Die Feier zu Ankram
on der Feier auf Burg Ankhelet zu Ankram will ich Euch erzählen, vom 21. Tage des Monates der lieblichen Rahja, an dem Delhena-Naila, unsere edle Herrin, zum Feste der achtunddreißigsten Wiederkehr ihres Geburtstages geladen hatte. Viele Hochgeborene waren dem Rufe gefolgt, um die Feier angemessen und fröhlich zu verbringen - und mehr.
Doch sie wußte wie wir alle um die Wichtigkeit dieses Tages, denn es waren Taten geschehen, die Glück oder Schande für Ihre Hochgeboren Delhena bedeuten konnten. Wenig nur kann in der Chronik davon niedergeschrieben werden, und nichts wird dort die Leidenschaft und den Widerstreit der Gefühle so schildern können, wie ich es werde. In dieser Schrift, die ich mit der wohlüberlegten Erlaubnis des Baronspaares vervielfältigen lassen werde.
Denn seit diesem Tage, und so heiße ich auch jene Zeilen, gibt es eine Ballade in Ankram:
Von der lieblichen Baronin Und den Edlen, die freiten und fochten um sie
Lyendor Tamarisco, Chronist von Ankram
o hatte Ihre Hochgeboren, die edle Delhena-Naila, das Volk dazu aufgerufen, seinen Teil zu geben an Speis und Trank, die zu ihrem Feste gereicht werden sollten, und Schiffe hatten kostbare Ladung den Sikram heraufgebracht, um die reichen Erträge Ankrams zu ergänzen. Während Karren um Karren durch das Tor von Ankhelet rollte und der werte Haushofmeister Reskan sie auf seiner Tafel notierte, trugen kräftige Knechte die Säcke und Fässer hinab in die Vorratskammern der düsteren Burg, wo sie ruhen sollten, bis man ihrer bedurfte.
Eifrig eilten Kinder umher, ihren Müttern und Vätern zur Hand gehend und sich einige Kupferlinge verdienend; und fleißige Mägde bereiteten die Zimmer der Gäste vor, holten das feine Linnen aus den Truhen und schmückten die Wände. Böden wurden gescheuert, bis der Stein glänzte, die Wandbehänge des großen Saales wurden ausgeklopft und erneut aufgehängt.
Selten zuvor hatte solch ein Leben in der Feste geherrscht, in der nur einige Dienstleute und der Haushofmeister lebten, denn Ihre Hochgeboren zog es vor, in ihrem Stadthaus, einer Villa im Stil ihrer tulamidischen Heimat Rashdul, zu leben. Und doch nahm sie Anteil an den Vorbereitungen der Feierlichkeiten, ritt oftmals hinauf zu der düsteren Burg, um den Stand der Dinge zu beobachten und neue Anweisungen zu geben, obgleich es ihr Zustand nicht erlaubte.
In Ankhelet, der Burg, die weithin sichtbar auf einem Hügel über der Stadt, dem Fluß und dem König-Therengar-Kanal thront, Ankram gleichsam beschützend und bedrohend. Klein ist der Innenhof der achteckigen, düsteren Feste, ebenso wie die schmalen Fenster, durch die kein Armbrustschütze richtig zielen kann. Herz und Pracht ist der Rittersaal, langgestreckt auf siebzig Schritt und fast halb so breit. Eine Galerie umzieht die Innenwände knapp unter der Decke, um von dort aus die schweren eisernen Lüster heranzuziehen, deren Kerzen in der Halle Licht spenden. Denn was auch immer sich Geryion, der „Falke von Ankram“, bei der Errichtung der Feste gedacht haben mag, das Bauwerk spiegelt sein kriegerisches und rondragefälliges Wesen wider, seine Strenge, die er sich, seinen Untergebenen und Anverwandten angedeihen ließ.
Diese Strenge ein wenig aus dem Saal entschwinden zu lassen und seine bedrückende Stimmung aufzulockern, war das Bestreben der fleißigen Hände, die die Kerzen erneuerten, die Wände mit Blütengirlanden und bunten, leuchtenden Teppichen schmückten. Ihre Hochgeboren betrachtete dies alles mir Wohlwollen, wie auch die Tänzerinnen, die eifrig in der Halle übten, um ihre Lehrmeisterin bei dem Feste nicht zu beschämen. Aus den Dörfern und Städtchen waren die Sänger und Gaukler zusammengekommen, und ihre Proben auf den Plätzen Ankrams dienten nicht nur zur Belustigung des Volkes.
„Wann hat Ankram je eine solche Versammlung von Edlen des Reiches gesehen?“ fragte mich Damieldo Tirraza, der Baronin getreuer Vogt zu Kyora und Eylhean.
„Nie zuvor. Doch ist das nicht ein Segen für uns? Ankram ist an diesem Tage nicht nur ein Provinzstädtchen, ein kleiner Ort, und vielleicht kann mehr daraus erwachsen ...“ gab ich ihm mit dem Stolze eines Einwohners zu bedenken. „Hesinde gebe unserer Landherrin die Weisheit der richtigen Wahl. Denn zwei Herren gilt es besonders zu unterrichten, wie Ihr wißt ...“
„Ich weiß es wohl! Doch was ist besser? Den mächtigeren Herrn oder die günstigere Baronie?“ sprach Damieldo. In diesem Augenblick erspähte er Reiter. „Einer unserer Gäste? Schon jetzt?“
„Das ist recht. Ihre Hochgeboren hat es so gefügt.“ erwiderte ich. Wohl wissend, wer dort kam.
un aber sahen wir den Trupp, der nahte. Sechs Bewaffnete schützten einen dunkelhaarigen, hochgewachsenen Mann und seine Begleiter. Ich erkannte Seine Hochgeboren Malbeth Glandore, Baron zu Onjaro, wohl, denn nicht zum ersten Male nahm er Gastung bei unserer Herrin. Ein gern gesehener Freund war er. Doch jene, die ihm folgten, waren mir fremd. Reskan eilte zum Tor, um sie zu empfangen, und so erfuhr auch ich die Namen des edlen Herrn und der Dame, die Freunde Seiner Hochgeboren aus alten Tagen waren - der ehrenwerte Ramin von Garland, Mandra Gosah Thagil, ein Angehöriger des Volkes der Berge, und die Elfen Adan, Albna und Akram Draderan.
Ihnen gewährte er im Namen der Baronin freundliche Aufnahme, und kaum da sie die Pferde den Stallburschen übergeben hatten, trat Ihre Hochgeboren Delhena aus dem Portal der Feste, gewandet in ein leichtes, glänzendes Gewand ihrer tulamidischen Heimat. Ein zierlicher Reif krönte ihr Haar. Doch nicht dies zog den Blick seiner Hochgeboren auf sich.
Mutig schritt sie ihm entgegen, seinen Blick suchend und einen ehrerbietigen Gruß sprechend, auf den Seine Hochgeboren Malbeth Glandore zögerlich reagierte. Nun, besonders für ihn muß der Zustand unserer Herrin überraschend gewesen sein, und so bat sie ihn zu einer Aussprache mit sich, die drängenden Fragen nicht länger unbeantwortet sein lassend.