Briefspiel:Des Erben Schicksal (2)

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Beteiligte (irdisch)
Haus della Pena jH klein.png Horasio
Familie Menaris klein.png Athanasius
Haus Calven.png Calven
Haus della Pena aeH.png Dellapena
Haus di Matienna.png Di matienna

Am Abend des 3. Boron 1037 BF, unweit von Coriolenne

Autor: Horasio

„Da sind wir!“, erklärte Broinho Horanthion und wies auf die überwucherten Überreste der beschaulichen Villa vor ihnen. Sie führten ihre Pferde weiter den schmalen Pfad durch den Blätterwald hinauf, ehe Capitano Mondino befahl die Tiere hier fest zu machen.
Romualdo, der ganz in schwarz gekleidete Grafensohn, blieb stehen, legte den Kopf zur Seite und besah sich die bunten Mauern vor ihnen. Die Strahlen des untergehenden Praiosmals tauchten diesen Ort in unwirkliche Farben. Sie leuchteten in kräftigen Rottönen, von tief dunkelrot, dass es ihn an Blut erinnerte, bis hin zum leicht orangefarbenen, wo der Putz von der Wand gefallen war. Das Gewölbe schimmerte bläulich und verfärbte sich an einigen Stellen Lila, während andere Flecken grünliche Töne aufnahmen. Kletterpflanzen hatten sich um die Säulen vor dem Hauseingang geschlungen.
„Einst lebten hier Gefolgsleute der Berîsac, doch aus irgendeinem Grund ist dieses Haus schon lange nicht mehr bewohnt,“ erzählte Broinho.
„Das Wirken der jungen Göttin hier ist,“ Romualdo überlegte einen Moment, „schön“. Palomino di Matienna blieb einen Moment neben beiden stehen, besah sich die Szenerie ebenfalls und ging dann schulterzuckend an ihnen vorbei um einen Blick durch das Fenster zu werfen.
Broinho legte seinem Vetter die Hand auf die Schulter. Er überlegte, ob es sich um einen Fingerzeig der Unsterblichen handelte. War nicht Tsa die Göttin des Neubeginns? Ähnelte dieses Haus nicht einem der ihr gefälligen Prismen, die das strenge alles versengende Licht des Praios in eine Vielzahl leuchtender Farben zerlegen konnten? Er schaute sich um und sah in die müden Gesichter seiner Gefährten, die in ihren schwarzen Gewändern nicht recht in die Szenerie passen wollten. Romualdos Augen leuchteten zumindest zum ersten Mal seit dem Tod seines Vaters wieder. Auch andere, wie Armato della Pena, blieben ergriffen stehen und schienen ähnlichen Gedanken nachzuhängen.
„Leutnant Broinho, öffnet das Gitter.“, befahl Mondino von Calven schließlich.
Der Angesprochene zückte einen Dolch an seiner Seite und begann sich an dem vergitterten Portal zu schaffen zu machen.
„Was sagtet ihr, erwartet uns hier?“, fragte Armato den Schwarzen Calven, während er den ungeschickten Versuchen mit einem spöttischen Lächeln beiwohnte.
„Ein geheimer Gang, der uns direkt in das Schloss führen wird. Ursprünglich als Fluchttunnel gedacht, nutzten ihn die Berîsac später um ein Attentat auf den Grafen zu verüben.“
„Und Graf Horasio hat den Tunnel nicht zuschütten lassen“, wunderte sich Armato, während Broinho einen lauten Fluch ausstieß, da er sich am rostigen Gitter verletzt hatte.
„Es wurde im Hornechsenrat darüber debattiert, doch es gestaltete sich schwierig. Es scheint nämlich eine ganze Reihe von Gängen zu geben, die miteinander über kleinere Wege verbunden sind. Sie waren dem Grafen bis zu seinem Ende hin nicht in tutto bekannt.“ Mondino wies auf zwei seiner Gefolgsleute, von denen einer an einer Säule lehnte und der andere vor ihm auf dem Boden saß. Beide führten jeweils einen großen Hammer mit sich. „Immerhin Zumauern ließ man den Zugang zum Schloss, doch damit sollte das kein Problem darstellen.“
„Na, ob das unbemerkt bleibt,“ zweifelte Armato.
„Wenn ihr eine bessere Idee habt. Wir haben leider keinen Zauberer unter uns. Und wenn, dann hoffte ich, er würde uns eher vor den Mechaniken Sfagianos bewahren.“
„Vor was? Davon habt ihr nun wirklich noch nichts erwähnt.“
„Um weitere Attentate zu vermeiden, beauftragte der Graf den bekannten Maestro Amarin Sfagiano. Er sollte in dem Tunnelsystem einige Fallen aufbauen, um erneute Attentäter zu Boron zu senden.“ Er zeigte nun auf Broinho, der soeben das Portal hatte öffnen können und erleichtert aufseufzte. „Da der Eingang noch unversehrt zu sein scheint, gehe ich nicht davon aus, dass die Fallen durch Vorgänger von uns bereits ausgelöst wurden."
Armatos Gesicht wurde bleich. „Nach euch, Signor.“


Autor: Athanasius

"Schleicherhilf!" Trutzos Fluch hallte dumpf durch die muffigen Gänge unter Coriolenne.
Eine Unterarmlänge entfernt steckte ein ebensolanger Metallbolzen in der Wand. Trutzo seufzte und zog vorsichtig die metallene Spitze seines Stocks vom Boden zurück. "Ein perfider Mechanismus", murmelte einer seiner Begleiter. Trutzo runzelte die Stirn, als ihm jemand die Hand auf die Schulter legte. Mondino wies auf die Wand zu Trutzos linker. Eine Handbreit über seinem Scheitel war ein weiterer Bolzen eingeschlagen. "Ein Geschoss kommt in der Nähe des Auslösers aus der Wand - ein weiteres einen Schritt dahinter - um Begleiter der Eindringlinge oder genau solchen Methoden wie der Euren ein blutiges Schnippchen zu schlagen! Den Zwölfen sei Dank hat man euch keinen Spann mehr gewährt" Aus unerfindlichen Gründen grinste der Calvener.
Wenn wenigstens Urro hier wäre. Der Leibwächter Trutzos hatte sich noch immer nicht ganz von seinen Verwundungen auf dem Weg nach Oberfels erholt, als er Trutzo vor einigen Wegelagerern bewahrt hatte. Außerdem war er in anderer Sache unterwegs. Dennoch hätte der Gabellano ihn gerne an seiner Seite gewusst - der Gang nach Coriolenne erwies sich mehr und mehr als Abstieg in den Bauch eines Drachen... Trutzo schüttelte merklich den Kopf. Das war nun wirklich nicht seine Absicht gewesen. Wenn Phex ihnen nicht weiterhin gewogen war, dann mochten Horasios Zeugen kaum eine Woche überstehen, bevor sie ihrem gefallenen Herren übers Nirgedmeer nachfolgten - gefällt von dessen eigenen Fallen!
Er warf einen Seitenblick auf den jungen Romualdo. Das war genau das, was er befürchtet hatte. Jetzt hatten sie den Jungen dazu gebracht, sich in diese Gefahr zu stürzen. Sicher meinte er, sich irgendwie beweisen zu müssen.
Das hätte der Graf nicht gewollt, war sich Trutzo sicher.
Er erinnerte sich noch recht gut daran, es war einige Zeit nach seiner Ankunft in Unterfels gewesen. Spezialisten hatten die Gänge benutzt, um sich Zugang zum Schloss zu verschaffen. Erst hatte man befürchtet, es könne sich erneut um Attentäter handeln, die nach dem Leben des Grafen trachteten. Erst später hatte sich herausgestellt, dass sie in Diensten eines almadanischen oder novadischen Taifado standen und andere Ziele verfolgt hatten. Damals hatte der Graf gesagt: "Ich habe mich beinahe an die Klingen in meinem Rücken gewöhnt, Trutzo. Aber meine Kinder sollen sie nie zu fürchten haben."
Aber Romualdo war kein Vorwurf zu machen. Wie auch, wenn seine Rechte Hand und sein Neffe ihm vorleben, dass ein Leben mit Waffe und auf dem Feld erstrebenswert ist?
Sein Brüten hatte keinen Zweck. Es galt, die Schatzkiste und die Kleinodien zu finden. Und ansonsten heißt es abwarten.
Trutzo warf noch einen Seitenblick auf die beiden Bolzen in der Wand und stapfte weiter, dem spärlichen Licht der Fackel der Vorausgehenden hinterher.


Autor: Horasio

„Wir sind da!“, zischte Mondino von Calven, als die ersten von ihnen eine steinerne Wand erkannten, die ihnen den Weg versperrte. Der Capitano ging nach vorne, klopfte fest mit der Faust auf das Gemäuer und nickte der Fackelträgerin hinter ihm zu. „Bringt die Hammer nach vorne!“, flüsterte jene nun mit rauer Stimme zu den Zurückgebliebenen.
Sofort wurde eine Gasse gebildet, durch die sich zwei stämmige Gestalten schoben. Während der eine den Kopf seines schweren Werkzeuges noch auf seiner Schulter abgelegt hatte, schlossen sich die Hände des anderen schon fest um den mit einem Lederband umwickelten Griff. Als ob er es kaum erwarten könnte, die Mauer einzubrechen und ihnen damit Zugang zum Schloss zu gewähren. Macht schnell, ich will hier auch raus, dachte sich Romualdo. Im Keller der farbenfrohen Villa waren sie in die Düsternis hinabgestiegen. Die letzten Getreuen seines Vaters, eine Handvoll Bewaffneter und er.
War die Luft zu Anfang noch einigermaßen frisch, so wurde sie mit zunehmender Dauer ihrer Unternehmung immer stickiger. Um besser atmen zu können, hatte er die ersten Knöpfe seiner Weste und seines Hemdes darunter aufgeknöpft. Und das, obwohl zwischen den dunklen Wänden die Kälte auf sie gelauert hatte. Nicht in der firungefälligen Form, wie er es aus den Wintern im Yaquirbruch kannte, sondern in einer durchdringenden, feuchten Art, die einem durch die Glieder fuhr und zu lähmen schien. Selbst in der Nähe der Fackeln, die mit ihren wild zuckenden Flammen tanzende Schatten auf die Gemäuer warfen, stellte sich kein Gefühl der Behaglichkeit ein.
Wie auch, da er einen solchen Ort noch nie betreten hatte? Lange Fäden hatten die Spinnentiere zwischen den Wänden und Decken gewoben, immer wieder verfing er seine Hände oder seinen Kopf in den Netzen. Manchmal hatte er gar einen bitteren Geschmack auf der Zunge, weil sich ein Faden in seinen nach Atemluft schnappenden Mund verfangen hatte.
Dann dieses Rascheln zu ihren Füßen. Meistens bewegten sie sich schnell in der Dunkelheit, doch einmal erkannte er eine der gräulichen Ratten. Sie wich seinem Schritt behende aus und verschwand dann schnell in einem Loch zwischen den Steinen. Die Geschöpfe des Namenlosen, das konnte kein gutes Omen sein, ging es ihm durch den Kopf. Auch Finnian, ein junger Armbrustier, mit dem sich Romualdo über dessen Heimatstadt Urbasi ausgetauscht hatte, warf ihm einen zweifelnden Blick zu. Oder war das nur ein Trugbild, das ihm das schale Licht vormachte?
Schließlich die Fallen. Den meisten hatten sie dank der Kenntnisse des Capitanos entgehen können, doch nur glücklicher Fügung verdankte Trutzo Gabellano sein Leben. Ein Handbreit hatte gefehlt und ein metallener Bolzen hätte ihn direkt vor Rethons Seelenwaage katapultiert. Erst da war auch Romualdo klar geworden, von welch gefährlicher Natur ihre Unternehmung wirklich war. „Ein Leben, bei dem nicht von Zeit zu Zeit alles auf dem Spiel steht, ist nichts wert,“ hatte ihm sein Vater wenige Wochen vor seinem Tod noch gesagt. Leise, kaum den Mund bewegend, hatte er den Satz nachgesprochen und sich damit Mut gemacht.
Es hatte genutzt. Ohne sich vor den erwachsenen Begleitern zu blamieren, hatte er es bis hierher geschafft. Er freute sich darauf endlich wieder frische Luft atmen zu können. Doch noch mehr fragte er sich, was sie im Schloss erwartete. Er hatte sich natürlich schon seine Gedanken gemacht. Ob sie viel verwüstet und gestohlen hatten? Dass sie es getan hatten, die verbliebenen Diener und Söldlinge seines Vaters, daran hatte er keinen Zweifel. Man hatte ihm auch davon berichtet. Er war gespannt.
Der erste Hammer wurde gehoben. Mit einer kräftigen Drehung aus dem Oberkörper und federnden Knien wurde er gegen das Gemäuer geschwungen. Die Steine antworteten mit einem laut hallenden Ton, der ihn und einige andere umstehende, wie Broinho Horanthion zusammenzucken ließ. Mondino von Calven ließ sich davon nicht stören. Er hatte sich umgedreht und sprach in die Runde. „Wir werden uns aufteilen. Euer Gnaden, Signor Romualdo und ihr“, er wies auf drei schwarz gekleidete Bewaffnete, „begebt euch zur Kapelle.“ Wieder war ein Kreischen der Wände zu hören. "Ihr dagegen Signor Armato,…“