Archiv:Schelmenzauber (BB 14)

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Schelmenzauber

Vinsalt/Shumir. Während in der Provinz die Shumir-Krise weite Kreise zieht und Barone, Signori und Gransignore ihre Truppen versammeln, um die Machtfrage auf ihre Weise zu lösen, fand sich eine ungewöhnliche Vertreterin des Friedens bei Hofe ein, um die Lehnsherren an ihre Pflichten zu erinnern. Signorina Meryama Aurandyria Aurandis, Schwester des sich auf dem Zug der Edlen befindlichen Signors Randulfio Aurandis, hatte schon in Elmantessa für Ordnung gesorgt, nachdem ihr verbrecherischer Cousin Yarbosco versucht hatte, die Abwesenheit des Signors auszunutzen. Nun, nachdem der Vogt von Shumir, Cyberio ya Zarol, offenbar weniger Fortüne in Shumir hatte, reiste sie nach Vinsalt, um zu verhindern, daß um die Nachfolge des noch nicht offiziell für tot erklärten Barons Kemoc dem Schwarzen ein Krieg entbrennt.
Das Fehlen sämtlicher höfischen Erfahrung machte die Signorina mit Beharrlichkeit, ihrem offenen Wesen und ihren schelmischen Zaubern mehr als wett. So schaffte sie es binnen einer halben Stunde zu Staatsminister Abelmir von Marvinko vorzudringen, mehrere sich vor Lachen schüttelnde Wachen und einen nackten Privatsekretär hinter sich lassend. Nachdem sie ihr Anliegen vorgebracht hatte, belehrte er sie kurz, daß dies nicht der übliche Weg sei, sich sein Gehör zu sichern, und machte eine vage Zusage, die Angelegenheit nicht aus den Augen zu lassen. Beschämt entschuldigte sich Meryama bei ihrem "Onkel", wie sie den Staatsminister bezeichnete – die Verwandtschaft ist wohl etwas weitläufiger – und verließ sein Amtszimmer.
Erst als sie wieder in ihrem Stadthaus angekommen war, ging ihr auf, daß sie vielleicht doch nichts erreicht hatte. In den folgenden Tagen suchte sie den gesamten Hochadel am Hofe heim, wenn auch weniger impulsiv. Nach Beratung mit ihrer Hofmaga Koryanna Shiffel und einem Briefwechsel mit ihrem Justitiar in Elmantessa begann sie schließlich mit schriftlichen Eingaben bei Hofe. So bleibt es abzuwarten, ob ihre Friedensmission zu einem Erfolg führt, bevor in und um Shumir der Krieg ausbricht. Es ist jedenfalls bedenklich, daß offenbar die Mehrzahl der Adligen ihren Verstand in der Rapierscheide aufbewahrt. Brauchen wir vielleicht einen weiteren "Zug der Edlen" für unsere kriegslüsternen Adligen?

Ralf D. Renz