Archiv:Streit im Hause Solivino beigelegt (BB 41)

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Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 41, Seite 24 Schildwacht.png Datiert auf: 1038 BF


Streit im Hause Solivino beigelegt

Ausbau des Weinhandels angestrebt

von Miguel di Servantes Vedra


Bereits mit der Übernahme der geschäftlichen Interessen der Patrizierdynastie Solivino durch den ehrenwerten Signor Rahdrigo deutete sich innerhalb des urbasischen Großwinzergeschlechts eine Wende zugunsten des gewinnorientierten Weinanbaus an, welcher nun mit größter Eile und bewundernswertem Eifer unter den Händen des ehrgeizigen Familienoberhaupts Form und Gestalt annimmt. Dem kommt zugute, dass endlich eine offizielle Aussöhnung zwischen Signor Rahdrigo und seinem älteren Bruder Rahjalin, dem urbasischen Hochgeweihten der schönen Göttin stattfand – mithin den Gesichtern der beiden familieninternen Strömungen: dem strengen Rahja-Glauben auf der einen und dem groß angelegten Weinanbau zugunsten der Wohlstandsbewahrung und -mehrung auf der anderen Seite. Den symbolischen Akt zwischen den Brüdern bewerten Beobachter deshalb auch als Auftakt zur beiderseitigen Annäherung der innerfamiliären Fraktionen.

So sagte Rahdrigo zwar dem Rahja-Tempel in Urbasi großzügige Unterstützungsgelder aus dem Familienvermögen zu, jedoch wohl mit der Bedingung, dass sein Bruder, Monsignore Rahjalin, darüber hinaus die Abkehr seines Hauses vom allzu ‘freizügig-rahjanischem’ Schaffen, das zuletzt etliche Familienmitglieder zu sehr von ihren eigentlichen Pflichten in Politik und Handel abgelenkt hatte, offiziell mitträgt. Die Ausweitung des familiären Weinhandelsmonopols, die gewissenhafte Kelterei, der Erwerb von weiterem Grundbesitz und die Anpflanzung neuartiger Rebensorten sind die angestrebten Ziele. Dieser weitreichende Kompromiss machte sich in markanten wirtschaftlichen Strukturveränderungen im Verlauf der letzten Jahre bemerkbar und „sei noch lange nicht abgeschlossen“, prognostizierte Signor Rahdrigo gegenüber unserem Blatt. Dutzende Morgen Land kauften oder pachteten die Solivinos allein in den zurückliegenden Monaten hinzu und steigerten zudem den Absatz ihres bekannten Cassieners beträchtlich, wie selbst aus einem Bericht des Belhanker Beobachters hervorgeht.

Daneben wurde auch Rahjesco, der Sohn Cerceri Solivinos, im vorigen Rondra in das Geschäft des Weinhandels eingeführt und scheint unter die besondere Obhut Rahdrigos genommen worden zu sein. Lorindya Solivino di Cassiena, die Äbtissin des Klosters von Santa Ricarda, hingegen soll ihre Aufmerksamkeit auf Rahjescos Zwillingsschwester Rahjabella gerichtet haben. Grund für das atemberaubende Tempo der Umwälzungen im Casa dell‘ Solivino soll gerüchteweise der weiterhin nicht gänzlich aufgeklärte Zwischenfall im 1035ten Götterlauf sein, bei dem der bis dahin kerngesunde Signor Rahdrigo einen schweren Zusammenbruch erlitt und über mehrere Monate nicht mehr in seinem Amt gesehen wurde. Ebenso wird gemutmaßt, dass der im gleichen Jahr gekelterte und von einigen Sommelieren als miserabler Jahrgang kritisierte Cassiener als erschreckende Qualitätsbilanz der familieneigenen Rebstöcke ein Weckruf für den werten Familienpatriarchen, aber auch für dessen Tante, die Äbtissin Lorindya, gewesen sei.

Diese positiv einzuschätzenden Nachrichten werden noch durch die Bekanntmachung übertroffen, dass sich die bisher als besonders umtriebig geltende Cerceri Solivino, die unverheiratete Mutter Rahjescos und Rahjabellas, nun das Versprechen hat abnehmen lassen, sich auf die Suche nach einem geeigneten Partner für den Traviabund zu begeben. Auch kündigte Signor Rahdrigo, in seiner Rolle als Familienoberhaupt, an, am Königsturnier in Arivor (siehe den Bericht auf S. 26) teilzunehmen, im Bestreben wohl, eben selbst nicht nur seinen merkantilen Pflichten nachzukommen, sondern sich gleichsam das Feld für die Übernahme einer stärkeren politischen Verantwortung zu bereiten. Die Stadt Arivor mit ihren Großkellereien, vornehmlich der sich wie die Solivino auf eine Heilige des Rahja-Kults berufenden Dynastie ya Stellona, ist für diesen nächsten symbolischen Schritt wahrscheinlich die passendste Kulisse.

(tw)