Briefspiel:Pilgerreise
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Die nachfolgenden Schlaglichter gehen auf die Pilgerfahrt von Cerdon aus Veliris und seiner Tochter Praicesca Asmodena Eslebon ein. Es sind Briefe an die Frau bzw. Mutter - Iluminada Eslebon - oder den Sohn bzw. Bruder (Silem Aldigon ya Eslebon).
Die beiden nahmen die folgenden Route und die Reise dauerte insgesamt mit den Aufenthalten gut 4 Monate:
Hinreise zu Fuß: Unterfels – Brig-Lo – Punin – Ragath – Gareth – Rommilys – Ruinen von Wehrheim – Auraleth – Sancta Boronia – Altzoll – Warunk und Beilunk
Rückreise (Schiff und Kutsche): Beilunk – Perricum – Zorgan – Khunchom – Al’Anfa – Hot Alem – Brabak – Kuslik – Vinsalt – Unterfels
Beteiligte
- Cerdon aus Veliris, Custos Lumini des Praiostempels von Unterfels
- Praicesca Asmodena Eslebon, Lichtbringerin im Praiostempel von Kuslik
9. Efferd 1045 BF, Brig-Lo
Praios zum Gruße meine Liebe Iluminada,
immer wieder ist es ergreifend an diesen Ort zu kommen. Hier traten vier der Zwölfe, Praios voran, unter die Sterblichen, um das schändliche Treiben der Ketzerin und Dämonenbuhle zu beenden. Hier siegten diejenigen, die sich den Zwölfen und ihren Kindern verpflichtet sahen gegen Verblendete und die Diener des Chaos der Niederhöllen. In seiner Schlichtheit ist der Vierertempel auf dem alten Schlachtfeld des Ortes und ewigen Gedenkens mehr als angemessen. Wir beteten für alle, die hier starben, damit nachkommende Generationen in einer besseren Welt leben konnten.
Unsere Gebete sind auch mit Dir und unseren Lieben. Cerdon
24. Efferd 1045 BF, Punin
Die Zwölfe, Praios voran, zum Gruß,
dies ist wahrlich ein von den Zwölfen besonders erwählter Ort. Damit meine ich nicht die vielen prachtvollen Gebäude, die es zweifelsohne gibt, und die Vermischung der Bauweisen der Tulamiden mit denen aus dem Norden. Ich meine eine Nähe zu den Göttern in Alveran, derer sich nicht viele Orte auf Dere in diesem Maße rühmen können.
Im Gebrochenen Rad haben Praicesca und ich in stiller Demut Herrn Boron im Gebet angerufen. Diese Hallen sind erhaben auf eine Weise, wie es nur wenig andere Stätten auf Dere sind. Worte erschienen und als falsch. Ergriffen und von einer tiefen inneren Ruhe war ich danach erfasst. Den Besuch im Regenbogentempel habe ich daher erst am Tag darauf unternommen. So wie ich es gelobt hatte, dankte ich dort der ewig Jungen für das Glück, welches Silem und Ancalita und uns allen zuteilgeworden ist. Ich bin mir sicher, die liebe Beama, Belenike und Brigona halten Euch ordentlich auf Trab.
Hochwürden La Valpo-Sfurcha hatte uns herzlich empfangen in der Gilbornshalle. Gerne gewährten sie uns Obdach. Die Geschenke an den Tempel und seine Bibliothek wurden mit Freude angenommen. Sie zeigte uns auch persönlich das wertvollste Kleinod des Tempels, das Sonnenzepter des Heiligen Gilborn! Wahrhaft ergriffen, dankten wir dem Götterfürsten und dem Heiligen für sein Opfer. Gemeinsam stimmten wir das Sankt Gilborn ora pro nobis an. Auch sein Geburtshaus suchten wir später auf.
Meine Amtsschwester gewährte uns eine weitere Bitte. Seine Eminenz Amando Laconda da Vanya fand hier unlängst seine Grablege. Dort beten zu dürfen, war mein Ersuchen. Lange kniete ich dort. Du weißt, ich habe seine Eminenz stest bewundert. Seine Predigten, seine Kommentare und juristischen Texte, allen voran aber sein Leben ganz im Dienste der Herrn Praios, er war mir immer eine Ansporn und soll mir auch fürderhin ein Vorbild sein. Noch so nah an der Heimat sende ich Dir mir diesem Brief daher auch ein Geschenk. In der örtlichen Druckerei wurde im Auftrag der Kirche unlängst ein Büchlein mit Predigten und Texten seiner Eminenz veröffentlicht. Möge es dem Unterfelser Tempel in Zukunft gut dienen und die Novizen am Werk eines Großen teilhaben lassen. Möge das Licht des Herrn Praios stets über Dich wachen!
Cerdon
28. Efferd 1045 BF, Ragath
Silem,
diese Reise ist wahrlich ein Geschenk und ich danke den Zwölfen dafür, dieses Privileg genießen zu dürfen. Selten habe ich die Größe unserer Gemeinschaft so intensiv erlebt wie in diesen Tagen. Das Willkommen hier im Sonnentempel zu Ragath, die Gespräche mit den Schwestern und Brüdern im Glauben. Uns verbindet Teil der Gemeinschaft des Lichts zu sein. Etwas was über allem anderen steht. Vater übergab auch hier die vorgesehenen Geschenke und wir beide beteten am Hauptaltar. Ihm tut diese Reise sichtbar gut. Befreit von all den Sorgen, die seine Aufgaben als Custos Lumini und sein Rang in der Kirche bedeuten, lebt er sichtlich auf.
Ich hätte nicht gedacht, dass mich das stete wandern und führen der Tiere zunächst so anstrengen würde. Doch Vater fand sich schnell darin zurecht und betont, dass zu viele in unserer und anderen Gemeinschaften es sich zu bequem machen würden. Eine Ansicht der ich nicht widerspreche. Und auch ich merke, dass es mir gut tut, mehr unter der Praiosscheibe zu schreiten und nicht auf Kutsche oder Ross zu vertrauen. Bald machen wir uns auf den Weg nach Gareth. Einmal in der Stadt des Lichts zu beten. Das Heilige Licht dort zu sehen und dem Heliodan lauschen zu können. Welch erquickende Aussicht! Mögen die Zwölfe stest mit Euch sein.
Praicesca
7. Travia 1045 BF, Gareth
Lux triumphat,
nicht anders kann ich den Brief an Dich beginnen Iluminada.
Schon die Priesterkaiser-Noralec-Sakrale ist ein Monument des Glaubens und ein Meisterwerk der Baukunst. Doch die Stadt des Lichtes ist ein Meisterwerk, wie es allein ein Heiliger vollbringen konnte! Diese Details, die offenkundigen Statuen und Zeichen, die Anspielungen, das Spiel des Lichtes und erst der Klang in der heiligsten aller Hallen! Für diesen Ort wurden die Gurvanischen Choräle ersonnen. Praicesca und ich sind noch immer ergriffen. Allein dem Boten des Lichts lauschen zu können. Er ist wahrhaft vom Götterfürsten erwählt und von einer Aura umgeben, die einzig dem wahren Heliodan zu eigen sein kann.
Auch wenn es nur ein schwacher Abglanz ist, so habe ich einige Drucke und ein Bild des Tempels erworben, die mit der nächsten Sendung gen Ordo Bosparanis gesandt werden.
Die Audienzen die mir ob meines Ranges und des Schreiben des Luminifactus gewährt wurden, ermöglichten mir äußerst faszinierende Gespräche. Insbesondere das die Inquisition sich Zeit nahm, erfreut mich. Du weißt, mich beschäftigt seit den Beratungen in Elenvina, wie wir den Widerspruch auflösen sollten. Wir Aldigonenser sind ein Inquisitionsorden, doch in der Gemeinschaft des Lichts gibt es nur eine Inquisition und vor dieser sind wir oder die Turaniter keine ordentlichen Inquisitoren. Ausgebildet und geprüft in der Stadt des Lichtes. Die Aufgaben des weltlichen Rechts, welche damit verbunden sind, sind das eine. Doch was bedeutet dies für uns als Diener der Kirche und wie sollten wir auftreten?
Wir sahen auch die Dämonenbrache, einige Brüder und Schwestern zeigten uns diese zusammen mit Bruchstücken der verfluchten Fliegenden Festung des Erzfrevlers! Hier in Gareth, ja im Mittelreich ist der Kampf gegen die Feinde der zwölfgöttlichen Gemeinschaft viel greifbarer als bei uns. Doch wir wissen, auch bei uns sind der Feinde viele, doch gehen sie andere Wege. Aber ich will meinen Brief nicht mit solchen Gedanken belasten.
Wir schauten in Gareth viele beeindruckende Bauwerke. Wir suchten den Pentagontempel auf, der nach Kuslik wohl zu den bedeutsamsten seiner Kirche zählt. Doch auch die Sankt-Ardare-Sakrale besuchten wir. Dort gedachten wir im Stillen der Hybris, die unsere Kirche einst überkam und derer wir uns als Gemeinschaft in der Quanionsqueste gewahr wurden. So manch anderes Gebäude oder Tempel sahen wir, von denen wir nach unser Rückkehr gerne berichten werden.
Ich erwarb noch einige Dinge, die ich Dir, Silem und den seinen gerne zeigen werde, wenn Travia uns eine glückliche Heimkehr gewährte. Der guten Praicesca schenkte ich jedoch einen Anhänger mit einem Schmuckstein aus bestem Glyndhavener Bernstein. Er soll sie immer an diese Reise und das Herz unserer Kirche erinnern.
Das Licht des Herrn weise uns den Weg, jetzt und auf immerdar.
Cerdon
15. Travia 1045 BF, Rommilys
Ich grüße Dich in Travias Namen, Mutter,
Rommilys ist eine interessante Stadt, ordentlich und aufgeräumt dabei doch von Leben erfüllt. Die Menschen hier scheinen die Ordnung zu lieben, so achten sie auch in den Details sehr darauf. Sie haben sogar Thermen hier, die weit gerühmt sind.
Dominiert wird die Stadt allerdings vom großen Friedenskaiser-Yulag-Tempel. Dort beteten wir um eine sichere Heimkehr und für all unsere Lieben und Freunde. So viele Pilger wie dort sieht man nicht oft. Ein buntes Gemisch aus vielen Landen kam dort zusammen und das Erhabene Paar bewegt sich ohne eine Scheu unter all den Menschen.
Vater machte seine Spende für die Waisenhäuser der Kirche, die ihm so wichtig war und wir beide meldeten uns für die Tage unseres Aufenthaltes für den Morgen und Abend für die Armenspeisung. So sollte es sein, die Gemeinschaften stehen zusammen als eine große Familie, in der alles seine rechte Ordnung hat.
Artig machten wir unsere Aufwartung in der Praiosstadt, wie der Stadtteil mit dem Praiostempel gerufen wird. Sein Tempelvorsteher, Anshelm Horninger, ist zugleich einer der wenigen geheimen Inquisitionsräte. Er hat sich mit Vater interessiert über Fragen des Rechtes ausgetauscht. Er diente zuvor in Greifenfurt und kämpfte wider die Orken, gerne berichtete er davon, allen voran vom großen Greifenwunder.
Ehe ich es versäume, bitte bestellte Comto Erlan auch die besten Grüße und Wünsche von seiner Base, der Dame Rondane, von der ein Schreiben beigelegt ist. Sie bat uns von ihm, seiner und damit auch unserer Familie zu berichten. Dem kamen wir gerne nach. Ebenso berichteten wir ihr vom Fortgang des Alveranidendoms. Sicher, es wird noch viele Jahre dauern, bis dieser Tempel fertiggestellt werden kann, das ich mich Euch nicht sagen. Aber sie war sehr erfreut zu hören, dass schon das Gänsegeschnatter dort zu vernehmen ist. Wir tauschten uns des Abends aus, denn am Tag zeigte sie uns gerne einiges von der Stadt. Darunter auch ein Kolleg von Gelehrten. Die Markgräfin und mit ihr viele andere widmen sich der Vergangenheit, als die Region noch zum Alten Reich zählte, mit großem Eifer. Wir wurden gerne gehört, ob und was wir an Wissen beizusteuern vermochten. Zum Ende unseres Besuches verabschiedete sie sich von uns, voller Freude jemanden aus ihrer alten Heimat gesehen zu haben und das sie sich freuen würde, wenn das wieder geschehen würde. Was schneller geschehen könne als man glaube… was immer sie damit meinte.
Deine Dich liebende Tochter Praicesca
23. Travia 1045 BF, Auraleth
In desperatione et tenebris Lux triumphat!
In Verzweiflung und Finsternis Siegt das Licht!
So lautet die erste Zeile des Gebetes des Orden vom Bannstrahl vor dem Kampf. Des Ordens der in unserer Ordnung kaum eine Bedeutung hat. Hier in Auraleth verstehe ich besser, warum sie so sind, wie sie es sind. Wir sahen die Ruinen von Wehrheim und beteten für die Seelen all derer, die hier durch das Wirken des Widersachers in dunkelster Magie und Dämonenmacht vergingen. Auraleth ist eine Festung, alt schon als es das Reiche Rauls nicht gab. Gegen seine Mauern brandeten viele, doch sie fiel nicht. Nie wankte die Wacht.
Ja, viele blicken nicht nach links oder rechts. Ihre Gedanken und Argumente sind klar auf das Ziel ausgerichtet. Feinheiten und Nuancen scheinen ihnen in vielem fremd. Und doch erkenne ich in den Gesprächen hier einen tiefen Glauben. Ich sah Versehrte, körperlich und am Geist gezeichnet durch die Schrecken der verderbten Kraft und finsterster Mächte.
Sie sind kein eleganter Rapier oder gar ein Florett, wie sie bei uns so verbreitet sind. Sie sind der Streitkolben, der auf die Feinde niedergeht und das Schild, welches die Gemeinschaft beschirmt. Dafür danke ich ihnen. Daher hatten wir auch die richtigen Gaben mitgebracht, einfache Schriften und Geschenke, die ihnen helfen mögen.
Wir wurden hier aufgenommen und gerne nahm man uns in den Alltag auf. Ihr Tagwerk kennt nicht viel Müßiggang. Es hilft sich zu fokussieren und zu konzentrieren. Wir nahmen sogar an Waffenübungen teil, die mir zeigten, dass ich diese in den letzten Jahren doch eher vernachlässigt hatte.
In den nächsten Tagen werden wir gar mit einigen von ihnen unter einem Bannerführer reisen. Sie ziehen nach Altzoll, wo sie Brüder und Schwestern ablösen werden. Es wird sicher eine interessante Erfahrung werden. Ich will mit dem Gebet um innere Stärke enden, welches hier oft gesprochen wird. Wir wissen, Feinde gibt es in vielen Formen. So möge uns Herr Praios Kraft schenken, egal welchen Widernissen wir uns auch stellen mögen.
Herre Praios, unbesiegter König der Sonne! Hier stehe ich, in deinem Namen zu streiten und dein Werk zu tun. Wappne meinen Geist gegen finstere Zauberei, Erfülle mein Herz, dass es nicht wankt noch zweifelt, Und führe meinen Arm, deine Feinde zu zerschmettern!
Es sei!
Cerdon
2. Boron 1045 BF, Devensberg
Das dritte Mal auf unserer Reise sahen wir, was geschehen konnte, wenn sich die Pforten zu den Niederhöllen öffnen und Verräter an den Göttern und allen Seelen Deres ihr düsteres Werk beginnen! Hier an der Trollpforte wurde die dritte Dämonenschlacht gefochten. Ich kann nicht in Worte fassen, wie dieser Ort auf mich noch immer wirkt. All den Tapferen Danke ich, die hier für uns fochten und tausendfach ihr Leben gaben. Vater hatte uns hier länger rasten lassen, um gemeinsam mit den Dienern Borons und vielen Pilgern das Totenfest am Rande der Nebel Sancta Boronias zu begehen. Die Bannstrahler unter ihrem Bannerführer Heldarion schlossen sich an. Der Veteran hatte wohl selbst als junger Knappe hier gefochten. In seiner ruhigen Art hatte er uns am Tag zuvor vieles über den Wall und die Kämpfe berichtet.
Die Bannstrahler sind ohnehin eine interessante Reisegesellschaft. Mit jedem Tag lerne ich sie besser kennen und ihre Stärken schätzen. Sehr organisiert und fromm. Täglich üben sie mit ihren Waffen. Immer wieder bitten sie um Vergebung für kleine Sünden und sie baten uns, täglich für sie die Morgenandacht zu halten. Die meisten von ihnen kommen aus einfachsten Verhältnissen. Insgesamt sind sie alle sehr traditionell in ihrem Bild der Kirche und des Götterfürsten. Eine Predigt von den Lehren des Prinzipismus wäre bei ihnen fehl am Platz. Es scheint, dass so manche Änderung seit dem Ende der heiligen Queste, welche uns das Licht zurückbrachte, noch nicht gänzlich bei ihnen angekommen ist. Gleichwohl ich gestehen muss, an diesem Ort, wie auch zuvor schon in Gareth oder Wehrheim, zeigt sich, eindrücklich, unsere Welt wäre ohne den Frevel Madas eine bessere!
Und ich bin dankbar für unsere Reisegefährten, denn bald schon reisen wir durch die versehrten Lande der Rabenmark. Noch immer sollen dort Gefahren umgehen, denen ich lieber mit den Brüder und Schwestern an unserer Seite begegnen möchte.
Ich denke an das Gebet, welches ich als Kind von die gelernt habe und mir seitdem ein treuer Begleiter ist. Mit ihm auf den Lippen fürchte ich auch die letzte Etappe der Reise nicht.
Gold’ne Sonne, in himmlischer Pracht Hältst du ewig in Alveran Wacht Uns zu erlösen Von allem Bösen Aus der Nacht.
Praicesca
5. Boron 1045 BF, Altzoll
Lieber Silem,
hier in Altzoll zeigt sich, was Beharrlichkeit erreichen kann. Meter um Meter des Bodens haben die Frauen und Männer dem Feind abgetrotzt. Und jeden Meter reinigen sie nun vom Odem des Todes und Verfalls. Hier zeigt sich, was alles möglich ist, wenn die Gemeinschaften der Zwölfe zusammenstehen: Golgariten, Dreischwesternorden, Diener Ingerimms und auch unsere Kirche. Sie haben Altzoll befreit, die Rabenmark zurückgewonnen. Noch immer gibt es Reste der Feinde und wir sahen große Gebiete, die noch gereinigt werden müssen. Doch gleich einer Pflanze, die feste Wurzeln geschlagen hat und von Tag zu Tag an Größe und Kraft gewinnt, scheint es mir auch hier.
Im großen Borontempel haben wir gebetet, der von einer Etilianerin geleitet wird. Vor allem aber suchten wir mit unseren Begleitern den kleinen Tempel des Götterfürsten nahe der wehrhaften Grafenburg auf. Geführt wird er von meiner Amtsschwester Praigunde von Beilunk, die zugleich als Inquisitionsrätin der Rabenmark dient. Mit Freude wurden unsere Geschenke aufgenommen, gleichwohl der Tempel aus Beilunk Unterstützung erfährt, waren die Geschenke für den Tempelalltag sehr willkommen. Das der Dienst hier gefährlich ist, wurde uns erneut eindringlich bewusst. Einer der Bannstrahler lag schwer verletzt im Siechenhaus. Hochwürden Praigunde beschloss daher, dass uns zwei der Bannstrahler von hier weiter nach Warunk begleiten sollten, als sie erfuhr, dass dies unser nächstes Ziel war. Die übrigen würden hier warten, ehe sie gemeinsam nach Auraleth zurückkehren würden. In Warunk sollten wir uns dann einem der regelmäßigen Handelszüge oder Gruppen nach Beilunk anschließen.
Den Abend verbrachten wir in angeregten Gesprächen über die jüngsten Änderungen der Inquisitorischen Halsgerichtsordnung. Als Geweihte hatte Hochwürden lange in Beilunk gedient und die Rechtsschule besucht. Sie wies mich auf einige interessante Rechtstexte hin, die ich in Beilunk einsehen möchte. Ich bin mir sicher, es wird auch dich interessieren, wenn ich wieder zu Hause bin. Vor allem sprachen wir aber darüber, was es heiß den schmalen Pfad zu beschreiten, die wahren Ketzer zu finden und zu strafen, diejenigen, die aber unter der Besatzung litten, nicht allein deswegen zu strafen.
Die Zwölfe mit Dir mein Sohn, C.
12. Boron 1045 BF, Warunk
Liebe Mutter,
weithin sichtbar thront Warunk auf dem Molchenberg, um den sich zahlreiche Geschichten und Legenden ranken. Der große Jel-Horas errang die Stadt und beendete das Reich der Alhanier und ihrer Zauberpriesterinnen. Die Stadt selbst ist noch immer von den Jahren der Herrschaft der Nekromanten gezeichnet. Schmucke Fachwerkhäuser stehen neben solchen, die eher Ruinen sind. Doch die Menschen geben nicht auf und es geht voran. Wir suchten den Rondratempel auf und beteten zur Sturmherrin und dankten Sankt Leomar für seine große Tat. Insgesamt sind viele des Schwertbundes in der Stadt, die mir sehr selbstbewusst scheinen. Der Markgraf ist wohl ein dem Frieden zugeneigter Mann, dem das Wohl seiner Untertannen sehr am Herzen liegt. Ein Blick von der Höhe der Stadt auf das Umland lässt mich hoffen, dass es wieder aufwärts geht. Schon sieht man wieder größere Herden der weitgerühmten Rinder und zahlreiche Pferde, der so beliebten Warunker.
Natürlich probierten wir auch etwas vom berühmten Sembelquast, der tatsächlich vorzüglich schmeckt.
Bald schon sind wir auf dem Weg nach Beilunk, der vom Herrn erretteten Stadt! Wir schließen uns einem kleinen Handelszug an.
Praicesca
21. Boron 1045 BF, Beilunk
Praios sei gedankt!
Ucuri hat uns sicher nach Beilunk geleitet, Darador und Branibor stets ihre schützenden Schwingen über uns ausgebreitet. Welch Anblick hat sich uns geboten, als wir durch das Marschenland voranschritten. Die Gleißende lag vor uns! Und wahrlich, das goldene Dach der gewaltigen Praios-Sakrale war weithin sichtbar. So war sie ein Leuchtfeuer des aufrechten Glauben und der Standhaftigkeit in all den Jahren, als die Lande von den Dämonendienern geknechtet wurden. Nie genommen, selbst der schwarze Drache, von dem wir vieles in den letzten Wochen vernommen hatten, musste sich zurückziehen. Geschlagen vom Wirken des Herrn des Lichts! Und auch heute noch hallen die heiligen Choräle von dort weit ins Land.
Freudig schritten wir voran und suchten direkt die Sakrale auf. Kaum hatten wir unsere Packtiere an Bedienstete übergeben, betraten wir voller Dankbarkeit die Hallen und dankten auf unseren Knien dem Herrn Praios und all seinen Alveraniaren. Erst danach sprachen wir vor, unser Kommen war angekündigt und man wies uns Quartiere zu. Freudig gliederten wir uns in den Tagesablauf ein.
Man bat mich, am Rechtseminar einige Vorträge zu halten vom Recht des Horasreiches, was ich gerne tat. Da ich gewusst hatte, dass mich dies erwartet, waren die Geschenke aus unserer Ordnung umso weiser gewählt. So aktuelle Kommentare und Rechtstexte aus unserer Heimat hatten sie noch nicht. Die Geweihten und Professoren dort sind wahrlich kluge Köpfe und ich gestehe, nicht ohne Grund gilt das Seminar als eines der besten in ganz Dere. Sogar einige Liebfelderinnen und Liebfelder studieren dort.
Und auch mit den Brüdern und Schwestern führten wir sehr angeregte Gespräche. Sie wollten mehr von den Lehren des Prinzipismus erfahren, wenn auch keiner hier ein Fürsprecher war. Aber der Austausch war für uns alle eine Bereicherung, so scheint es mir doch.
Der Höhepunkt war jedoch die Audienz bei der Fürst-Illuminierten. Seit jeher empfängt sie alle Brüder und Schwestern der Kirche, die den Tempel als Pilger besuchen. Doch als Tempelvorsteher und als Bote des Luminifactus schenkte sie mir wohl etwas mehr Zeit. Iluminada, ich sah vor kurzem den Heliodan. Doch auch der Erleuchteten wohnt ein Schein inne, der auf ihre Umgebung ausstrahlt, wie ich es zuvor nicht gewahr wurde. Sie war das Werkzeug des Herrn Praios und wie keine zweite steht sie für die Standhaftigkeit des wahren Glaubens. Praios Licht zeichnete sie aus, als das Heilige zu uns zurückkehrte. Praios weiß, ich teile nicht all ihre Ansichten, doch sie ist zweifelsohne von unserem Herren berührt worden. In den letzten Tagen konnte ich mich mehr als einmal davon überzeugen, welch scharfen Geist sie hat. Ihre Predigten erreichen die einfachen Gläubigen, mehr noch die Herzen und ihren Verstand. Und unter den Brüdern und Schwestern unserer Gemeinschaft zeigt sie tiefste Kenntnisse und stets eine brillante Conclusio. Zu gerne würde ich sie und unseren Luminifactus in einem Streitgespräch erleben.
Wir erwarben hier einiges. Etwa einen Band mit Predigten der Illuminierten, ein Bild der Sakrale oder bestes Beilunker Leinen mit praiosgefälligen Verzierungen für den Altar. Für Silem erwarb ich einen äußerst aktuellen Kommentar des Codex Raulis, der ihm in Oberfels so nah am Reiche Rauls sicher hilfreich sein wird. Für unseren Hausaltar erhielt ich als Geschenk gar eine einfache Statuette des Götterfürsten als göttlichen Richter aus Holz. Geschnitzt von einem Versehrten der Legion. Im Kampf erblindet, schenkten ihm die Götter großes Können beim Schnitzen.
Die Brüder und Schwestern hier hatten auch alles für unsere Weiterreise in die Hand genommen. Unsere treuen Packtiere übergaben wir dem Tempel als letztes Geschenk. Wir würden mit verschiedenen Schiffen fahren. Sowohl die Botschaften unseres Wahrers als auch einige der Illuminierten würde ich dabei übergeben. So würden wir auch in den Genuss kommen, noch einige weitere bedeutsame Tempel und Pilgerorte zu sehen. Daher wird diese Nachricht Euch noch vor uns erreichen. Wir beten zur Herrin Travia für unsere sichere Heimkehr und unsere Lieben.
Cerdon
Firun 1045 BF, Praiostempel von Unterfels
„Nachdem wir Beilunk mit einem kleinen Konvoi unter Begleitung einer Bireme der Flotte verlassen hatten, steuerten wir Perricum an. Die Händler planten dort einen Zwischenstopp ein, so dass wir uns die Stadt ansehen konnten. Allen voran die Löwenburg war unser Ziel. Aber auch die Tempel Efferds und des Praios besuchten wir kurz. Nach einem Tag sollte es weitergehen nach Zorgan. Dort sprachen wir in der Halle von Recht und Ordnung vor. Der Luminifactus, Eminenz von Hardenfels-Albenhus tut dort schon seit den Tagen des vormaligen Heliodan seinen Dienst. Freudig empfing er die Nachricht aus Beilunk und in angemessener Zurückhaltung die Botschaft aus Vinsalt.“
„Der Tempel dort ist recht prächtig, auch wenn die Aranier Praios nicht so verehren, wie wir es zuvor im Mittelreich erfahren hatten. Vater und ich besuchten aber auch die Tempel der Peraine, des Phex und den Rosengarten. Für meinen Geschmack war es dort jedoch zu freizügig. Ganz so wie es in Belhanka zugehen soll. Wir kamen sogar noch auf den Basar in der quirligen Stadt. Dort haben wir für euch etwas Rosenseife gekauft.“
„Über Khunchom ging es dann weiter. Tatsächlich ist Stadt beinahe so wie in den alten Märchen. Dort mussten wir warten, ehe wir das neue Schiff besteigen konnten. So besuchten wir neben dem Praiostempel, wo wir Nachricht seiner Eminenz überreichten, auch den Kortempel. Ich gestehe, es war vor allem Interesse an einem der heiligsten Orte des Kultes. Und immerhin hüten sie dort den Khunchomer Kodex. Gleichwohl sehen sie dort wohl nicht so oft Diener des Götterfürsten. Wichtig ist aber, wir besuchten den Tempel des Lebens. Seit kurzem erst der Haupttempel der Göttin Tsa, um dort erneut der guten Göttin zu für die Geburt der Drillinge zu danken. Dort verkaufen sie auch Handpuppen, gefertigt von Waisenkindern. Drei kauften wir, damit es unter den Drei keinen Streit gibt.“
„Der Wunsch zweier Eminenzen führte uns dann auf einem al’anfanischen Schiff nach Al’Anfa. Die Stadt an den Hängen des dunklen Visar ist beeindruckend. Der Koloss ist so gewaltig, wie es heißt. Dort ist vieles anders. Praios sei es gedankt, halfen uns die Empfehlungsschreiben aus Zorgan, so waren die Kontrollen deutlich einfacher zu bewältigen und wir mussten auch keinen Zoll entrichten. Die Seine-Heiligkeit-Gurvan-Sakrale ist beinahe so prächtig, wie die Noralec-Sakrale in Gareth, der sie nachempfunden wurde. Prunkvoll ist die Sakrale, im inneren an vielen Stellen jedoch kaum geschmackvoll zu nennen. Der Wahrer der Ordnung hingegen, Amosh Tiljak, ist eine sehr interessante Person. Er nahm sich Zeit für uns und schien sichtlich interessiert im Diskurs über das Recht.“
„Praicesca sagt es, so freute er sich auch über die Texte aus dem Lieblichen Feld und übergab uns später Korrespondenz für die weitere Reise und Vinsalt. Nun, wir mussten einige Tage in der Stadt bleiben. Uns wurde eine Diener des Tempels zur Seite gestellt und wir sahen einiges in der Stadt. Die große Universität und allen voran die Stadt des Schweigens, die wir aus Respekt jedoch nicht betraten. Dennoch war ich froh, als wir das Schiff nach Hôt-Alem besteigen konnten.“
„Der Besuch bei den Brüdern und Schwestern dort war etwas angespannt, ob des Streites der beiden Eminenzen. Gleichwohl empfingen sie uns angemessen. Tatsächlich ist die Stadt wie ein Besuch im Mittelreich, gleichwohl vieles für die Region angepasst wurde.“
„Dann segelten wir wieder gen Brabak. Als wir das Kap umrundeten, prüfte uns Herr Efferd. Vater und ich kämpften doch arg mit der Seekrankheit. Brabak selbst versuchten wir möglichst schnell hinter uns zu lassen. Die Stadt selbst, allen voran der prächtige Efferdtempel, sind durchaus nett anzusehen. Doch dort thront auch die schändliche Akademie. Wie man es dort dulden kann, einen solchen Hort frevlerischer Magie zu dulden, ich verstehe es nicht. Mir ist es ein Rätsel, warum sie dort unsere Verbündeten sind.“
„Umso freudiger waren wir, als wir in Kuslik ankamen. Wir besuchten den Praiostempel, wo wir freudig empfangen wurden. Allen voran brannten die Geschwister darauf von Praicesca zu erfahren, was sie erlebt hatte auf der Reise. Geschenke wurden überreicht und ich hatte einige Nachrichten für die Tempelvorsteherin. Ehe wir die Kutsche bestiegen, besuchten wir noch den Hesindetempel, wie es sich doch wohl geziemt. Dann ging es weiter über Vinsalt, dort empfing uns der Luminifactus und nahm die Nachrichten und einige Geschenke entgegen. Er freute sich vor allem über die alten Münzen, die ich in Rommilys erwerben konnte. Sie stammen aus der alten Rommilyser Mark. Mit den besten Wünschen und seinem Segen kamen wir dann zurück nach Unterfels.“