Schlacht von Sewamund

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Schlacht von Sewamund
Stadt Sewamund
Horasreich
Ort der Schlacht im Horasreich

Datum: 12. Rondra 1028 BF
Ort: Sewamund in der Septimana
Ausgang: Sieg der Roten Liga
Konfliktparteien
Blaue Liga Rote Liga
Befehlshaber
Tiro Tristano von Nupercanti Irion von Streitebeck,
Amaldo di Piastinza,
Reon Torrem

Die vorliegende Beschreibung der Schlacht von Sewamund vom 12. Rondra 1028 BF miniaturisiert ein wichtiges Ereignis im Rahmen der Befreiung von Sewamund von der Herrschaft des Tiro Tristano von Nupercanti. Eine kürzere Fassung - die im Gesamtzusammenhang ins Bosparanische Blatt Nr. 27 einging - findet sich im Artikel "Sewamund zwiefach befreit".

Die Schlacht

Beschreibung der Schlacht auf dem Sewamunder Feld, solchermaßen sie geliefert wurde den 12. Rondra im 1028ten Götterlaufe post Bosparaniam destructam


Aufmarsch zur Schlacht

Der Signor Tiro Tristano von Nupercanti, Anführer der ‚Blauen Liga’ im Kampf um Sewamund, entschied sich am Vorabend des 12. Rondras im 1029 Götterlauf, der ‚Roten Liga’ die Schlacht zu liefern. Irion von Streitebeck, einer seiner Widersacher, war mit der Vorhut des feindlichen Kriegshaufens übergelaufen, so dass sich aufgrund einer numerischen Überlegenheit die Gelegenheit zu einer dezisiven, offenen Feldschlacht bot. Endlich hatte sich der Signor von Nupercanti auch deshalb zur Schlacht entschieden, weil ein Geweihter behauptet hatte, Boron blicke wohlgefälligen Auges auf solches Tun. Dies wurde als Prophezeiung eines kommenden Sieges gedeutet.
Das Überlaufen des Streitebeckers hatte jedoch aus der Sicht der ‚Roten Liga’ lediglich die Bewandtnis, den ‚Blauen’ in der Feldaufstellung eine entscheidende Falle zu stellen und jene auf grüner Heide ganz und gar vernichtend zu schlagen. So gelobte der Streitebecker gegenüber seinen beiden Verbündeten, Signor Amaldo di Piastinza von Fostanova und Signor Reon Phalaxan Torrem von Toricum, er wolle vor Beginn der Schlacht kühn abmarschieren und somit durch ein Öffnen der Flanke der feindlichen Schlachtordnung die Gelegenheit zu einem Todesstoß bieten.
Entsprechend dem Plan, so wankend seine Ausführbarkeit auch erscheinen musste, besetzte der Herr Irion von Streitebeck den rechten Flügel der ‚Blauen Liga’ (Ab) und flankierte somit deren Gros, einen Gewalthaufen nebst einem größeren Reiterschwarm unter dem Signor von Nupercanti (Aa). – Korrespondierend zu dieser Aufstellung, die am Morgen des 12. Rondra etwa eine Meile vor Sewamund vorgenommen wurde, ging die ‚Rote Liga’ aus dem Marsch heraus in Schlachtordnung über. Die Reiterei unter dem Signor von Toricum, welche in die entscheidende Schwäche der gegnerischen Flanke einfallen sollte, nahm planvoll auf dem linken Flügel Aufstellung (Bb). Die Masse der Kriegsknechte der ‚Roten Liga’ jedoch stand unter der Führung des Signor von Fostanova und formierte gleichfalls einen gestaffelten Gewalthaufen (Ba).
Mit Blick auf die Zusammensetzung war signifikant, dass die ‚Blaue Liga’ sich aus einem großen Zustrom von einheimischen Bauern speisen konnte. Die Plünderungen der ‚Roten Liga’, die von dem Signor von Toricum systematisch behufs der Kriegsfinanzierung gewährt worden waren, hatten das Landvolk ergrimmen und unter die Waffen der ‚Blauen Liga’ eilen lassen. Hierüber, weil sie leider dumme Bauern waren, geriet zweifelsohne in Vergessenheit, dass es der Nupercanti gewesen war, der die blutige Fehde am Sewak provoziert hatte.


(1) Signor von Fostanova: Ansprache vor den Kriegsknechten

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Inmitten jener Schar von Helmen, Hauben und Kappen, einem miefenden und kotigen Gedränge von Kriegsknechten, da mochte dort ein Veteran mit erprobtem, seelenlosem Augenaufschlag und gehärteten Wangen der kommenden Blutstürzung harren. Dort mochte eine Söldnerin ihren Blick in eine spottende Aggressivität hüllen, dort endlich mochte ein Halbwüchsiger sein unbärtiges Gesicht in einem angstvollen Lächeln erstarren lassen, die Augen zusammenkneifend. Immer wieder, während der frische Morgen einen milden Windzug über die schweißigen Leiber fahren ließ, wurden die Herzen kalt überfröstelt und zusammengekrampft, musterten sich einander die Blicke von Nebenmann zu Nebenmann. So herrschte eine gesellige Einsamkeit der Söldnerseelen.
Der Signor von Fostanova gab seinem Ross die Sporen und galoppierte, indem sein geschwärztes Plattenzeug metallen das Schweigen durchbrach, mit einigem Stolz vor die Front. – „Brüder, die wir sind, o ein braver Bund von Brüdern!“ Er pausierte, kaum dass er sich des Gehörs versichert hatte. Sodann, laut und kühn: „Der soll mein Bruder sein, der heut’ mit mir sein Blut vergießt! Und sei er auch gering, der heut’ge Tag soll adeln seinen Stand! Und Edelleut’ im ganzen Land, die jetzt zu Bette, werden verfluchen einst, dass sie nicht hier gewesen!“ Der Signor ließ sein Ross etwas tänzeln und brachte es in größte Nähe vor die erste Schlachtreihe: „Der Stolzeste der Stolzen, der soll kleinlaut sein, so nur ein einz’ger spricht, der mit uns focht am zwölften Tag der Rondra! Halt’ euch brav, der Leuin zu huldigen mit kühner Stirn und wüt’gem Feldgeschrei, heut’ im Kampf die wilde Gunst zu kosten! Auf diesem Felde wollen mit Rondra wir buhlen wie einst der große Raidri!“ Diese Parole zog. Der Signor, die aufbrandenden Zurufe auf sich ziehend, machte zu Ross einige majestätische Sätze an der Front der Fußknechte entlang, zog den Pallasch vom Leder, reckte den Schwertarm empor und rief es abermals aus: „Auf diesem Felde der Göttin wollen wir buhlen wie einst der große Raidri! Unser Schlachtruf denn, er soll lauten ‚Raidri, brav! Raidri, brav!’“ So vergewisserte er sich noch der Blicke, bevor er zu einer Gruppe von Hauptleuten und Leutenants zurücktrabte. In seinem Rücken, als wollten sein Helmgefieder und der Takt des Hufschlages Bestätigung suchen, gaben die Mannen die Parole mit lauten Rufen zurück.
Die Szenerie fand ihren Abschluß darin, dass die Korporale an ihre zitterigen und doch gleichwohl opferfrohen Lämmer je einen Becher von Branntwein ausschenkten. So nämlich pflegte sich ein bitterer Schluck in jene süße Leichtigkeit zu verwandeln, welche auch im schweren Anprall von Waffen, Blut und Wehgeschrei das geprüfte Herz nicht verzagen lassen würde. Indessen sah man auf dem linken Flügel, wo die Reiterei Aufstellung genommen hatte, den Signor Reon Phalaxan Torrem von Toricum gemeinsam mit einem Standartenträger auf das Feld abtraben, um die Schlacht anzunehmen.


(2) Signor von Nupercanti: Ansprache vor den Kriegsknechten

Die Bauernscharen, welche unter die Standarten der ‚Blauen Liga’ geeilt waren, präsentierten sich als eine große Herde von geöffneten Mündern, arglos glotzenden Augen und richtungslosen Stimmen. Seit der salzige Geruch von Rauch die Luft am Sewak zu schwängern pflegte, seit die Soldateska der ‚Roten Liga’ plündernd durch das Land zog und Gehöfte wie Weiler in stille Rauchsäulen am Horizont verwandelte, hatten sich die Scharen des Signore von Nupercanti mehr und mehr um ergrimmte Landleute ergänzt, hatten dem gemeinen Soldknecht den gemeinen Bauern zum Nebenmann erkoren. Die ‚Blaue Liga’ hatte sich unter dem Eindruck der Ereignisse mehr und mehr zum Sammelpunkt einer Volksempörung entwickelt, sich von innen zur Hoffnungsträgerin der geschundenen Bauernschaft durchformt. Vor diese kampfbereiten Scharen, solche sich in einem stacheligen Gewalthaufen drängten, verfügte sich denn der Signor von Nupercanti zu Ross, ein strahlender Kriegsherr.
„Denket an die geschändeten Weiber, solche der rahjafrevlen Notzucht Opfer wurden! Denket an die Säuglinge, solche hilflos an die Brüste ihrer ermordeten Mütter sich klammerten! Denket an Traviens gekränkten Blick, solcher der wütenden Soldateska Unbilden an Hof, Heim und Herd zu dulden kaum vermochte!“ Der Nupercanti übertrieb gar sehr, doch zeitigte seine Stimme eine dürstende Urgewalt der Herzen, rumorte es doch alsbald in der bewehrten Schar. So gingen empörte Zurufe von Kämpfer zu Kämpfer, legte sich finsterer und noch finsterer Grimm auf die Mienen der arglosen Landleute. Sittenrein nämlich war der Bauer in den Gefilden am Sewak. Und wer endlich konnte um alle Vorfälle wissen, die Worte prüfen? - „Wenn wir hier und heute, o Rondra, o Travia, o Praios, dem Feinde mit dem nackten Arsch ins Gesicht springen, so walten göttergefällige Tugend, gerechter Zorn und süße Rache!“ Das Ross tänzelte und schnaubte unter dem festen Griff des Zügels, wand erschrocken den Hals und weitete die Augen. Der Edelmann jedoch, gesammelt, nahm im Sattel eine wilde Majestät an: „Wenn wir hier und heute dem Feinde mit dem nackten Arsch ins Gesichts springen, so durchglüht gerechterer Zorn uns noch als je Heilig Thammel verspürt, als die Gottlosen verheeren wollten die Gefilde unserer Ahnen! Kämpft, wie noch je gekämpft wurde! Werft sie hinaus aus unserem Lande, die Mordbrenner, jene Wüteriche! – Rondra mit uns!“ Nachdem er dies gesprochen, ritt der Nupercanti mit glühender Miene an den bewehrten Scharen entlang und fügte machtvoll zu Ross einen heldischen Kampfeswillen hinzu, der weit exklamativer wirken mochte als jedes gesprochene Wort. Endlich jedoch rief er: „Unser Feldgeschrei, es sei: ‚Rache, Blut!’“ Daraufhin ritt er ebenso in Begleitung eines Standartenträgers gegen den Feind ab, eine Unterredung zu halten. Während die Soldknechte mit gewohnter Gleichmut der Ansprache gelauscht haben mochten, schien in den Landleuten eine Wut aufzuschäumen, emporzusteigen, welche den angestachelten Grimm bald einem angeleinten Hund gleichen ließ. Die Angst vor der Blutstürzung, sie sollte einer empörend rondragefälligen Kampfessittlichkeit der gemeinen Bauernschaft gewichen sein, sollte sich in ein Beispiel entladen haben, das kein orkischer Kriegshund hätte geben können. Die Korporale hatten denn einige Mühe, die bewehrte Schar zur Geduld zu gemahnen und die zornesglühenden Augen zu beschwichtigen. Die Bauernschaft am Sewak nämlich, sie war sittenrein.


(3) Annahme der Schlacht

In Begleitung eines einfachen Standartenträgers galoppierten die Kriegsherren auf das freie Feld zwischen den Schlachtordnungen, allwo noch die zarten Halme und Blütenköpfe unschuldig und ungebrochen gegen den frischen Rondrenmorgen sich reckten. Kaum dass sie ihre Rösser zum Stehen gebracht hatten, wechselten die Edelleute, im Sattel eine Verbeugung andeutend, mit aristokratischer Gemessenheit ihre Blicke von Helm zu Helm. Hier der Signor von Nupercanti, dort der Signor von Toricum. – „Rondra zum Gruße!“ ließ sich ersterer mit einiger Strenge an. „So sind wir von der Hoffnung erfüllt, die Herrschaften fänden bereit sich, hier und heute der Leuin den Tempel zu öffnen. Wir müssen euch antragen, die Battalia anzunehmen, dass dieses Feld in einen fürtrefflichen campus Rondricus verwandelt werde.“ – „Wir sind überaus erfreut,“ gab der Signor von Toricum zurück, „gar sehr konveniert es uns, den heutigen Tag mit euch zubringen zu dürfen.“ Auf die Worte folgte beiderseits ein überaus konventionalisiert wirkendes Nicken, beim Nupercanti ergänzt von einem leichten Schneuzeln, beim Toricumer hingegen von einem sichtbaren Zusammenpressen der Zähne, von einer Verhärtung der Kiefermuskeln. Er ließ, theaterreif, einen Zug von unterdrücktem Zorn über sein Gesicht wandern, indem er auf die Truppen des Streitebeckers blickte, und huldigte so – o heuchlerische Larve! – verstellter Miene dem ersten Akt des Schauspiels, des nahenden Verrats. Und also darauf der Nupercanti, gelassen und nichtsahnend, spannte sich ein überlegenes Lächeln auf den Mund, antwortete mit einer wegwerfenden, ungeduldigen Kopfbewegung und wendete stumm sein schnaubendes Pferd. Endlich galoppierte er ohne Worte gegen die eigene Schlachtordnung ab, gefolgt von seinem Standartenträger. - „Nun, sei’s drum,“ sprach der Toricumer noch vor sich selbst, denn er war ein Horasier. Lang hatte man nicht parliert.


(4) Streitebeck: Verrat an der ‚Blauen Liga’

Die unerwartete Wendung, die numerische Überlegenheit der ‚Blauen Liga’ aufzulösen, floß aus der Kühnheit und dem verräterischen Sinn des Irion von Streitebeck. Stand er mit der Masse der Pikeniere auf dem rechten Flügel, so entsagte er sich der Schirm des zentralen Gewalthaufens und sann sich zu erkühnen, frech und rondrafrevelnd vor der kommenden Blutstürzung abzumarschieren. Das endlich war sein Einsatz vor Sewamund, Verrat mit Verrat zu gatten! - So ritt der Streitebecker, gewöhnlich kein Mann der Rondra, sehr wohl jedoch ein Jünger des Phex, mit einiger Gemach an der Front seiner Pikeniere entlang und schien wohlwollend den Kriegshaufen zu mustern. Der Signore von Nupercanti, kaum hatte er den Willen zum Überlaufen vernommen, hatte jene Formation mit eigenen Soldknechten auffüllen lassen, ihren Willen und ihre Anhänglichkeit in der Schlacht zu stärken. Doch es sollte sich, ach, zeigen, dass rondrianischer Sinn sich vor Phex entblöden würde, dass die kluge Dreistigkeit des Streitebeckers nicht zu brechen war. „Don Bardovino,“ rief der Streitebecker mit flacher Stimme zu einem Söldnerführer des Nupercanti herüber, „Don Bardovino, so leiht mir doch euer Ohr, die Lage zu bereden, wie sie vor uns liegt.“ Der Söldnerführer, wohl am besten als Stellvertreter des Nupercanti zu bezeichnen, brachte sein Pferd in Trab und verfügte sich ungerührter Miene zu seinem neuen Verbündeten. Man hatte sich, als Irion von Streitebeck noch auf der Seite der ‚Roten Liga’ focht, in der zweiten Schlacht von „Kors Garten“ (30. Rahja 1027 BF) bereits mit der Waffe in Faust gegenübergestanden. So wollte immer ein gewisser Essiggeruch durch den Geist fahren, sobald man einander sprach, wollte eine stille Abneigung hinter der Formgebundenheit unter Vornehmen aufleuchten. – „Ob ihr, mein hehrer Kampfgefährte, vielleicht jenen Reiterschwarm dort wahrnehmen wollt, solcher sich in Opposition zu uns formiert hat.“ Der Streitebecker sprach mit einer glatten Rauheit, die schon suspekt hätte wirken dürfen. Daß er sie endlich mit einem sonderbaren Emporschnellen der Arme verband, das hinwieder war mehr als ein deutliches Zeichen: Zwei Korporale, sie stürmten mit einer Saufeder auf das Ross des Offiziers ein und durchrannten des Pferdes Rumpf mit dem schweren Eisenblatt! Das Ross, es konnte sich kaum noch bäumen, da es vielmehr über allen Vieren zusammenbrach und wiehernd den Hals beiseitsschleuderte. Der Offizier aber, der kaum den Ausruf „Verrat!“ über die Lippen bringen konnte, sprang alsobald von dem sterbenden Reittier auf. Ein lautes Rumoren ging durch die Reihen der Pikeniere! Der humpelnde und stolpernde Söldnerführer, er wollte sich frisch zu trefflicher Agitation schicken, doch – o gekränkte Rondra! – der kühne Streitebecker durchstach ihm mit blanker Klinge den Hals! So also sank der Gefolgsmann des Nupercanti, da die Luft sich ihm versagte, mit dem Gesichtsausdruck eines Karpfens zu Boden, und dann war er auch schon tot. Allseits kehrte betretenes, ratloses und abwartendes Schweigen ein.
„Fürders wird Rebellion nicht geduldet, kein Verrat, keine Untreue!“ Wohlresolviert trabte der Streitebecker, selbst gar der Verräter in dieser Sache, an den Pikenieren entlang. Er strahlte etwas aus, es war dies das unbestechliche Charisma der sittlichen Aufrichtigkeit. Da ritt er, der charismatische Verräterling: „Fürders wird Rebellion nicht geduldet, so dieser hier, wie er in seinem Blute liegt, meinem Befehl sich verweigern wollte.“ Endlich kamen wieder Stimmen unter den Pikenieren auf, beratschlagten sich die Korporale untereinander, den halben Blick auf den Anführer geheftet. Wie stolz und selbstsicher jener zu lügen vermochte, der Herr von Streitebeck! – „Rechtsschwenk, Marsch!“ Unter einigem Murren, doch dies endlich für einen rechtmäßigen Befehl haltend, marschierte der rechte Flügel der ‚Blauen Liga’ geradewegs ab. Und also öffnete sich die rechte Flanke der gesamten Schlachtordnung.


(5) Signor von Toricum: Flankenangriff der Reiterei

„Der Streitebecker marschiert ab,“ so sprach ein Leutenant der ‚Roten Liga’ zum Toricumer, die Stimme von trockenem Triumph gehoben. Und tatsächlich, wie beschrieben, sah man den rechten Flügel der ‚Blauen’ aufgeregt und zugleich behäbig vor der Flusslinie in einem Rechtsschwenk begriffen, also dass alsbald die Flanke der feindlichen Schlachtordnung geöffnet sein würde. Der Signore von Toricum reckte gemeinsam mit seinem Leutenant die Hälse, die Entwicklung der Szenerie abwartend. Die Pferde schnaubten und warfen die Mähnen umher. Allseits spannten sich die Gemüter an, allseits harrte die Entscheidung, überall roch es nach Pferd.
„Hie Torrem, vorwärts, zum Angriff!“ – Der Reiterschwarm setzte an mit Kriegsgeschrei, ließ aus dem Leder die Säbel fahren. Wiehernder Rosse Getrabe ging bebend über die Scholle, bald schlug über das Feld der volle Galopp. „Raidri, brav!“ Ein Sturmangriff der Reiterei – o Herrin, o Leuin, o Rondra! –, höchstes Gebet, vergleichbar nur dem stürzenden Baum, der sich schmerzend und schmerzender durch die Wipfel bricht! Vergleichbar nur dem Steinschlag, dem plötzlichen, solcher dem Wanderer das nackte Herz in den Hals lässt steigen! Vergleichbar nur der freien Stirn in blitzberauschter Nacht, allwo sich reißend der Donner durch die Lüfte walzt und trümmert! Dies Schauspiel, es musste die Göttin mit dem Verrat des Streitebeckers alsogleich versöhnen.
Der Gewalthaufen der ‚Blauen Liga’, kaum des nahenden Reiterschwarmes gewahr, wollte bald einem kochenden Gebräu gleichen, dehnte sich doch hier die Schlachtformation zu einer unförmigen Blase, ergriff endlich dort ein Häuflein Bauern frech das Hasenpanier. Ein stacheliges Allerlei von Infanteriewaffen suchte die verlorene Flanke zu ersetzen, doch wollte das Gedränge wie ein Geysir noch weit eher unruhig einige Kriegsknechte ausspeien oder aber in einem kollektiven Zurückweichen Stolpern und panisches Fluchen erwecken. Hier noch rief ein Korporal, dort schon drängte eine neue Traube von Kriegsknechten, eilends von der Fahne zu laufen, dem Felde hurtig den Rücken zu kehren. Über allem, o Pein, konnte man noch den abmarschierenden Streitebecker sehen, der so nah und zugleich unerreichbar schien wie ein aus dem Hafen auslaufendes Schiff. Und wie erst mochten die wilden Reiter des Toricumers wirken, die im schwärzenden Gegenlicht der morgendlichen Praiosscheibe wie finstere Dämonen über das Feld heranjagten?


(6) Signor von Fostanova: Angriff des Fußvolkes

Der Signor von Fostanova beobachtete mit angespannter Miene den ersten Anprall des Reiterangriffes, der auf der linken Seite der Schlachtordnung in den feindlichen Gewalthaufen einbrach. Selbst zu Ross, vermochte er gar in das Gewühl hineinzuspähen, der Waffenschall und das Wehgeschrei jedoch schollen, über die Morgenluft gemildert, gedämpft und wie entfremdet, nur halblaut über das Feld. Der Signore, spähend im Sattel aufgerichtet, sank mit seinem Rumpf und mit seinem geschlossenen Blick zurück, als wolle er den Rat seines Leutenants einholen. – „Ich proponiere also den Sturm unserer Fußknechte,“ gab jener ungefragt zurück und lenkte mit einer Kopfdrehung alsogleich den Blick des Signore auf die eigenen Schlachtreihen.
„Auf sie mit Gebrüll! Raidri, brav!“ Der Signore von Fostanova bedeutete mit einer beinahe werfenden Bewegung, welche die Säbelspitze auf den Feind ausrichtete, mit tüchtigem Waffenarm den Angriff des Fußvolkes. So setzte das Ross ruckartig einen Ansprung, kaum dass also die Front des Gewalthaufens im Sturmschritt und laut brüllend über das Feld zu prozedieren begann, der Göttin zu huldigen, zu schlagen oder erschlagen zu werden. Der Signore von Fostanova aber, ein Beispiel zu geben, ritt mit blitzender Klinge neben seinen Mannen einher. „Raidri, brav!“ So konnte man, von der festen Stimme solcher Herde getrieben, eingefasst in der Schicksalsgenossen ebenmäßig bebendes Blut und Band, frohen Mutes siegen oder sterben. So ergoss sich der Fußknechte Schar über das Feld, die Gesichter zu Fratzen verzerrt, die Waffen wie bizarre Keulen umherschwingend, eine alptraumhaft sich anherwälzende Bande von Mordbuben!
Auf der Gegenseite hatten in Erwartung der Generalattacke die Leutenants und Korporale einiges an lauten Rufen und blutdurchklirrendem Mahnen verwendet, um die vorderen Schlachtreihen an der Fahne zu halten. Wühlte die Reiterattacke des Signore von Toricum in die Flanke hinein, zog sie auch einen Teil der prima acies auf Schwert und Säbel, so sollten doch mit einiger Mühe die Knechte an den Standarten gehalten werden. Das ist ein gar sonderbares Gefühl der Gelähmtheit, wenn man davonlaufen oder doch wenigstens schlagen will! –
„Raidri, brav!“ – „Rache, Blut!“ Der erste Anprall schon holte wuchtig die ersten Streiter von den Beinen. Dieser durchrannte die Brust sich vor gesenktem Spieß, jenem wurde im Passierschlag der Kopf weggehauen. Dort, während lautstark umher der Kampf mit Stoß und Gegenstoß brüllte, strömte schweigend das stille Blut aus dem Leib, allwo ein Getroffener sich gekrümmt über den Boden schleppte. – „Raidri, brav!“ – „Rache, Blut!“ Die Bauern, nachdem der erste Schrecken überwunden, schlugen sich gut, schlugen sich besser noch, als die entsetzten Blicke der erprobten Soldknechte verrieten. Der gerechte Zorn, der ergrimmten Landleute edle Kampfessittlichkeit, warf blutige Schatten auf jene gekauften Rondrenhuren der ‚Roten Liga’, gab belehrend ein Beispiel vornehmerer Tauglichkeit vor Rondra. Pressten hier sich Beben und Kraft des gesamten Leibes in den wütenden Dreschflegel, wurde dort nur schützend der Arm erhoben, angstvoll das Auge geweitet. Der Göttin Wonnebeben durchfuhr die Luft, als dort eine Kehle durchtrennt, dass ein Soldknecht auf die Knie herniedersank wie zum Gebete!
Der Gewalthaufen der ‚Blauen Liga’, er wankte erst, als die zwiefache Berührung des Feindes spürbar die Herzen hatte klamm werden lassen, dass allseitig das feindlich Feldgeschrei durch die gelockerten Reihen sich fressen wollte. Hatten die Söldner der ‚Roten Liga’ erst die rondrische Vollkommenheit der Bauern zu spüren bekommen, da stieg ein zweiter Wille aus ihren Herzen empor, Wut und Wille nach erfolgter Erniedrigung. Hier also saß endlich die Göttin selbst zu Gerichte, als wütende Blicke sich kreuzten und zwei Gestalten aufeinander anrannten, mordlüstern hier, dort von freier Tugend beseelt. Fast schon hätte jener Söldner der ‚Roten Liga’ den Walplatz bedeckt, wäre nicht stolz zu Ross ein neuer Gott erstanden, der Signor von Fostanova: „Auf diesem Felde wollen mit Rondra wir buhlen wie einst der große Raidri!“ – Bald darauf schon musste das Zentrum der ‚Blauen Liga’ weichen, blieb hier ein Bauer gefällt, wurde dort ein Soldknecht des Signor von Nupercanti niedergestreckt, die Klinge im Gedärm, überblutet die jünglingshafte Stirn. Bald schon trampelte man nur noch auf Erschlagenen herum.


(7) Signor von Nupercanti: Entsatzangriff der Reiterei

Der Signor Tiro Tristano von Nupercanti, gewärtig der Rondrenschmach, suchte alsogleich des Streitebeckers ruchlose Verräterei durch eine flinke Reiterattacke auszugleichen. Wurde die rechte Flanke der ‚Blauen Liga’ preisgegeben, so musste vom linken Flügel der Reiterschwarm abgezogen und mit einem frisch vorgetragenen Angriff gegen den Feind geworfen werden. Der Nupercanti zögerte nicht, wollte er wenigstens, so Rondra es gewähren würde, eine sichere Retirade vorzubreiten. – „Auf die rechte Flanke, dass Rondra helfe,“ rief er mit hassdurchwirkter Stimme.
Eine große Konfusion und Angst hatte sich in der Feindberührung ausgebreitet, ausgeströmt, als der Reiterschwarm des Signore von Toricum auf die Fußknechte geschlagen war. Hier umkreisten jene angstvoll ein auskeilendes Ross, von oben fuhren die Säbelhiebe herab, dort sprang Blut aus getroffener Stirne. Wer vermochte Einhalt zu gebieten, wo sich stampfend die Streitrösser gegen die gedrängte Schar warfen? Wo die schnaubende Walze bereits im ersten Anprall die Fußknechte niedergedrückt oder zur Flucht geschickt hatte, wo noch war unter zappelnden Körpern, Armen und Beinen ein Entrinnen? So irrten die Kämpfer der ‚Blauen Liga’ vereinzelt zwischen den Reitern umher, so wurde der eine tödlich erfasst, ein anderer geriet getroffen unter die Hufe, kroch endlich todeswund umher. Stieg jedoch dort ein Roß, gingen dort die Spieße und Klingen über einen geworfenen Reiter, so ward dessen Haupt dem Gott Boron zu Füßen geworfen.
Endlich kreuzte an der Flusslinie der Reiterschwarm der ‚Blauen Liga’ einher, die Fußtruppen zu entsetzen. – „Rache, Blut!“ – „Raidri, brav!“ – Das Hufgetrappel, es wurde stärker und stärker, bebte und rührte dumpf durch den Boden. Plötzlich wuchtete der Anprall auf, es stand in frischen Flammen das Feld der Göttin: Reiterkampf! Dort sah man den Signor von Toricum, krabauzte ihm ein schwerer Hieb auf den Helm, doch wollte er, o Rondra, im Vorbeiritt seines Widersachers Waffengurt zu fassen bekommen und also jenen hinterrücks aus dem Sattel reißen. Dort hinwieder, wo zwei die Klingen kreuzten, da wurden wenige Hiebe nur abgetauscht, bis der eine getroffen vom Pferde sank, der andere mit hitzigen ügeln das schäumende Ross zwingen musste.


Ausgang der Schlacht

Der Signor von Nupercanti wusste sich endlich mit seiner Reiterei und mit einigem Fußvolk aus der Schlacht zu lösen und eine Retirade zu vollbringen. Wir wollen jedoch nicht verschweigen, dass der weitaus größte Teil seiner Truppen die Waffen streckte, erschlagen wurde oder aber auf der wilden Flucht im Sewak ertrank.
Auch hatte man das Söldnerbanner ‚Albins Spieße’, dass nach der ersten Schlacht von „Kors Garten“ zur ‚Blauen Liga’ übergegangen war, durchaus fassen und stellen können. Da man jedoch aus Rücksicht auf den Herrn Irion von Streitebeck, der sich gleichfalls der Desertion schuldig gemacht hatte, ein Todesurteil nicht befürworten wollte, ließ man Gnade walten. Normalerweise hätte man sie entlang der Meile vor Sewamund sämtlich aufgeknüpft, doch um der Gnade willen hackte man ihnen lediglich die Schwurhand ab.