Archiv:Als der Turnierfriede endete (BB 42)

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Auge-grau.png Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 42, Seiten 3-4
Aventurisches Datum: Ende Rahja 1038 BF



Attentat überschattet Siegerehrung des Königsturniers

Als der Turnierfriede endete

von Arracio von Morrisca


Als der Horas kurz vor dem Königsturnier nicht nur seine Teilnahme als Zuschauer dieses traditionsreichen Wettstreits ankündigte, sondern auch den Titel des Miles Horanthis für den Sieger des Lanzenreitens auslobte, war die Aufregung groß. Ein gesellschaftliches Ereignis für Adel und Kriegertum des Reiches, das in den letzten Jahren seinesgleichen suchte, sollte stattfinden. Und in der Tat waren fast dreihundert Tjoster aus aller Herren Länder und allen Teilen des Reiches angereist. Große Duelle wurden gefochten:

Darion Amarinto besiegte Batiste d'Imirandi im vielleicht längsten Schwertduell der letzten Jahre. Sirlan di Matienna überlebte einen unmöglichen Lanzenstoß, als die Krönig Thalion Gabellanos durch sein Visier und an seinem Kopf vorbei schrammte. Der Silberne Seelöwe Cordovan di Malavista siegte im Fußkampf gegen den weitaus jüngeren Streithahn Gianbaldo Carson, gab diesem dann jedoch den Vortritt auf dem Weg in die Finalrunde – angeblich weil ihm eine schicksalshafte Verbundenheit mit dem Leutnant aus Shenilo aufgefallen war.

In den Stichkämpfen siegte die Geharnischte Löwin, Usvina Cordur, gegen ihre Namensvetterin Usvina Tribêc im dritten Anritt eines Tjosts, der schon bald als die Schlacht der Usvinen in den Kellerlokalen die Runde machte. Der Constabler Ruthors, Dareius Amarinto, der nach einem schicksalshaften Sieg gegen seine eigene Mutter im ersten Lanzengang den Turniersieg für die durch seine Lanze verwundete Frau hatte erringen wollen, unterlag in einem dramatischen Zweikampf seinem Schwager, dem Lilienritter Hesindiano della Trezzi. Die zwar meistenteils unglücklichen Lanzenritte Alexandrian della Turanis werden sicher noch lange im Ohr der Zuschauer bleiben, wurden sie doch allesamt von den virtuosen Klängen und Gesängen des Barden Fulvian ya Malachis begleitet.

Schließlich kann, stellvertretend für die tapferen, aber in diesem Jahr glücklosen Rondrianer, Luca di Onerdi genannt werden. Die meisterliche Wagenlenkerin brachte dem späteren Turniersieger, dem Schwarzen Calven, die einzige Niederlage bei – konnte aber selbst der Lanze des Barons von Aldyra nichts entgegensetzen.

Auch am Rande des Turnieres geschah manch Erfreuliches, aber auch Merkwürdiges: Die Comtessa Camerlenga wurde in hitzigem Gespräch mit der Schwester des neuen Comto Seneschall, Findualia von Marvinko, gesehen, und dem Cavalliere Debero Zorgazo, selbst von rondrianischem Mut, aber nicht eben Kampfesglück gesegnet, und seiner Frau wurde der Segen Tsas zuteil, denn noch auf dem Schwerterfeld ward Pira Rondriana, die junge Tochter des Cavalliere, gesund geboren.

Diese und viele andere Geschichten, über die wir hier nicht berichten können, schrieb das diesjährige Königsturnier. Doch all dies, sogar der Sieg des berüchtigten Schwarzen Calven (das BB berichtet auf S. 1) im Finale, drohte durch die Handlungen dreier Männer bei der Siegerehrung des Tjosts überschattet zu werden.

Ein sinistrer Sinn der Schicksalsweberinnen brachte es, dass das Vergeltungsstreben Tarquinio della Penas, der Wahn Torreon de Torris und die Niedertracht Adalrik von Schreyens zusammenkamen und die Siegerehrung beinahe in eine Katastrophe verwandelt hätten. Aber wir wollen diese drei Männer und ihr Handeln kurz beleuchten.

Tarquinio della Pena, der Bruder des im vergangenen Jahr hingerichteten ‚Grafen‘ Horasio, hatte sich in diesem Jahr offenkundig die Tilgung mancher Schmach der Vergangenheit zum Ziel gesetzt. Wie das Schicksal es wollte, hatte das Los ihm gleich mehrere Gegner beschert, mit denen er entweder persönlich im Krieg der Drachen als glühender Anhänger Travianos von Urbet aneinandergeraten war oder die einen entscheidenden Anteil am Schicksal seines Bruders gehabt hatten. Und tatsächlich gelang es ihm, Rimon Sâlingor, den rechtmäßigen Grafen von Bomed, im Stichkampf aus dem Sattel zu stoßen und zuvor mit Amando Barabeo von Streitebeck und Lovisa di Tolfiano zwei Anhänger des Hauses Salsavûr zu bezwingen, das bekanntlich zu den heftigsten Gegnern des Fürsten gezählt hatte. Seinen Bruder zu rächen, sollte ihn ein solches Unterfangen angetrieben haben, misslang ihm jedoch zweimal.

In der Hauptrunde unterlag er Erlan Sirensteen, dem Mann, der das Urteil über Horasio gesprochen hatte und auch Tarquinios Duell mit Ariano Sal von Veliris ging verloren. Dabei steht der Veliriser doch wie kein zweiter für all jene, die Horasio della Penas Seite verließen, bevor der Graf in die Hände seiner Feinde fiel. Es muss daher als unglückselige Fügung gelten, dass ausgerechnet ein Mann, der das Ehrgefühl Tarquinios noch weit mehr reizen musste, die Siegerehrung dafür wählte, vor die Augen von Horas, Erzherrscher und der versammelten Turnierteilnehmer zu treten:

Die Rede ist von Volparo de Crux, einem Söldner, der einst in Diensten des Fürsten Traviano gestanden, ihn letztlich aber – manche sagen als gehörnter Verlobter, andere, als gedungener Mörder – gewaltsam in Borons Hallen geschickt hatte. Seither war Volparo aus den Kernlanden verschwunden und hatte sich über ein Jahrzehnt, offenbar unter falschem Namen, als chababischer Ritter Fidorion von Wulfenbein, versteckt. Vielleicht in dem Bestreben, seinen blutgetränkten Namen durch ehrenvolle Siege reinzuwaschen – was ihm mit seinem Vordringen unter die besten 16 Streiter des Reiches nicht schlecht gelungen ist – hatte sich Volparo als „Fidorion“ auch in die Turnierrolle Arivors eingetragen. Und nun hatte er die Siegerehrung dafür genutzt, seine Lüge und vor allem seine Mordtat einzugestehen und sich der Gnade des Erzherrschers zu unterwerfen.

Doch Tarquinio della Pena und seine Klinge nahmen Nepolemo ya Torese die Entscheidung, denn der Geflügelte Löwe, wie ihn manche aufgrund seines Wappenbildes auf dem Turnier riefen, übte nach fast zehn Jahren Vergeltung am Mörder seines Fürsten. Vielleicht wäre Volparo, von einer üblen Wunde niedergestreckt, zu retten gewesen, wäre nicht in jenem Augenblick der irre Plan des Falschen Greifen, Adalrik von Schreyen, auf den Weg gebracht worden.

Denn, wenn wahr ist, was Torreon de Torri, schwer gezeichnet vom Kampfe, aber noch viel verstörter ob dem, was seinem Geist angetan wurde, im Kerker zu berichten wusste, dann muss der Cavalliere aus der Gerondrata auch hinter dem dunkelsinnigen Handeln des Schwarzen Turms stehen. Jener hatte sich, noch während Volparo de Crux das Blut aus dem Körper rann, ohne Vorwarnung oder Anlass auf die umstehenden Tjoster gestürzt und schier ein halbes Dutzend von diesen niedergeschlagen und sogar schwer verletzt. Von düsteren Reden und lockenden Worten, die hinter einer goldenen Maske gesprochen worden seien, sprach de Torri im Kerker, Worte, die er ob eines Schleiers über seinem Denken nicht zu wiederholen vermochte, die aber möglicherweise ein blutrünstiges Trachten in den ohnehin der Gewalt nicht fremden Cavalliere geträufelt hatten.

Wir wissen nicht, ob es der ihm eigenen Wildheit im Kampfe geschuldet war, dass Torreon de Torri von Sieg zu Sieg über meisterliche Tjosterinnen wie Nevinia ya Stellona oder Lutrea ya Baltari eilte. Der Tod Oljana von Tomraths unter der Lanze des Turms mag Unfall, mag aber auch schändliche Manipulation gewesen sein. Sicher aber muss das Reich dankbar sein, dass Folnor von Firdayon-Bethana den Schwarzen Turm nicht nur in der zweiten Finalforderung, sondern ein weiteres Mal während seines irrsinnigen Ausbruchs bei der Siegerehrung zu stoppen vermochte, sonst hätten vielleicht noch weitere, tapfere Streiterinnen das Königsturnier nicht überlebt.

Nach diesen Vorgängen muss das, was unser Blatt in seiner letzten Ausgabe vom Duell der beiden Cavallieri Torreon und Adalrik um die Krone von Westfar berichtet hat, in neuem Lichte betrachtet werden: Denn während damals Adalrik noch dem Streithammer Torreons unterlegen war, war es an jenem 25. Rahja die brachiale Kampfesgewalt Torreons, die dem Verräter Adalrik die Gelegenheit verschaffte, seine Bluttat zu begehen! Wir wollen von seinen Siegen im Turnier schweigen, so glänzend sie auch gewesen sein mögen, denn als Adalrik von Schreyen ausgerechnet die tulamidische Lanze ergriff, die als Prämie für den besten Tjoster vom Erzherrscher selbst ausgelobt worden war, um sie Nepolemo ya Torese in den Leib zu treiben, verwirkte er jeden Ruhm vergangener Kämpfe!

Zur Stunde noch liegt der Erzherrscher, von den weisesten Geweihten und den gelehrtesten Medici der Gerondrata betreut, darnieder, um sich von den Wunden, die der einstige Favorit von Adel und Volk Arivors ihm schlug, zu erholen. Wir können nicht sicher sein, welcher dunkle Sinn den Cavalliere im Einzelnen angetrieben hat, aber erste Spuren deuten darauf hin, dass er vor seiner Tat den Namen eines Ketzers und Verräters nannte. Dieser soll in eine Intrige gegen Nepolemos Amtsvorgänger Dapifer ter Bredero verwickelt gewesen sein. Wenn dem so ist, dann muss Adalrik von Schreyen in einem Atemzug mit der schändlichen Oljana ya Cavacasta genannt werden, die sich im Thronfolgekrieg gegen den Erzherrscher wandte!

Es ist dem beherzten Einschreiten vieler Tjoster, die eigentlich ihre verdiente Ehrung entgegennehmen sollten, zu danken, dass diese Schandtat keine weiteren Opfer gefordert hat. Neben dem schon genannten Prinzen vom Geblüt sei auch, stellvertretend für viele andere, das rasche Handeln des Grafenzwillings von Thegûn, Tilfur von Eskenderun, genannt, der etwa das Leben der Verlobten des Horas, Udora, vor Schlimmerem bewahrte.

Und wenn auch um das Leben des Erzherrschers noch gekämpft werden muss, so waren es doch diese Männer und Frauen, die verhinderten, dass Nepolemo ya Torese an Ort und Stelle den Meuchelhänden Adalriks zum Opfer fiel. Mögen es die Götter fügen, dass ihm der letzte Triumph verwehrt bleibt!

(Torben Stretz, mit Dank an Sebastian Anderka für manche Würfelorgie sowie alle Mitstreiter und Schreiberlinge des Königsturniers)