Archiv:Baron von Tikalen gestürzt (BB 4)

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Baron von Tikalen gestürzt!

Tikalen/Bomed. Gewaltige Gewitterwolken haben sich über Tikalen zusammengezogen, daß des Praios Antlitz von des Himmels Platz getilgt scheint. Düstere Nebelschwaden ziehen den Yaquir herab nach Oberbomed, dem Sitz des Freiherren von Tikalen – Broderik Etênek von Tikalen-Hohenau.
Lange gab es schon Gerüchte in der freiherrschaftlichen Stadt, doch keiner wagte auch nur zu ahnen, das es soweit kommen mochte.
Gar scheint es, der Namenlose daselbst habe sich über die Feste Yaquirwacht gelegt.

Doch wenden wir den Blick zurück. Nur wenige Monde ist es her, daß der Sommer auch Tikalen beschien und Peraine die Felder der Baronie mit Reichtum und Fruchtbarkeit segnete. Der Wein an den Hängen reifte, das es Rahja eine Lust war und wo hin man auch blickte sah man freundliche und glückliche Gesichter.
In der ganzen Baronie herrschte eitle Freude. Die Vogteien Oberbomed, Einfurt, Estenlaub und Thasbek, die Edlengüter Flarngau und Rheusen, sowie die Allode Wytzen und Cophirya fuhren Rekordernten ein und der Zehnt an den Grafen war nie so hoch wie in diesem Jahr.
Noch auf dem großen Turnier zu Altbomed, im Rahja, konnten die Stadtbürger den Freiherren in güldener Rüstung und prächtig schabrackten Streitroß in der Tjoste triumphieren sehen, wo er es mit der Hilfe Rondras bis in die Runde der letzten Acht schaffte.
Doch mit Einbruch des Winters zog auch in die Feste Yaquirwacht die Kälte ein.
Noch im Hesinde erkrankte der junge Sohn des Freiherren an Blauer Keuche, ebenso wie die Tochter des Majordomus Alswin ya Durau. Lange bange Wochen zitterten die Eltern um ihre Kinder, und Medici und Magier hielten Hof in Oberbomed. Das Leben beider lag in der Götter Hand.
Der Herr Boron holte schließlich das Töchterlein des Majordomus zu sich und es schien, als wolle er auch noch des Freiherren Sohn.
Immer noch zeigte das Wirken der Weisen keinen Erfolg, da schlug der Blitz in einen der sechs Burgtürme und brannte den Giebel völlig aus.
Schon in diesen Tage zeigte sich der allseits bekannte Hang des Freiherren zu der Göttin Rahjas Getränk in allzu großer Deutlichkeit. Eine rote Nase zierte seitdem des Edlen Gesicht und nicht selten kam es vor, daß die Müdigkeit den Landhauptmann des Orden zur Wahrung übermannte und er während der Gottesdienste in der Burgkapelle einnickte.
Auch der Umgang mit seinen Bediensteten und Leibeigenen wurde zusehends schlechter und rüder, so daß es so manch einer vorzog den freiherrschaftlichen Hof zu verlassen. Doch nicht alle gingen freiwillig. Nach heftigem Streit, den Broderik Etênek wohl nicht klaren Verstandes vom Zaune brach, entließ er seinen langgedienten Hofmeister. Ein gar fürchterlicher Fehler wie sich herausstellte, verlor der Baron doch ob eigner Mißwirtschaft wohl die Hälfte seiner Privatschatulle.
Auch entzweite er sich mit seiner Gemahlin, so daß diese mit dem, den Göttern sei es gedankt, wieder genesenen Sohn die Burg verließ und zu ihrem Vater dem Edlen Tharguîn Berlinghân von Hohenau reiste.
Der Zorn des Barons ob seiner Mißgeschicke ward ungebremst und kaum jemand wagte auch nur einen Fuß in den Rittersaal zu Yaquirwacht.
Noch standen die Edlen der Baronie hinter Broderik Etênek, formell zumindest. Doch als der Freiherr sich erdreistete die Gräfin von Bomed zu schmähen und offen über ihren Wahnsinn zu sprechen, da war es mit der Ruhe endgültig vorbei.
Der Hofsekretär der Grafschaft erteilte dem Freiherren Hausverbot in Altbomed und belegte ihn mit drakonischen Strafen, wie dem Entzug des Münzrechtes, der Handelsfreiheit und Streichung ähnlicher Privilegien.
Nun ging es auch an die Substanz der Edlen und ein Murren machte sich unter ihnen breit. Es wurde gemunkelt der mächtige Drost Ritter Rassuan Tharedion von Oberbomed habe Beschwerde gegen den Baron in Vinsalt eingelegt und strebe nun selber nach dem Titel. Auch die anderen Vögte scharten sich hinter Ritter Rassuan und Ende Tsa sah man sie in Estenlaub tagen. Doch noch wagte keiner den offenen Bruch mit dem Freiherrn.
Der Höhepunkt der Ereignisse sollte sich schließlich in den vergangenen Tagen gipfeln.
Mit Hereinbrechen des Frühlings wich auch die lähmende Kälte aus den Gliedern der Menschen. Auch aus denen des Barons.
Reumütig ersuchte er um Audienz bei der Gräfin, sich zu entschuldigen und spendete als Beweis seiner Buße eine nicht unbeträchtliche Summe dem hiesigen Rondratempel. Der Hofsekretär Selinan ya Guttenberg nahm die Entschuldigung für die Gräfin an und löste sämtliche Strafen.
Doch noch war die Angelegenheit für die Edlen und Vögte nicht zu ihrem Wohlwollen erledigt. Der Freiherr versprach ein klärendes Treffen, wohl aus Angst angesichts des großen Unmuts, mit den Herrschaftsständen der Baronie.
Die Vögte forderten ihn auf sich am 12. Phex in Estenlaub einzufinden, und der Baron von Tikalen ging darauf ein.
Am Morgen des besagten Tages, es war ein warmer Frühlingstag, bestieg Freiherr Broderik Etênek sein Pferd und ritt mit leichter Bewachung gen Estenlaub den Yaquir hinab.
Noch kurz vor dem Ort des Treffens brach ein Keiler aus dem Gebüsch und rannte auf die Gruppe zu. Das Pferd des Freiherren scheute und warf seinen Reiter zu Boden. Der Sturz des Barons hat weitreichende Konsequenzen: Mehrere Rippen, der linke Arm und der rechte Fußknöchel des Adligen waren gebrochen. Noch immer muß er strikte Bettruhe halten. Auch ist seine Gemahlin wieder zu ihm zurückgekehrt.
Doch scheint der Schwelbrand nach dem Sturz des Barons nicht verloschen. Leichte Rauchfäden ziehen von der Baronie Tikalen ins Land.