Archiv:Bassiano Bolburri gestorben (BB 47)

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Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 47 Yaquirkurier.png Datiert auf: EFF 1046 BF


Bassiano Bolburri ist gestorben
von Ludovigo Thern

Der Morgen des 23. Efferd wies auf den ersten Blick auf einen gewöhnlichen Tag in Unterfels hin. Die Sonne vertrieb die angenehme Frische der Nacht, die Gassen waren schon früh wie gewohnt von lebendigem Treiben erfüllt. Es war allerdings ein besonderer Tag: Die Stadt nahm Abschied von Signor Bassiano Bolburri. Das Familienoberhaupt der Familie Bolburri war eine Woche zuvor zu den Göttern gegangen. Für die angesehene Familie Bolburri war es in den letzten Monden schon der zweite Schicksalsschlag. Im Rondramond starb bereits Signor Therengar Bolburri, verdienter Siegelmeister der Stadt. Beide Brüder wurden sehr alt und haben ihre Familie und auch das Leben der Stadt viele Jahre, gar Jahrzehnte lang geprägt.

Die Menschen strömten im Laufe des Vormittags zum Arindonsplatz. Schon früh war der Platz überfüllt, selbstverständlich hatten sich vor allem viele der zahlreichen Klienten der Familie eingefunden. Signor Bassiano Bolburri hatte über Jahrzehnte nicht nur die Familie geschickt geführt, sondern sich unermüdlich und zuverlässig für das Wohl der Stadt und ihre Bürger eingesetzt. Der Patriarch vermied es dabei stets, sich politisch auf eine Seite zu schlagen und führte die Familie diplomatisch und zurückhaltend durch die vielen Konflikte im Yaquirbruch. Auch wurden unter seiner Ägide einige wichtige Traviabünde eingefädelt, die meisten wohl aus politischen Gründen. In der Signoria wurde Signor Bassiano immer für sein verbindendes und höfliches Auftreten geschätzt.

Signor Bassiano Bolburri

So kamen die Menschen zusammen, um dem Signor die letzte Ehre zu erweisen. Wer es nicht auf den Arindonsplatz schaffte, suchte sich einen Platz entlang der angekündigten Prozession des Sarges. Vielerorts schaute man in traurige und betrübte Gesichter. Auch die Mitglieder des Consilio della Signores wie beispielsweise Comto Erlan Sirensteen wurden nach und nach gesichtet, neben vielen weiteren Würdenträgern der Stadt. Den ganzen Tag über - der kundige Leser mag es kaum glauben - war die Atmosphäre angemessen friedlich und würdevoll. Selbstverständlich waren sämtliche Mitglieder der Familie Bolburri von nah und fern zugegen.

Gegen Mittag war dann die Prozession mit dem Sarg des Patriarchen vom Alveranidendom zum Arindonsplatz unterwegs. Wegen dem langsamen Tempo und dem großen Gefolge ging es äußerst langsam und recht ermüdend voran. Auf einer Bühne vor dem alten Palazzo Bolburri, in dem der Patriarch die meiste Zeit seines Lebens verbracht hatte, folgten nach der Ankunft des Sarges die Trauerreden. Das neue Familienoberhaupt, Signor Cassius Bolburri, würdigte seinen Vater eindrücklich und beschrieb seine wichtigsten Errungenschaften. Signor Aurelio van Kacheleen aus dem fernen Sewamund unterstrich seine Trauer und betonte die tiefe Verbundenheit der beiden Familien und zu Signor Bassiano insbesondere. Ungewohnt emotional zeigte sich dann Signor Targuin Hal Cirrention. Er sprach von der großen Trauer über den Verlust seines guten Freundes.

Auch Comto Erlan Sirensteen, der Baron des Yaquirbruchs, ergriff das Wort. Dabei erinnerte in nicht zu kurzen Worten, aber auch keiner zu langen Rede, an die unzähligen Verdienste des Patriziers. Er sprach auch das persönliche Verhältnis mit dem Verstorbenen an und steuerte auch ein, zwei Anekdoten dazu bei. Das Stadtoberhaupt, Signor Drugan Rinaldo, bedankte sich schließlich bei dem Verstorbenen und der Familie Bolburri für ihre Wohltaten für die Stadt. Er ließ es sich jedoch nicht nehmen, Signor Cassius zu ermahnen, das gute Erbe seines Vaters weiterzuführen. Zu guter Letzt sprach Referenda Racalla Bolburri mit leiser Stimme noch ein Dankgebet an Horas und alle Zwölfgötter und bat um den Segen für die Stadt.

Insgesamt wurde den Zuhörern noch mal vor Augen geführt, in welchem Maß sich Signor Bassiano Bolburri für die Stadt und für seine Familie verpflichtet fühlte. Der studierte Jurist hatte mit jungen Jahren die Führung der Familie 984 BF von seinem Vater, Signor Tolman Bolburri, nach dessen Tod übernommen. Unter seinem Vorsitz wurde die Schreibergilde der Stadt gegründet. Auch die alteingesessene Sozietät Bolburri führte er in jungen Jahren. Eine weitere Errungenschaft für die Stadt war im Jahr 1002 BF die Gründung der Brandwehr Tuffino, welche die Familie Bolburri seither maßgeblich unterstützt. 1039 BF schließlich wurde das Druckhaus Bolburri gegründet, inzwischen ist es in ganz Unterfels bekannt. Und im letzten Jahr bezog die Familie auf Betreiben Bassianos ihren neuen Palazzo am Grafenberg.

Kein Wort verloren die Trauerredner hingegen über die Begebenheiten in den letzten Wochen. Zum Ende seines Lebens zeigte sich Signor Bassiano Bolburri, so konnte der Yaquir-Kurier aus seinem Umfeld in Erfahrung bringen, überraschend mürrisch und jähzornig. Mehr als einmal hat seine Unzufriedenheit zu Wutausbrüchen geführt, nicht nur im Kreis der Familie, sondern auch in der Öffentlichkeit. Über die Gründe können wir nur spekulieren. Die Familie kann froh sein, dass der Patriarch durch sein respektloses Verhalten zuletzt keine größeren Schwierigkeiten verursacht hat.

Nach den Trauerreden waren die Bürger von Unterfels eingeladen, bei einem Stück Brot und einem Kelch Wein dem Verstorbenen zu gedenken. Während der Sarg mit der Familie und den engsten Freunden zur letzten Fahrt über den Yaquir aufbrach, standen die Menschen zusammen. So manches Ereignis wurde erzählt, manche Errungenschaft gelobt. Aber es waren auch kritische Stimmen auf dem Platz zu vernehmen, zum Beispiel: “Es wurde mal Zeit. Der alte Bolburri hat schon viel zu lange sein Unwesen getrieben. Wasser predigen, Wein trinken.” - “Dieser Wendehals! Hat sich nie richtig auf eine Seite geschlagen und nennt das dann ‘diplomatisch.’” - “Die Bolburris haben überall ihre Finger mit drin, denen steigt ihr Ruhm und Reichtum schon länger zu Kopf. Unter Cassius wird das nicht besser werden!”

Die Stadt Unterfels trauert um einen verdienten und engagierten Bürger. Hoffentlich sind seinem Sohn die Schuhe nicht zu groß.

Philipp Beißner