Briefspiel:Ritterlichkeit und Minnesang: Unterschied zwischen den Versionen
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Aurelio war entzückt. Für ihn war es eine große Ehre, dass sein Enkelsohn nach ihm benannt wurde und Drugon traf ihn exakt dort, wo Aurelio anfällig war. Bei seiner enthusiastischen Freunde über das Enkelkind. ''"Welch schöner Vorschlag."'' Dabei senkte er seinen Hammer und strahlte über das ganze Gesicht. Svelinya ahnte, dass ihr Vater in diesem Moment als treuer Verbündeter in Bezug auf die Namenswahl wohl ausfallen würde. Außerdem ... wieso an dieser Stelle überhaupt eine Namenswahl, noch stand das Geschlecht nicht fest und sie würde sich sicherlich nicht ihre Schönheit durch eine Tochter nehmen lassen. So lass sie einst in einem Buch und seitdem hatte sie große Angst davor. Auch war es hier sehr warm und das Getränk zu kalt. ''"Liebster Vater, Du bist wir wahrlich eine große Hilfe."'' Drugon bemerkte ihre rollenden Augen. Aurelio noch ganz abgelenkt ''"Ich weiß liebste Svelinya und wenn ich Dir dennoch einen kleinen Rat geben darf ...''" setze er zum großen Wurf an, den Svelinya nur durch einen beherzten ''"Drugon, mein Liebster, lass uns tanzen, dieses Lied erinnert mich an die Tiefe unserer Liebe...Vater..."'' sie lächelte ihn um Verzeihung bittend an. Aurelio brachte nur noch ein "Ich bin zu tiefst gerührt" heraus, als die Beiden auf die Tanzfläche verschwanden. | Aurelio war entzückt. Für ihn war es eine große Ehre, dass sein Enkelsohn nach ihm benannt wurde und Drugon traf ihn exakt dort, wo Aurelio anfällig war. Bei seiner enthusiastischen Freunde über das Enkelkind. ''"Welch schöner Vorschlag."'' Dabei senkte er seinen Hammer und strahlte über das ganze Gesicht. Svelinya ahnte, dass ihr Vater in diesem Moment als treuer Verbündeter in Bezug auf die Namenswahl wohl ausfallen würde. Außerdem ... wieso an dieser Stelle überhaupt eine Namenswahl, noch stand das Geschlecht nicht fest und sie würde sich sicherlich nicht ihre Schönheit durch eine Tochter nehmen lassen. So lass sie einst in einem Buch und seitdem hatte sie große Angst davor. Auch war es hier sehr warm und das Getränk zu kalt. ''"Liebster Vater, Du bist wir wahrlich eine große Hilfe."'' Drugon bemerkte ihre rollenden Augen. Aurelio noch ganz abgelenkt ''"Ich weiß liebste Svelinya und wenn ich Dir dennoch einen kleinen Rat geben darf ...''" setze er zum großen Wurf an, den Svelinya nur durch einen beherzten ''"Drugon, mein Liebster, lass uns tanzen, dieses Lied erinnert mich an die Tiefe unserer Liebe...Vater..."'' sie lächelte ihn um Verzeihung bittend an. Aurelio brachte nur noch ein "Ich bin zu tiefst gerührt" heraus, als die Beiden auf die Tanzfläche verschwanden. | ||
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| + | ==Tairena und Dareius (Fortsetzung)== | ||
| + | Nachdem das Fest bereits einige Stunden angedauert hatte und Tairena mit vielen den Anwesenden geplaudert und oft auch getanzt hatte, fiel ihr Blick auf Dareius Amarinto, mit dem sie ihren ersten Tanz des Abends getanzt hatte. Zu ihrer Überraschung war er allein, was selten der Fall war. Und zu ihrer weiteren Überraschung spürte sie deutlich, dass dies sie erfreute.''"Signor Amarinto, dieses Fest ist wirklich gelungen. Ich habe schon viele interessante Gespräche geführt und manches erfahren, gerade auch über eure Heimat [[Sewamund]]. Eine durchaus interessante Stadt."'' Sie schaute in Dareius' Gesicht, der zuvor ausdruckslos und irgendwie auch abwesend dreingeschaut hatte, aber jetzt aufmerksam Tairenas Worten zugehörte und sie direkt ansah. | ||
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| + | ''"Signora Tairena, ja ihr habt Recht. Ruthor hat gewiss seine Vorzüge, ich kann nicht verhehlen, dass es in Sewamund nüchterner zugeht. Aber ebenso wie Ruthor ist auch Sewamund eine alte Stadt, die viele Mysterien und Geheimnisse unter ihrer Oberfläche verbirgt. Die [[Sewakien|Sewakier]] sind ein besonderer Menschenschlag. Bald ist Seebadsaison und das Sewamunder Seebad wird wieder allerlei interessante Personen aus dem ganzen Reich anziehen. Das solltet ihr wirklich einmal erlebt haben. Wenn es euch lieber ist, könntet Ihr sogar am selben Tag nach [[L'Odina]] zurückkehren. Aber ich muss zugeben, trotz der kurzen Wege bin ich oft wochenlang nicht in Sewamund. Meine Verpflichtungen in [[Ruthor]], [[Serillio]] und [[Trarion]] halten mich häufig in der [[Baronie Ruthor]] fest. Ich nehme an, Ihr trefft eure Verwandtschaft in [[Shenilo]] ebenso nicht allzu häufig?"'' Kurz wurde er abgelenkt, als er den Stadtmeister [[Argention di Sibertani]] eng umschlungen mit einer dunkelhaarigen jungen Dame in einem schlecht ausgeleuchteten Eingang zu den Kellerräumen der Arena erkannte. Er war sich nicht sicher, aber er hatte ihn früher am Abend mit [[Salkya de Gerimaldi]] gesehen und sein Gefühl lag meistens richtig in diesen Fragen. | ||
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| + | ''"Ja, da habt Ihr recht, Signor Dareius. In Shenilo bin ich nicht allzu oft, aber Eure Einladung nach Sewamund ins Seebad nehme ich gerne an. Und ob ich noch am selben Abend nach L`Odina zurückkehren werde, wird sich zeigen. Man kann ja nie wissen, was das Wetter so bringt."'' | ||
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| + | Dareius nickte höflich. ''"In dem Fall seid Ihr natürlich herzlich eingeladen ein Gästezimmer im [[Palazzo Amarinto]] zu beziehen und das [[Haus Amarinto]] mit Eurer Anwesenheit zu beehren. Die Seebadsaison beginnt in wenigen Wochen, wenn das Wetter stabil bleibt vielleicht sogar im schon im Rahja."'' Sie stießen darauf an. | ||
==Larona und Dareius== | ==Larona und Dareius== | ||
| − | Nach | + | Nach dem Gespräch mit [[Tairena Carson]] erblickte Dareius [[Larona ya Scarpone]] unter den Anwesenden. Er griff sich zwei Gläser fein perlenden [[Bosparanjer]] und näherte sich ihr unbemerkt von hinten. Auf dem Weg wollte ihn ''Commodore'' [[Valeran ter Verosen]] in ein Gespräch verwickeln, doch Dareius entwand sich geschickt seinem rethorischen Zugriff. ''"Signora Larona, ich wusste ihr würdet kommen."'' Er hielt ihr lächelnd ein Glas Bosparanjer entgegen. Sein Blick blieb einen Moment zu lange an ihren weiblichen Formen hägen, als er ihr Kostüm "bewunderte". Schnell rief er sich jedoch selbst zu Ordnung und sein Lächeln nahm eine zugleich beschämte und entschuldigende Form an. Ohne eine Antwort abzuwarten drückte er ihr das glas in die Hand und führte sie mit einem Arm in eine andere Richtung. ''"Kommt, ich möchte Euch etwas zeigen"!"'' Er führte sie zu einer Plattform am höchsten Punkt der Alten Arena, von der aus man in der Dämmerung sowohl die Lichter des Ruthorer Hafens, als auch auf der anderen Seite die dunklen Schemen der aus dem Wasser ragenden Ruinen des Ozeanidenpalastes bestaunen konnte. ''"Eine wunderbare Aussicht, findet Ihr nicht auch?"'' |
Larona wandte sich um, als sie seine Stimme hörte – und beim Anblick des gutaussehenden Ritters fuhr ihr ein leiser Schauer über den Rücken. ''"Signor Dareius..."'', sagte sie leise. Sie nahm das Glas entgegen, ihre Finger berührten flüchtig die seinen. | Larona wandte sich um, als sie seine Stimme hörte – und beim Anblick des gutaussehenden Ritters fuhr ihr ein leiser Schauer über den Rücken. ''"Signor Dareius..."'', sagte sie leise. Sie nahm das Glas entgegen, ihre Finger berührten flüchtig die seinen. | ||
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''"Was ich in Euch sehe? Eine Frau, die ich bewundere. Eine Kriegerin, die ich ernst nehme. Und eine Erinnerung, die ich nicht missen möchte."'' | ''"Was ich in Euch sehe? Eine Frau, die ich bewundere. Eine Kriegerin, die ich ernst nehme. Und eine Erinnerung, die ich nicht missen möchte."'' | ||
| − | + | Larona lächelte mitfühlend. ''"Die Niederungen des Alltags kenne ich gut. Aber ich bin mir sicher, Ihr habt auch dabei eine ebenso gute Figur gemacht und glorreich gegen die Papiere gesiegt."'' | |
| − | + | Den vielen Worten hörte sie gebannt und erregt zu. Sie nahm seine Hand, streichelte sie und rang nach Worten. ''"Dareius...Ihr..."'' Sie schaute ihn an, nahm die andere Hand und legte sie vorsichtig an seine Wange. Leise sagte sie noch: ''"Das...das war wunderschön."'' Dann küsste sie ihn. Es war ein behutsamer Kuss, unsicher und doch gefühlvoll. Sanft, um diesen Augenblick zu genießen. | |
| + | Larona löste sich kurz, nur wenige Halbfinger. Sie blickte Dareius tief in die Augen. ''"Dann, mein liebster Dareius, füllen wir diese Nacht doch auch wieder mit Leben."'' | ||
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| + | Für einen flüchtigen Herzschlag lang schwieg Dareius – nicht aus Unsicherheit, sondern aus diesem stillen Triumph, den nur ein Mann kennt, der gerade die Frau erobert hatte, die er in diesem Moment wirklich wollte. | ||
| + | Ein Hauch von Hochmut blitzte in seinen Augen auf, kaum länger als ein Atemzug – ein Ausdruck, der sagte: "Ich wusste, dass dieser Kuss kommen würde." | ||
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| + | Doch ebenso schnell wich er wieder und machte Platz für jenen warmen, unaufdringlichen Charme, der Dareius Amarinto so gefährlich machte. | ||
| + | Sanft hob er die Hand und legte sie wieder an ihre Wange, so zart, als würde er ein kostbares Stück Porzellan halten. Sein Daumen strich kaum merklich über ihre Haut, während er sich noch näher zu ihr neigte. | ||
| − | ''" | + | ''"Kommt,"'' sagte er leise, seine Stimme eine Mischung aus Wärme und verführerischer Sicherheit, ''"folgt mir."'' |
| + | Er führte sie hinunter aus der Arena, nicht hastig, sondern mit dieser selbstgewissen Eleganz, die verriet, dass er seinen Weg bereits geplant hatte. Zwischen den Fackeln und den letzten Klängen der Feier hindurch, bis sie die berühmte Gladiatorenbrücke erreichten – jenem Relikt aus bosparanischer Zeit, das seither die Ozeanideninsel mit dem Festland verband. | ||
| + | Hier war es stiller. Der Wind wehte stärker. Das Wasser der Bucht unter ihnen rauschte sanft. Und die Stadt lag zu beiden Seiten wie ein funkelnder Teppich aus Lichtern, gespiegelt in der geschützten Bucht. Vor ihnen erhob sich die dunkle, majestätische Silhouette des [[Castello Belvedere]], Residenz der Baronin. | ||
| − | ''" | + | Dareius atmete tief ein. |
| + | ''"Wisst Ihr,"'' begann er, während er seinen Blick über die Stadt schweifen ließ, ''"hier, über genau diese Steinen, schritten einst die Gladiatoren ihrem letzten Kampf entgegen. Manche voller Furcht, manche voller Trotz, alle wissend, dass dieser Weg ohne Rückkehr sein konnte."'' | ||
| + | Seine Stimme senkte sich. | ||
| + | ''"Ein Ort wie dieser lehrt uns Demut. Und Dankbarkeit. Für jeden Tag, den uns die Zwölfe schenken. Wir sind Ritter, Krieger, Soldaten..."'' – er sah sie wieder an, ernst, aber mit einem warmen Glanz in den Augen – ''"wir wissen beide, dass jeder Tag unser letzter sein kann."'' | ||
| + | Er trat näher an sie heran, seine Worte nun tiefer, samtiger. | ||
| + | ''"Darum, Larona...sollten wir jeden Tag leben, als wäre er der letzte. Nicht morgen, nicht irgendwann. Genau jetzt."'' | ||
| + | Dann senkte sich sein Ton in ein heiseres Flüstern, das der Wind fast davontrug: ''"Und heute Nacht...bietet sich uns noch ein wenig Zeit, die wir füllen können."'' | ||
| + | Er neigte den Kopf ein wenig, sein Lächeln wieder so unverschämt charmant – aber nicht fordernd, sondern einladend. ''"Wenn Ihr mögt,"'' sagte er, während er ihr sanft die Hand reichte, ''"ziehen wir uns zurück in den Palazzo Amartos. Dort..."'' sein Blick senkte sich für einen Moment zu ihren Lippen, ''"...können wir genießen, was uns die Nacht noch schenkt."'' | ||
| − | Dareius | + | Der Wind umspielte sie wie ein stummer Segen der Rahja. Und Dareius wartete – geduldig, sicher, und mit einem Blick, der keine Zweifel ließ, was er hoffte, dass sie wählen würde. |
Aktuelle Version vom 26. November 2025, 00:19 Uhr
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Anfang Rahja 1046 BF, Alte Arena in Ruthor
Während dem Fest der Freuden in Ruthor veranstaltet Dareius Amarinto ein Fest der Ritterlichkeit in der Alten Arena Ruthors. Zahlreiche Turnierstreiter, fahrende Ritter, Minnesänger, Poeten und Barden sind hierzu geladen, darunter auch die junge Turnierstreiterin Larona ya Scarpone, welche nur Wochen zuvor bei ihrem ersten Turnier für Aufsehen gesorgt hatte.
Das Fest der Ritterlichkeit
Sein Zeremonienmeister Muracio Dossarando hatte sich gemeinsam mit den Geweihten und Bediensteten des Rahja-Tempels selbst übertroffen. Die Alte Arena von Ruthor erstrahlte zu diesem besonderen Fest der Ritterlichkeit in einem ganz besonderen Glanz. Das Thema Die Ritterschaft Yaquirias im Unabhängigkeitskrieg hatte auch die Gäste zu erstaunlicher Kreativität angestachelt, die Kostüme waren von ausgesuchter Qualität und Vorlagentreue, die Stimmung exzellent. Dareius Amarinto war als sein Urahn Rondrician I. Amarinto, ein Ritter König Khadans, verkleidet. Er blickte zufrieden auf das Fest, viele bekannte Turnierstreiter und Ritter waren seiner Einladung gefolgt, aber auch die lokale Oberschicht Ruthors, der restlichen Septimana und sogar einige Adlige aus Kuslik waren gekommen. Er nippte an seinem Glas Rotwein und lauschte dem Gesang von Gualtiero di Saliucello, der dem begeisterten Publikum seine neueste Komposition "Sturm der Liebe" darbot.
Er bemerkte zuerst nicht, wie sich eine schlanke Dame neben ihn geschoben hatte. Dalia Ollantur war als Ezzelino Desterzia verkleidet und legte sanft ihre zarte Hand auf seine. "Signor Amarinto, ein wundervoll inszeniertes Fest. Ich bin wahrlich beeindruckt. Seid ihr euch wirklich sicher, dass ihr nicht doch im tiefsten Herzen ein Mann des Theaters und des Schauspiels seid?" Sie lächelte, doch ihr Gesicht verbarg gekonnt die wahren Emotionen der berühmten Schauspielerin. Ihr Hand ruhte weiterhin auf seiner. Dareius spürte eine leichte Nervosität aufflammen. Irgendetwas an dieser jungen Frau brachte ihn immer wieder aus dem Gleichgewicht, aber er konnte bei Rondra nicht festnageln was es war. Dann sammelte er sich und ergriff ihre Hand zum Handkuss. "Ratsherrin Ollantur, danke für das Kompliment. Ich gebe mir größte Mühe, die wundervollen Vorführungen Eurer Bühne sind mir Inspiration und Grund zur Demut zugleich." Ihr perfektes unschuldiges Lächeln verschob sich für einen Sekundenbruchteil zu etwas mehr Stolz. Dann ergriff sie seine Hand mit ungeahnter Kraft. "Zum Tanz Signor, diese Inspiration will ich doch selbst erlebt haben." Sie führte ihn zur Tanzfläche in der Mitte der Arena, während ihre jüngere Schwester und Dareius' frühere Knappin Nandura Ollantur, welche stumm daneben gestanden hatte, nur mit den Augen rollten konnte. Sie wusste welche Freude es Dalia bereitete sie in solche Verlegenheit gegenüber ihrem Schwertvater zu bringen.
Dareius indes ließ seinen Blick über die Tanzenden schweifen und blieb an einer jungen Dame hängen, die sich als Pyrdonia di Matienna von Arinken verkleidet hatte. Er versuchte sich zu erinnern, ob auf Bildern aus dieser Zeit die Haare von Pyrdonia zu erkennen waren. Diese rotbraunen wallenden Locken wären ihm sicherlich in Erinnerung geblieben. Es handelte sich hier jedenfalls um die Erbin von L'Odina, Tairena Carson. Mit einer Carson zu reden wäre ohnehin schon lohnenswert und mit einer solch sehenswerten allemal. Er beschloss, sie zum nächsten Tanz aufzufordern.
Tairena und Dareius
Nachdem Dareius sich bei der ausgezeichneten Tänzerin Dalia Ollantur für den Tanz bedankt und diese sich zu einer Gruppe ruthorer Adliger gesellt hatte, nahm er zwei bereitstehende Gläser Rotwein und ging auf Tairena Carson zu. "Signora Carson, es freut mich Euch auf meinem Fest begrüssen zu dürfen. Ein wundervolles Kostüm habt ihr diesem Anlass zu Ehren gewählt." Er nahm die ihm gereichte Hand zum Handkuss und überreichte Tairena das Glas mit dem Wein. "Ihr seid doch sicher durstig, hier ein hervorragender Wein aus der Heimat eures Hauses - ein Sheniloer Hesindetropfen." Tairena nahm das Glas, probierte den Wein, lächelte und meinte: "Vortrefflich...der Wein und die Musiker. Beides sollten wir nutzen!" Sie stellte das Glas auf das Tablett eines zufällig vorbei eilenden Dieners, ergriff nun ihrerseits die Hand Dareius' und gemeinsam reihten sie sich unter den Tanzenden ein.
Van Kacheleen als Casciano von Cindano
Aurelio van Kacheleen hatte sich das Kostüm des Casciano von Cindano auf seinen Körper maßschneidern lassen. Rüstungsteile waren durch Stoff so kunstvoll in Szene gesetzt worden, das man tatsächlich auf dem ersten Blick von einer schweren Rüstung mit enganliegender Sturmhaube ausgehen musste. Selbst seine Waffe hatte er sorgsam gewählt. Den gewaltigen Kriegshammer Korrossár trug er mit einer Leichtigkeit, dass selbst der stattlichste Ritter sich die Augen reiben musste, wenn ein fast mittsechziger so daher geschritten kam. Selbstverständlich war es eine schön zusammengenähte Stoffwaffe. Als Aurelio sie mit alten Wollsocken seiner Sewamunder Strandpiraten stopfen lassen wollte, bestand seine Liebste Velaria sehr und energisch darauf, diese zumindest vorher gewaschen zu haben. Begleitet wurde der Condottiere Aurelio, verzeiht, Casciano von Cindano, von seinen Söhne Horasio und Travinus sowie den Leibwächtern Reed und Konnar Fuxvell. Alle trugen prächtige Rüstungsschneiderein. Aurelio hatte seine Kontakte nach Grangor spielen lassen und bei der dortigen Kostümschneiderin Dorenia Gren die Unikate in Auftrag gegeben. Das heißt, aus einem bereits vorhandenen Fundus des letzten Grangorer Maskenfestes hatte er sich preisgünstig bedient und etwas sehr schickes und überzeugend Auffallendes schneidern lassen. Ein Handelsherr aus der Septimana hatte schließlich keinen Dukaten zu verschenken. Im Gegenteil. Im "Einkauf liegt der Segen". Einer seiner gerne zitierten Sprüche und fast schon das neue Markenzeichen der van Kacheleens. Horasio dachte gar bereits darüber nach, den Hausspruch diesbezüglich zu ändern, wenn er in ferner Zukunft das Erbe Aurelios denn einmal antreten sollte.
So betraten die van Kacheleen die Alte Arena Ruthors und freuten sich auf viele bekannte Gesichter. Erfreut über Dareius Amarinto machte Aurelio ihm seine Aufwartung und erkundigte sich nach Drugon und seiner Tochter Svelinya. Anschließend gab es ein längeres und sehr herzliches Gespräch mit dem Vertreter der Familie Bolburri. Der Condottiere Aurelio erließ den Befehl "ausschwärmen" und seine Mannen schwärmten aus und führten mit vielen Anwesenden kurze und teils längere Gespräche vor, beim und nach dem Tanz. Endlich entdeckte er seine geliebte Tochter Svelinya und seinen Schwiegersohn Drugon. Er freute sich auf das Gespräch.
Drugon Amarinto hatte sich als Acano ya Torese verkleidet, seine Gattin Svelinya als dessen Frau. Allerdings war ihre Schwangerschaft bereits weit fortgeschritten, so dass sich die Wölbung ihres Bauches deutlich unter dem Kostüm abzeichnete. Sie nippte frustriert an einem Glas Traubensaft. "Du bist dir sicher, dass selbst ein Gläschen Bosparanjer dem Kind schaden würde?" Drugon zuckte mit den Achseln. "Das ist jedenfalls das, was die Medici der Anatomischen Akademie und der Peraine-Schule der Universität Methumis in ihren neuesten Schriften erklärt haben. Es ist doch besser vorsichtig zu sein, meinst du nicht?" Svelinya seufzte nur frustriert, ihr Gesichtsausdruck machte deutlich, dass sie ihm zwar zustimmte aber nun auch nicht besonders glücklich darüber war. Drugon versuchte sie also von diesem Thema abzulenken. "Ich glaube es wird ein Mädchen. Gibt es einen Frauennamen in deiner Familie, der dir besonders gefällt?"
Hatte er soeben "Mädchen" gesagt ? Svelinya wusste nicht genau, ob Sie sich nur verhört hatte oder ihr Liebster tatsächlich "Mädchen" gesagt hatte. Innerlich suchte etwas seine Bahnen, welches äußerlich wie "aufgregt sein" hätte wahrgenommen werden könnte. Doch wer Svelinya lannte, wusste, der Vulkan war nun bereit für eine Eruption.
"Liebling" ihre Stimme nahm eine Klangfarbe an, die Drugon sehr bekannt war. Die Nackenhaare stellten sich auf und er konnte sich auf den Hinterhalt vorbereiten "sagtest Du wirklich ... " und sie setzte eine Pause. Eine lange Pause und kurz bevor Sie weitersprechen wollte, fiel ihr Bick auf Ihren Vater Aurelio. Sie konnte ihm anmerken, dass er hocherfreut war und sich freudestrahlend den Weg mit einem viel zu großen Kriegshammer durch die Menge zu Ihr bahnte. Was machte Ihr Vater in einer Rittermaskerade und warum hatte ihm Mutter diese Keule nicht ausreden können? Sie schüttelte den Kopf. Diese Ablenkung führte allerdings dazu, dass sich Ihr Gemüt beruhigte. Dann war Aurelio schon bei Ihr und nahm Sie innig in den Arm "Tochter". Er war sehr vorsichtig, wollte er doch vermeiden Ihren Bauch in irgendeiner Art und Weise auch nur zu berühren. "Drugon, mein Sohn. Es ist bezaubernd Euch Beide zu sehen und Svelinya, Du siehst richtig glücklich aus." dabei zwinkerte er Drugon zu.
Drugon lächelte erleichtert. "Aurelio, wie immer eine Freude Euch zu treffen. Wie ich sehe ehrt Ihr Casciano von Cindano mit eurer Verkleidung, eine gute Wahl!" Sein freundlicher Gesichtsausdruck verriet nichts darüber, ob er dieses Kompliment ehrlich meinte. "Wir sprachen gerade über traditionelle Frauennamen in der Familie van Kacheleen. Welche kämen da in Frage? Ich war immer schon von 'Dalida' fasziniert, der Name meiner Urgroßmutter, abgeleitet von der Tochter des Horas. Meine Urgroßmutter, sie war Oberstwaffenmeisterin Phecadiens müsst ihr wissen, sehr temperamentvoll und starb in Trahelien im Kampf gegen Al'Anfa. Sie hätte Euch sicher gefallen!" Er zwinkerte seiner Gattin mit einem Schmunzeln zu.
Aurelio kannte seine Tochter doch sehr genau und von weitem bemerkte er, dass es sinnvoller war, das emotionale "Kap Brabak", in diesem Fall seine Tochter, gekonnt zu umsegeln und nicht schiffbrüchig auf eine der vielen Gefühksklippen zu laufen. "Eine ehrenvolle Idee, den ruhmvollen Namen der Urgroßmutter zu nehmen." stellte er kurz fest. Auch ihm konnte man die Stimmung nicht anmerken. "Nun wartet ersteinmal ab, wie Mutter Tsa sich bereits für Euch entschieden hat. Die Götter lenken unsere Wege und beizeiten erfahren wir von Ihre Überlegungen. In Eurem Fall, mit der Geburt. Meinen Segen habt Ihr. Wie geht es dem kleinen Aurelio Amarinto?" Während er den Namen aussprach, funkelten seine Augen vor Glück.
"Hervorragend! Er ist ein aufgeweckter Junge, ruhig und neugierig. Er macht dem Kindermädchen keinen Ärger, soweit ich weiß." Drugon blickte zu seiner Frau. "Aber natürlich, kann das Eure Tochter viel besser beantworten als ich." Er runzelte kurz die Stirn und sprach dann erneut. "Ich habe in den Familienarchiven nachgesehen, es gab bislang keinen Aurelio oder Aurelion im Haus Amarinto. Ebenso keine Aurelia. Allerdings gab es wohl einen Chrysion, welcher ein Sohn oder Enkel unseres Stammvaters Amartos dyll Arkis war. In der altgüldenländischen Sprache bedeutet Chrysion wohl das gleiche wie Aurelio. Man könnte unseren kleinen Aurelio also auch als Aurelio II. bezeichnen."
Aurelio war entzückt. Für ihn war es eine große Ehre, dass sein Enkelsohn nach ihm benannt wurde und Drugon traf ihn exakt dort, wo Aurelio anfällig war. Bei seiner enthusiastischen Freunde über das Enkelkind. "Welch schöner Vorschlag." Dabei senkte er seinen Hammer und strahlte über das ganze Gesicht. Svelinya ahnte, dass ihr Vater in diesem Moment als treuer Verbündeter in Bezug auf die Namenswahl wohl ausfallen würde. Außerdem ... wieso an dieser Stelle überhaupt eine Namenswahl, noch stand das Geschlecht nicht fest und sie würde sich sicherlich nicht ihre Schönheit durch eine Tochter nehmen lassen. So lass sie einst in einem Buch und seitdem hatte sie große Angst davor. Auch war es hier sehr warm und das Getränk zu kalt. "Liebster Vater, Du bist wir wahrlich eine große Hilfe." Drugon bemerkte ihre rollenden Augen. Aurelio noch ganz abgelenkt "Ich weiß liebste Svelinya und wenn ich Dir dennoch einen kleinen Rat geben darf ..." setze er zum großen Wurf an, den Svelinya nur durch einen beherzten "Drugon, mein Liebster, lass uns tanzen, dieses Lied erinnert mich an die Tiefe unserer Liebe...Vater..." sie lächelte ihn um Verzeihung bittend an. Aurelio brachte nur noch ein "Ich bin zu tiefst gerührt" heraus, als die Beiden auf die Tanzfläche verschwanden.
Tairena und Dareius (Fortsetzung)
Nachdem das Fest bereits einige Stunden angedauert hatte und Tairena mit vielen den Anwesenden geplaudert und oft auch getanzt hatte, fiel ihr Blick auf Dareius Amarinto, mit dem sie ihren ersten Tanz des Abends getanzt hatte. Zu ihrer Überraschung war er allein, was selten der Fall war. Und zu ihrer weiteren Überraschung spürte sie deutlich, dass dies sie erfreute."Signor Amarinto, dieses Fest ist wirklich gelungen. Ich habe schon viele interessante Gespräche geführt und manches erfahren, gerade auch über eure Heimat Sewamund. Eine durchaus interessante Stadt." Sie schaute in Dareius' Gesicht, der zuvor ausdruckslos und irgendwie auch abwesend dreingeschaut hatte, aber jetzt aufmerksam Tairenas Worten zugehörte und sie direkt ansah.
"Signora Tairena, ja ihr habt Recht. Ruthor hat gewiss seine Vorzüge, ich kann nicht verhehlen, dass es in Sewamund nüchterner zugeht. Aber ebenso wie Ruthor ist auch Sewamund eine alte Stadt, die viele Mysterien und Geheimnisse unter ihrer Oberfläche verbirgt. Die Sewakier sind ein besonderer Menschenschlag. Bald ist Seebadsaison und das Sewamunder Seebad wird wieder allerlei interessante Personen aus dem ganzen Reich anziehen. Das solltet ihr wirklich einmal erlebt haben. Wenn es euch lieber ist, könntet Ihr sogar am selben Tag nach L'Odina zurückkehren. Aber ich muss zugeben, trotz der kurzen Wege bin ich oft wochenlang nicht in Sewamund. Meine Verpflichtungen in Ruthor, Serillio und Trarion halten mich häufig in der Baronie Ruthor fest. Ich nehme an, Ihr trefft eure Verwandtschaft in Shenilo ebenso nicht allzu häufig?" Kurz wurde er abgelenkt, als er den Stadtmeister Argention di Sibertani eng umschlungen mit einer dunkelhaarigen jungen Dame in einem schlecht ausgeleuchteten Eingang zu den Kellerräumen der Arena erkannte. Er war sich nicht sicher, aber er hatte ihn früher am Abend mit Salkya de Gerimaldi gesehen und sein Gefühl lag meistens richtig in diesen Fragen.
"Ja, da habt Ihr recht, Signor Dareius. In Shenilo bin ich nicht allzu oft, aber Eure Einladung nach Sewamund ins Seebad nehme ich gerne an. Und ob ich noch am selben Abend nach L`Odina zurückkehren werde, wird sich zeigen. Man kann ja nie wissen, was das Wetter so bringt."
Dareius nickte höflich. "In dem Fall seid Ihr natürlich herzlich eingeladen ein Gästezimmer im Palazzo Amarinto zu beziehen und das Haus Amarinto mit Eurer Anwesenheit zu beehren. Die Seebadsaison beginnt in wenigen Wochen, wenn das Wetter stabil bleibt vielleicht sogar im schon im Rahja." Sie stießen darauf an.
Larona und Dareius
Nach dem Gespräch mit Tairena Carson erblickte Dareius Larona ya Scarpone unter den Anwesenden. Er griff sich zwei Gläser fein perlenden Bosparanjer und näherte sich ihr unbemerkt von hinten. Auf dem Weg wollte ihn Commodore Valeran ter Verosen in ein Gespräch verwickeln, doch Dareius entwand sich geschickt seinem rethorischen Zugriff. "Signora Larona, ich wusste ihr würdet kommen." Er hielt ihr lächelnd ein Glas Bosparanjer entgegen. Sein Blick blieb einen Moment zu lange an ihren weiblichen Formen hägen, als er ihr Kostüm "bewunderte". Schnell rief er sich jedoch selbst zu Ordnung und sein Lächeln nahm eine zugleich beschämte und entschuldigende Form an. Ohne eine Antwort abzuwarten drückte er ihr das glas in die Hand und führte sie mit einem Arm in eine andere Richtung. "Kommt, ich möchte Euch etwas zeigen"!" Er führte sie zu einer Plattform am höchsten Punkt der Alten Arena, von der aus man in der Dämmerung sowohl die Lichter des Ruthorer Hafens, als auch auf der anderen Seite die dunklen Schemen der aus dem Wasser ragenden Ruinen des Ozeanidenpalastes bestaunen konnte. "Eine wunderbare Aussicht, findet Ihr nicht auch?"
Larona wandte sich um, als sie seine Stimme hörte – und beim Anblick des gutaussehenden Ritters fuhr ihr ein leiser Schauer über den Rücken. "Signor Dareius...", sagte sie leise. Sie nahm das Glas entgegen, ihre Finger berührten flüchtig die seinen. Er führte sie hinauf, und sie folgte, ohne zu fragen, wohin. Der Wind trug den Duft des Meeres herauf und vermischte sich mit dem süßen Parfum der Feiernden unten in der Arena. Als sie schließlich oben standen, stockte ihr der Atem. Die Lichter Ruthors glitzerten wie funkelnde Splitter eines Rahjakusses auf dem Wasser. Sie ließ den Blick über den Hafen und die fernen Ruinen schweifen, doch ihr Herz war längst bei ihm. "Ja...es ist wunderschön!", sagte sie schließlich, während ihr Blick über die glitzernden Lichter glitt. "Eine Aussicht, die selbst eine Löwin für einen Moment zähmen könnte." Dann wandte sie sich ihm zu, der Wind spielte mit einer Strähne ihres Haares. "Ihr habt ein Händchen dafür, Orte zu finden, an denen man den Atem verliert." Keck sah sie ihn an. "Aber sagt, Signor, führt Ihr alle Damen, die Ihr beim Fest trefft, an solch bezaubernde Orte – oder bin ich die erste, die in diesen Genuss kommt?"
Dareius lächelte bei ihren Worten – dieses halb herausfordernde, halb spielerische Lächeln, das so typisch für ihn war, wenn er ertappt wurde und sich doch nicht ganz schuldig fühlte. Der Wind fuhr durch sein Haar, und in der Dämmerung flackerte das Licht der Fackeln unten in der Arena wie ferne Glut in seinen Augen. "Wenn ich sagen würde, dass Ihr die Erste seid, Signora," begann er mit gespielter Nachdenklichkeit, "würde ich lügen – und Ihr würdet es mir auch ohnehin nicht glauben." Er trat einen Schritt näher an sie heran, so dass sie den Wein in seinem Glas riechen konnte, fein und herb zugleich. "Ja," fuhr er fort, "ich war schon einmal hier. Mit einer Dame. Wir sprachen über die Sterne, über den Krieg, über Dinge, die damals wichtig schienen." Er hielt kurz inne, sah sie an – offen, ehrlich, ohne Maske. "Aber seht, das ist das Schöne an solchen Orten: Sie verlieren ihren Zauber nicht. Jede Stunde, jeder Abend schenkt ihnen einen neuen Glanz, so wie jede Begegnung ihren eigenen Sinn hat. Heute sind wir beide hier – und das ist, was zählt." Er hob sein Glas, leicht, beinahe wie eine Verneigung vor ihr. "Auf das Hier und Jetzt, Signora Larona ya Scarpone. Auf die Aussicht – und auf die Gesellschaft, die sie erst wahrhaft lebendig macht."
Einen Moment lang war nur das Rauschen des Windes und das entfernte Klirren der Musik zu hören. Dann, ganz leise, fast scheu, berührte er mit seinem Glas das ihre, als wäre es ein geheimes Versprechen. "Und wenn Ihr mögt," fügte er mit einem leisen Schmunzeln hinzu, "zeige ich Euch später noch einen Ort, der ebenso aufregend ist wie dieser – und ich sage Euch gleich, auch dort war ich bereits mit anderen Damen." Er lachte sanft. "Aber das alles wisst Ihr bereits und seid dennoch hier, weil Ihr wisst was ihr wollt und auch weil ihr...neugierig seid."
Einen Moment lang wandte sich Larona ab und ließ den Blick zum Hafen schweifen. Das Licht der Fackeln glitzerte auf dem Wasser, und sie atmete tief durch. Sie kämpfte mit der aufkommenden Eifersucht – sie hätte nicht fragen sollen. Was hatte sie denn erwartet? Als sie sich wieder zu Dareius umdrehte, lag ein warmes, gefasstes Lächeln auf ihren Lippen. Die romantische Stimmung des Abends hatte sie erneut in ihren Bann gezogen. Sie trat dicht an ihn heran, der Wind spielte mit einer Strähne ihres Haares. "Neugierig, sagt Ihr?" fragte sie leise. "Ja, das bin ich wohl. Aber nicht auf jene Orte, die Ihr anderen Damen gezeigt habt." Sie hielt seinem Blick stand. "Mich interessiert vielmehr, was Ihr in mir seht – heute, hier, unter diesem Himmel." Einen Augenblick schwieg sie, dann hob sie ihr Glas, als wolle sie die Spannung zwischen ihnen in ein feineres Gleichgewicht bringen. "Ihr habt recht, Signor," sagte sie sanft. "Heute zählt das Jetzt und Hier. Das will ich genießen."
Sie stellte ihr Glas beiseite und nahm vorsichtig seine Hand. "Erzählt mir," fuhr sie fort, "wie ist es Euch in den letzten Wochen ergangen?"
Dareius ließ den Blick einen Moment über das Meer schweifen, als müsse er seine Gedanken ordnen, bevor er antwortete. Dann hob er langsam das Glas und sprach, mit einer Mischung aus Offenheit und elegant gesetzten Worten. "Die letzten Wochen..." Er schnaubte leise, fast belustigt, aber mit Müdigkeit in den Augen. "Ich würde Euch lieber von Turnieren, Rittern und Heldenliedern berichten, Signora Larona. Doch stattdessen saß ich in Ruthor – bis tief in die Nächte – zwischen Akten, Siegeln, Beschwerden von Händlern, Anträgen der Gilden und endlosen Ratssitzungen." Er schüttelte den Kopf und seufzte. "Man versucht, Ordnung in das Chaos zu bringen. Diplomatie statt Schlachtross, Feder statt Klinge. Notwendig, aber es gibt erfüllendere Tage im Leben eines Ritters." Er wandte sich nun ganz zu ihr, und die Müdigkeit wich etwas Warmem, Persönlicherem. "Darum ist dieser Abend, dieses Fest, mir willkommener als Ihr vielleicht ahnt. Er erinnert mich daran, dass es im Leben mehr gibt als Ratssäle, Intrigen und Missgunst." Seine Stimme wurde weicher. "Und wenn Ihr fragt, was ich in Euch sehe..." Er hielt kurz inne, so als wolle er die Worte sorgsam wählen – nicht, um zu schmeicheln, sondern um wahr zu bleiben. "Ich habe Euch in Mortêc gesehen, Signora Larona. Ihr seid eine Kriegerin. Nicht nur für das Publikum, sondern im Herzen. Ihr seid im Turnier wie im Zweikampf entschlossen, geradlinig, mutig – kein Zierstück für den Hof, sondern jemand, der bestehen kann." Dann, fast unmerklich, veränderte sich sein Ton – wurde wärmer, privater. "Und doch", fuhr er fort, "seid Ihr nicht nur eine Löwin. In Unterfels habt Ihr gelacht und getanzt – ohne Dünkel, ohne diesen Übermut, den so viele Ritter und solche die es gerne wären, pflegen. Ihr könnt den Helm absetzen und ein Mensch sein. Das ist selten. Das ist...schön." Er trat näher, nur eine Handbreit zwischen ihnen. Sein Blick senkte sich für einen Atemzug, und als er wieder zu ihr aufsah, klang seine Stimme tiefer. "Und natürlich, Larona...ich denke an jene Nacht. Nicht, weil sie leicht war oder flüchtig – solche Nächte vergisst man rasch. Sondern weil Ihr sie mit Leben gefüllt habt. Sie war nicht bloß ein Rahjenkuss im Dunkel, sondern Wärme. Nähe. Ein Augenblick, in dem Dere stillstand."
Er hob ihre Hand, ohne die Berührung zu erzwingen, nur wie eine Einladung, und sein Lächeln wurde sanft und aufrichtig zugleich. "Was ich in Euch sehe? Eine Frau, die ich bewundere. Eine Kriegerin, die ich ernst nehme. Und eine Erinnerung, die ich nicht missen möchte."
Larona lächelte mitfühlend. "Die Niederungen des Alltags kenne ich gut. Aber ich bin mir sicher, Ihr habt auch dabei eine ebenso gute Figur gemacht und glorreich gegen die Papiere gesiegt." Den vielen Worten hörte sie gebannt und erregt zu. Sie nahm seine Hand, streichelte sie und rang nach Worten. "Dareius...Ihr..." Sie schaute ihn an, nahm die andere Hand und legte sie vorsichtig an seine Wange. Leise sagte sie noch: "Das...das war wunderschön." Dann küsste sie ihn. Es war ein behutsamer Kuss, unsicher und doch gefühlvoll. Sanft, um diesen Augenblick zu genießen. Larona löste sich kurz, nur wenige Halbfinger. Sie blickte Dareius tief in die Augen. "Dann, mein liebster Dareius, füllen wir diese Nacht doch auch wieder mit Leben."
Für einen flüchtigen Herzschlag lang schwieg Dareius – nicht aus Unsicherheit, sondern aus diesem stillen Triumph, den nur ein Mann kennt, der gerade die Frau erobert hatte, die er in diesem Moment wirklich wollte. Ein Hauch von Hochmut blitzte in seinen Augen auf, kaum länger als ein Atemzug – ein Ausdruck, der sagte: "Ich wusste, dass dieser Kuss kommen würde."
Doch ebenso schnell wich er wieder und machte Platz für jenen warmen, unaufdringlichen Charme, der Dareius Amarinto so gefährlich machte. Sanft hob er die Hand und legte sie wieder an ihre Wange, so zart, als würde er ein kostbares Stück Porzellan halten. Sein Daumen strich kaum merklich über ihre Haut, während er sich noch näher zu ihr neigte.
"Kommt," sagte er leise, seine Stimme eine Mischung aus Wärme und verführerischer Sicherheit, "folgt mir." Er führte sie hinunter aus der Arena, nicht hastig, sondern mit dieser selbstgewissen Eleganz, die verriet, dass er seinen Weg bereits geplant hatte. Zwischen den Fackeln und den letzten Klängen der Feier hindurch, bis sie die berühmte Gladiatorenbrücke erreichten – jenem Relikt aus bosparanischer Zeit, das seither die Ozeanideninsel mit dem Festland verband. Hier war es stiller. Der Wind wehte stärker. Das Wasser der Bucht unter ihnen rauschte sanft. Und die Stadt lag zu beiden Seiten wie ein funkelnder Teppich aus Lichtern, gespiegelt in der geschützten Bucht. Vor ihnen erhob sich die dunkle, majestätische Silhouette des Castello Belvedere, Residenz der Baronin.
Dareius atmete tief ein. "Wisst Ihr," begann er, während er seinen Blick über die Stadt schweifen ließ, "hier, über genau diese Steinen, schritten einst die Gladiatoren ihrem letzten Kampf entgegen. Manche voller Furcht, manche voller Trotz, alle wissend, dass dieser Weg ohne Rückkehr sein konnte." Seine Stimme senkte sich. "Ein Ort wie dieser lehrt uns Demut. Und Dankbarkeit. Für jeden Tag, den uns die Zwölfe schenken. Wir sind Ritter, Krieger, Soldaten..." – er sah sie wieder an, ernst, aber mit einem warmen Glanz in den Augen – "wir wissen beide, dass jeder Tag unser letzter sein kann." Er trat näher an sie heran, seine Worte nun tiefer, samtiger. "Darum, Larona...sollten wir jeden Tag leben, als wäre er der letzte. Nicht morgen, nicht irgendwann. Genau jetzt." Dann senkte sich sein Ton in ein heiseres Flüstern, das der Wind fast davontrug: "Und heute Nacht...bietet sich uns noch ein wenig Zeit, die wir füllen können." Er neigte den Kopf ein wenig, sein Lächeln wieder so unverschämt charmant – aber nicht fordernd, sondern einladend. "Wenn Ihr mögt," sagte er, während er ihr sanft die Hand reichte, "ziehen wir uns zurück in den Palazzo Amartos. Dort..." sein Blick senkte sich für einen Moment zu ihren Lippen, "...können wir genießen, was uns die Nacht noch schenkt."
Der Wind umspielte sie wie ein stummer Segen der Rahja. Und Dareius wartete – geduldig, sicher, und mit einem Blick, der keine Zweifel ließ, was er hoffte, dass sie wählen würde.