Fürsten, Händler, Intriganten/Rezension

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Lange, wahrlich lange haben wir darauf gewartet!!! Doch nun endlich ist die Horasbox erschien. „Fürsten, Händler, Intriganten" liegt in unseren Händen. Nach über zwei Jahren Bangen, Hoffen, verschobener Erwartung. Es bleibt die Frage: „Hat sich das Warten gelohnt?"

Auf den ersten Blick erfreut bereits allein die Menge an Material, die uns Schmidt-Spiele (heute bei Fanpro) zum Ende des Jahres in einer Box präsentiert: Drei Bücher, drei A2-Farbkarten, diverse SW-Karten und einen Satz Bildkärtchen. Das ist Rekord! Für sein Geld bekommt man schon mal was! Wenngleich mir bislang auch sehr unterschiedliche Kaufpreise zu Ohren gekommen sind: Von 50,- DM bis über 65,- DM war alles dabei! Die Händler sind sich also nicht ganz einig.

Doch wenden wir uns sofort der Einzelkritik zu: Zuallererst kann man kritiklos den Zeichnern ein Kompliment machen, allen voran Michaela Sommer, die exzellente Bilder abgeliefert haben. Kompliment. Ein Fehler hat sich jedoch bei den Kronen eingeschlichen, da ist unter Herzog die Yaquirkrone der Könige aufgeführt. Und das ich mir da so sicher bin liegt daran, daß die Zeichnung von mir ist! Leider auch nirgends erwähnt.

Doch nun zum Inhalt. Da ist zunächst einmal das „Reich des Horas". Einige Texte waren ja noch aus der ersten Liebfeld-Spielhilfe „Das Königreich am Yaquir" bekannt und wurden teilweise nur dem neuen Horasreich-Image angepaßt. Besonders unverschämt erscheint es dabei, daß Schmidt-Spiele doch allenernstes zunächst behauptet hat, die alte Spielhilfe bliebe weiterhin aktuell. Man kann nur hoffen, daß ihnen das keiner abgenommen hat.
Als nächstes fällt einem die neue Karte des Horasreiches auf, auf der sich nicht viel geändert hat, lediglich der Süden hat sich gewandelt, Drôl ist hinzugekommen. Ansonsten wurde die Grafschaft Phecadien vergessen und die Baronie Hussbek weggelassen. Warum diese Baronie fehlt versteht sowieso niemand.
Die Beschreibungen der Lehen fällt kurz und knapp aus, die Wappen der Grafschaften und Herzogtümer sind doch arg klein ausgefallen.
Die Beschreibung des „Horasreiches" enthält dann eine Menge neuer Informationen, die sich dann doch sehr von der alten Spielhilfe unterscheiden. Nicht gelungen finde ich hierbei die sehr „mittelreichische" Beschreibung dieser Texte. So ist es doch gerade eine Eigenart des Horathi viele Namen anstelle des „K" mit einem „C" zu schreiben. Um nur ein Beispiel zu nennen. Das wurde leider nicht gemacht. Auch stimmen die hier aufgeführten Directorien nicht mit denen überein, die ein Zimmer im Horaspalast haben. Tja, wer alte Texte ohne zu Lesen übernimmt. Ansonsten wird die „Mentalität und [der] Lebenswandel der Horasier" sehr anschaulich und stimmig dargestellt. Auch die Stadtbeschreibungen mit den schönen Wappen (diesmal auch nicht zu klein) lassen keine Frage offen (höchstens die nach Nummern und Buchstaben) und runden die Regionalbeschreibung ab. Insgesamt ein schönes Buch!

Problematischer wir es erst beim Kampagnenband „Fürsten, Händler, Intriganten".
Die Modifikation der einzelnen Heldentypen ist zwar eine gute Idee und für horasische Charaktere unbedingt zu beachten, doch hatte ich ständig das Gefühl, daß im Horasreich für „normale" Helden aus alten Zeiten kein Platz mehr ist. Als sollte das Liebliche Feld aus dem Restkontinent herausgebrochen werden und von nun an als eigenständiger Kampagnenteil neben dem restlichen Aventurien herlaufen. Das kann aber nicht Absicht sein?!
Die Einführung eines Sozialstatus’ kann wohl nur einem Liebfelder in den Sinn kommen, weswegen ich ihn als eine der besten Neuerungen der ganzen Box ansehe. Peinlich wird es aber erst bei den Möglichkeiten seinen SO (eine konsequente Abkürzung hat man wohl gescheut) zu verändern. Mal abgesehen davon, daß ich eine „Bürger-Verdienstmedaille" für völlig unsinnig halte, ist es doch wohl nicht Ernst gemeint, daß die Sonderglanzausstattung „Große BVM" mehr SO bringt als die „Aufnahme in das ‘Register der rondragefälligen Recken’ (Held kann nach seinem Tode zum Heiligen erklärt werden)". Da war wohl ein Evangelischer am Werk, wie? Außerdem stelle ich mir gerade Prinz Timor mit dieser GBVM vor, der seine Mutter auffordert sich vor ihm niederzuknien, mit der Bemerkung, er habe jetzt SO 22! Man hätte die Kaiserin besser aus dieser Liste herausgenommen und erklärt, sie stünde sowieso immer über allen. Auch die Ordensgemeinschaften (ganz besonders die Heilig Blut Ritter) scheinen mir doch etwas überbewertet zu sein. Wenn schon diese Leutchen ein so hohes Ansehen haben, wie konnte dann die Horaskirche abgeschafft werden, ohne einen allgemeinen Aufruhr hervorzurufen?
Das Kapitel „Einkommen und Ausgaben" kann als sehr gute Ausgangsplattform dienen, die man selbst in der Spielrunde nach Bedarf noch variieren kann. Das „Lebensstil"-System ist eine wirklich gelungene Übernahme aus anderen Rollenspielen. Echt schlecht finde ich die Beschreibung des Staats-Ordens vom Goldenen Adler. Die Idee einer Beamtenschaft hat ja noch was. Aber die Ausgestaltung dieses Ordens lief dem Autor dann wohl aus der Hand. Ich kann mir zumindest kaum vorstellen, daß es Ernst gemeint sein soll Criminal-Inspectoren der Mord-Commission im Horasreich herumlaufen zu lassen?! Auch ist die Dimension des Ordens wohl etwas übertrieben. Nach den Vorgaben des Textes laufen ca. 6.000 Staatsbeamte herum? Was sollen die machen und wer bezahlt den Quatsch?
Sehr interessant finde ich auch die Armee und die Flotte des Horasreiches. Nimmt man alles zusammen rennen 44,8 Regimenter stehendes Heer im Horasreich herum. Was machen die und wer bezahlt den Quatsch? Besonders blöd sind die „Landgendarmerie-Regimenter", welche die Adligen von ihren Polizeiaufgaben befreien (Die in ihrer Darstellung dem preußisch-wilhelminischen Wachtmeister entsprechen - natürlich in der Frührenaissance, versteht sich). Dazu kommen ca. 12.000 Seeleute auf 153 Schiffen. Und noch einmal: Was machen die den ganzen Tag und wer kann das bezahlen?
„Das Rechts- und Justizwesen im Horasreich" ist auch etwas seltsam. Barone, die nicht einmal einen Mörder hinrichten dürfen, Freiheitsstrafen, die eine Erfindung des 19. Jahrhunderts sind, Körperstrafen, die als zu barbarisch abgelehnt werden. Komisch!
„Ehrenhaftigkeit" und „Die gehobene Kultur" stellen die Lebensweise des Horasiers dar und fassen sie in spielbare Regeln. Gut gelungen. Mit Ausnahme der Visitenkarten vielleicht, die ich doch etwas dämlich finde. Ich werde keine p.v.c.- oder p.c.-Karten verschicken. Den PC aus PVC habe ich auf meinem Schreibtisch stehen und damit kann man die schönen altmodischen Einladungskarten und ähnliche unmoderne Schriftstücke verfassen (die braucht man dann auch nicht persönlich überbringen). Aber das mag ja Geschmacksache sein.
Sehr gewagt finde ich außerdem die AP-Vergabe für Mätressen und Favoriten. Wodurch erhält man die eigentlich? Flüstert der Herr Geheimrat seiner Herzensdame höchste Staatsgeheimnisse ins Ohr, oder sind es Erfahrungen ganz anderer Art?
Die Geheimnisse der Box, oder auch „Die Urgeschichte des Lieblichen Feldes" fällt meiner Meinung nach eher mager aus. Die Echsensagen sind zwar ganz nett, aber wirklich interessante Geheimnisse für den Spielleiter werden verschwiegen. Auch die „Heiligkeit des Horas" wird mit dem Weglassen der Kusliker Urkunde nicht besser. Es fehlten die wirklich geheimen Dinge. Z.B. ist die Comto-Ogman-Urkunde wirklich echt? Will Prinz Timor den Sturz der Mutter? Wie ist es um den Nachwuchs der Cron-Prinzessin bestellt? Was sind die wahren Motive Shafirs? Was ist mit Fürstin Kusmina?
Auch der „Roten Keuche" noch ganze 2½ Seiten einzuräumen, mag zwar ein Tribut an die gute Story von Niels Gaul sein, aber wirklich wichtig war das auch nicht gerade. Da hätte man die Seuche besser noch ein Jahr wüten lassen, dann hätten die Seiten Sinn gemacht. Zumal in der Beschreibung von Drôl dieses „wichtige" Ereignis mit keinem Wort erwähnt wird.
Nun wollen wir uns aber den „Mächtegestalten und Mächtegruppen" zuwenden. Die Einteilung in Beziehungs- und Finanzkraftkategorien ist zwar schon bedeutend besser, als die Steuerbögen der Al’Anfa-Box, aber trotzdem sind die Zahlen noch immer viel zu konkret. Als Spielleiter halte ich mich da doch eh nicht dran, wenn es mir nicht in den Kram paßt. Die Werte für das „Handgeld" und die „Reserven" hätte man demzufolge besser weggelassen. Naja, ein Schritt in die richtige Richtung ist es.
Ganz besonders toll fand ich auch die Gespielen der Kaiserin. Das hat mir wirklich bislang gefehlt! Ich stelle mir gerade den stiernackigen, massigen Staats-Minister direkt neben seinem innigsten Freund dem Grünen Geppert im Himmelbett der Kaiserin vor! Jupp, ich kann die Kaiserin völlig verstehen. Man nimmt was man bekommen kann. Wer sich diesen „menschlichen" Zug der Kaiserin auch nicht vorstellen kann, möge sich bei mir melden. Wir gründen dann eine Selbsthilfegruppe...
Sehr interessant fand ich auch den Staatskunst-Wert von 17, glücklicherweise wurde kein Kriegskunst-Wert angegeben, der liegt nämlich sicherlich bei -5 (siehe Heer und Flotte)!
Schön das der Leser der Horasbox mal so nebenbei erfährt, daß es wieder einen König der Zyklopeninseln gibt. Aber so wichtig war diese Information ja auch nicht.
Absoluter Liebling von mir ist seine Dreistigkeit Granduco Jucco d’Alentino-Firdayon! Nein, was für ein Mann. Da luchst er der Kaiserin so mir nichts Dir nichts den Titel eines Granducos ab. Bravo! „Ach, und wo wir gerade mal dabei sind Amene-Schatz, ich habe da diese Signorie Alentino in Aldyra gesehen. Klingt sie nicht wie mein Nachname? Ist das nicht putzig, wie für mich geschaffen! Und vakant ist sie auch gerade, nein, welch’ Phexisches Werk! Kann ich sie haben? Bitte, bitte, bitte! - Danke Amene-Schatz! Sag mal habt Ihr nicht auch noch eine Grafschaft Persanzig irgendwo? Nein, schade..."
Ja, ja auch Dame Terdillion ist so eine arme Wurst. Da rackert man sich Tag und Nacht ab, gewinnt jedes Jahr die Auszeichnung zur „Kauffrau des Jahres" und schafft es seine 36 seegängigen Schiffe und die Anteile an 21 weiteren Schiffen innerhalb von zehn (10) Jahren auf die wahnsinnige Summe von 36 seegängigen Schiffen und 21 Anteilen an weiteren Schiffen zu erweitern! Das ist doch was! Außerdem kauft sie mal so eben dem Grafen von Belhanka die Rechte an der Grafschaft ab, kämpft aber immer noch vergeblich um den Titel einer Cavalliera. Das Leben ist eben ungerecht. Vielleicht sollte sie den Umweg übers Bornland wählen. Ich glaube da gab es letztens noch einen Grafen für nur 2.999,99 Batzen zu kaufen, bei einer gewissen Hesindiane von Dallenthin...

Im Schatten des Adlers" beginnt mit einem lustigen Patzer: Die wunderschöne Leiste von Michaela Sommer wurde verkehrt herum angebracht. Ansonsten überlasse ich allen Spielern die Beurteilung der Abenteuer. Einzig sei vielleicht auf den „Bund von Meer und Land" hingewiesen, der einige Hintergründe zum neuen alten Seekönig liefert.

Zu den Karten läßt sich sagen, daß die von Vinsalt die alt bewährte ist, wenngleich die SW-Karte der selbe alte Fehldruck ist, wie beim letzten Mal. Irgendwo mußte Schmidt-Spiele ja sparen. • Der neue Plan von Grangor ist ausgesprochen hübsch und eine wahre Zierde an der Wand. Endlich ein vernünftiger Plan von Grangor. • Die bunten Regionalkarten von Ina Kramer sind schön wie immer, wenn auch die Unterschiede der Maltechnik beim Nebeneinanderlegen recht arg sind. Außerdem paßt die Karte mal wieder nicht zur Beschreibung. Aber das sind wir ja bereits gewohnt. • Der Plan von Kuslik ist auch derselbe, leider auch mit den Fehlern vom letzten Mal. Sowas ärgert schon. Zudem fehlen die neuen Nummern völlig. Tja, was soll’s. • Bei Neetha ist es nicht anders und in Rethis weiß niemand, wo welche Gebäude sind und was mit den Buchstaben Q und E geschehen ist. • Der Plan von Methumis ist der aus „Unter dem Adlerbanner" und der von Neetha stammt aus „Findet das Schwert der Göttin!" und wird auch nicht besser. • Die Karte von Rethis ist durch die vielen Höhenlinien etwas unübersichtlich und die Wallanlage erscheint mir etwas überdimensional, wie mir die ganze Stadt viel zu groß vorkommt. • Hingegen ist die Karte von Arivor viel zu klein und auch noch schlecht. Hier fragt man sich vor allem, wie 1.900 Einwohner auf dem Goldhelm wohnen wollen? Wahrscheinlich wie in Al’Anfa, alle in Höhlen im Berg. • Die Karte von Belhanka gefällt mir hingegen ganz gut, nur schade, daß sie so klein ist. Soweit zu dem Kartenzeichnungen.

Auf die Spielkarten gehe ich nicht weiter ein, sie sind schön, aber ob sie sinnvoll sind, muß jeder mit sich ausmachen.

Fazit: Das Warten auf die Box hat sich gelohnt! Insgesamt ein absolutes Muß für alle Freunde des Lieblichen Feldes und des Horasreiches. Allerdings darf man meines Erachtens einige Dinge, die in den Texten stehen einfach nicht zu ernst nehmen. Das kann einfach nicht so gemeint sein. Auch bedarf es an einigen Stellen für das Briefspiel untereinander noch einige Änderungen, aber das wird sich alles einspielen im Laufe der Zeit. Aber man kommt an dieser Box einfach nicht herum, will man das „neue" Liebliche Feld erleben.
Andree Hachmann, mit Beiträgen von Frank Bartels