Archiv:Rückblick auf die 4000 in Sewamund (BB 33)

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Rückblick auf die 4000 in Sewamund

Zum Jahresanfang 1030 BF konnte man über kaum eine Straße Sewamunds gehen, ohne des vielen Söldlingsvolks ansichtig zu werden, das sich in der Stadt an der Sewakmündung aufhielt. Manch einer fühlte sich erinnert an die erste Schlacht von Sewamund gegen den Gurondaii 1016 BF oder an die zweite Schlacht von Sewamund Anfang 1028 BF. Doch es sollte keine dritte Schlacht von Sewamund geben, denn diesmal galt es, der Königin Aldare ein Heer zu stellen. Das reiche Grangorien fühlte sich in die Pflicht genommen, seinen Teil beizutragen, und Sewamund war der Sammelpunkt.
Während im vergangenen Jahr zunächst die Efferdaser Truppen des Kanzlers di Punta mit wenig Erfolg für Ruhe in der Stadt sorgen wollten und später die Küstengarde der frisch ernannten Baronin von Veliris kaum etwas gegen die timoristischen Unruhen getan hatte, fanden sich nun vor allem Söldner der berühmten Goldenen Legion ein. Auch manch reicher Sewamunder hatte tief in die Tasche gegriffen und reihte ein Fähnlein Mietklingen in die Söldnerschar ein.
Schon seit Tagen hatte Zandor von Nervuk, der erfolgreichste Condottiere unserer Zeit, seinen Führungsstab im kriegsbedingt leer stehenden Seebad einquartiert und beugte sich über Karten, entsandte Boten und erhielt Berichte. Mit Baron Irion besprach er sich bei einem Empfang im Schloss Corello und wusste den Streitebecker mit seinem Charisma durchaus zu beeindrucken.
Die Patrizier trafen sich und beschlossen, ihre Meinungsverschiedenheiten ruhen zu lassen und geeint an den Gästen zu verdienen. Zeltlager erhoben sich bald auf den Feldern und Wiesen rund um die Stadt, städtische Wirte eröffneten Ausschankbuden im Söldnerlager. An den Stadttoren kontrollierten Wachen das erlassene Waffenverbot. Und es waren noch nicht einmal alle Söldner eingetroffen. An die 4000 sollten es werden, mehr, als Sewamund an Einwohnern zählt. Auch in der Stadt bezogen die Söldner Quartier. Corderia rauchte, neue Klingen wurden geschmiedet. Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass die Präsenz der Rondra und Kor huldigenden Frauen und Männer so manchen Lehrling dazu bewog, selbst zur Pike zu greifen und das Kriegshandwerk zu erlernen. Einigen Ausreißern kam diese Möglichkeit gerade recht, sich von der ungeliebten Familie loszusagen. Andere heuerten gar eine Hand voll Söldner für ein paar Tage an, um lange aufgeschobene Dinge endlich erledigen zu lassen.
Die kostspieligen Räumlichkeiten am Sewamunder Strand, die sonst Kurgäste beherbergen, zeigten bald, wer sie nun bewohnte. Söldner kamen und gingen Tag und Nacht. Die Gewissheit des bevorstehenden Marsches nach Süden ließ sie ein letztes großes Fest feiern. Bald meldeten die ersten Gastwirte der Röschengasse, dass ihre Bier- und Essensvorräte zur Neige gingen, und orderten in Grangor und Bethana Nachschub.
Es kam zu Schlägereien, als auf Befehl der Flottenkommandantin Karianna Degano Pressmannschaften mit Nachdruck versuchten, Söldner für den Flottendienst zu begeistern. Mehr als eine Kneipeneinrichtung ging zu Bruch, die Zellen der Wache füllten sich. Die Condottieri wie Horasio della Pena griffen hart durch, der Kor-Geweihte Ohan Basso predigte guten Benimm. Zandor von Nervuk wendete sich an den Lilienrat, der daraufhin beschloss, die Flotte auslaufen zu lassen, um Handelsschiffe zu begleiten, die die Vorräte der Stadt füllen sollten. In der Nacht vor der Abfahrt entführten allerdings erneut Pressmannschaften junge Männer und Frauen auf die Schiffe.
All das wurde zu viel für die Stadt. Nicht genug damit, dass diverse Gärten zerstört und das Birnenwäldchen nördlich der Stadt abgeholzt wurden. Allerdings erlitten einige Kneipen ein ähnliches Schicksal und das Seebad ist nun vorerst geschlossen, auch, weil der Meister des Seebades bei einem Zwischenfall ums Leben kam. Es heißt, einige Söldner hätten vom Wasser des Sewak getrunken, seien rasend geworden und schließlich ins Hospital gebracht worden, das nicht jeder wieder gesund verlassen konnte.
Aber nicht nur an der Stadt hinterließen die Besucher ihre Spuren. Einigen Söldnern gefiel es in Sewamund so gut, dass sie sich in Trafiume vor ihren Weibeln versteckten. Es entstanden Freundschaften und Feindschaften. Manch neugierige Sewamunderin, die sich mit Söldnern einließ, war kein Jahr später Mutter. Wenn sie Glück hatte, kam der Vater nach dem Krieg an den Sewak zurück und ließ sich in der Stadt nieder. So sieht man dieser Tage mehr Bettler und Kriegsversehrte in unseren Straßen als im restlichen Phecadien.
Das erweckte den Missmut der Sewamunder. Unter Führung einer Peraine-Geweihten wurden Stimmen laut, man solle etwas gegen die Söldnermenge tun. Ein Volksauflauf verlangte von der Obrigkeit Schutz und fühlte sich im Stich gelassen. Aber es sollte und konnte kaum mehr getan werden. Stattdessen feierte der Adel eine Brautschau und verdienten die Patrizier an den zahlreichen Söldnern.
Am 2. Rondra zogen sie endlich los. Auf lange im Voraus geplanten Marschwegen reihte sich Banner an Banner, zeigte sich die Disziplin der Zandoresci.
Am Seebadviertel sieht man noch heute, dass die Söldner da waren. Nicht nur an den Spuren an Wänden und Möbeln, an zerbrochenen Fensterscheiben und aus den Angeln gerissenen Türen. Nein, viele Leute, die in die Stadt gekommen waren und zum Tross gehörten, blieben. Sehr zum Ärger der Wirte der Röschengasse quartierten sich hier Huren, Waffenverkäufer, Wein- und Bierhändler, Krämer und Tagelöhner ein. Der Krieg war bald vorüber und Sewamund bot ihnen ein neues Zuhause.