Briefspiel:Consigliowahl 1035 BF/Von Treppen und Pavillons

Aus Liebliches-Feld.net
Zur Navigation springenZur Suche springen

Auge-grau.png

Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: Praios 1035 BF Schauplatz: Stadt Urbasi, vor allem der Magistratspalast Entstehungszeitraum: April bis Juni 2013
Protagonisten: alle Mitglieder der Signoria Urbasis Autoren/Beteiligte: Familie Aspoldo.png Aspoldo, Familie Brahl.png Brahl, Haus della Pena aeH.png Dellapena, Haus di Onerdi.png Di onerdi, Familie Flaviora.png Flaviora, Haus Urbet-Marvinko.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio, Familie Luntfeld klein.png Luntfeld, Haus Marudret.png Macrin, Familie Degano klein.png Marakain, Haus Novacasa klein.png Novacasa, Familie ya Ranfaran.png Ranfaran, Haus di Salsavur.png Rondrastein, Familie Dalidion.png Storai, Familie Zorgazo.png Toshy, Haus della Turani.png Turani, Familie Carasbaldi.png ZarinaWinterkalt
Zyklus: Übersicht · Im Palazzo Broinho · Im Garten des Gonfaloniere · In dunklen Gewölben · Von Treppen und Pavillons · Im Fechtsaal · Im Palazzo Zorgazo · Im Studiolo · Turani-Reaktionen · Im Palazzo Zorgazo II · Bei den Dalidions · Darions Besuche

Von Treppen und Pavillons

Am 27. Praios, auf der Prachttreppe vor dem Sant'Agreppo in Urbasi

Autor: Horasio

Seine Hände glitten behende über die Oberfläche des Apfels und tasteten diese ab. Seine Begleitung, die neben ihm auf der breiten Treppenstufe saß, beobachtete ihn grinsend. "Ich verstehe, als einstiger Sieger des Palio ist man nur das Beste vom Besten gewohnt."
Finnian rollte mit den Augen, ehe er das rötlich schimmernde Obst in seine linke Hand warf und ihr mit seiner rechten Hand gegen die Schulter boxte. "Aua!" Nun war es an ihm zu grinsen, während sie sich die Schulter rieb und er sich einen herzhaften Bissen des Apfels gönnte.
Während beide nun die Früchte verzehrten, die ihnen ihre Tante in Sikramargino mitgegeben hatte, genossen sie den Blick hinunter auf das geschäftige Treiben auf der Piazza di Sant'Agreppo. Hinter dem größten Marktplatz der fürstlichen Gemeinde befand sich der Ponte Phecchio, doch die Brücke konnten sie nicht völlig erkennen, da der hohe Campanile San Palladio, der hohe Glockenturm, die freie Sicht behinderte.
Sie war als erstes mit ihrem Apfel fertig. Sie rieb sich die Hände und musterte ihn von oben bis unten. "Es steht dir nicht, dieses schwarz und weiß. So gefällst du mir besser!"
"Ach Schwester, bitte nicht schon wieder."
"Ich kann es eben nicht oft genug sagen. Du bist Urbasier, ein echter aurelassischer Esel bist du! Zumindest genauso stur! Warum überdenkst du deine Entscheidung nicht noch einmal?"
"Ich weiß, dass wir Klienten der Girrando sind. Und ich weiß, weshalb es unglücklich ist, dass ich nun Comto Tarquinio diene."
Sie nickte energisch. "Schau dir den Glockenturm an. Schau dir den Tempel über uns an", sie drehte sich hinauf zum eindrucksvollen Ingerimm-Tempel, der am Ende der Stufen thronte. "In dieser Stadt gelten Jahre nichts. Selbst die Carasbaldi gelten als Zugezogene, obwohl sie schon seit Jahrzehnten hier leben. Die Herrschaft des Fürsten Traviano ist nur eine Episode geblieben, sie wird vergessen werden. Und dereinst werden auch die hohen Herrschaften, die ihm nach Urbasi folgten, die Stadt wieder verlassen, wenn sie das erkannt haben. Der Tempel aber, diese Stufen hier und das Geläut der Glocken des San'Palladio, sie werden bleiben. Und wir werden bleiben. Weil wir, wie diese Steine hier," sie strich mit einer Hand über die Stufe, auf der sie saß, "Teil dieser Stadt sind. Durch unsere Adern fließt silbernes Blut."
Er schwieg und schaute sie bewundernd an. Für einen Moment wußte er nichts zu sagen. "Du solltest dich bei einem Signor melden und ihm vorschlagen seine Reden für die Signoria zu schreiben."
Sie winkte ab. "Hast du mir überhaupt zugehört und verstanden was ich meinte?", fragte sie.
"Es ist meine persönliche Entscheidung …"
"Travia, hör ihn sprechen!" Sie hob ihre Hände zum Himmel, als sie die gütige Mutter in Alveran anrief und ihrem Bruder damit ins Gedächtnis rufen wollte, dass in yaquirischen Familien für gewöhnlich das Wort des Oberhaupts Gesetz war.
"Comto Tarquinio gab mir Gelegenheit am Palio teilzunehmen. Er erkannte mein Talent, er förderte mich und er erscheint mir als Mann edler Gesinnung."
"Er war ein Handlanger des Fürsten, durch den erst die ganzen Fremdlinge hierher gelangten und durch den viele Menschen vor Boron treten mussten," erinnerte sie ihn, erntete damit aber nur ein Schulterzucken.
"Du hast selbst gesagt, dass das eine Episode war. Das ist vorbei. Es zählt heute."
Sie seufzte. Es war hoffnungslos. Ihr Bruder war, wie viele andere Urbasier, von der Strahlkraft der in die Stadt gezogenen Adelsgeschlechter geblendet. Sie versprachen Ruhm und Reichtum, errichteten sich prächtige Palazzi und eindrucksvolle Tempel, doch in Wahrheit hatte ihre Ankunft das Leben in Urbasi gefährlicher gemacht, trügerischer. Kaum eine Familie hatte in den Wirren der letzten Jahre keinen Verlust zu beklagen.
Sie legte ihren Arm um seine Schultern. "Ich verstehe dich nicht, aber ich weiß, dass es dir wichtig ist. Und wenn sich sogar die alten Familien unserer Silberstadt den Fremdlingen verdingen…"
"Du meinst die Wahl zum Consiglio?", fragte er neugierig.
"Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Gonfaloniere wieder gewählt werden wird. Neben deinem Herrn wird auch der Baron von Urbet erneut Prior, ob schließlich überhaupt ein Urbasier in das Consiglio gewählt wird, bleibt abzuwarten."
Das bebende Geläut des Turms erklang. Finnian sprang auf. "So. Nun muss ich los, ich muss zurück zum Palazzo Broinho." Sie war inzwischen auch aufgestanden und umarmte ihn. "Pass auf dich auf, kleiner Bruder!", sagte sie und kniff ihm in die Wange. Er lächelte. "Bestimmt!"
Dann sprang er einige Stufen hinauf, drehte sich jedoch um. "Ach und Schwester: Ich habe schon einige Male geblutet. Ich habe kein Silber entdeckt, mach dir keine Hoffnungen!" Ohne eine Reaktion abzuwarten, drehte er sich wieder und rannte weiter die Treppe hinauf.


Derweil im städtischen Garten Paradiso d'Urbasi

Autor: Horasio

Tsabella ließ sich auf der Balustrade des steinernern Pavillons nieder und betrachtete die inmitten des Bauwerks stehende Statue. Sie kannte die abgebildete Person nicht. Es musste eine Figur der urbasischen Geschichte sein, doch mit dieser kannte sie sich nicht weiter aus. Er schien jedoch wohlwollend auf seine Besucher hinabzuschauen, wie sie bemerkte. Dann drehte sie sich zum Garten um und sog die Luft mit geschlossenen Augen tief ein. Etwas weiter entfernt von ihr tollte Croenar, ihr Sohn, herum und lieferte sich mit einer jungen Magd ein spielerischen Wettrennen zum nächsten Baum.
Sie griff in ihr Wams und zückte aus ihrer Tasche einen kleinen Oktavband. Aus einer anderen Tasche zog sie ein gläsernes Tintenfäßchen, dass sie auf die Balustrade neben sich stellte. Nun zog sie einen Federkiel hervor, den sie sich hinter das Ohr steckte.
Sie löste das silbern durchwirkte Band, das das Buch verschlossen hielt und schlug es auf. Eilig fand sie die letzte beschriebene Seite, überflog noch einmal was sie am Vortag geschrieben hatte und öffnete sodann das Tintenglas vorsichtig. Mit schwingender Feder schrieb sie das heutige Datum. Dann sann sie einen Moment nach, wie sie beginnen sollte, doch schließlich entschloss sie sich wie gewöhnlich alles so nieder zu schreiben, wie es ihr Hesinde in den Sinn legte.
Zunächst beschrieb sie ihre täglichen Erledigungen, erwähnte das Treiben ihres Sohnes und schwärmte vom sonnigen Wetter. Schließlich kreisten ihre Gedanken doch wieder um Politik, die so kurz vor den Wahlen zum Consiglio der fürstlichen Gemeinde, das alles beherrschende Thema im Palazzo Broinho war. "In dieser Schlangengrube, die andere Signoria nennen, kann sich keiner seiner Freunde sicher sein. Wollte man meinen, dass die Turani nach den gemachten Verabredungen zu uns stünden, der sieht sich nun getäuscht und muss erleben, wie sie ihre Stimme dem amtierenden Gonfaloniere geben. Zu welchem Preis weiß keiner. Noch nicht! Es wird offenbar, sobald neue Ämter zu vergeben sind. In den letzten Jahren habe ich Tarquinio selten so aufgelöst erlebt. Im Gegensatz zu seinen Kontrahenten ist er kein Mann des kalten Kalküls und geheimer Absprachen, er ist kein geschickter Stratege auf dem glatten politischen Parkett, auf dem dieser Kampf ausgetragen wird. Diese Abstimmung ist verloren und mit etwas Glück vermag er erneut zum Prior gekürt zu werden. Doch was dann?" Sie sah auf und hinüber zu ihrem Sohn. "Was geschieht, wenn uns der Zorn der Feinde des einstigen Fürsten hinfort weht? Wohin sollen wir gehen? Nach Unterfels, an den Hof seines Bruders, den ungleich gefährlicheren Ort für eine Familie? Mein, nein, unser Schicksal wird sich hier erfüllen." Sie schluckte, ließ etwas Sand auf das Papier fallen und wartete etwas, ehe die Tinte trocken wurde.