. Targuin überflog den Inhalt. Ein Maskenball. Nun, keine Feier ohne die Cirrention. Wer mochte schon wissen, welche Gelegenheiten sich bei diesem Anlass böten? Und ein Maskenball wäre in der Tat wieder einmal reizvoll. Ein Phexensstück sollte vollbracht werden, soso. Ihm würde schon etwas einfallen. Seine geliebte Gemahlin Flavia würde ihn begleiten wollen, und auch Tiro sollte mitkommen. Dies würde lehrreich werden.

Targuin griff zur Feder und verfasste ein freundliches Antwortschreiben. Nachdem er es gesiegelt hatte, griff er zur Klingel, um Beppo herbeizurufen. "Trage Sorge dafür, dass der Signora Romeroza dieses Schreiben überbracht wird. Und füge eine Flasche vom 20er Alten Ceras als Zeichen meiner Hochachtung bei."

Während der Bedienstete sich entfernte, lächelte Targuin in sich hinein. Das würde ein Spaß werden.


Haus Culming

Unterfels, Casa Culming

"Ein Maskenball?" Dom Hasrolf von Culming raufte sich die Haare. "Dieses Land kann im Krieg versinken und dennoch finden sie immer wieder die Zeit, ihre Pfauenfedern auszugraben."
"Soll ich der Dame Romeroza absagen?"
"Nein nein, natürlich nicht, die wird das halbe Kaiserreich eingeladen haben, da nicht zu erscheinen kann ich mir gar nicht leisten!"
"Anzunehmen" nickte der Bote. "Als ich vom Boten der Dame Romeroza diesen Couvert erhielt, erwähnte er, dass von diesen Einladungen mehrere Dutzend durch die Lande getragen würden."
"Wunderbar. Das Bild der Stadt wird also für Tage wieder das der Eitlen Gecken sein. In Almada hätte ich jetzt meinen Zwillingsbruder entsendet und mich tief in meiner Bibliothek versteckt. Aber die Zeit, ihn hierhin zu bitten werde ich kaum haben. Es sei denn, er würde zufällig in Villaraja residieren."
"Ist das so unwahrscheinlich?"
"Das letzte, was ich hörte war, dass er nach Eslamsgrund reiste. Zu dieser travianischen Spendengala."
"War die nicht im Ingerimm?"
"So genau weiß ich das gar nicht... naja, was schadet es. Schick einen Boten nach Villaraja. Vielleicht habe ich ja Glück und er kann als Hasrolf von Culming dort auftreten. Dann habe ich meine Ruhe und die Romerozas ihren Hasrolf."
"Sehr wohl, der Herr."


Haus Efferdas

"... nein Eslam, es ist beschlossen! Du bist der Delphin von Efferdas und das bedeutet, dass Du Dich meinem Willen fügen: Du wirst nach Belhanka heiraten und wenn Dir ihre Üppigkeit zu gering erscheint, so füttere sie mit Pralinen. Dazu wird sich auf diesem kleinen Feste sicherlich Gelegenheit finden. Eine pläsierliche kleine Reise in charmanter Begleitung..." (...) "Effredo! Schreibe ein Replik. Der Delphin wird dem Hause Romeroza die Ehre geben. Schreibe höflich aber nicht zu freundlich. Wir wollen uns nicht gemein mit diesem Hause machen."

Familie Gerber

Palazzo Pellioni, Efferdas, Ingerimm 1030 BF

Dettmar saß mit seiner Nichte Avedane in seinem Studiolo und hielt mal wieder einen seiner Vorträge über Bescheidenheit, Sittsamkeit und Anstand. Avedane quittierte das Ganze mit einem Augenklimpern und unschuldiger Miene. Kurz bevor sie ihren Onkel wieder einmal um den Finger gewickelt hatte, klopfte es an der Tür. „Ja, was ist denn nun schon wieder?“ ranzte er seinen Sekretär an. „Eine Nachricht von den Romerozas!“ Dettmar nahm den Brief entgegen und öffnete ihn bedächtig. „Mal schauen, was man im wilden Yaquirbruch von uns wollen könnte!“ Avedane bekam einen enorm langen Hals und versuchte auf das Papier zu schielen. „Ha, eine Einladung zu einem Ball, ein Maskenball!“, Dettmar musste kurz den Brief weglegen, ein Hustenanfall plagte ihn schon wieder. Seine Nichte nahm den Brief in die Hand, nicht ohne ihrem Onkel einen besorgten Blick zuzuwerfen. „So, ein Phexensstück sollen wir liefern, na das ist wirklich kein Problem!“, sprach sie, während sie die Zeilen las.

„Ich kann nicht, ich werde zu dieser Zeit in Teremon sein um endlich diesen lästigen Husten loszuwerden und außerdem, sind wir da fehl am Platz. Es werden zur genüge Leute da sein, die nur darauf warten, dass sie die Nase über uns rümpfen können.“ Avedane war entsetzt, ein Ball und nicht hingehen, nein, das geht nicht. „Onkelchen, jetzt bin ich doch schon eine Zeit lang hier und bis jetzt habe ich hier nur Krieg und Streitereien mitbekommen. Ich würde gerne mal euch Horasier sehen, wie ihr feiert. Und hör mal, wir sind eine ehrbare Patrizierfamilie, es wird Zeit, dass wir ihnen zeigen, dass auch wir Stil und Kunstverstand haben, wahrscheinlich noch mehr als die meisten von denen. Pah, wenn die die Nase rümpfen, werde ich denen einen solchen Gestank anzaubern, dass Schweinemist dagegen wie bezauberndes Parfum wirkt. Hast du übrigens gewusst, dass die Changbari auch dort sein werden?“

Dettmar blickte ein wenig versonnen aus dem Fenster und ein wehmütiger Zug lag um seinen Mund.
„In Ordnung. Horasio!“ Der Sekretär betrat den Raum, “schreibt doch der ehrenwerten Dame Romeroza, dass ich mich sehr über ihre Einladung gefreut habe, aber leider aus gesundheitlichen Gründen nicht selber kommen kann. Aber mein Sohn Kilian und meine Nichte Avedane würden mit großer Freude an diesem Spektakel teilnehmen.“

„Kilian? Er soll auch mitkommen? Der bekommt ja kaum seinen Mund auf, warum nicht Clarizia oder Carolus?“
Dettmar atmete tief ein und machte seiner Nichte klar, dass Kilian zwar nicht viel sprach, dafür aber um so mehr mitbekam. Außerdem fand er es für seinen jüngsten Sohn längst an der Zeit, einmal sein Labor zu verlassen um endlich etwas von der Welt und den Menschen mitzubekommen.

Avedane war schon auf dem Sprung zur Tür hinaus als ihr Onkel wissen wollte, warum sie es so eilig habe. Ihre simple Antwort war nur „Changbari! Ich brauche das Kostüm des Jahrhunderts und ich habe eine grandiose Idee! Challawalla, das wird ein Spaß!“.


Haus di Matienna

Burg Banquirfels, Arinken im ING 1030

Wie jeden Morgen stand Amaldo di Matienna auf dem alten Bergfried der Burg Banquirfels und ließ seinen Blick über das Banquirtal schweifen. Träge plätscherte der Fluss dahin. Der Banquir führte so wenig Wasser wie zuletzt damals im Jahre 1021, kurz vor dem Arinkener Turnier. Ein totes Kleintier trieb den Fluss hinunter. Ein Blick durch das neu gekaufte Grangorer Fernglas zeigte ihm, dass es sich um ein Tier der Gattung Vulpes Vulpes handelte. Amaldo fragte sich, was das zu bedeuten hatte, als sein Blick über die Brücke und die erfreulich leere Landstraße führte. Ein einsamer Reiter fiel ihm auf, der im Eiltempo von Osten heranritt. Umso auffälliger war, dass der Reiter vor der Brücke geradeaus der Straße nach Arinken folgte. Der Reiter war gerade im Arinkener Tunnel verschwunden, als Amaldo nach dem Hauptmann der Burgwache rief. „Capitan Harodio, signalisiert der Wache am Osttor die Ankunft einer verdächtigen Person. Ich will genau wissen, wer das ist und was diese Person hier will“, befahl Amaldo und begab sich zu den Ställen, während der Hauptmann mittels Flaggensignal das Stadttor benachrichtigte. Das alte Schlachtross Dettmar war schon gesattelt und der Pferdeknecht Hakaan stand bereit.
Als Amaldo seinen massigen Körper auf das Pferd wuchtete fiel ihm auf, dass vier Pferde fehlten. Benedict machte also schon zu so früher Stunde die umliegenden Felder unsicher. Im Galopp preschte Amaldo durch das Burgtor und daraufhin den steilen Weg hinunter in die noch schlafende Stadt. Einzig die Mühle am Arinkelinobach klapperte, wie er bemerkte, als er vorsichtig die scharfe Kurve mit dem Namen „Leomaras Prüfung“ umritt, die seine Eltern das Leben gekostet hatte. Frische Boronien aus dem Garten des Totenviertels schmückten den kleinen Schrein, der an der Stelle stand, wo der fatale Unfall geschehen sein musste. Mit einem Seufzer setzte Amaldo den Weg fort bis an das Stadttor. Ein Gardist kam ihm entgegen und meldete: „Edelgeboren, der Reiter am Osttor gibt vor, von einem Haus Romeroza gesandt worden zu sein. Er behauptet, eine Nachricht für Signor Benedict zu haben. Sollen wir mit ihm verfahren, wie zuletzt mit dem Holzaufkäufer aus Kuslik?“ „Haltet ihn noch ein wenig hin“, befahl Amaldo, während er sich ins Gedächtnis rief, was er über die Romeroza gehört hatte. Auf der Banquirischen Turney hatte er noch nie einen Romeroza gesehen. Er glaubte, den Namen Romeroza in Verbindung mit einer Hinrichtung vor etwa 30 Jahren in Tikalen oder im Yaquirbruch gehört zu haben. Dies verhieß nichts Gutes, war doch diese Gegend neuesten Berichten zufolge stark vom Krieg mitgenommen. Es könnte ein Betrüger sein, dachte Amaldo, wie der vorgebliche Händler, welcher vor zwei Jahren Arinken betreten wollte und behauptete aus einer Stadt namens Urbasi zu stammen, die man auf keiner Landkarte finden konnte. Letztendlich entschloss er sich aber, den Boten zu empfangen. "Führt ihn ins Rathaus, dort werde ich ihn empfangen. Sagt ihm, der Signor sei zur Zeit nicht anwesend", befahl er und machte sich auf den Weg dorthin. ";Ach ja, findet von ihm heraus, auf welcher Seite diese angebliche Familie Romeroza stand."; rief er dann noch dem davon eilenden Gardisten hinterher. Amaldo erreichte den Arinsplatz, wo sich die alte Eiche prächtig wie immer erhob. Etwas später näherte sich der berittene Bote in der Kleidung des Postendienstes Pertakis. Amaldo fragte einen in der Nähe befindlichen Gardisten, warum ihm niemand mitgeteilt hatte, dass es sich um einen Mann des Postendienstes handelte. Der Gardist antwortete, jeder laufe heutzutage in solch einer Uniform herum, da müsse man doppelt vorsichtig sein. Etwas unsicher stieg der Bote vom Pferd und übergab nach einem höflichen Gruß eine Schriftrolle. Erleichtert stellte Amaldo beim Lesen fest, dass es sich um eine Einladung für Signor Benedict zu einem Maskenball handelte. Amaldo befahl, dem Boten als Dank für die Mühen eine Amphore besten Arinkener Steilhangs zu schenken. Er wollte diesen Brief dem Signor schnellstmöglich übergeben, da dieser Maskenball eine gute Gelegenheit schien, Benedict für einige Zeit loszuwerden. Vielleicht würde Benedict auch endlich auf den Gedanken kommen, sich zu vermählen, damit das Haus Matienna nicht erneut dem Aussterben entgegensehe. Amaldo entschloss sich, noch vor dem Frühstück ein Antwortschreiben in Benedicts Namen aufzusetzen, so dass dieser sich gar nicht mehr zu entscheiden brauchte.

Familie Menaris

Shenilo im ING 1030 BF – Palazzo Menaris
Er tauchte die Feder behutsam in die kleine Schale und wartete, bis sie sich mit Tinte vollgesogen hatte. Dann setzte Tankred Nandurian Menaris, Oberhaupt des Sheniloer Magiergeschlechts, die Feder wieder auf das Pergament, das ausgerollt auf seinem Schreibpult lag und konzentrierte sich kurz auf das daneben ausgebreitete Manuskript.
Der Gelehrte war gerade dabei, Sapens „Anklagen gegen Toborum“ zu kommentieren als das leise Klingeln eines Glöckchens ihn innehalten ließ. Er vollendete das gerade geschriebene Wort mit einem Schwung, legte die Feder zurück in die Halterung und erhob sich. Er war an der Tür bevor diese von seinem Sekretär Valsinian geöffnet wurde. Der sonst so ruhige Mann stutzte kurz, denn er hatte noch Schwierigkeiten, sich an diese Gabe der Vogelsicht, die sein Herr jüngst entwickelt zu haben schien, zu gewöhnen. Er legte die Botschaft, die mit einem Rosensiegel verschlossen war in die wartend ausgestreckte Hand des Familienoberhauptes und wartete ergeben. Tankred überflog die Nachricht mit konzentriertem Blick und ging dabei zu seinem Schreibtisch. „Eine Einladung, Valsinian.“ Sagte er dann knapp und blickte den wartenden Sekretär an. „Schickt nach meiner Schwester, wir haben zu planen.“

Er beließ Sapen und seine Kommentare auf dem Schreibpult, das er für solche Dinge bevorzugte, denn das Denken fiel leichter, wenn nicht die verlockende Bequemlichkeit eines Sessels ablenkte, und nahm einen neues Pergament zur Hand. Als Valsinian mit Kunde von seiner Schwester Brigona zurückgekehrt war, hielt das Oberhaupt ihm bereits einen gesiegelten Brief entgegen: „Bringt das zur Postenstation, Bezahlung nach den üblichen Konditionen“
Euer Wohlgeboren,
mit Interesse und Freude haben wir Eure Missive vernommen. Erlaubt mir, euren Plänen mein Kompliment auszusprechen. Gerne wird die Familie Menaris Eurer Einladung entsprechen und auf dem Rahjenball vertreten sein um dort ...

Haus Neetling-Berîsac

Mitte Rahja 2522 HE

"Heute ist einfach nicht mein Tag!" Missmutig grummelnd starrte sie hinunter auf das Pergament. Nun hatte sie schon dreimal mit dem Schreiben begonnen, sich einmal mit Titel und Anrede des Empfängers vertan, dann ungeschickt das Tintenfass umgestoßen und jetzt vollkommenen Unsinn niedergeschrieben.
"Verdammtes Gesindel!" Wütend knüllte sie das Papier und rauschte durch die Tür ihres Büros auf den Flur. Kaum war sie hindurchgeschossen, pfefferte sie mit dem ruinierten Schreiben nach den Dienerinnen Savinyas, die kichernd durch den Türspalt des kleinen Salons spähten. Erschrocken stoben sie vor dem zornentstellten Gesicht unter dem roten Haarschopf auseinander und ergriffen eilends die Flucht. Nur die jüngste drückte sich ein wenig zitternd an die Wand: "E-e-edle Herrin, ver-verzeiht..."
"Was kichert ihr dummen Gänse hier auf dem Flur herum?", schnitt die Wütende ihr das Wort ab.
"Wir, wir... haben nur..."
Zischend fuhr die andere wieder dazwischen: "Gelauscht habt ihr! Wer ist in dem Salon? Und hör sie auf zu stottern!"
"Ich... Ich weiß nicht, wer es ist, leider. Aber er ist wirklich sehr hübsch. So ein stattlicher junger Mann..." Ein etwas verträumter Ausdruck trat nun ins Gesicht der Zofe und sie beeilte sich hinzuzufügen: "- und auch noch in meinem Alter, möchte ich meinen."
"Was soll das nun wieder heißen? Ist das eine Anspielung? Ich bin erst Anfang dreißig!"
"Aber nein, edle Herrin, so war das doch nicht gemeint - er, er ist nur so... süß." Verlegen spielt das Mädchen mit einer Strähne ihres blonden Haars.
Die andere hob die Augenbrauen und warf nun selbst einen Blick durch den Türspalt. Am Fenster konnte sie einen jungen Mann von höchstens 20 Götterläufen erkennen, elegant und gut gekleidet, mit halblangem dunklen Haar, das Gesicht abgewendet. Irritiert wandte sie sich wieder der Dienerin zu: "Zugegeben, er macht keinen schlechten Eindruck - vor allem solltest du aber seinen Namen wissen, er sieht aus wie ein Edler!"
"Verzeiht, ich habe nur mitbekommen, wie der Majordomus den Mann empfangen und in den Salon gebracht hat, bevor er in die Gärten geeilt ist, um nach der Signora zu suchen. Er murmelt etwas von unerwartetem Gast und Mantras oder so."
"Mantras?" Stirnrunzelnd blickte die Rothaarige die Blonde an. Mit aufgerissenen Augen packte sie plötzlich deren Unterarm so fest, dass diese leise aufschrie. "Oder hat er Mantrash gesagt? Hat er Mantrash gesagt?"
Aufregung glomm in ihren Augen.
"Ja, ja, ich glaube...", erwiderte die andere verständnislos.
"Die Mantrasher haben schon lange keinen Kontakt mehr zu den Romerozas gepflegt. Ich hätte nicht gedacht, dass sie einen Boten schicken. Und ich kenne ihn diesen Mann nicht..."
"Wie meint Ihr das?"
"Comto Vascal schickt stets nur jene, denen er sein vollstes Vertrauen schenkt, das hängt auch mit dem Bund des Wah..." Sie blickte auf: "Ja was geht denn sie das an! Scher sie sich fort, aber rapido!"
Aufschluchzend hastet die junge Frau den Gang entlang, fort von der Zornigen, die vor einem Spiegel nun Haar und Kleider richtet.

Tief durchatmend und hoch aufgerichtet, trat die Rothaarige durch die Tür, durchmaß lächelnd den Raum zum Fenster hin. Ihr Eintreten bemerkend, wandte der junge Mann sein Gesicht und lächelte sie strahlend an. "Ah, Nandaia Romeroza, ich freue mich sehr, die edelgeborene Dame kennenzulernen, die am Hof der Berîsac so gute Arbeit verrichtet hat." Galant verbeugte er sich in perfekter Manier. Die ehemalige Cancellaria der Berîsac war nur dankbar dafür, denn es verschaffte ihr die Zeit, ihre Gedanken wieder zu ordnen und ihre weichen Knie durchzudrücken. "Gütige Rahja, ist der Junge hübsch, dieses Lächeln..."
Mit etwas belegter Stimme und klopfendem Herzen erwiderte sie den Gruß. "Ich heiße Euch herzlich am Hofe der wohlgeborenen Signora von Arreth willkommen, junger Mann. Leider konnte mir der Majordomus keine Nachricht über Euer Eintreffen hinterlassen und sucht noch nach der Hausherrin. Daher bin ich leider nicht über euren Namen informiert."
Schmunzelt senkte der Angesprochene leicht den Kopf: "Bitte verzeiht, doch der Seneschall des Grafen hat mir ausdrücklich aufgetragen, meine Identität nur in Anwesenheit der Signora Romeroza zu enthüllen. Einstweilen mag Euch vielleicht genügen, dass ich Amaro heiße?"
"Nun, wenn Ihr Nandaia sagen mögt?", kam es ihr schneller über die Lippen, als ihr lieb war. Sie fing sich jedoch rasch: "Woher kanntet Ihr eigentlich meinen Namen, haben wir uns bereits getroffen?"
"Nun, man sagte mir, Ihr sähet der bezaubernden Comtessa Yanis Neethling-Berîsac zum Verwechseln ähnlich - wenn man einmal von der Farbe ihres Haares absähe." Seine Augen glitten über ihr Gesicht und Haar.
"Getroffen haben wir uns leider noch nicht - aber ich bin auch erst Mitte Rahja auf Mantrash'Mor angekommen."
"Mantrash'Mor?", gesellte sich der Zweisamkeit da die klangvolle Stimme der Signora von Arreth hinzu.
Artig verbeugte sich Amaro wiederholt galant, doch etwas tiefer als zuvor: "Die Familie Neethling-Berîsac von Felsfelden-Mantrash entsendet Euch freundschaftliche Grüße und dankt Euer Wohlgeboren herzlich für die Einladung zum Balle. Doch bitte, lest selbst, der Seneschall des Grafen hat dies von eigener Hand verfasst, nachdem er nun seiner treuen Cancellaria aus Eurem Hause verlustig gegangen ist?"
Savinya Romeroza wollte das Siegel gerade brechen, als Nandaia sie zurückhielt. Den Dunkelhaarigen mit zusammengekniffenen Augen genau musternd fragte sie: "Amaro, sagt, wisst ihr um den Grund, warum Vascal Neethling-Berîsac so lange nicht im Yaquirbruch in Erscheinung getreten ist?"
"Ich muss annehmen, dass dies mit der Suche nach seinem ältesten Sohn zusammenhing", erwiderte er schmunzelnd.
Savinya schaute etwas irritiert drein: "Ältester Sohn? Ich kenne die Kinder der Comtessa von einem Besuch im Palazzo Neethling in Unterfels. Finaya zählt sieben und Tharanor fünf Jahre. Welchen ältesten..."
"Bei den Zwölfen! Savinya, sieh ihn doch an!" Nandaia sank in einen Sessel.
"Vor drei Götterläufen erfuhr Comto Vascal durch den Bund des Wahren Glaubens, dass er einen weitaus älteren Sohn habe und ihn um des Ordens willen finden müsse. Es war ein Schock für ihn." Savinya wandte sich fragend an den jungen Mann. "Dann seid Ihr...?"
"Signorino Amaro Vascalian ya Berîsac, Cavalliere von Coriolenne, vormals ein Rosenritter Araniens, zu Euren Diensten."
"Wie interessant...", murmelten Savinya und Nandaia gleichzeitig, bevor die Signora sich dem überbrachten Schreiben zuwandte und es hastig überfliegend einige Passagen für Nandaia vorlas.

"... freuen Comtessa Yanis und ich uns sehr Eure Einladung annehmen zu können. Wenn Ihr es freundlichst gestattet, wird auch mein Sohn Amaro ya Berîsac uns auf dem Ball begleiten. ...
... So hoffen wir, dass Ihr unser bescheidenes Geschenk annehmt: Mein Sohn eskortiert die Künstlerin Ingerimmke D'Efferdhûs zu Eurem Hause, der Ihr vielleicht die Gunst gewähren mögt, Euch zu porträtieren. ... ... Mögen die ZWÖlfe mit Euch sein! Comto Vascal Neetling-Berîsac, Archo-Defensor Mantrash'Mor und Seneschall des Grafen Rimon Sal von Oberfels-Phecadien usw. usf."


Haus di Onerdi

Toricum, Palagio Phalaxani

Die Liebenswürdigkeit war eine der Eigenschaften, die er an sich mochte, schmunzelte Innocencio di Onerdi, während er den gesiegelten Umschlag mit zwei Fingern hin und her schwenkte und sich dann daran machte, das Siegel zu brechen.

„pro invitare", als Absender eine Dame Romeroza, man kannte ja die Gerüchte über die Familie. Spannend allemal, zwischen Hexen- und Rahjakult. So hatte er dem Boten, der angab, er sei auf Durchreise nach Efferdas, gern seine Hilfe angeboten. Er käme ohnehin in nächster Zeit in jene Gefilde, der Bote möge sich keine Umstände machen, sondern Innocencio den Umschlag anvertrauen. Der Bote dankte für die überaus gute Bezahlung und ritt von dannen.

Erst kurz darauf war Innocencio klar geworden, welchen Glücksgriff er getan hatte. Ein Maskenball! Man bedenke noch, der letzte war bald vor drei Jahren gewesen! Diese Gelegenheit zu verpassen, so dachte er, wäre ja zu unglücklich. Der arme Nicolo Faellan war zwar der Empfänger der Nachricht, aber sicher dankbar dafür, nicht die beschwerliche Reise auf sich nehmen zu müssen. Er würde dem Neffen natürlich zu Hilfe eilen.

Innocencio streckte sich also in seinem Sessel, nahm Feder, Tinte und einen Bogen Papier zur Hand und ließ einige Worte zu Papier fließen.

„An Ihre Wohlgeboren, die Signora von Arreth, die besten Grüße und Wünsche und das Wohlwollen aller Zwölfe.

Mit Freuden nahm ich Eure Einladung zur Kenntnis und darf versichern, dieser Tage wenig so Erhebendes erhalten zu haben. Es bekümmert mich daher umso mehr, nicht persönlich die Festlichkeit besuchen zu dürfen, die doch schon durch Euren Glanz allein ein Jubeltag werden muss.

Schweren Herzens gebe also ich der Pflicht nach, die mich hier zu Efferdas in ihren Fängen hält. Ich kündige an meiner statt an meinen Onkel Innocencio di Onerdi, Majordomus des Palagio Phalaxani in Toricum. Jener Innocencio ist ein weit gereister und gebildeter Mann, welcher Euch gewiss trefflich zu unterhalten verstehen wird.

Ich verbleibe daher in tiefer Verbundenheit mit Euch und dem ehrenwerten Hause Romeroza,

Baron Nicolo Faellan di Onerdi (Ämter und Titel)"

Ja, das schaue gut aus, entschied Innocencio, als er die Feder beiseite legte. Die schwungvollen Versalien des Namens ähnelten tatsächlich denjenigen, mit denen der Neffe Schriftstücke zu unterzeichnen pflegte.

Er rief einem Knecht, er möge dieses so schnell als möglich seinem Empfänger zukommen lassen und verfasste ein zweites Schreiben.

„Mein hochverehrter Neffe,

jüngst erreichte mich eine Einladung der Signora von Arreth, allwelche mich zu einem Ball nach Unterfels lud. Aufgrund alter Bekanntschaften erging diese Einladung bedauerlicherweise nicht an dich. Obschon ich weiß, wie sehr du betrübt sein wirst, bitte ich dich, dies nicht als Beleidigung aufzufassen.

Vielmehr…"

Haus della Pena ä.H.

Urbasi, Ingerimm 1030 BF

'Ein teurer Spaß', dachte sich Odina della Pena, 'aber ich habe mich nun einmal entschieden den Instrumentenbau in Urbasi zu fördern und so heißt es jetzt auch nicht knausern.'
Gerade war Ludolfo Bornelli wieder einmal bei ihr gewesen und hatte um finanzielle Unterstützung gebeten. Zwar waren die Bornellis mittlerweile recht bekannt für ihre exzellenten Tasteninstrumente, aber wer konnte in diesen unruhigen Zeiten schon genug Gold für ein Spinett, ein Virginal oder gar ein Cembalo aufzubringen? So war es mal wieder an Odina die Rechnung des Feinmechanikers zu übernehmen, bis die Bornellis weitere Instrumente abgesetzt hätten. Dabei hätte es eigentlich reichen sollen, dass Odina erwirkt hatte, dass ihr Gemahl Leomar Romualdo, das Familienoberhaupt der della Pena ä.H., den Bornellis mietfrei Geschäftsräume auf dem Grundstück der della Pena überließ…

Ein vorsichtiges Klopfen an der Türe riss Odina aus diesen Gedanken. Eine Zofe trat nach Odinas "Herein" in den Salon und überbrachte mit untertänigem Gestus einen Brief, ehe sie sich dafür entschuldigte die Mittagsruhe der Hausherrin gestört zu haben. Mit einem "Ist ja schon gut, nun aber husch" entledigte sich Odina der Dienstbotin und begab sich an die Lektüre des Schreibens.

Einen Maskenball sollte es geben - in Unterfels - bei den Romeroza. Ein Jammer das jetzt gerade ihr Gatte auf dieser Travia-Pilgerfahrt gen Eslamsgrund unterwegs war. Aber nach Untefels würde sie dennoch reisen. Allein schon um zu sehen, wie es ihrem einzigen Sohn Tsaiano bislang in der Residenz der Romeroza ergangen war. Nach einigen Gastspielen in Grangor, Sewamund und anderen Städten im Norden, hatte Savinya Romeroza ihm angeboten seine Gesangsstudien in ihrem Haus bei Maestro Silberglanz zu vertiefen. Seine Nachricht darüber war erst wenige Tage zuvor eingetroffen. Dass sie schon bald Gelegenheit hätte ihren Sohn in seiner neuen Umgebung zu besuchen, hätte sich Odina nicht träumen lassen und so nahm sie schnell einen frischen Bogen Pergament zur Hand, spitzte die Feder und schrieb voller Freude:

"Geschätzte Savinya,

habt Dank für eure Einladung. Bedauerlicherweise ist mein Gemahl gerade auf einer göttergefälligen Pilgerreise und wird wohl bis zum Ball nicht zurück sein, doch uns selbst wird es eine Freude sein auf eurem Maskenball zu erscheinen. Wir möchten die Gelegenheit nutzen uns auch vielmals dafür zu bedanken, dass ihr das Talent unseres Sprosses Tsaiano erkannt habt und ihn in seinem künstlerischen Reifungsprozess fördert und unterstützt. Dass wir so schnell Gelegenheit haben, ihn in eurem Hause zu besuchen, war nicht zu erwarten, ist jedoch äußerst erfreulich. Wiewohl wir keinen Augenblick daran zweifeln, dass es ihm in eurer Obhut an nichts mangelt, könnt ihr als Mutter sicher verstehen, dass man sich immer gerne mit eigenen Augen vom Wohlergehen seiner Kinder überzeugt.

Wir freuen uns auf den Ball und verbleiben mit den besten Wünschen

gez. Odina della Pena"

Mit einem Glöckchen signalisierte Odina der Zofe, dass sie sich schleunigst wieder zu ihrer Herrin begeben solle und als die Dienerin eilfertig eintraf, empfing Odina sie mit den Worten:
"Rasch, schick diesen Brief schnellstmöglich nach Unterfels zu den Romeroza. Und macht alles bereit für einen umfangreichen Stadtgang. Ein Kostüm muss her, ein neues, prächtiges für den Maskenball der Romeroza in Unterfels. Und bring in Erfahrung, wie die Maße unseres guten Tsaiano sind. Da er uns auf dem Ball zur Seite stehen wird, braucht auch er ein dazu passendes Kostüm."

Haus della Pena j.H.

Mit dem almadanischen Langdolch brach Alvaro della Pena das Siegel des Grafen von Bomed und öffnete den Umschlag, den ihm am heutigen Morgen ein Botenreiter aus dem Heerlager in den Yaquirkuppen überbrachte hatte. Interessiert entfaltete er das Pergament und las die Nachricht seines Vetters Horasio.
"Werter Vetter, die Dinge hier entwickeln sich in unserem Sinne. So haben wir Uns entschlossen auf dem Rahjenball der Romeroza zu erscheinen, geben entsprechende Kunde an den Palazzo der Familia. Wir haben uns entschlossen in der Larve eines Greifen aufzutreten. Unsere zwei Begleiter sollen sein gewandet als Leuen. Die Gründe für Uns selbst das Heilige Tier des Herrn der Gerechtigkeit und Herrschaft zu wählen, liegen auf der Hand und müssen nicht weiters aufgeführt werden. Tragt für Unser Erscheinen Vorbereitung. In Rondras Zeichen und unter der Hand Traviens. Siegel und Zeichen Horasio della Penas."
Der Buntrock warf das Pergament auf den Tisch und stand auf. Er würde umgehend die notwendigen Vorkehrungen treffen, der Ball war schon in wenigen Tagen. Bis dahin mussten Erkundigungen eingeholt werden. Eile war geboten...

... Rahjaine griff nach der Weinflasche und goss sich noch einmal nach in den zinnernen Becher, sie lächelte ihrem fremden Gönner zu, der belustigt ihre roten Bäckchen zur Kenntnis nahm.
"In der Werkstatt Eures Maestros werden also auch für hohe Persönlichkeiten Gewänder geschneidert?" fragte er sie gespielt bewundernd, obschon er die Antwort kannte und ihn das Nicken kaum überraschte.
"Prunkgewänder für die reiche Noblezza sind keine Seltenheit," fügte sie an, als sie ihren Becher abstellte. "Wegen des Maskenballs im Palazzo Romeroza treibt der Maestro uns an wie ein urbetischer Eselschinder."
Der Unbekannte musste lächeln. "Da habt ihr sicher schon manche Maske der Macht entworfen," äußerte er sich weiter beeindruckt um die junge Schneiderin bloß nicht vom Reden abzuhalten...


Haus di Salsavûr

Romualdo saß am Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer im neu gebauten Palazzo di Salsavûr in Urbasi und schaute gerade seine Post durch.
Seine Augen blieben an zwei Briefen hängen, der eine von seinem Verwandten Darian und bei dem andere handelte es sich, was unschwer zu erkennen war, um eine Einladung zu irgend etwas.

Er öffnete zu erst das Schreiben seines Verwandten. Falten bildeten sich auf seiner Stirn.....

Während er den Brief zur Seite legte nahm er das Glöckchen, was auf dem Tisch stand und klingelte. Kurz darauf war ein Klopfen zu vernehmen.

"Sag Lorian und Ascanio, falls sie im Palazzo sind, das sie bitte unverzüglich hier herkommen", gab er, ohne aufzuschauen, Anweisungen an seinen Leibdiener.
"Sehr wohl, Herr." Damit schloss sich die Tür wieder und im Gang waren eilige Schritte zu vernehmen, die sich entfernten.

Er öffnete das zweite Schreiben, die Einladung, während er auf seine beiden Verwandten wartete und überflog diese.

'Romeroza?' Irgendetwas sagte ihm dieser Name, aber ihm fiel nicht ein, in welchem Zusammenhang er diesen schon mal gehört oder gelesen hatte.

Bevor er weiter darüber nach denken konnte, klopfte es an der Tür. "Kommt rein..." Die Tür öffnete sich und ein junger Mann und ein deutlich älterer betraten den Raum.
"Warum sollten wir so schnell erscheinen, Romualdo?" Fragte der Jüngere der beiden. "Hat es irgendwo auf unseren Gütern Probleme gegeben?"

"Nein, nein..." Romualdo schüttelte den Kopf und schaute die beiden an. "Hier lest selbst." Mit diesen Worten reichte er ihnen den Brief Darians und die Einladung.

Ascanio konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, nachdem er die Einladung und den Brief gelesen hatte. "Die Dame will in Unterfels einen rahjagefälligen Maskenball abhalten? Wäre ein Korgefälliger nicht dort passender?"
Sein Enkel, der neben ihm stand lies bei den Worten ein leises Lachen ertönen.

"Sehr witzig ihr beiden." Versuchte das Oberhaupt mit ernster Miene zusagen, was aber nicht ganz klappte. "Deinen Enkel beziehungsweise deinen Bruder können wir da nicht alleine hingehen lassen, ihr kennt ihn doch."

Immer noch mit einem Grinsen fragte Lorian. "Wen gedenkst du nach Unterfels zu schicken? Ich denke mal, der selbst er nannte Della-Pena-Graf wird auch dort erscheinen oder jemanden hinschicken."

Romualdo nickte. "Stimmt, gute Frage wen ich da hinschicke...." Er überlegte kurz. "Dich kann ich da nicht hinschicken, da ich dich mit deinen Männern hier eventuell brauche. Ebenso wenig deinen Bruder und Stellvertreter. Meine Tanten und Cousins auch nicht, das gibt nur eine Katastrophe, wenn ich einen von denen hinschicke."

"Derya ist zu jung", setzte Ascanio die Aufzählung fort. "Bleiben nur meine Enkelin Joela, meine Tochter Elea und ich."
Lorian nickte bestätigend. "Oder du selbst, Romualdo...."

Romualdo schüttelte den Kopf. "Ne, ich bleibe lieber hier, nicht das gewisse Leute auf noch dümmere Gedanken kommen, als sie sie jetzt schon haben."
Die beiden anderen di Salsavûrs grinsten, da sie wussten, wen Romualdo damit meinte.
"Deine Enkelin... hmm..., meinst u die wäre für einen rahjagefälligen Ball zu haben? Ich dachte da eher an deine Tochter oder an dich."

Jetzt war es an Ascanio d en Kopf zu schütteln. "Du willst doch nicht so einen alten Mann wie mich in so einen so unsicheren Landstrich schicken, oder?"

Romualdo lächelte spöttisch. "Naja, dann bleibt wohl nur deine Tochter.... Auch gut, dann kann sie mal ihren zweit ältesten Sohn wieder sehen. Gib ihr ein paar Männer von der Garde mit Lorian, wir wollen ja nicht, das deiner Mutter was passiert."

Der angesprochene Kommandeur der Haustruppen nickte und verließ, gemeinsam mit seinem Großvater den Raum.

Romualdo nahm die Feder und ein Blatt Papier und begann eine Antwort an die Gastgeberin des Balls zu schreiben.

Gegeben am...
An Savinya Romeroza, Signora von Arreth

Geschätzte Savinya Romeroza,

mit Freude lass ich eure Einladung zum Maskenball. Ich wäre gerne selbst zu eurem Ball gekommen, aber leider hindern mich wichtige Geschäfte in Urbasi daran eurer Einladung zu folgen.
Allerdings habe ich die Ehre euch das Kommen meiner Verwandten Elea di Salsavûr und ihres Sohnes Darian di Salsavûr anzukündigen.

Gesiegelt und gezeichnet

Romualdo di Saslavûr
Signor zu Salsavûr


Haus von Streitebeck

Der Baron rang nach Atem. Ein gequälter Ausdruck lag in seinem Gesicht und Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Er keuchte. Seine Lungen rasselten vernehmlich. Schnell griff seine Hand nach dem Glas, stürzte die trübe Flüssigkeit in einem Zuge hinunter. Seit dem Winter schon plagte ihn die Firunskeuche - doch was er anfänglich für eine hartnäckige Erkältung gehalten hatte, war über das Frühjahr nur schlimmer geworden. Schon rieten ihm die Medici zu einer Kur - doch wann sollte er sich Zeit dafür nehmen? Zu unsicher waren die Verhältnisse in Sewamund. Und dann die andauernde Krise um Veliris! Keine Stunde konnte er seiner Stadt fern bleiben!

Während Irion von Streitebeck diese Gedanken durch den Kopf schossen, beruhigte sich sein Atem langsam wieder. Er griff zu dem nächsten Papier auf seinem Sekretär. Die Einladung der Savinya Romeroza - zu einem Maskenball. Er schüttelte unwillkürlich den Kopf. Der ganze Vorgang widerstrebte ihm. Immer wieder hatte er das Schreiben zur Hand genommen - und dann doch die Antwort auf später vertagt. Doch langsam musste er sich entscheiden. Denn noch unhöflicher als eine Absage wäre es gewesen, die Korrespondenz zu verweigern. Doch was zu tun? Würde die Familie Streitebeck nicht erscheinen, würde dies zumindest als Unhöflichkeit wenn nicht als Affront oder Feigheit ausgelegt werden. Andererseits war Unterfels nach den Konflikten mit dem Haus Veliris und der Einmischung Sewamunds in den Bomeder Erbfolgekrieg auf Seiten des Grafen Rimon alles andere als ein sicheres Pflaster für Baron Irion und die Seinen. Und nicht zu vergessen, dass er nicht unwesentlichen Anteil am Ableben Signor Tiros von Nupercanti hatte - dessen, wenn auch geschiedene, Gattin die gute Savinya war. Und deren gemeinsames Kind inzwischen mit einem Sohn Horasio della Penas vermählt war. Kurz und gut: Das Verhältnis der Familie Streitebeck zu den Romeroza konnte als schwierig gelten.

Umso mehr trieb es ihn um, wieso Savinya auf den Gedanken verfallen sein mochte, sie einzuladen.

Seine Neugier gab den Ausschlag. Er würde seinen Neffen Yulion entsenden. Der Hauptmann der Phecadigarde würde auf dem Ball eine gute Figur machen, ledig war er zudem. Und, mit den rechten Instruktionen ausgestattet, würde er auch die Politik der Familie sicher, wenn auch sicherlich nicht durchschlagend vertreten können. Vor allem aber: Sollten die Gegner der Familia etwas im Schilde führen, so war Yulion verzichtbar, nachdem Irion durch die Adoption der Kinder seiner früh verstorbenen Schwester Rondradane eigene Erben hatte. Er keuchte, als dunklen Gedanken an die Ermordung der lieben Schwester seine Erinnerung heimsuchten. Mit wohl gesetzten Worten aber keuchender Stimme diktierte er ein entsprechendes Antwortschreiben - verbunden mit der glaubhaft vorgetragenen Bitte, sein eigenes Erscheinen ob einer dauerhaften Erkrankung zu entschuldigen.

Schließlich bestimmte er die gute Arista zu seiner Botin. Sie verstand ihr Handwerk und würde vor Ort mehr über die Pläne der Romeroza in Erfahrung bringen - wenn es etwas zu erfahren gab. Und sie könnte sich gleich mit den Örtlichkeiten vertraut machen. Für den Fall der Fälle.

Haus Torrem

Selinde Torrem schien die Einladung der Romerozas gleichsam mit der Hand zu wiegen. Ob man zu einer solchen Festivität ein Mitglied des Hauses würde entsenden können? Ein Rahjenball mit einem Allerlei von Masken. Gleichwohl mochte es nicht schaden, in dem ifirnwärtigen Gefilde des Reiches Gegenwart zu zeigen, gleichsam Anteilnahme. Und Selinde erwog also: Drago Ariando war ein Levthansbrüderchen. Der würde die Torrems nur blamiert haben. Kalman Phecadio? Den Residenten und Senator zu Efferdas konnte man nicht auf einen Rahjenball schicken und ohnedem nicht entbehren. Sie, Selinde, selbst? Das mochte die Würde des Amtes nicht leiden. Oder doch? Die Interimshauschefin der Torrems erhob sich, knüpfte sich die Ärmelbünde und verließ die Arbeitsstube. Den nächsten Morgen, als der Bote wartete, gab sie eine Antwort auf den Weg. Es war eine mit einigen Zeilen überschriebene Visitenkarte:

"Domina Selinde Torrem honorabilissimae et potentissimae Dominae Saviniae salutem dicimus. [Der überaus ehrbaren und höchstmächtigen Dame Savinia entbieten wir, die Dame Selinde Torrem, den Gruß.]

Es gereicht Uns zur Freude, werte Schwester in Praio, eine Einladung von Euch empfangen zu haben. Wir werden auf Eurem rahjengefälligen Maskenball höchstselbst zu erscheinen wissen.

Unterfertigend S. Torrem."

Haus della Trezzi

"Ein Maskenball im Rahja... wie treffend für eine Romeroza..." Comto Tilfûr strich das kostbare Papier gedankenverloren glatt. Schon Signora Savinyas Mutter war für ihre rauschenden Bälle berühmt gewesen,und er selbst hatte so manche pikante Erfahrung gemacht, damals, in ihrer beider Jugend. Vor diesem unseligen Krieg, und vor allem vor dem plötzlichen Tode Mariella Romerozas.

Mit einem Lächeln zog er einen Bogen Briefpapier aus einer Schublade des Sekretärs aus dunklem Mohaghoni und begann, ein Antwortschreiben aufzusetzen. So wie er Savinya einschätzte, würde sie sich nicht lumpen lassen, und den halben Adel des Königreichs einladen. Trotz der Anonymität der Masken versprach dies ein interessantes Zusammentreffen zu werden, gerade in diesen Tagen... das konnte er sich nicht entgehen lassen.

Eine Weile durchbrach nur das leise Kratzen der Feder die spätabendliche Stille der Schreibstube, gefolgt vom leisen Zischen des Siegelwachses, als der Comto es an der Kerze zum Schmelzen brachte.

Nachdem Tilfûr das Schreiben einem Bediensteten übergeben hatte, der es noch schnell hinüber zum Palazzo Romeroza bringen sollte, trat er an das Fenster und ließ den Blick über die Dächer der Stadt gleiten. Es war noch einiges Vorzubereiten, nicht zuletzt eine angemessene Gewandung...

Haus Tribêc

Sewamund im Ingerimm 1030. Eine Nachricht erreicht ihr Ziel.

Tsaida Tribêc überflog die Zeilen rasch. Der erste Gedanke: Rahjane. Aber sie wohnte jetzt gegenüber. Sie würde eine eigene Einladung bekommen haben, sie war ja jetzt groß und erwachsen, das ginger schneller als man dachte. Wer dann? Sie selbst? Besser nicht. In Unterfels würde nicht jeder gut auf die Baronin von Veliris zu sprechen sein. Außerdem erlaubten gewisse Tagesgeschäfte ihre Anwesenheit. Aber irgendjemand würde hin müssen. Allein wegen der berühmten Gärten der Romerozas. Der in Vinsalt war bekanntlich der prächtigste von ihnen. Gesund gepflegt von einem umherreisenden Perainepriester, wie man sich sagte. Aber sie schweifte gedanklich ab, wie es einer grangorischen Adligen nicht geziemte, und schüttelte den Kopf, um auf klare Gedanken zu kommen. Die Romeroza würde sicher, da ihr Mann bei Boron weilte, auf Männerfang gehen. Die passenden Männer sollte sie bekommen! Beide Wünsche wollte Tsaida Frau Romeroza erfüllen: Das Phexensstück und die Kostümierung. Wehrhaft sollten ihre Legaten ebenfalls sein.
Also setzte Tsaida gleich nach dem Mittagessen, das der neue Vistelli-Koch vorzüglich aus frischem Fisch der Grangorer Bucht zubereitet hatte, drei Schreiben auf, deren Inhalt bis auf den des Antwortschreibens für uns hier nicht weiter wichtig ist. Leise summte sie die weisen Worte ihrer alten Bosparanolehrerin, während sie nach dem Federkiel griff "Ab, ex, de; cum, sine, pro und prae", entschied sich dann aber:

ad responsum

An das Oberhaupt der Romeroza

Geschätzte Savinya Romeroza,

seid Euch des reichen Danks für die rahjagefällige Einladung gewiss. Um den Rahjaball entsprechend zu würdigen kündigen sich hiermit Connetabel Alverano Tribêc und Cavalliere Dorian Tribêc - selbstverständlich phexisch maskiert - für die Festlichkeiten an, da sie im Gegensatz zu mir nicht von familiären Verpflichtungen gebunden sind.

Tsa mit euch.

Gezeichnet,
Tsaida Tribêc
Oberhofkämmerin, Signora von Trîbec und schließlich Baronin von Veliris

Haus Urbet-Marvinko

Ingerimm 1030 BF:

"... Antwort wird gebeten."

Schnell hatte Auricanius die Einladung Savinyas überflogen - den letzten Brief für heute, bevor er seiner schlichten Arbeitsstube im siebten Geschoss des Palazzo Casciano über der Piazza del Theatro Urbasis wieder den Rücken kehren würde. Sein Bruder Traviano hatte selbst derartige Sichtungen der alltäglichen Korrespondenz zu einem Ritual werden und alle wichtigen Untergebenen daran teilnehmen lassen, doch Auricanius verzichtete bewusst darauf. Es war nicht seine Art, sich selbst in den Vordergrund zu drängen. Und es war sicherlich kein Fehler, sich trotz höchster Ansprüche in äußerer Bescheidenheit zu üben ... Doch seine Gedanken schweiften ab, und so wandte sich der junge Praios-Geweihte pflichtbewusst wieder seiner Korrespondenz zu.

Die Romeroza zählten nicht unbedingt zu den engsten Freunden des eigenen Hauses - im Grunde ging man sich bislang eher aus dem Weg, seitdem sie mutmaßlich in die Gefangennahme und Hinrichtung Gransignora Rahjadas von Urbet durch Prinzregent Salman verstrickt waren und dafür zu Baronen von Vinsalt gemacht wurden. In den Archiven des Turaniter-Ordens war Auricanius während seines einjährigen Noviziats und seiner gelegentlichen späteren Besuche dagegen umso häufiger auf ihren Namen gestoßen: Die Familie wurde dort als "bedenklich", teilweise sogar "gefährlich" eingestuft, sollte über verborgene Hexereien verfügen und diese bisweilen geistesbeeinflussend bei Anderen angewandt haben. Nur nachweisen ließ sich bislang nichts. Dass die Familie Inquisitoren der Turaniter wie ihm dieselbe Skepsis entgegen brachte, war zu erwarten ...

Andererseits war die Zahl der geladenen Häuser enorm und dieser Gelegenheit für Absprachen (seien es eigene oder die von Gegnern) konnte man sich nicht einfach entziehen, ohne einen Nachteil im ständigen Machtgerangel zu riskieren. Auricanius dachte kurz nach, als er bereits nach Federkiel und Papier für seine Antwort griff. Sein Vetter Corvino sollte ohnehin vom 30. Ingerimm bis zum 2. Rahja als Vertreter der Familie nach Eslamsgrund entsandt werden, wo sich viele Adlige beider Raulschen Reiche und Horasiens trafen. Auf der Rückreise könnte er dann auch in Unterfels halt machen und dem Ball am 20ten des Mondes beiwohnen, um das dortige Geschehen im Auge zu behalten.

"... und so ist es uns eine Freude, einen Vertreter unseres Hauses als Gast eurer Festivität zu wissen. Erwartet darum Corvino von Urbet-Marvinko, Comto zu Sibur."


Anfang Rahja 1030 BF:

7.500 Dukaten? Welcher Dämon hatte ihn da geritten?

Auricanius musste die per Eilbote überbrachte Nachricht seines Vetters aus Eslamsgrund mehrmals lesen, bevor er sie richtig zu erfassen vermochte. Ein halbes Vermögen hatte Corvino ausgegeben um einen Panzerhandschuh zu ersteigern. Einen Handschuh! - Nunja, immerhin zierte ein Panzerhandschuh auch das eigene Wappen ... und dieser konkrete gehörte wohl einem Heiligen, der ihn bei seinem Tod getragen hatte ... Raidri Conchobair in der Schlacht gegen den Dämonenmeister. Eine Reliquie also, zum Ruhme und Wohlstand Urbasis sowie der eigenen Familie (nun gut, hier wohl mehr zum Ruhme denn zum Wohlstand) erworben. Zumal die Parteigänger Arivors in der Stadt ohnehin seit einiger Zeit nach einem Rondra-Tempel schrien ...

Je länger Auricanius darüber nachdachte, desto sinnvoller erschien ihm diese "Investition", wie sein Vetter sie bewusst beschwichtigend umschrieb - auch wenn er ihm solche Eigenmächtigkeiten demnächst austreiben würde. Der Kauf brachte aber noch ein anderes Problem mit sich, auf das Corvino ebenfalls selbst hingewiesen hatte: Er würde länger als zunächst geplant in Eslamsgrund bleiben müssen, um den sicheren Transport der Reliquie in die Heimat gewährleisten zu können, und konnte daher nicht dem Ball der Romerozas beiwohnen. So musste sich Auricanius denn wohl doch selbst samt seiner Gemahlin bei der Gastgeberin ankündigen.

Ein Inquisitor im Haus einer Hexe - ihm wurde ein wenig mulmig ...

Haus Veliris

Ariano Sal hielt den Brief mit dem Wappen der Romerozas in Händen. Das Siegel war gebrochen und den Inhalt hatte er nun mehrfach gelesen. Gerne würde er der Einladung der Signora nachkommen. Seid ihrer Rückkehr aus Bomed hatte er sie erst einmal in der Stadt getroffen. Die gewechselten Grüße waren kühl geblieben, obwohl sie doch eine Verbündete seines Schwagers war. Aber irgendwie war ihm die Signora stets ein Rätsel geblieben. Eines das er endlich Lösen wollte. Doch des Rätsels Lösung würde warten müssen, denn am 20. Rahja begann in Arivor das große Ritterturnier an dem er teilzunehmen gedachte. Sein Vater würde aus dem Grabe emporsteigen, um zu sehen, wie sein Sohn an einem solchen Turnier teilnahm, um mit den eigenen toten Augen sehen zu können, was er nicht glauben würde. Doch seid Ariano Sal in Eslams... brück? ...grund? Eslamsirgendwas erst im Zweikampf besiegt werden konnte, hatte ihn eine kindliche Leidenschaft für das Turnierreiten erfasst. Er, der sachliche, ehemalige Offizier der Horaslegion, ein Turnierreiter. Da war er in Arivor, das stand jetzt schon fest. Aber Alricilian würde darauf bestehen, dass ein Mitglied des Hauses Veliris bei dem Fest zugegen war. Rondrajane wird gehen müssen. Doch dafür musste er eine List anwenden, denn seine Schwester ließ sich äußerst ungern vor den Karren der Familie spannen. Sie fuhr lieber mit einem solchen durch das Land. Ariano Sal lachte herzhaft, als er sich seine Schwester auf dem Streitwagen durch Schlamm und Morast fahrend vorstellte. Er erhob sich und begab sich in die Gemächer seiner Schwester. "Rondrajane, schon gehört, dass der junge Loriano erst gestern mit Savinya Romeroza gesichtet wurde?" Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Dabei gilt sie doch als heißeste Anwärterin Vetter Horasio zu ehelichen", legte er nach. "Tatsächlich?", stellte Rondrajane nun sichtbar interessierter in Frage. "Ja," fuhr ihr Bruder fort, "der Sirensteen wird sich eine andere suchen müssen." Rondrajane fuhr hoch. "Was? Alle drei machen ihr den Hof und mich fragt keiner?" "Seid wann lässt Du Dich bitten, Schwesterherz?" Ariano Sal lächelte in sich hinein. Gleich holte er zum Schlag aus. "Sie gibt einen Maskenball im Rahja." "Einen Maskenball im Rahja? Geht es noch deutlicher?" Rondrajane fuhr sich erbost durchs Haar. "Genau, Alricilian meint auch, wir sollten dem Treiben fernbleiben." "Was? Und ihr das Feld überlassen? Wo ist die Einladung? Ich werde hingehen. Wäre ja gelacht, wenn Loriano und Sirensteen am Ende nicht mit mir nach Hause ...ähm ... tanzen würden." "Ich werde wohl nicht mitkommen." "Ja, ja, verkriech' Dich wie immer hinter den Schreibtisch. Ich wünsch Dir viel Spaß an dem Abend. Ich werde meinen auf jeden Fall bekommen." Ich auch, lächelte Ariano Sal, ich auch.

Familie Luntfeld

„... in unserer neuen Residencia zu empfangen.“. Lania Luntfeld liess den Brief sinken und sah ihre beiden Kinder und ihre Nichte über die Tischplatte ihres König-Therengar-Schreibtisches hinweg an. Ihr Gatte Ingrimmion hatte es sich währenddessen im bequemen Sessel in der Ecke gemütlich gemacht hatte und schmunzelnd die Reaktionen der jungen Leute studiert, denen von der Matriarchin soeben die Ehre zuteil geworden war, auf dem Rahjaball Savinya Romerozas die Familiendelegation der Luntfelds zu stellen.

Nun ja, für Khardan würde dies wohl eher eine Bestrafung darstellen, wenn seine Begeisterung seiner bestürzten Miene entsprach, während neben ihm seine Schwester Bospranya wie ein kleines Kind aufgeregt in die Hände klatschte und sich in Unterfels wohl prächtig amüsieren würde. Überraschend war dagegen die Reaktion seiner Schwiegernichte. Diese hatte wie üblich kaum eine Miene verzogen und schien nicht sonderlich beeindruckt, wäre nicht plötzlich das seltsame Glitzern in ihren Augen, dass Ingrimion bei Eslamuela so noch nie gesehen hatte...

„Ihr wisst, im Rahja sind wir in Grangor an der Handelsmesse,“ fuhr nun Lania fort, „was den Adel natürlich nicht kümmert. Deshalb werde ich in meinem Antwortschreiben an Domna Romeroza anfügen, dass wir – sie blickte ihren Gatten an und beide zwinkerte sich zu – leider verhindert sein werden und deshalb an unserer Stelle unsere Kinder teilnehmen werden. Gleichzeitig haben wir beschlossen, das Angenehme gleich mit dem Nützlichen zu verbinden: Ihr werdet nicht nur zum Ball gehen und euch amüsieren, sondern darüber hinaus noch einige Tage in Unterfels verweilen und euch mit der Stadt, ihren Einwohnern und ihrer Situation bekannt machen. Drei Grafen von Bomed sowie der Ruf Unterfels’ als Söldnerstadt könnte für uns einen neuen Markt erschliessen. Wir erwarten also einen vollständigen Bericht...“

Familie Brahl

Gedankenverloren strich sich Daryl über die Narben, welche seinen ganzen Oberkörper entstellten, und blickte in die Ferne. Nach einiger Zeit sammelte er sich und kleidete sich an, bevor er sein karges morgendliches Mahl zu sich zu nehmen gedachte. Doch es klopfte und auf einen Ruf seines Herrn trat ein Schreiber ein. Nachdem er verschwunden war, öffnete Daryl interessiert den Brief.

Wenig später verließen seine Verwandten das Studierzimmer Daryls. Seine Schwester würde sich köstlich amüsieren, da war er sich sicher. Er selbst hatte für solchen Schabernack natürlich keine Zeit. Es gab Wichtigeres zu tun. Aber ohne eine Begleitung konnte er Carisia nicht zu dem Ball schicken und so hatte sich Beleno bereit erklärt. Der Tempel der Lieblichen musste wohl ohne ihren Vorsteher auskommen, aber zu solch einem Anlass war das für einen Rahja-Geweihten sicher nicht ungewöhnlich. Nur warum bestand auch Fedesco darauf, die beiden zu begleiten? Vielleicht steckte seine Frau dahinter. Die Zyklopäer nutzten aber auch jede Gelegenheit um zu feiern. Ein Maskenball kam da gerade recht.

Er unterbrach seine Gedanken und spitze den Federkiel. Dann setzte er eine wohlklingende Antwort auf. "... so möchte ich an meiner statt meine lieblich Schwester Carisia Brahl und unsere Cousins, den Geweihten der Peraine Fedesco Brahl mit seiner Frau Phÿllis und seine Hochwürden Beleno Brahl, seines Zeichens Vorsteher des Rahja-Tempels zu Shenilo, als Vertretung der Familie Brahl schicken. Es ist mir eine besondere Freude..." Schnell überflog er die Zeilen, dann versiegelte er den Brief. Der Bote wartete bereits.


Entgegennahme

Anfang Rahja

Der kleine Nussbaum-Sekretär quoll über vor Papieren und Pergamenten. Savinya ordnete die Antwortschreiben in einer ledernen Mappe. Als gute Gastgeberin sollte sie den Überblick behalten. Alle Zusagen wurden mit Anzahl der Personen in eine Liste eingetragen. Ein leises Lachen entfleuchte ihrem hübschen Hals, den eine exquisite neue Perlenkette schmückte... Teresas Familie kommt gleich geschlossen auf dem Feste an. Die junge Phelippa wird Schwung in das Fest bringen. Auf ihren Bruder Dartan freute Savinya sich schon. Man erzählt sich er wäre ein guter Degenfechter geworden... ob er wohl ein genauso guter Tänzer geworden ist?

Savinya ging die anderen Antwortschreiben durch...


  • Haus Urbet-Marvinko

"... und so ist es uns eine Freude, einen Vertreter unseres Hauses als Gast eurer Festivität zu wissen. Erwartet darum Corvino von Urbet-Marvinko, Comto zu Sibur."

Corvino von Urbet-Marvinko? Noch nie hatte sie von ihm gehört. Nun er würde mit ziemlicher Sicherheit eine erfreulichere Gesellschaft sein als Auricanius, seines Zeichens Inquisitor. Obwohl? Auch Inquisitoren sollten sich ab und an vergnügen dürfen. Nur leider sahen die meisten Praioten dies aus einem anderen Blickwinkel. Wie man freiwillig auf ein Fest verzichten kann, dass war Savinya ein Rätsel.

  • Haus Torrem

"Domina Selinde Torrem honorabilissimae et potentissimae Dominae Saviniae salutem dicimus. [Der überaus ehrbaren und höchstmächtigen Dame Savinia entbieten wir, die Dame Selinde Torrem, den Gruß.] Es gereicht Uns zur Freude, werte Schwester in Praio, eine Einladung von Euch empfangen zu haben. Wir werden auf Eurem rahjengefälligen Maskenball höchstselbst zu erscheinen wissen.Unterfertigend S. Torrem."

Selinde Torrem ihre entfernte Base würde selbst zum Fest erscheinen. Der Base sollte Savinya im Gegenzug eine Einladung aussprechen nicht im Hotel zu logieren, sondern im Gästehaus Einzug zu halten. Die Torrems waren eine bedeutende Familie in Methumis, mit der Savinya sich gut stellen wollte.

  • Haus Veliris

Nun der Gonfaloniere selbst würde nicht kommen, dafür schickt er seine Schwester.

  • Haus di Matienna

Benedict di Matienna...

  • Haus della Pena

"Hochverehrte Domna Savinya, seiet bedankt für Eure herzliche Einladung. Gerne wollen Wir auf dem von Euch veranstalteten Ball erscheinen, so es Unsere Geschäfte zur Befreiung des Yaquirbruchs erlauben. Die unteilbaren Zwölfe mit Euch, Horasio della Pena, Graf von Bomed

post scriptum: Wir erlauben Uns Euch eine Perlenkette zu senden, derer Wir in den Schatzkammern des Barons von Inostal habhaft werden konnten. Dem Baron wird eine tiefe Liebe zu der Baronin von Pildek nachgesagt. Wir aber meinen, dass allein Euer schöner Hals es verdient dieses Kleinod zu tragen."

In Gedanken versunken strich Savinya über die Kette an ihrem Hals. Sie hatte nicht widerstehen können, und sie direkt angelegt. Ein wunderschönes Stück hatte Horasio ihr geschickt. Graf von Bomed? Graf Horasio? Horasio hatte Savinya unversehens sehr tief in seine Belange verstrickt. Nicht nur war ihre Tochter mit seinem Sohn verlobt. Nein, auch besetzt er die Signorie Mantrash, wo ihre Cousine Nandaia dem Hause Berisâc schon seit Jahren als Cancellaria dient. Und residiert im früheren Schloss von Vascal ya Berisâc. Sie seufzte. Ärger würde es geben. Egal was passiert, aber ärgerlich würde es werden. Savinya bezweifelte, dass Horasio seine Grafenwürde behalten würde. Schließlich gab es einen Erbgrafen. Aber was wenn es ihm gelänge? Einen Grafen in der Familie zu haben, noch dazu einen derart Willensstarken konnte auch einen Aufstieg bedeuten. Aber vielleicht konnte man auch anderweitig einen Grafen an sich binden. Vielleicht sollte sie Graf Rimon unterstützen?... Schwierige Zeiten würden das werden.

  • Familie Changbari

Gaetano Changbari, er soll ein Charmeur sein....


Savinya schob die Papiere unschlüssig hin und her bevor sie sie ordentlich verstaute. Ein paarmal lief sie im Raum auf und ab, sah aus dem Fenster hinaus auf den mittlerweile fertiggestellten Brunnen im Innenhof.

"Savinya, vielleicht wird es doch wieder Zeit politisch zu werden." flüsterte sie vor sich hin. Ihre Lieblingskatze schnurrte kurz, reckte sich und strich ihr danach um die Knöchel. "Ich habe mich sowieso schon viel zu lange gedrückt..."

Die Tür schwang auf und herein schlenderte lässig eine junge Frau. Sie trug das gleiche feuerrote Haar wie Savinya. "Gerade wollte ich Dich rufen lassen" begrüßte Savinya ihre Cousine Nandaia. "Ich bin gerade die bis jetzt eingetroffenen Antwortschreiben durchgegangen. Der Brief Horasios will mir freundlich mitteilen, dass er wahrscheinlich nicht kommen wird. Nun nach den Beuteleien in der letzten Zeit will ich dem Fuchs seine Ruhe gönnen."

"Fuchs..." schnaubte Nandaia und nahm in einem zierlichen Sesselchen Platz, "Du weißt genau was ich von dem Schlitzohr halte!".

"Schlitzohr?! Nandaia, Wie sprichst Du vom guten Horasio!" Savinya lächelte verschmitzt, "Eine andere Frage beschäftigt mich: Nun da die Familie meines verstorbenen Mannes nicht mehr existiert, möchte ich im Namen von Oropheia Anspruch auf die Signorie Nupercanti erheben. Derzeit haben die di Piastinzas sie sich einverleibt. Doch der Erbe Tiros ist verstorben und Lamea gehört schon seit ihrer Heirat nicht mehr zum Haus Nupercanti, sondern ist de facto eine di Piastinza. Ich möchte Dich bitten als meine Justiziarin meinen legitimen Anspruch zu vertreten."

Nandaia zog skeptisch eine Augenbraue hoch. "Du willst wirklich eine Einlegung bei der herzöglichen Gerichtskammer einlegen?". Auf das Nicken Savinyas hin, stand Nandaia auf und wanderte nun ihrerseits durch den Salon. "Du könntest sogar Erfolg mit dieser Unternehmung haben. Doch seit dir bewusst, dass das Oberhaupt der di Piastinzas der Justiziar von Sewamund ist. Er versteht das Handwerk der Juristerei ebenso gut wie ich."

"Liebe Cousine, ich vertraue auf dein Können. Komm, wir gehen nochmals die Bestellungen für das Fest durch. Ich will sicher gehen, dass ich nichts und niemand vergessen habe. Und danach werden wir beim Schneidermeister die Kostüme abholen. Ich brauche frische Luft."