Briefspiel:Haus der Kultur/Malerei

Aus Liebliches-Feld.net
Zur Navigation springenZur Suche springen

Auge-grau.png

Stadt Sewamund transparent.png Briefspiel in Sewamund Stadt Sewamund transparent.png
Datiert auf: Frühjahr 1046 BF Schauplatz: Sewamund Entstehungszeitraum: Sommer 2025
Protagonisten: Dimiona della Carenio, Ludovigo della Carenio, Ricardo della Carenio, Perennio della Carenio, Elenora da Grifon Autoren/Beteiligte: Familie della Carenio.png Carenio
Zyklus: Übersicht · Malerei


Elenora da Grifon zu Gast im Palazzo Novo Carenio

Die Sonne des Spätnachmittags ließ die Staubflocken im Salon des Palazzo Novo Carenio tanzen. Man hatte die schweren Brokatvorhänge zurückgezogen, um der Praiosscheibe Zugang zu den Räumlichkeiten zu gewähren, damit sie die mitgebrachten Gemälde der geladenen Künstlerin zu voller Geltung brachten.

Dimiona della Carenio ließ einen fragenden Blick über die Werke Elenoras da Grifon schweifen. In dramatischen Szenen setzte sie mythologische Themen gekonnt um. Fabelwesen tummelten sich in einer Landschaft, die Phecadien ähnelte, die aber doch nur ein Sinnbild zu sein schien und keiner der bekannten Landschaften glich, die das Oberhaupt der Carenios bereist hatte. Das zweite Gemälde zeigte ein Schiff mit geblähten Segeln, das in den von Efferd aufgewühlten Wogen unter einem steingrauen Himmel hin und hergeworfen wurde. Daneben präsentierte Elenora da Grifon ein weiteres Werk, das durch seine mythische Gewalt beeindruckte. Sie nannte es "graugrüne Wolke über dem Sewak". Es zeigte eine Szene am Sewakufer, wo sich der Dämons Gurondaii als graugrüne Wolke manifestierte, aus der sich skelettierte Oberschenkelknochen, Arme mit Fingern und Schädel mit verfaulenden Hautfetzen hervorreckten. Schreiende Menschen flüchteten mit vor Entsetzen gezeichneten Gesichtern vor der dämonischen Gewalt. Mit Händen und Füßen beschrieb Elenora da Grifon mit sich überschlagender, exaltiert hoher Stimme die Bedeutung der zahlreichen Symbole und die versteckte Zahlenmystik in ihren Bildern.

Zweifelnd beobachtete Dimiona die Frau, deren rote Haarpracht in dramatisch anmutenden Locken, gleich den von Efferd aufgepeitschten Wellen, von Kämmen und Bändern in Form gehalten, bis über die Schultern hinabwogten und das ausladende Dekolleté umspielten. Das Familienoberhaupt der Carenios wusste, dass ihre Verwandte Tsabella eine glühende Verehrerin und Mäzenin der Künstlerin war, doch dass ausgerechnet ihr nüchterner Bruder die Portraits seines Sohnes und seines Neffen von ihr malen lassen wollte, überraschte sie.

Neben Dimiona standen Ricardo und die beiden aufstrebenden Justiziare der Familie, Dimonas jüngerer Sohn Ludovigo und Ricardos Zweitgeborener Perennio. Während Ludovigo schon seit seinem Universitätsabschluss an der Akademie der weltlichen Gerichtsbarkeit in Kuslik seinem Onkel im Hause der Carenios zur Hand ging und vor allem Aufgaben und Termine außerhalb Sewamunds wahrnahm, war Perennio seit seinem Studium an der Rechtsschule zu Vinsalt am Prätorenhof des Vinsalter Magistrats tätig. Nach der schweren Verletzung bei der Flut im Travia 1046 BF hatte Ricardo della Carenio einen Brief an seinen Sohn nach Vinsalt geschickt und ihn gebeten, seinen Dienstherrn um ein paar freie Tage für einen Besuch in Sewamund zu bitten.

Endlich holte die Künstlerin eines ihrer Portraits hervor. Tatsächlich musste Dimiona anerkennen, dass Eleonora menschliche Gesichter hervorragend in Szene setzen konnte. Vor seinem Schreibtisch in einem noblen Palazzo stand ein ernst blickender Magistrat, die rechte Hand auf einem geöffneten Buch. Die Zeichen seines Standes waren gut in Szene gesetzt, der Faltenwurf der Kleidung edel, der Brokat wirkte so echt, dass Dimiona am Liebsten mit ihren Fingern darüber gestrichen hätte.

Eleonora da Gifon erläuterte, dass sie für das gewünschte Gemälde die Familiengeschichte der Carenios subtil in die geplante Szene einbinden würde. Im Hintergrund sollte ein Gobelin mit dem Stammbaum der Carenios und ein Gemälde des ehemaligen Familiensitzes in Veliris zu sehen sein. Aber die Künstlerin wollte ebenso deutlich machen, dass sich die della Carenios nun als Sewamunder betrachteten. So beabsichtigte sie einen Raum des Palazzo novo Carenio als Hintergrund zu nehmen, den alle hochrangigen Persönlichkeiten der Stadt sofort erkennen konnten. Ricardo nickte überzeugt und erklärte dann, wie er sich das Gemälde vorstellte. Er wünschte sich ein Familiengemälde, das ihn gemeinsam mit seinem Sohn Perennio und seinem Neffen Ludovigo im Talar der Justiziare darstellte, um den Fortbestand einer familiären Tradition aufzuzeigen.

Die Meistermalerin verstand sofort und versicherte das Dreigestirn der Justiziare auch in der Bild- und Zahlenmystik wiederzugeben. Das gefiel Ricardo sichtlich. Die faltenzerfurchte Stirn glättete sich zusehends und in einem Anflug von Sentimentalität, legte der ehemalige Stadtrichter von Veliris seine Arme um die Schultern der beiden jungen Männer an seiner Seite. Dimiona konnte einzig in Perennios Gesicht leise Zweifel erkennen, was der Vater mit dieser Geste und dem geplanten Gemälde beabsichtigte. Sie wusste bereits, was den Zweitgeborenen ihres Bruders erwartete. Ricardo würde ihm nach dem Besuch der Künstlerin eröffnen, dass er Perennios berufliche Zukunft in Sewamund wünschte und von ihm erwartete, seine Tätigkeit im Vinsalter Magistrat dafür aufzugeben. Ob das im Sinne des ehrgeizigen Perennios war? Dimiona bezweifelte es. Würde Ricardos Sohn wagen zu widersprechen? Sie war gespannt.