Archiv:Angriff auf Abbadom! (BB 18)
Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 18, Seiten 28-29
Aventurisches Datum: Phex 1022 BF
Eldoret, Kabash, Brelak/Gft. Thegûn. Kurz vor Redaktionsschluß erreichten uns umwälzende Neuigkeiten aus der Grafschaft Thegûn. Die Sensation könnte perfekter nicht sein: Nun offenbart sich, worauf die unter seltsamen Umständen aus dem Climeter Grenzkonflikt erwachsene Allianz des Salzrades mit dem Wolf (siehe BB 16: "Ein unerwartetes Ende") und die neue Bluts-Bande zum Hause Veliris (siehe BB 17: "Ein Traviabund zwischen Norden und Süden") zielt: Krieg! Krieg gegen die Oikaldikis!
Kaum war die Nachricht vom Schlachtentod des Trodinars hierher geeilt, kaum sein Testament verlesen, ließ der Gransignor von Eldoret seine Maske fallen. Fluchs ließ er seine gesamte Soldateska, Justiciar-Tutoren und Cassâdier Langschwerter, gen Climet marschieren. Doch nicht nur das, es war ihm auch gelungen, die Söldner aus Chetoba ein zweites Mal für einen Waffengang zu gewinnen, wie auch das dort stationierte X. Banner des I. Erzherzöglichen Garderegiments, berittene Bogner unter Kapitan Salman di Sensavio, dessen Spielschulden einen nicht unerheblichen Anteil an diesem Coup gehabt haben dürften. Sogar die Despioner Hellebardiere des II. Garderegiments unter Aldyrania ya Dascovia marschierten mit, das in der Stadt Eldoret stationierte IX. Banner der Chababischen Kavallerie unter einem Günstling Prinz Timors, Fernando di Walsi-Korninger, hingegen war offenbar zu keiner Teilnahme an diesem ominösen Feldzug bereit. Was Wunder, hatten doch Ardariten und Cürassiere über Jahre in der Capitale Eldorets erbitterte Gegnerschaft gepflegt.
Dachte noch jeder, der Gransignor wolle seinem Nachbarn gegenüber wortbrüchig werden und diesem entgegen dem kürzlich geschlossenen Vertrag in den Rücken fallen, um Climet im Sturm zu nehmen (und gar noch manches darüber hinaus), wurde man bald eines besseren belehrt: In Climet schlossen sich dem kleinen Heer überraschend die Königlich Chababischen Lanzer und Cürassiere (die VII. und VIII. Schwadron des I. Garderegiments) an, die im Grenzkonflikt noch gegeneinander gefochten hatten und um eine gerechte Schlacht betrogen worden waren. Weiter ging es nach Thegûn, wo Dom Ezzelino da' Malagreía, Baron von Kabash, neben den Kabasher Truppen der Kronlegion, namentlich die Lanzer und berittenen Bogner der V. und VI. Schwadron des I. Garderegiments, auch ein Halbbanner des Heilig-Blut-Ordens unter seinem Castellan, dem Horasritter Lingmar Glimmstein von Barfold, gesammelt hatte.
Sollte Climet nur ein unbedeutendes Vorspiel gewesen sein? Sollte es nun zur entscheidenden Schlacht zwischen den alten Häusern ash Manek und da' Malagreía kommen? Schon hielten die Bürger der ehrwürdigen Landstadt gebannt den Atem an, und manch einer begann sich gar auszumalen, was denn die Niederlage eines der beiden Granden für Chababien bedeuten möge. Betäubende Stille sank wie dicke Nebelschwaden auf die umstehenden herab, als sich die Heerführer mit prüfenden Blicken maßen - Dom Ricardos feuriger Blick kündend von rondrianischem Gemüt, Dom Ezzelinos wächserne Maske des Schweigens an die kalten Echsen gemahnend, die seit Urzeiten die Flanken des Familienwappens zieren.
Das Schicksal der Lande am Chabab hing wie eine dunkle Wolke über den bunten Zinnen Thegûns, als endlich da' Malagreía seine geballte Rechte mit dumpfem Klang, der Stille wie ein seidenes Tuch zerriß, an seine Brust schlug und dann grüßend emporhob. "Sei mir gegrüßt, Bruder, und Rondra mit uns!" Der Eldoreter erwiderte den ihm so vertrauten Gruß, helle Freude zeichnete sein Gesicht mit den vor jugendlichem Eifer sprühenden Augen, doch seine Worte gingen im begeisterten Jubel der Menge unter. Dann lenkten die Granden ihre Pferde an die Spitze des Zuges, reichten sich die Arme zum brüderlichen Gruß und reckten die Banner von Wolf und Salzrad gen Alveran. Dann erklang aus beider Kehlen der uralte Schlachtruf Chababiens, und hundertfach übernahmen ihn die begeisterten Soldaten: "Mit Drachenblut und Leuinmut!" Es ging also um mehr, und das Eldoretisch-Thegûnische Abkommen hatte weiter Bestand.
Doch noch wollte der Zug Ziel und Absicht nicht enthüllen. Nach Osten ging es, dann nach Süden - abseits der Seneb-Horas-Straße durch chababisches Hinterland, über Sylveccio, Ulmenbruch, Aeslaic, Durndâl, Dürnkrut nach Fennain. Nun wird dem kundigen Leser ein Licht aufgehen. Abbadom war's, wonach die Truppen zogen! Die alte, sagenumwobene Abtei der Drachenanbeter im Einsamen See.
Gransignor und Baron schworen gemeinsam ihre Truppen auf die Aufgabe ein. In einer Rede, die als geniales Machwerk populistischer Verführungs- und Verdrehungskunst gewertet werden muß, berichteten sie von einem angeblichen Attentat des Magus Adaon von Garlischgrötz, der sich zum Weltenverderber bekehren ließ, auf Leib und Leben beider Landherren, vom Wirken der Fraternitas Uthari, der der Rote Tod, die seltsamen Ereignisse in Thegûn und der Verrat des Stab-und-Schwert-Ordens in Despiona anzulasten seien, zogen Verbindungen zum Herrscherhause Oikaldiki, beschworen die bekannten Gerüchte um sein Haupt Cedor de Celianada, der sich zu einem Statthalter des Schwarzen ausrufen ließ und darob von ehrbaren Streitern erschlagen worden sei, ließen die alten Sagen von den Alten Familien wiederaufleben, die als Söhne des Heiligen Geron Chababien unter sich aufgeteilt hatten, beschimpften die Oikaldiken als cyclopäische Usurpatoren, die sich Dank einer hinterlistigen Heiratspolitik in den Kreis der Alten eingeschlichen habe, berichteten vom schmachvollen Untergang der Alten Familie da Cassâdia, die sich der Oikaldiki lange erwehrt habe, vom seltsamen Fluch, der auf den ash Manek lastete, deren Familienmitglieder einer wie der andere auf seltsame Weise den Tod fanden, erinnerten an die zweimaligen Versuche der Cyclopäer, die Macht an sich zu reißen, und zogen letztendlich den Schluß, daß der Kern allen Übels von Abbadom ausgehe, der Brutstatt unheiliger Zaubermacht, der sich die Oikaldiki seit Jahrhunderten bedienten und die sich nunmehr, da all ihre Versuche an der Tapferkeit der Chababier gescheitert seien, mit den Dunklen Mächten des Ostens eingelassen hätten, um ihren Plan doch noch zu einem Sieg zu führen.
Die brach daraufhin in den einstimmigen Ruf aus, den letzten Flecken Dunkelsinns in ihrer Heimat gnadenlos tilgen zu wollen. Die beiden Landherren fügten noch hinzu, daß Prinz Timor wegen der Eile, die man der Sache angedeihen lassen müsse, bevor noch weitere Untaten geschähen, nicht informiert sei, zeigten sich aber davon überzeugt, daß er diesen etwas ungewöhnlichen (vulgo: illegalen!) Mißbrauch königlicher Truppen auch vor dem Kronkonvent (falls er angesichts der Shumir-Krise überhaupt in dieser Sache tätig werden sollte) vertreten würde, immerhin habe auch er sich im Kampf gegen die Oikaldiki schon immer besonders engagiert gezeigt. Man bedauerte noch, daß der ODL auf Anfragen der beiden Feldherren nicht bereit war, magische Unterstützung zu gewähren, womit er sein beflecktes Ansehen im 'Falle Adaon Garlischgrötz' hätte reinigen können. Immerhin habe sich jedoch Signor Cyberian ze Westherfolden, der stellvertretende Leiter der Neethaner Ordensburg, bereit erklärt, als magischer Berater zu fungieren - er werde sich zu späterer Stunde dem Zuge anschließen.
Nachdem ter Bredero und da' Malagreía geendigt hatten, hielt es niemand mehr auf seinem Platz. Es brauchte eine geschlagene halbe Stunde, die Soldateska wieder zur Räson zu bringen, während man auf Abbadom zumarschierte.
Am gestrigen Abend, dem 25. Phex, begann man mit dem Aufbau eines Lagers am Ostufer und dem Roden des Waldes, um Flöße zu bauen, während Abbadom weiterhin auf seiner Insel in der Mitte des Sees und von Nebel umhüllt auf den ersten Ansturm wartete ...
(unter Mitarbeit von Gregor Rot)