Archiv:Zeit für Helden - Teil 1 (BB 39)

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Der Streuner:
Da waren wir also am vereinbarten Treffpunkt und warteten auf diesen Deriago Dellinger. Er ließ auf sich warten. Wir schlugen die Zeit tot, indem wir weitere Interessenten an frei erfundene Adressen in Sewamund schickten. So war außer uns niemand da, als Dellinger erschien. Er führte uns in einen schmucklosen Raum des Anwesens und eröffnete uns ohne große Umschweife den Fall. Nach der obligatorischen Feilscherei um die Bezahlung, in der sich Orosch mal wieder besonders penetrant gab, verabschiedeten wir uns und gingen zum Markt. Heikler Fall, das. Wir mussten uns gut vorbereiten. Am Markt deckten wir uns dann mit Fackeln, Seilen, Spitzhacken und Früchtekuchen ein, eben all so ’nem Zeug, das man braucht, wenn man ’ne Edeldame aus ’ner Turmruine im Wald befreien will. Turmruine? Ja, der Dellinger war ziemlich sicher, dass die Olle in einem baufälligen Turm im Arinkelwald festgehalten wurde.

Der Zwerg:
Ich fand es, und das sagte ich den anderen auch mehrmals, unnötig rausgeworfenes Geld, wegen dieser Entführungssache unbedingt eine Einkaufsepisode einzulegen. Wir hatten doch schon alles Notwendige.

Die Elfe:
Der Zwerg stank mal wieder gen Himmel. Zum Glück konnte der Streuner ihn letztlich davon überzeugen, sich neue Socken zuzulegen. Es schien, als wachte der Magier nach diesem Epochenumbruch erst aus seiner Lethargie auf. Er war ohnehin eine sehr stille Person.

Der Magier:
Nachdem ich in der Zeit, die mein Gefolge mit Palaver und Blabla verpulverte, noch einmal die peldische Approxylitik im Kopf durchgerechnet hatte, zeigte mir der sinkende Geruchspegel des Kurzen, dass sie fertig waren. Allerdings waren wir schon in Imirandi, bis ich mich endlich verständlich machen konnte. Es war purer Zufall, dass wir dort eine Verwandte der Entführten trafen. Manchmal glaube ich, Hesinde greift ein, wenn die Weisheit meiner Gefährten die ihre verspottet.

Der Streuner:
Fesche Dame, diese Kriegerin. Erfahren zwar, schön anzuschauen – und wer mag es nicht, wenn die Frau einem sagt wo’s langgeht? Und nachdem wir das dann wussten, war’s auch nicht mehr schwer, dieses Schwarzental zu finden. Manchmal greift Herr Phex eben im Verbund mit Frau Rahja ein!

Der Krieger:
Holla, die Kriegerin war die Wucht! Fürwahr, mit ihr ließ es sich trefflich parlieren! Wohlgemut ging es weiter, ein Lied auf den Lippen, die Tapferkeit im Herzen! Wohlan, Kameraden, eine holde Prinzessin harrte ihrer Rettung!

Der Streuner:
Ich kam mit dem Krieger überein, dass es Lohn genug sei, sich des Dankes einer Prinzessin bewusst zu sein. So überließ er mir – auch wegen des Gebrannten Oroschs, das an jenem Abend die Runde machte – seinen Anteil der Belohnung. Er wird’s wohl nie lernen.

Die Elfe:
Diese Menschen und Zwerge und ihr Hang zum Alkohol! Ich sage dazu nichts mehr, zu oft habe ich mich darüber ausgelassen, warum man die Finger von dem Zeug lassen sollte. Den Gestank des Zwerges scheint es zu vervielfachen, der Streuner wird gefühlsduselig, der Magier lässt unkontrolliert Lichter erscheinen und der Krieger wird viel zu zutraulich!

Der Krieger:
Das Abendmahl war gedecket, die Minne war erwecket, wir Freunde der mut’gen Tat, brauchten nur bald klugen Rat!

Der Magier:
Klar war, dass wir einen örtlichen Führer bräuchten. Orosch – eigenartigerweise, ja! – und Phexian waren sicher, dass „die Elfe“ das schon würde regeln können. Als ich Feylania, nachdem ich den Baum gefunden hatten, auf den sie gestern Abend geflüchtet war, fragte, wie oft sie denn bisher in ihrer jahrhundertelangen Existenz den Arinkelwald heimgesucht hätte, winkte sie nur ab. Unsere einfältige Bruderschwester Krieger sang derweil kämpferische Lieder, um uns Mut zu machen, vertrieb aber eher die Tiere und Bauern aus der Umgebung. Obwohl – der Elfe gefiel’s wohl insgeheim. Wobei, sie betrachtet ihn eher wie ein Tier, scheint mir.

Der Zwerg:
Er ist eben ein bescheidener, dieser Bruderschwester. Er spricht eigentlich nie viel, wenn alles vorbei ist. Aber hätte er nicht die Bauern vertrieben, hätte das Pack die Räuber gewarnt, lange bevor wir die Ruine gefunden hätten!

Die Elfe:
Ich war ziemlich sicher, dass Orosch nicht für meine Ortskenntnisse sprach, sondern gegen die Kosten eines Ortskundigen. Aber, Wälder sind Wälder und fey sind fey. Das habe ich dann auch dem Stabwedler gesagt. Er blickte mich an, als hätte ihn jemand ins Gesicht geschlagen. Gut, der Astabdruck auf seiner Stirn verriet, dass dem so war. Aber davor hätte ihn auch kein Ortskundiger bewahren können, oder?

Der Krieger:
Pardauz, dieser tapferen Kriegerin will ich unsere Queste weihen! Hinein in den finst’ren Wald!

Der Zwerg:
All die Weisheit dieser Welt liegt vor uns in der Erde. Wer braucht da einen Führer, wir sind doch nicht von Pappe! Neben einem gesunden Lössanteil besitzt der Boden hier, je weiter man in den Arinkelwald vordringt, grobkörnige Sande, einige Mengen Kies und ein gerüttelt Maß Schluff. Sehr aufschlussreich und erklärt den Baumwuchs vollends. Warum fällt die langen Hölzer hier niemand? Ließen sich prima verfeuern und verwirtschaften. Apropos Feuer: Hier riecht’s nach Drache, ich spür’s im kleinen Zeh.

Der Streuner:
Drachen? Orosch spann mal wieder. Wir sind hier im Horasreich, da tragen die Drachen Adelstitel und verbergen sich nicht. Wenn Orosch Recht gehabt hätte, wären wir ab dort nicht mehr weiter gekommen. Diese Wildnis und der ganze Schlamm, Kohle und Dreck, das war mir schon genug. Zum Glück hatten wir ja unsere nagelneue Ausrüstung, Hartwurst und Dünnbier. Nicht auszudenken, wenn wir auf die Jagd hätten gehen müssen!

Der Magier:
Schwarzental, das war ein interessanter Name für diesen abgelegenen Waldbauernhof. Woher er wohl stammte? Das Wasser des zentralen Weihers besaß eine gewöhnliche Färbung, die Bäume ebenso. Ein Arbeiter, den wir an einer Carbonaria trafen, konnte uns hinsichtlich der Etymologie nicht weiterhelfen. Einfaches Volk eben.

Die Elfe:
Ich schlich also voran – und geriet in die Falle. Mehr ist nicht zu sagen, ich war nicht abgelenkt, auch wenn der Krieger wieder viel zu gerne über mein Wams sprechen wollte. Es war auch nicht so, dass ich das Seil nicht gesehen hätte. Auch wenn Phexian und der Stabwedler das immer noch glauben. Ich war sicher, dass diese Faulpelze mir direkt auf den Fersen wären. Die Räuber wollt ich aus dem Versteck locken, damit die anderen sie überwältigen können – so war’s! Ich schwör’s bei allen Elfengöttern!

Der Streuner:
Es war ziemlich klar, dass die Elfe ihre Ruhe haben wollte. Wahrscheinlich war ihr ganz warm von den kantigen Zuwendungen des Kriegers. Also ließen wir uns zurückfallen. Wer hatte denn ahnen können, dass ausgerechnet sie in die Falle tappen würde?

Der Zwerg:
Wir rasteten, mehr war da nicht. Gut, es war schließlich Spätsommer und warm. Also habe ich was getrunken. Nicht viel, nein.

Der Magier:
Bis wir Orosch dazu brachten, seine Tiraden und Panikattacken wegen der Drachen zu beenden und weiter in den Wald vorzudringen – Feylania war nicht zurückgekehrt – verging mindestens ein Stundenglas. Gut, es war nicht so, dass ihr sehr viel hatte zustoßen können. War ja schließlich nicht die Insel, sondern nur ein spärlich beleuchteter Wald voller Profaner. Was ich auch Orosch verdeutlichen konnte, als er das Lagerfeuer der Räuber und den zersplitterten Bogen der Elfe als Indiz für einen Drachenangriff deuten wollte.

Der Krieger:
Ein Hieb hier, ein gespaltener Schädel dort, nun lag das Pack zu meinen Füßen in seinem eigenen Blut! Der Blick der holden Elfe, als ich ihre Fesseln löste, entschädigte mich für die Mühsal der letzten Tage! Hach, was ging es mir von nun an besser!

Der Zwerg:
Der Krieger merkte wohl gar nicht, dass mindestens die Hälfte seiner Gegner mit einem Bolzen im Leibe vornüber sank. Angeber. Und der Streuner war natürlich erst vorne dabei, als keiner mehr lebte. Dann aber mit geradezu magnetischen Fingern. Dieb. Dem Langohr schien jedenfalls nichts passiert zu sein. Wenn sie nicht so unüberlegt gehandelt hätte, wäre uns einiger Ärger erspart geblieben, der Magier war verletzt und meine Bolzen gingen zur Neige. Was das wieder kosten würde! Und dann dieser Drachengeruch.

Die Elfe:
Gut gemacht, Mensch. Aber er sollte sich keine allzu großen Hoffnungen machen. Es galt, jetzt diese Frau zu finden.

Der Streuner:
Wer immer diese Männer und Frauen hier waren, besonders reich schien ihr Zeitvertreib sie nicht gemacht zu haben. Immerhin passten die Stiefel und der Hut war recht schick. War wohl Söldnervolk, das kleidet sich bunt.

Der Magier:
Vis mundum regnat. Abscheulich, auf dass sie als freundlichere Menschen wiedergeboren werden. Aber immer noch keine Spur von der Gesuchten. Diese Dolores! Ich schlug vor, für eine kurze Weile zu rasten.

– Fortsetzung folgt –