Archiv:Kunstraub während Sturmflut (BB 47)
Bethana, 25. Travia 1046 BF – Ein spektakulärer Kunstraub sorgt in den sturmgebeutelten Straßen von Sewamund für Schlagzeilen. Während der verheerenden Sturmflut in der Bucht von Grangor nutzten skrupellose Diebe das Chaos, um ein wertvolles Familienerbstück der altehrwürdigen Familie Vistelli zu entwenden: das berühmte Gemälde „Die Herrin des Windes“ von Meister Marciano.
Das Gemälde, das seit dem Thronfolgekriege im Besitz der Familie war, verschwand aus dem Palazzo Phecadien, wo es als Leihgabe hing, kurz nachdem die Flut die Ufergebiete überschwemmt hatte. Doch was diesen Fall besonders mysteriös macht, ist das überraschende Auftauchen nicht nur eines, sondern gleich zweier Versionen des kostbaren Kunstwerks – an zwei völlig unterschiedlichen Orten.
Die erste Version wurde angeblich in einem zwielichtigen Lagerhaus in Sewamund entdeckt, nur wenige Tage nach der Flut. Die zweite tauchte zur selben Zeit in Vinsalt bei einem Kunsthändler auf, der behauptet, es von einem „bekannten Sammler“ erworben zu haben. Beide Gemälde scheinen auf den ersten Blick identisch zu sein, doch Experten sind ratlos, welches das Original ist – falls eines davon überhaupt echt ist.
„Es ist wie ein Geisterspiel“, sagte Wilbur ter Groot, ein bekannter Kunsthistoriker, der mit der Untersuchung beauftragt wurde. „Beide Gemälde zeigen feinste Details und typische Merkmale von Marcianos Handwerkskunst, aber es gibt minimale Unterschiede, die nur unter bestimmten Lichtverhältnissen sichtbar werden.“
Die Vistelli-Familie, die den Verlust als „tiefen Verrat“ bezeichnete, hat eine großzügige Belohnung für Hinweise auf den Verbleib des echten Gemäldes ausgesetzt. Unterdessen wird in Kunstkreisen spekuliert, ob es sich um einen meisterhaften Fälschungsring handelt, der das Chaos der Flut nutzte, um seine Machenschaften zu verschleiern.
Während die Ermittlungen andauern, bleibt Sewamund in Aufruhr. Die Frage, welches Gemälde das echte „Herrin des Windes“ ist – und wer hinter dem Raub steckt – bleibt vorerst ungelöst. Eine briefliche Anfrage ging dieser Tage an Marciano höchstselbst, der im fernen Urbasi weilt.
GE