Archiv:Der Tolle von Toricum geflohen (BB 29)

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Auge-grau.png Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 29, Seiten 4-5



Der Tolle von Toricum geflohen!

von

Barrad Sebt

Efferdas/Toricum. Über Efferdas gelangte ungewöhnliche Kunde ob des Torrems Treiben nach Sewamund: Der 'Tolle von Toricum', Reon Phalaxan XXIV. Torrem, ist unlängst aus dem Reiche geflohen. Nach der Anhäufung seiner Untaten in Praios, Rondra und Travia hat er es vorgezogen, sich dem gerechten und rächenden Schwert seiner Widersacher zu entziehen und sich von hinnen gegen die reichsfremden Gefilde zu verfügen. Seine Getreuen und Anverwandten aber behaupten schlicht, er sei gegen die südlichen Stadtstaaten ausgezogen, um die Mörder seiner Gattin und die Meuchler seines Sohnes zu suchen. Wir hingegen behaupten: Reon Phalaxan Torrem selbst hat seine Gattin umgebracht. Er entzieht sich, indem er flieht, dem Reckenschwert und ergeht sich in zagen Prätexten zur Flucht vor praiosgerechter Pein und Strafe. Er entzieht sich dem gerechten Zorne des Hauses Berlînghan, dessen Tochter, seine Gattin, er blutig dahinmorden ließ.
Indessen noch der Toricumer in den letzten Monaten Worte im Munde führte, die da von "schweren Prüfungen" und "Wirrnis" kündeten, hatte sich längst die Schlinge um seinen Hals geschlossen. Nur zu evident war, dass er seine Gattin, Horena Berlînghan, hatte dahinmeucheln lassen, um das Haus Torrem zu dem Geschlechterverband der Marvinko hinüberführen zu können. Im Zuge eines Wechsels von Handlungen im hochadeligen Kreise nun, da sich der Toricumer in der Schuldzuweisung des Mordes in einige Widersprüche verstrickt hatte, lag klar zu Tage, wie er sich mit seinen Worten selbst scholt: "Ich, Reon Phalaxan Torrem, habe meine Gattin umbringen lassen. Ich wollte hiermit das Haus Marvinko diskreditieren, indem ich jenem die Schuld zuschob. Sodann jedoch habe ich meine Tochter an die Marvinko vermählt. Diesen Widerspruch kann ich nicht erklären - außer durch Flucht."

Und dennoch: Im ganzen können wir, die Ereignisse nicht vollends erschließen. Eine blutige Liste von Mordopfern schleicht durch die Reihen des Hauses Torrem – und keine der Fußstapfen will sich lesen lassen. Da bleibt Hesindiego Torrem gemeuchelt zu Unterfels. Da wird Horena Berlînghan gefällt, die Gattin des Signore von Toricum. Sodann stirbt der Erbfolger, Silem Torrem, durch die Hand eines feigen Anschlags. Hat aber Reon Phalaxan Torrem seinen Vetter Hesindiego umbringen lassen? Eher nicht. – Hat er seine Gattin umbringen lassen? Ganz gewiss. – Aber auch seinen Sohn und Erbfolger? Nun, von solcher Tumbheit wollen wir trotz allem lassen. – Und wer aber steckt nun hinter dieser roten Blutstürzung, allwelche keck aus den Wunden springt? Wir warten und wir recherchieren. Aus diesem schwarzen Pfuhl praiosungefälliger Individuen und Sippschaften werden wir noch einige Eimer Kot emporfördern. Dies steht für gewiss!

Fest steht, dass die Führung des Hauses Torrem nicht unmittelbar in die Hände der momentanen Erbfolgerin hinüberglitt. Nach einigen Verhandlungen, welche uns zukamen, mögen wir konstatieren, dass eine Schwester des Signore von Toricum, Selinde Torrem, als Interimssignora die Gewalt an sich gezogen hat. Mit mehr aber wollen wir hier nicht das Auge des Lesers belästigen, denn – stinkt auch der Sikram zu Toricum – am Ende sind Streit und Erbfolge der Firdayons doch weit wichtiger. Nur eines noch: Die Saubande der Torrems steht noch immer auf der Seite der Baronin von Efferdas. Sie erklären sogar in aller Freiheit, dass sie die Passage des Sikram gegen jeden sperren wollen, der da gegen Efferdas ziehen wollte ...

Bernhard Sieber