Briefspiel:Plötzlich verheiratet: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 28. November 2025, 21:44 Uhr

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Stadt Sewamund transparent.png Briefspiel in Sewamund und Urbasi Stadt Urbasi.png
Datiert auf: Mitte Travia 1048 BF Schauplatz: Palazzo Novo Carenio in Sewamund Entstehungszeitraum: Juli/August 2025
Protagonisten: Dimiona, Ricardo, Perennio und Ludovigo della Carenio, Istirde von Urbet Autoren/Beteiligte: Familie della Carenio.png Carenio, Haus Urbet.png Gonfaloniere


Plötzlich verheiratet

Palazzo Novo Carenio, Sewamund, Mitte Travia 1048 BF

Erwartet Besuch aus der Hauptstadt: Baronessa Dimiona

Dimiona della Carenio griff mit spitzen Fingern nach den dünnen, in Olivenöl herausgebackenen Stangen, die eine der Dienerinnen soeben auf den Tisch gestellt hatte. Nachdenklich schob sie das erste Drittel des Gebäcks in den Mund und biss ab. Sie kaute gemächlich, dabei sah sie ihren Bruder an, der am Fenster stand und zur Piazza Nodo hinunterblickte.
Ricardo drehte sich um und schien etwas sagen zu wollen, doch er wurde sogleich von einem heftigen Hustenanfall daran gehindert. Seit der Überschwemmung des Kellers des Palazzo Novo bei der großen Flut vor zwei Götterläufen wurde der Justiziar immer wieder von schweren Hustenattacken geschüttelt. Diese gesundheitlichen Probleme machten nicht nur der älteren Schwester Sorgen, auch Ricardo selbst grübelte darüber nach, wie fragil das Leben doch war und wer wohl dereinst seinen Platz im Familiengefüge einnehmen würde. Der Brief seines Zweitgeborenen, Perennio, der im Dienst des Vinsalter Magistrats stand, schürte die Hoffnung, dass der Besuch, den er darin ankündigte, aus diesem Grund geschah.
Der aufstrebende Justiziar hatte genau wie sein Vater in Vinsalt das Studium der Rechte mit Bravour abgeschlossen – und war dann an den Prätorenhof des Magistrats gewechselt. Der stolze Vater freute sich über die Karriere, die sein Sohn in Vinsalt machte, doch hätte er ihn gerne an seiner Seite in Sewamund. Leider hatte Perennio bereits vor einem Götterlauf dem Wunsch des Vaters eine klare Absage erteilt. Er fühle sich wohl in Vinsalt, habe das Vertrauen des Magistrats und sich einen Ruf als zuverlässiger, prinzipientreuer Justiziar erarbeitet. Doch der Besuch in der Heimatstadt, bei seiner Familie, konnte schließlich ein Zeichen dafür sein, dass Perennio über einen Umzug nachdachte und den Vater darum bitten wollte, ihm den Weg für eine Rückkehr nach Sewamund zu ebnen. Das jedenfalls hoffte Ricardo.
Dimionas Blick folgte dem ihres Bruders, als dieser sich von dem Hustenanfall erholt hatte.
Ricardo musterte das Gemälde Eleonora da Grifons, das die Künstlerin im vergangenen Herbst angefertigt hatte. Es zeigte Ricardo gemeinsam mit seinem Sohn Perennio und seinem Neffen Ludovigo im Talar der Justiziare an seinem Schreibtisch. Der aufgeschlagene Codex Methumicus lag vor dem Trio. Ludovigo, der ältere der beiden Nachwuchsjustiziare, stand zu Ricardos Linken, Perennio an seiner rechten Seite. Das Gemälde setzte ins Bild, was der 58jährige sich wünschte. Seinen Zweitgeborenen als seine rechte Hand und seinen Nachfolger an seiner Seite zu wissen.
Doch der Wunsch war weit von der Realität entfernt. Aktuell war es Ludovigo, sein Neffe und der Zweitgeborene Dimionas, der in allen Rechtsangelegenheiten der Familie della Carenio sein Stellvertreter war. Ludovigo machte seine Sache hervorragend. Er hatte eine überaus besonnene Art, überprüfte auf das Genaueste alle Texte, die verfasst wurden, war zuverlässig und freundlich. Doch Ricardo vermisste das Selbstbewusstsein, das sein eigener Sohn an den Tag legte, obwohl dieser fünf Götterläufe jünger war und dementsprechend weniger Erfahrung hatte. Bei Perennio spürte man die Leidenschaft für seine Profession, den dringenden Wunsch, sich durch Leistung einen ausgezeichneten Ruf in der Welt der Justiziare zu erarbeiten. Vielleicht würde Ricardos Wunsch nun erfüllt und Perennio kehrte an die Seite seines Vaters zurück.

Erwartet vor allem eine Entscheidung Perennios: Justiziar Ricardo

Stimmen aus dem Treppenhaus des Palazzos kündigten die Ankunft des Ersehnten an. Wenig später öffnete Furro, der Major Domus, die Salontür.
“Ich darf die Ankunft des jungen Signore ankündigen. Perennio della Carenio ist jedoch nicht alleine. Er wird von einer jungen Dame begleitet. Sie wurde mir als Doctora Istirde von Urbet vorgestellt.”
Während Dimionas Augenbrauen nach oben schnellten, erschien Ricardo äußerlich ungerührt. Professionell, wie der ehemalige Stadtrichter von Veliris war, konnte er seine Überraschung hinter einer Maske der Neutralität verbergen.
“Bitte die beiden herein, Furro!”
Der livrierte Bedienstete trat zur Seite und gab die Tür frei. Perennio erschien kurz im Türrahmen, bot aber dann einer Person, die für Ricardo nicht zu erkennen war, den Arm.
Nur Atemzüge später trat der dunkelhaarige Perennio mit einer ausgesprochen schönen, jungen Frau an seiner Seite durch die Salontür.

Wartet mit einer gehörigen Überraschung auf: Perennio della Carenio

Istirde hatte ein flaues Gefühl im Magen, was für sich schon außergewöhnlich war. Eine solche Nervosität hatte sie nicht einmal beim Vorlegen ihrer schriftlichen Abhandlung an der Vinsalter Rechtsschule vor einigen Monaten gespürt, ebensowenig bei ihren Auftritten in der Signoria Urbasis vor nun etwas mehr als einem Jahr, als es darum ging, ihre Korruptionsvorwürfe gegen die Stadtherrin, Gonfaloniera Duridanya, darzulegen und zu erhärten. Dieser Auftritt war einfach anders, sehr viel persönlicher …
Schon auf der Kutschfahrt von Vinsalt nach Sewamund, ihrer ersten an der Seite ihres Gemahls in dessen Heimat, hatte sie immer wieder Schlaglichter des vergangenen Götterlaufs vor Augen gehabt. Ihre Ankunft an der Rechtsschule. Das erste Treffen mit den beiden Delegierten Auricanius' im Haus der Edlen, von denen gerade die jüngere Rahjada sie in vielem an sich selbst erinnerte, zehn Jahre jünger, als sie selbst Delegierte damals noch des Barons Panthino war, ihres ermordeten Onkels. Vor allem aber ihre erste Begegnung mit Perennio auf dem Tempelberg, am Rande einer Feierlichkeit an der Rechtsschule. Es fing alles so harmlos an.
Ein Magister der Rechtsschule hatte sie der Gruppe der Vinsalter Juristen vorgestellt, viele davon Richter und Schöffen an den zahllosen Gerichtshöfen der Metropole, die über jüngst getroffene Entscheidungen und Fälle sprachen. Sie erinnerte sich an die Debatte über die moralische Verantwortung der Advocaten, die dabei aufkam, und wie sie selbst, noch unter dem Eindruck ihrer jüngsten Erfahrungen der juristischen Verfolgung eines Stadtoberhaupts stehend, sich plötzlich an der Seite Perennios wiederfand. Als sie dabei wechselseitig ihre Argumentation vervollständigten, war ihr Interesse füreinander geweckt und eine Einladung folgte auf die nächste.
Ihre Heirat Anfang des Monats war dabei nur der vorerst letzte Höhepunkt einer Beziehung, die sie sich ein Jahr zuvor so noch gar nicht hatte vorstellen können. Sie fand im ganz kleinen Rahmen statt, war dadurch überaus intim. Und doch wusste Istirde dabei ihr eigenes Familienoberhaupt hinter sich: Auricanius hatte sie immer unterstützt, sie motiviert und ihr auch ihrem Onkel gegenüber den Rücken freigehalten. Eine politisch arrangierte Vermählung stand für sie außer Frage, hatte er ihr wiederholt zugesichert, schon ihres hervorragenden Abschlusses an der Universität Methumis wegen. Ihre akademischen Leistungen hatten ihr Freiheiten verschafft, statt sie einzuschnüren. Dass das nicht bei jedem so war, wusste sie aber auch. Vor allem schien es bei Perennio nicht so zu sein, eher im Gegenteil … seine Familie formulierte Erwartungen, gerade weil er herausstach.
Trotz ihres flauen Gefühls fasste sie seinen Arm deshalb fest, wollte ihm Stütze in dem ihm bevorstehenden Gespräch sein. Und sie zwang sich zu lächeln, um ihre Vorbehalte vor allem gegen ihren Schwiegervater, dem sie nun zum ersten Mal begegnete, zu verdecken.
So betrat sie an Perennios Seite den Raum, in dem er erwartet wurde, verbeugte sich beim Eintreten einmal leicht und harrte der Begrüßungsfloskeln und vielleicht schon des ersten rhetorischen Schlagabtauschs, die zu solchen Gelegenheiten nicht unüblich waren.

Auch Perennio war nervös. Er war sich sicher, dass sein Vater nicht glücklich darüber sein würde, dass sein Zweitgeborener ihm seine große Liebe erst nach der Vermählung vorstellte. Der ehemalige Stadtrichter von Veliris war ein konservativer Mann, wie die gesamte Familie della Carenio sich, vielleicht mit Ausnahme seiner Tante Tsabella, nicht gerade durch Innovativität und Liberalität auszeichnete. Doch Perennio war selbstbewusst genug, um sich dem familieninternen Kräftemessen zu stellen.
Er liebte Istirde wirklich, sie verkörperte alles was er sich von einer Partnerin erhoffte. Sie war gebildet und schön zugleich, war selbstbewusst und auf Augenhöhe mit ihm. Mehr noch, sie hatte ihre eigene, vortreffliche Karriere, war gerade Doctora geworden und ihm somit auf der Karriereleiter eine Stufe voraus. Er schätzte ihre geschliffene Ausdrucksweise, ihre schnelle Auffassungsgabe und ihre Beharrlichkeit. So hatte sie ihren frisch angetrauten Gemahl darin bestätigt, weiter an seiner Karriere im Prätorenhof der Stadt Vinsalt zu arbeiten. Eines jedoch würde sein Vater sicherlich mit Genugtuung sehen: Als Tochter aus dem Hause Urbet, entstammte Istirde einer alten, angesehenen Familie.

Besucht zum ersten Mal die Familie ihres Gemahls: Istirde

Mit einem einladenden Lächeln, das Istirde die Nervosität nehmen sollte, und ihrer Linken fest in seiner rechten Hand, trat das Paar zunächst vor Dimiona della Carenio, das Familienoberhaupt. Dimiona hatte sich erhoben. Das elegante Kleid in zarten Pastelltönen unterstrich die aufrechte Haltung der Baronessa. Seit ihrer schweren Verletzung bei der Schlacht um Sewamund, bei der sie einen Zeh an ihrem linken Fuß eingebüßt hatte, trug sie die Röcke bewusst bodenlang, um den eigens angefertigten Schuh zu verbergen, der ihr ein besseres, weniger schmerzhaftes Gehen ermöglichte. Dimionas feines Lächeln verriet, dass sie von Istirde angetan war, noch ehe diese den Mund geöffnet hatte. Perennios Tante hatte eine herausragende Menschenkenntnis, war geübt darin Haltung und Bewegung eines Menschen zu studieren und ihre Schlüsse daraus zu ziehen.
“Hochverehrte Tante, Baronessa Dimiona, darf ich Euch meine Gemahlin Istirde von Urbet vorstellen? Doctora der Rechtskunde in Vinsalt.”
Ein Seitenblick auf seinen Vater ließ erkennen, dass die Vorstellung Wirkung zeigte. Ricardos zu schmalen Schlitzen zusammengezogenen Augen weiteten sich, der verkniffene Mund schien sich etwas zu entspannen.

Istirde griff die Vorstellung durch Perennio auf und wandte sich ebenfalls zunächst an die Familienmatriarchin: “Signora, es freut mich sehr, eure Bekanntschaft zu machen. Nicht nur euer Neffe …” Sie warf einen kurzen anerkennden Blick zu Perennio. “... nein, auch mein Vetter, Monsignore Auricanius, Baron Cindanos und seit Jahresbeginn ja Kurator hier in Sewamund, schwärmten schon von eurer Scharfsinnigkeit und eurer so eleganten wie natürlichen Anmut.”
Dabei deutete sie erneut eine Verbeugung an.
Dass sie ihrem Vetter bei dieser Begrüßung Worte in den Mund legte, die nicht exakt so gefallen waren, hielt sie für entschuldbar. In seinem letzten Brief, in dem er ihr zu ihrer Vermählung gratulierte, hatte er die Baronessa, der er beim 75. Geburtstag Herzog Cusimos im Praiosmond begegnet war, jedoch grundsätzlich für ihren eleganten Auftritt auf ebendiesem gelobt.

Dimiona fühlte sich geschmeichelt. Sie lächelte huldvoll und unternahm dezent eine intensivere Begutachtung des neuen Familienmitgliedes. Allerliebst, befand sie, was das Äußere anging, und was noch viel wichtiger in den Augen des Oberhauptes des Lilienrates war, der Intellekt schien da zu sein. Istirde war Doctora, sie hatte es bereits zu einer ansehnlichen Karriere gebracht. Eine perfekte Voraussetzung für Kinder. Klug und gutaussehend! Besser ging es kaum. War zu hoffen, dass Istirde auch fruchtbar war.
Mit einem Seitenblick auf Ricardo reichte Dimiona das junge Paar an ihren Bruder weiter.
Perennios Haltung straffte sich, er schluckte sichtlich. Er hielt dem Vater die rechte Hand hin.
“Verehrter Vater, ich bin gekommen, um Euch meine Gemahlin Istirde von Urbet vorstellen, ihres Zeichens Doctora der Rechtskunde in Vinsalt. Tochter von Jago von Urbet-Marvinko, der leider bereits zu Boron gerufen wurde, und Marbis Raloff.”
Ricardos Miene blieb unerbittlich hart. Ein Blickgefecht zwischen Vater und Sohn entsponn sich. Perennio respektierte seinen Vater und dessen Lebensleistung. Er wollte ihn nicht brüskieren, doch in diesem Fall musste er gewinnen, das war er Istirde schuldig. Er wusste, dass sein Vater missbilligte, dass sein Sohn sich selbst eine Frau gesucht und diese ohne die Einwilligung des Vaters zum Bund geführt hatte. Doch gerade diese wichtige Lebensentscheidung eigenständig getroffen zu haben, war der Moment, in dem sich Perennio endlich unabhängig von den Plänen seines Vaters gemacht hatte. Und genau das wollte er ihm nun zeigen. Er, Perennio della Carenio, war Herr seines Lebens, er hatte seine Frau selbst gewählt, oder besser sie hatte ihn für sich ausgesucht. Aber das musste er dem Vater nicht auf die Nase binden.
So entschied Perennio den Sieg im Blickgefecht seinem Vater zu gewähren und ergriff stattdessen die Rechte seines Vaters und die zarte rechte Hand seiner Gemahlin und legte Istirdes in die von Ricardo. Der alte Justiziar ließ ihn gewähren und nun erschien sogar ein angedeutetes Lächeln auf seinen Lippen.
“Willkommen, Istirde als Mitglied der Familie della Carenio! Ich bin erfreut über die Wahl meines Sohnes!”, äußerte er sich und blickte dabei in Istirdes grüne Augen. Doch schon einen Augenblick später drehte er sich erneut zu seinem Zweitgeborenen und seine Gesichtszüge verhärteten sich wieder.
“Dennoch wäre ich gerne zuvor informiert worden. Eine offizielle Verlobung und Feier des Bundes gab es wohl nicht, oder?”
Ricardos Stimme wies eine unterschwellige Schärfe auf.

“Dafür muss ich euch um Vergebung bitten, Signor”, wandte Istirde ein, bevor Perennio etwas entgegnen konnte. “Meine Studien an der Rechtsschule haben uns übers vergangene Jahr kaum gemeinsame Zeit für gesellschaftliche Anlässe gelassen. Euer Sohn …” Sie warf einen liebevollen Blick zu ihrem Gemahl. “... war in all dieser Zeit sehr verständnisvoll. Und er war viel mehr als das. Ohne seine selbstlose Unterstützung stände ich bestimmt nicht schon mit dem Magisterabschluss hier, den ich auch dank ihm so rasch vorlegen konnte. Da wir unbedingt im Traviamond den Bund schließen und keinen weiteren Götterlauf warten wollten, musste die Planung größerer Feierlichkeiten zunächst hinten angestellt werden.”
Istirde bemühte sich, keine Unwahrheiten über ihre Lippen kommen zu lassen, auch wenn sie weitere wesentliche Motive ihrer schnellen Heirat wohlweislich verschwieg.
“Mein Vetter, Baron Auricanius, drückte indes schon seine Bereitschaft aus, gegebenenfalls gemeinsam mit eurer Familie …” Istirde blickte dabei von Ricardo zu Dimiona. “... noch eine würdige Feier des Traviabunds folgen zu lassen. An einem Ort eurer Wahl.”
Damit verbeugte sie sich noch einmal leicht – und versuchte aus den Augenwinkeln eine Reaktion Perennios einzufangen. Sie hoffte sehr, ihn mit ihrem Vorstoß nicht brüskiert zu haben.

Perennio lächelte innerlich darüber wie geschickt Istirde sich und ihn aus der Affäre gezogen hatte. Ihr selbstsicheres und eloquentes Auftreten bezeugte erneut, dass er eine gute Wahl getroffen hatte.
In diesem Moment schaltete sich Dimiona erneut ins Gespräch ein.
“Oh, wie schön! Es soll wahrlich eine große Feier geben, wenn Euer Vetter, Baron Auricanius, das ebenfalls gerne möchte. Du wirst sicher gerne der Gastgeber sein, Ricardo, nicht wahr?”
Dem Angesprochenen blieb nun gar nichts anderes, als nickend zuzustimmen. Er verfluchte seine Schwester insgeheim dafür, dass sie so blitzschnell geschaltet hatte. Nun konnte und wollte er sich natürlich nicht die Blöße geben und fragte vorsichtig nach.
“Es soll schon hier in Sewamund stattfinden, nicht wahr?”

Istirde sah bei dieser Frage ihren Gemahl an, als wolle sie es ganz bewusst ihm überlassen, seinem Vater zu antworten.

Perennio nickte: “Ja es soll hier in Sewamund stattfinden, wenn es Euch gefällt uns diese Feier auszurichten.”
Dimiona klatschte erfreut in die Hände.
“Oh, sicherlich! Eine Hochzeitsfeier, wenngleich einige Zeit nach dem Bund, ist immer ein glanzvolles Ereignis. Ich freue mich darauf, den Palazzo Novo für euch schmücken zu lassen!”
Dimiona breitete die Arme aus.
“Lasst mich euch ans Herz drücken, Perennio und Istirde!”
Man konnte spüren, dass die Aussicht auf Familienzuwachs das Herz der Baronessa erfreute.
Während sie die beiden nacheinander drückte, brummelte Ricardo etwas wie “hätte es schon gerne vorher gewusst …", ließ es sich dann aber auch nicht nehmen, die neu gewonnene Schwiegertochter zu umarmen.

Istirde nahm die Reaktion ihrer Gastgeber auf die in Aussicht gestellte Feier vor allem mit Erleichterung auf - nicht ihrer selbst willen, sondern weil sie wusste, wie wichtig Perennio trotz seines eigenen Strebens nach Unabhängigkeit ein gutes Verhältnis zur Familie war. Gleichzeitig war sie dankbar, dass sie unter ihren Verwandten mit keiner so fixierten Erwartungshaltung zur Gestaltung des eigenen Lebens konfrontiert war.


Stellt die eine, entscheidende Frage: Ludovigo della Carenio

Das gemeinsame Abendessen, zu dem auch Dimionas Söhne Dragomaris und Ludovigo gekommen waren, begann überaus fröhlich. Die Nachricht von Perennios Vermählung sorgte für einige Trinksprüche und gute Laune. Bis Ludovigo das Reizthema ansprach …
“Sag’, Perennio, jetzt wo deine Gemahlin so eine großartige Karriere in Vinsalt macht, wirst du wohl nicht Vorhaben, deinen Wohnsitz wieder nach Sewamund zu verlegen, oder?”
Sowohl Dimionas wie auch Ricardos Köpfe schnellten herum. Alle Blicke waren auf Perennio gerichtet. Mit einem Mal war es still an der Tafel.
Perennio tupfte sich umständlich den Mund ab, um Zeit für eine Antwort zu gewinnen. Das Unvermeidliche ließ sich allerdings nicht länger hinausschieben.
“Tatsächlich denken Istirde und ich auf absehbare Zeit nicht über eine örtliche Veränderung nach. Wir haben beide eine gute Position in Vinsalt. Das ist der Hauptgrund. Denn, so schön es ist, mit euch allen unter einem Dach zu speisen, so sehr lockt uns beide die berufliche Herausforderung.”
Er legte seine Hand auf die Istirdes und drückte diese fest wie zur Bestätigung, dass sie nicht befürchten musste, dass ihr Gemahl eine Umsiedlung anstrebte. Sein Blick aber lieferte sich ein erneutes Gefecht mit seinem Vater.

Istirde nickte kaum merklich, als Perennio seine Hand auf ihre legte. Sie hatte keine Zweifel, dass er mit seinem Herzen bei ihr und ebenso aus Überzeugung in Vinsalt war. Für sie zählte dies mehr als alle Erwartungen, die ihre neuen Schwager oder ihr Schwiegervater vielleicht hatten.

In Ricardos Blick voll väterlicher Strenge mischte sich dieses Mal hingegen auch ein wenig Resignation und Enttäuschung. Er wusste nun, dass er nicht auf die Rückkehr seines Sohnes warten konnte. Es war klar, dass er bei der Planung seiner Nachfolge nicht auf Perennio zählen konnte. Um so mehr musste er nun Ludovigo fördern. Wenngleich nicht sein Fleisch und Blut, und bei weitem nicht mit der außergewöhnlichen Begabung Perennios gesegnet, war er doch ein guter Jurist, willig und zuverlässig. Und was vielleicht noch mehr zählte, er war formbar nach Ricardos Vorbild. Der alte Justiziar fasste einen Entschluss. In seine Zukunftspläne würde er Perennio nicht einschließen.
“Es ist dein Leben, Perennio, deine Karriere und deine neu zu gründende Familie. Ich wünsche dir für beides Glück und möchte noch einmal betonen, dass dir auch weiterhin hier in Sewamund alle Türen offenstehen.”
Die Worte waren wohlüberlegt, boten Perennio die Freiheit der Entscheidung und ließen eine Tür offen. Einzig Dimiona, die ihren Bruder sehr liebte, hörte die Bitterkeit hinter den freundlichen Floskeln. Ihre Blicke wechselten von Ricardo zu Perennio, dann streiften sie Istirde, der eine gewisse Anspannung – und doch auch Gewissheit selbst – anzusehen war und landeten schlussendlich auf Ludovigo, dem man die Zufriedenheit ansehen konnte. Er hatte nun die Sicherheit, in absehbarer Zeit keine Konkurrenz fürchten zu müssen und konnte sich nun ganz auf seine Karriere an der Seite des Onkels konzentrieren. Entsprechend gelöst wirkte er, als er das Glas erhob und einen weiteren Trinkspruch auf das junge Paar formulierte.
“Auf euer privates und berufliches Glück!”
Vielleicht mit einer winzigen, kaum spürbaren Verzögerung, erhob auch Ricardo sein Glas und alle stimmten in den Wunsch ein.