Briefspiel:Königsturnier/Nach der Niederlage des Irendorers: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 5. August 2023, 17:29 Uhr

Auge-grau.png

Horasturnier.png Geschichten am Rande des Königsturniers Horasturnier.png
Datiert auf: 23. Rahja 1038 BF Schauplatz: Am Rande des Schwerterfeldes zu Arivor Entstehungszeitraum: Juli 2015
Protagonisten: Erlan Sirensteen, Shahane Sforigan y Scheffelstein, Bellatrix Sirensteen und weitere. Autoren/Beteiligte: Haus Sirensteen.png Erlan und weitere.


Nach der Niederlage gegen Mondino von Calven: Im Zelt

Ein Medicus examiniert Erlan Sirensteen nach dem Kampf

Erlan lag, nur mit einem Tuch in der Lendengegend bedeckt, auf seinem Lager. Ein Medicus examinierte aufmerksam den Körper auf Verletzungen und Blessuren, doch fand nichts ernstes außer ein paar blauen Flecken: "Peraine sei Dank, Euch fehlt nichts! Wenn ich da an Euren Widersacher denke..." Der Yaquirbrucher schaute etwas unwirsch auf und entgegnete in leicht erregtem Ton: "Der Schwarze Calven hat den Sieg davon getragen! Ich würde gerne die eine oder andere Blessur, die ich nicht erlitten habe, dagegen tauschen..."

Dem Medicus war die Aussage nur so heraus gerutscht und eigentlich war ihm schon in dem Moment, wo sie seine Lippen verließ klar, dass das jetzt nicht das war, was der Turnierstreiter vor ihm hören wollte. Angesichts des Todes der Oljana von Tomreth war ihm dies aber wichtig, doch bevor er noch ein Wort sagen konnte, winkte der Adlige ab und entschärfte die Situation: "Ach lasst gut sein, im Grunde genommen habt ihr ja recht. Nun, wenn es mir so gut geht, wie ihr sagt - auch wenn ich mich nicht so gut fühle - dann brauche ich ja Eure Hilfe nicht unbedingt. Schickt mir meinen Pagen rein, denn auch wenn das Tuch angenehmer zu tragen ist als die Plattenrüstung - angemessen ist es ja nicht wirklich." Wenige Augenblicke später kam Erlans Page, der junge di Onerdi, und legte seinem Herrn frische Gewänder hin, die dieser anzog, während der Page schon wieder im Auftrag seines Herrn unterwegs war.

Erlan schnappte sich einen Kelch von dem lieblichen Wein aus der Heimat, trank einen Schluck und sinnierte ein wenig über den Verlauf des Turniers. Er war definitiv weiter gekommen als er selbst gedacht hätte. Doch war sein Ehrgeiz geweckt und so bedauerte er sein Ausscheiden sehr. Ausgerechnet gegen den Schwarzfisch! Aber es hätte ja schlimmer kommen können. Eigentlich nicht viel, überlegte er sich, da würde ihm spontan nur Tarquinio della Pena einfallen, aber den entscheidenden Kampf hatte er ja für sich entschieden.

In der Ecke des Zeltes sah er die Turnierlanze. Die, mit der er gekämpft hatte. Für einen kurzen Augenblick überlegte er sich "Was wäre wenn...?", doch direkt danach scholt er sich selbst für den Gedanken und rezitierte im Geiste, was er erst wenige Stunden zuvor seinem jungen Pagen dahingehend formuliert hatte.

Jetzt wo der kämpferische Aspekt des Turniers vorbei war, konnte er sich wieder auf andere Dinge konzentrieren. Er hatte noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Er war dem Horas hier so nah, wie seit langem nicht - aber doch so fern. Wenn nur das Protokoll nicht wäre... aber würde er wirklich mit seinen getreuen Gefährten einfach so den Horas aufsuchen und ihm vom eigenen Plan abraten? Dem eigenen Horas zu widersprechen? Erlan schluckte bei diesem Gedanken, den er in dieser Klarheit so bisher nie gefasst hatte.

Außerdem gab es ja noch diese Angelegenheit im Yaquirbruch. Es dauerte ihn, dass er nicht vor Ort sein konnte, aber die Pflicht rief ihn ja zuletzt nach Angbar, Kuslik und jetzt nach Arivor. Aber er war sich sicher, dass seinem Auftrag gut entsprochen werden würde, schließlich konnte er sich auf diese Questadores verlassen.

In dem Moment rannte plötzlich sein Page Nicolo ins Zelt hinein und schien außer sich vor Aufregung zu sein. Noch während dieser den Bericht erstattete, rief Erlan nach draußen nach seinem Schreiber, da er die Aufgabe einer sehr eiligen Depesche planen würde.

In der Suite Yaquirofest im Hotel Siebenstreich

Während Shahane sich in ihrem neuen roten Kleid begutachtete, welches sie für den geplanten Empfang am morgigen Abend extra aus Kuslik hatte bringen lassen, wurde klopfend um Einlass gebeten. Nach einem klaren "Herein!" kam Bellatrix Sirensteen herein und begrüßte ihre Verwandte sehr herzlich. Shahane fiel direkt auf, dass Bellatrix aufgeregt erschien und noch bevor sie fragen konnte, sprudelte es aus ihr heraus. Doch es ging nicht um das Turnier an sich, das unglückliche Ausscheiden Erlans, sondern um den einen oder anderen merkwürdigen Vorfall um das Turnier: [...]

"Konntest Du denn schon mit Erlan nach seiner Niederlage sprechen?"

"Du meinst nach dem unglücklichen Ausscheiden gegen diesen Schwarzfisch?", insistierte Shahane und fuhr fort: "Nein, leider nicht. Eigentlich wollte ich gleich los zum Schwerterfeld, aber ..."

Bellatrix unterbrach sie und sagte "... aber vielleicht ist es besser, wenn Du hier auf ihn wartest. Ich muss sowieso dorthin zurück und werde es ihm ausrichten!"

Und so verließ Bellatrix das Hotel und machte sich auf den Weg zum Schwerterfeld.

Der Überfall

Bellatrix verließ das Hotel und war nervös. Irgendwas stimmte hier zu Arivor nicht, das lag sprichwörtlich in der Arivorer Luft. Sie nahm eine Abkürzung in Richtung Schwerterfeld, die sie noch aus ihren jungen Jahren hier kannte. Doch dabei bemerkte sie nicht, dass ihr in gehörigem Abstand zwei Personen folgten, die sich größte Mühe - und das erfolgreich! - gaben nicht als Verfolger erkannt zu werden. Als Bellatrix in einer engen Gasse um die Ecke ging sah sie plötzlich nichts mehr - denn mit einem Mal näherten sich zwei Personen von hinten und stülpten ihr etwas über den Kopf, so dass sie nichts mehr sah. Obwohl sie versuchte sich zu befreien und dabei Arme und Beine wie wild einsetzte, blieb sie erfolglos, als mit einem Mal eine dunkle Stimme ertönte "Igelin, ihr könnt soviel treten und schlagen wie ihr wollt, das hilft Euch nichts. Und macht mich, macht uns, nur wütender. Und bevor wir gezwungen werden andere Mittel zu ergreifen, solltet Ihr lieber ruhig bleiben. Euch geschieht nichts. Erstmal. Wenn wir Euch hätten töten wollen, dann würdet Ihr nicht mehr unter uns weilen!"

Bellatrix bekam nicht viel mit, ihre Hände waren inzwischen gefesselt und mindestens zwei Personen, wenn nicht sogar drei schubsten sie grob herum und leiteten sie so weiter. Wenigstens war einer so nett sie vor Hindernissen zu warnen, bis plötzlich laut "Halt!" gerufen wurde. Sie hörte Holzknirschen und mit einem Mal beförderten ihre Begleiter sie auf ... auf was eigentlich? Es musste eine Art Holzkarren oder ähnliches sein. Jetzt hörte sie das Schnauben von Pferden und war sich sicher, dass man sie auf ein Fuhrwerk geladen hatte - und jetzt auch noch irgendwelche Decken über sie stapelte. "Du bleibst schön ruhig liegen, sonst könnte es sein, dass wir den Auftrag Euch unbeschadet zu schnappen, nicht ganz erfüllen können." flüsterte die dunkle Stimme in das linke Ohr der Gefangenen.

Entführt!

[...]

Nach einer kurzen Fahrt stoppte der Wagen und auf fast schon galante Art und Weise half man ihr von dem Fuhrwerk herunter und führte sie vorsichtig weiter.

Das es jetzt in ein gemauertes Gebäude ging bemerkte Bellatrix an den Temperaturunterschieden: Gerade noch umschmeichelten die warmen Sonnenstrahlen sie und mit einem Mal wurde es deutlich kühler. Als sie nach einigen Kurven, die sie zurückgelegt hatten, an eine Treppe kamen, halfen ihr die zwei Begleiter vorsichtig herunter. Insgesamt wurde sie aber von mindestens drei oder gar vier Personen begleitet, wie sie aufgrund der Geräuschentwicklung schätzte. Vermutlich weitere Wachen dachte sie sich und damit erübrigte sich auch der Gedanke gerade die beiden zu überrumpeln, die sich fast schon fürsorglich um sie kümmerten, damit sie auf keinen Fall stürzte oder irgendwo anstieß.

Sie blieben stehen, als - so klang es jedenfalls für Bellatrix - ein schweres Tor mit einem Schlüssel aufgeschlossen wurde. Doch plötzlich spürte sie etwas an ihrem Bein. Es fühlte sich leicht pelzig an, was ihren Unterschenkel berührte und sie zog instinktiv das Bein zurück. Einer ihrer "Begleiter" rief "eine Ratte" und Bellatrix schrie kurz auf. Ein anderer jauchzte vergnügt: "Wenn Gianbaldo das gehört hätte, wie sie wie eine Sau quiekt..." Bellatrix klammerte sich instinktiv an einem der Entführer fest - denn wenn es etwas gab, wovor sie Angst hatten waren es Ratten! Sie hörte jedoch wie eine Waffe gezogen wurde, ein Streich und danach waren keine tippelnden Schritte mehr auf dem Boden zu hören: "Die Ratte ist erledigt", rief einer der Männer zufrieden und sagte Bellatrix, dass sie jetzt nichts mehr zu befürchten habe.

Einige dutzend Schritte sowie diverse Kurven weiter - Bellatrix hatte schon lange aufgegeben sich den Weg zu merken - hörte sie, wie sich schweres Eisen bewegte - sie waren vermutlich in einem Verlies. Sie meinte gerade noch zu hören, wie sich Schritte entfernten, da wurde sie mit einem "Wir sind da!" angesprochen und einer ihrer Begleiter zog ihr den Stoffsack vom Kopf. Sie musste sich erst an das schummrige Licht gewöhnen, denn sie war eindeutig in einem Verlies. Vor ihr standen zwei maskierte Männer mit jetzt gezogenen Waffen, die von ihr angeblafft wurden: "Was wollt Ihr von mir?" Die Antwort kam wie aus der Arbalette geschossen: "Erst einmal, dass Du ruhig bleibst und nicht versuchst zu fliehen. Das wäre eh zwecklos. Und wenn Du laut um Hilfe schreien willst, mach es ruhig, das hilft Dir auch nicht weiter. Ruh Dich aus, nachher reichen wir auch eine Kleinigkeit zu essen. Wenn es andere Bedürfnisse gibt, mach Dich am besten mit dieser Glocke bemerkbar." Dabei zeigte der maskierte Mann auf eine Glocke außerhalb des Verlieses, an deren Klöppel jedoch eine Schnur befestigt war, die sie aus der Zelle erreichen konnte.

Bellatrix fügte sich in ihr Schicksal und nachdem die beiden Maskierten verschwanden, durchsuchte sie die ganze Zelle. Doch ihre Befürchtung, dass sie nichts fand, was ihr weiter helfen würde, bestätigte sich leider. Nicht mal an die Glocke selbst kam sie heran, nur an die Schnur zum Klöppel.

Gianbaldo ?!

Bellatrix fing schon an die Ziegelsteine in der Mauer zu zählen, als sich außerhalb ihrer Zelle etwas tat. Zwei Personen kamen rein und beide trugen Masken, die ihre Gesichter verbargen. Bellatrix hatte den Eindruck, dass die etwas schlankere Person von ihrem Gang her eine Frau war und als diese dann das Wort an Bellatrix richtete, hörte sie das auch an ihrer Stimme:

"So, Sirensteen. Du fragst Dich vermutlich, warum Du hier bist, oder?"

Eine Frage, die sie nur bejahen konnte, was sie mit einem Kopfnicken auch tat. Fast schon theatralisch begann die Frau unter ihrer Maske zu lachen, bevor sie sich wieder eingefangen hatte und mit dem Zeigefinger auf die Brust der anderen Person zeigte: "Ich habe es Gianbaldo gesagt, ich habe es Dir gesagt! Sie weiß es nicht einmal!"

Wäre die Situation nicht eine derart unangenehme, wäre ihre Position etwas sicherer, dann wäre es die Art von Bellatrix gewesen, jetzt laut los zu lachen. Aber sie hatte es entweder mit irgendwelchen Verrückten oder mit ganz gefährlichen Personen zu tun. Oder aber mit einer Kombination aus beidem, was das ganze nicht wirklich besser machte. Und wer ist eigentlich Gianbaldo? Den Namen kannte sie doch von irgendwoher...

Die Frau hatte sich jetzt wieder Bellatrix in ihrer Zelle zugewandt und schien durch ihre Stimme sogar jetzt recht zornig: "Das sieht Dir ähnlich, Sirensteen! Aber das ist ja auch nichts neues. Euch fehlt nicht nur die Demut vor Rondra sondern auch vor Hesinde! Wenn man bedenkt, was ihr ihm damals angetan habt, dann ist Euer Verhalten ein Possenspiel. Aber ihr werdet dafür Buße tun. Und schon recht bald, dann wenn Ihr Euch bei Gianbaldo Carson zu entschuldigen habt."

Hätte Bellatrix ihr eigenes Gesicht in diesem Moment gesehen, dann hätte sie die pure Personifizierung einer Frage gesehen. Was hatte denn dieser Turnierstreiter mit ihr, was hatte er mit dieser Entführung zu tun. Doch während sie noch darüber nachdachte, dämmerte es plötzlich in ihr... da war doch diese Geschichte, die jetzt gut zehn Jahre her war...

Ausgeschieden ... und so knapp!

"Rondra hatte gesprochen, das wohl, aber was wollte sie ihm sagen? Hatte er nicht den Verrat an Rondras Idealen, als man ihm eine manipulierte Lanze unterschob, von Vornherein keine Chance gegeben? Hatte er nicht wie ein guter Arivorer gegen die Almadanerin gekämpft?"

Der ausgeschiedene Gianbaldo Carson haderte immer noch mit dem Ausscheiden beim Königsturnier: "Ausgerechnet gegen die Gräfin aus Almada" kam es leicht knurrend aus ihm heraus und er begann sich schon wieder aufzuregen. Doch gelang es ihm seinen Zorn im Zaun zu halten und wenn er es rational betrachtete, musste er feststellen, dass ihm Gerone vom Berg im Schwertkampf überlegen war. Vielleicht hätte er nicht ausgerechnet sie fordern sollen und sich nicht vom Gedanken leiten lassen, dass ihm das Publikum bei einem Sieg gegen sie schon wie einen halben Turniersieger feiern würde. "Hätte, hätte, verbrennt die Perucette" sagte er sich, goss sich ein Glas Wein und zog für sich eine ansonsten positive Bilanz des Turniers, denn er fand schon, dass er sich von seiner besten Seite gezeigt hatte - aber auch wertvolle Kontakte knüpfen konnte. Man wusste ja nie, wozu man die mal gebrauchen konnte, hatte ihm sein Oheim immer wieder eingeschärft.

Als er aufstand sah er am Eingang des Zeltes ein Stück Pergament. Er war sich sicher, dass dieses Stück Pergament gerade noch nicht da war und es erst vor wenigen Augennblicken in sein Zelt geschoben wurde. Er machte einen Satz zum Zeltausgang, ignorierte das Fundobjekt und schritt eiligen Schrittes heraus um zu sehen, ob er was sehen würde, was ihm weiterhelfen würde. Am nächsten zu seinem Zelt standen zwei Ardariten die sich ernsthaft unterhielten, ihm aber den Rondragruß präsentierten, als er sie anscheinend etwas länger anstarrte. Er grüßte zurück und sah ansonsten nur viele Menschen hier in der Zeltstadt am Schwerterfeld. Und niemand meldete sich bei ihm und teilte ihm direkt oder indirekt mit, dass man für das Stück Pergament verantwortlich sei... So fragte er die Ardariten, ob sie jemanden an seinem Zelt gesehen hätten, was diese jedoch verneinten und so ging er zurück ins Zelt, nahm das Pergament an sich. Ein Grinsen umspielte seine Lippen als er sein Zelt verließ und das Schwerterfeld in Richtung Morgunora verließ..

Wenn die Vergangenheit die Zukunft bestimmt...

Inzwischen war Bellatrix Sirensteen wieder alleine in ihrer Zelle. Das sorgte dafür, dass sie mehr Zeit hatte über die Vergangenheit nachzudenken. Insgeheim vermisste sie jedoch ihre Entführerin - ihr waren die Wut-Gefühle, die die pure Präsenz dieser Person in ihr erzeugte lieber als sich den Kopf über vergangenes zu zerbrechen. Sie erinnerte sich wieder daran, wie sie damals mit Gianbaldo Carson in eine Auseinandersetzung geriet, eine Auseinandersetzung, die ihre Zukunft mehr beeinflussen sollte, als sie damals sich vorstellen konnte:

Ein Kampf um mehr als das erste Blut

Es war rund zehn Jahre her. Bellatrix kam von einer späten Fechtübung zurück und wurde auf dem Rückweg von einem älteren Kadetten der Akademie bedrängt. Das war niemand anderes als Gianbaldo Carson, der zum wiederholten Male - und wie viele anderen Kadetten zuvor auch - den Namen Sirensteen in den Schmutz zog.

Bislang hatte Bellatrix viele dieser Schmähungen über sich ergehen lassen und ignoriert, doch irgendwann war der Zeitpunkt, wo sie das nicht mehr wollte. Dieser Zeitpunkt war an diesem Sommerabend erreicht. Sie forderte den älteren Kadetten mit spitzer Zunge auf, den Worten Taten folgen zu lassen, auf dass ein rondragefälliger Kampf den Disput zwischen den beiden entscheiden würde. Überraschend für Bellatrix ging Gianbaldo darauf ein und so standen sich die beiden Kadetten der Arivorer Akademie mit gezogenen Waffen gegenüber. Schulbuchmäßig verteidigten die beiden Kadetten die Angriffe des jeweiligen Gegenübers und zeigten, dass sie - obwohl sie ja eigentlich noch Kinder waren - gut ausgebildete Kämpfer waren.

Die Musik des Tanzes der Klingen lockte auch schnell andere Kadetten heran, die einen Kreis um die beiden Kämpfenden bildeten und - eher wenig - Bellatrix oder aber - und das deutlich mehr - Gianbaldo anfeuerten. Der Kampf wog schon einige Zeit hin und her und es war keine Siegerin oder aber ein Sieger zu erahnen, als aus dem Kreis der Zuschauer eine unflätige Bemerkung Bellatrix betreffend geäußert wurde. Sie stockte kurz und diesen Moment der Unachtsamkeit nutzte Gianbaldo um ihr die Waffe aus der Hand zu schlagen.

Gianbaldo kostete den Moment des Triumphs aus und stolzierte um die geschlagene Bellatrix herum und erklärte den Zuschauern, dass das ja klar gewesen sei, dass bei einem rondragefälligen Kampf eine Sirensteen nicht gewinnen könne. Das sie jetzt ohne Waffe sei würde ja deutlich zeigen, wer die Gunst Rondras genießen würde. Weiter erklärte er:

"Der Herr Marschall gibt ja viel auf seine exemplarische Armee. Ihr seid aber jetzt ein ganz besonders gutes Exemplar einer Armen, der Rondras Gunst nicht zuteil wird. Und so wird es auch mit Eurer Familie sein. Irgendwann wird auch der Herr Marschall, wenn er mal einen richtigen Kampf unter Rondras Bedingungen ausfechten muss, sehen, dass er mit Arbaletten, Balestrinas und dergleichen nicht die Gunst der Leuin erlangt."

Gianbaldo steigerte sich ein wenig in seine Aussagen hinein und sprach jedes Wort gegenüber Bellatrix mit großem Spott aus und wurde vom freudigen Gejohle fast aller Zuschauer darin noch bestärkt weiter zu machen. Bellatrix hingegen kochte innerlich vor Wut und in dem Moment, als Gianbaldo sich dazu verleiten ließ zu behaupten, dass er noch nie von einem rondragefällig kämpfenden Mitglied des Hauses Sirensteen gehört hätte und das man es ja nicht nur mit den Lehren Rondras, sondern auch mit denen des Herrn Praios nicht so genau nehmen würde, wie ein gewisser Geron von Irendor gezeigt hätte, da platzte es aus Bellatrix heraus.

Die Wut übermannte sie und die vorher noch wie ein begossener Pudel dastehende Bellatrix holte mit ihrer Rechten aus und wollte dem vor ihr stehenden Gianbaldo, dem man merklich ansah, dass er nicht wusste, wie ihm geschah, ins Gesicht schlagen. Er konnte sich jedoch gerade noch hinweg ducken und der Faust ausweichen, doch nun war wieder der Kampfeswillen in Bellatrix entfacht und sie griff ihren Kontrahenten, der vor Schreck beim ersten Angriff seine Waffe hat fallen lassen, jetzt mit beiden Fäusten an. In dem nun folgenden Faustkampf hatte Bellatrix schnell die Überhand (oder sollte man sagen die Überfaust?) gewonnen und bedrängte ihren Gegner. Zwar gelang ihm auch der eine oder andere entscheidende Schlag, doch das schien Bellatrix nicht zu schwächen - eher sogar weiter zu motivieren.

Als Gianbaldo versuchte einem Angriff auszuweichen stürzte er über die von ihm fallen gelassene Waffe und der junge Kadett landete auf seinem Hosenboden. Bellatrix nutzte die Gelegenheit, setzte sich auf seinen Buch, hielt seine Fäuste fest und forderte ihn ultimativ sich bei ihr und dem Haus Sirensteen zu entschuldigen.

"Entschuldigen? Für das Haus Sirensteen? Nun gut, das was ich für die Sirensteens übrig habe ist das ..." und im direkten Augenblick danach spuckte der auf dem Boden liegende und überwältigte Carson-Spross seiner Widersacherin ins Gesicht: "Spucke habe ich für Euch übrig, nicht mehr!" wollte er wohl sagen, doch dazu kam er nicht mehr, denn stakkatoartig schlug Bellatrix auf ihren Gegner ein. Nicht einmal eine blutende Wunde im Gesicht ließ sie von ihrem Gegner weichen und erst als durch den Schlachtenlärm und das Gejohle aufmerksame Lehrmeister den Kampf entdeckten und Bellatrix am Schlafittchen wegzogen endete der Kampf. "Du wirst nie wieder über die Sirensteens so lästerlich reden, hast Du gehört?!" fauchte Bellatrix ihrem Gegner noch zu, der sich gerade die blutige Lippe mit der Zunge säuberte und ein "Du Sirensteen-Schlampe, das wirst Du mir büßen!" ihr entgegenwarf, bevor sich auch eine weitere Lehrkraft der Akademie um ihn kümmerte.

Bellatrix erinnerte sich inzwischen wieder an diese Auseinandersetzung als wäre es erst gestern passiert. Im weiteren Verlauf kam es dann dazu, dass sie die Akademie und Arivor verließ und jetzt rund zehn Jahre später schien Gianbaldos Drohung sich zu bewahrheiten. Das er so nachtragend war, hätte sie sich nicht vorstellen können...

Ihre Rückkehr nach Arivor, zehn Jahre nach ihrem letzten Aufenthalt hier, war vielleicht doch ein Fehler gewesen, haderte Bellatrix mit sich selbst. "Aber dem Gianbaldo werde ich es zeigen", dachte sie sich noch, als sie auf dem Gang ein Geräusch hörte.


... wird fortgesetzt ...