Archiv:Und die Katze, die hat Krallen (BB 26)
Das hier vorgestellte Szenario soll die Helden, üblicherweise ja per definitionem Rächer und Erretter armer entführter Prinzessinnen, einmal auf die Seite der Entführer stellen: im Auftrage eines grangorischen Edelmannes sollen die Helden die Tochter des Signors von Nupercanti entführen. Denn nur mit dieser Geisel vermag der Auftraggeber Ihrer Spieler das Leben seiner Nichte zu retten, die sich ihrerseits in der Gewalt des Signors von Nupercanti befindet. Doch schon der Aufenthaltsort der Signorina, ein Traviatempel, in den nach einer unziemlichen Affaire der erboste Vater die Tochter zur "Besinnung" schickte, stellt die Helden vor erste ungewohnte Herausforderungen.
Zur Überraschung der Helden stellt die Entführung sich jedoch fast als der leichtere Teil ihres Auftrages heraus, als die vermeintlich wehrlose 'Prinzessin' ihnen auf ihre eigenen Art und Weise das Leben zur Hölle macht. So besteht die eigentliche Herausforderung des Abenteuers weniger darin, einen mächtigen Gegner mit der Klinge niederzukämpfen, als vielmehr im charmanten Konflikt mit einer jungen, eigensinnigen und vorlauten Dame, die ihren (hoffentlich) wohlanständigen und edelmütigen Entführern auf der Nase herumtanzt – bis eine unerwartete Wendung Helden und Edelfräulein gleichermaßen überrascht.
Charaktere: Dass dieses Abenteuer sich kaum für Rondra- oder Praiosgeweihte und ähnlich aufrechte Charaktere eignet, dürfte sich von selbst erklären. Am besten werden sich wahrscheinlich jene 'typisch horasischen' Charaktere darin zurechtfinden, die sich auf dem schmalen Grat zwischen der 'guten Gesellschaft' und dem phexischen Schattenreich bewegen: Stutzer, Taugenichtse, Hochstapler und Streuner aber auch Scharlatane, Tänzer und anderes 'Gelichter mit Gefühl für Anstand' dürfte hoffentlich seine Freude an diesem Szenario haben.
Angeworben wird die Gruppe Ende Praios 2521 Horas durch den Esquirio Irion von Streitebeck j.H. (siehe S. 19), einem der Anführer der sogenannten 'roten Liga', die gegen den Signor von Nupercanti zu Felde zieht, welcher die Landstadt Sewamund besetzt hält (siehe S. 8). Vielleicht sind die Helden ihm während der vorangegangenen Kämpfe aufgefallen, falls Sie Gefallen daran haben sollten, ihre Gruppe als Söldner o.ä. an der Kampagne teilnehmen zu lassen; oder sie wurden dem Esquirio z.B. von einem guten Freund (einem grangorischen Adeligen oder vermögenden Kaufherren) oder einfach durch ihr einschlägiges Renommee für diese heikle Mission empfohlen.
Die Anwerbung kann irgendwo in der Gegend zwischen der Stadt Ruthor und dem Feldlager der 'roten Liga' am nördlichen Sewakufer (etwa zwanzig Meilen östlich von Sewamund) stattfinden. Am stimmungsvollsten erscheint uns freilich die Begegnung im Feldherrenzelt, umgeben von hunderten Söldnern, lustig im Winde wehenden Bannern, dem Scharren und Schnauben der Rösser, dem Klirren der Rüstungen und Schwerter ...
Irion von Streitebeck bittet die Helden, Lamea Aldigona di Nuperranti (siehe S. 19), die Tochter und – nach dem Tod ihres Bruders Tiro (BB 25) – Erbin des Signors von Nupercanti, zu entführen. Dies sei, so erklärt der Esquirio, sehr zu seinem eigenen Bedauern leider notwendig geworden, da der Signor Nupercanti durch den Verrat der Familie Trîbec die Nichte des Esquirio, Edelmunde von Streitebeck, gefangen setzen konnte (siehe S. 6) und ihn, Streitebeck, nun mit ihrem Tode bedrohe, so er nicht seine Truppen aus dem Felde abzöge – was aber unweigerlich das Ende der 'roten Liga' bedeuten würde. Da unter den gegebenen Umständen eine Befreiung seiner Nichte aussichtslos scheint, bleibt Irion von Streitebeck nur eine Wahl, will er seine Bündnispartner nicht verraten: Er benötigt selbst eine Geisel, mit der er die Drohung des Nupercanti entkräften und vielleicht sogar einen Austausch seiner Nichte herbeiführen kann. Eine Erklärung, die dazu angetan sein sollte, selbst so manchen ordnungsliebenden Charakter von der Gerechtigkeit (wenn schon nicht Rechtmäßigkeit) dieser Queste zu überzeugen.
Meisterinformation: Tatsächlich verhält es sich (natürlich) ein wenig anders. Der Esquirio hat sich auf ein riskantes Spiel eingelassen: Er verhandelt mit dem Signor von Nupercanti, um ihn Glauben zu machen, dass er einen Verrat an der 'roten Liga' beabsichtige. Vor Sewamund, so sein Angebot an den Feind, wolle er seine Verbündeten im Stich lassen und so dem Nupercanti den Sieg schenken. Tatsächlich beabsichtigt der Esquirio aber den Nupercanti zu täuschen und dessen Truppen, nach dem – vorgeblichen – Abzug der streitebeck'schen Kompanien, in den Rücken zu fallen. Ein Schachzug, der aber nur gelingen kann, wenn der Signor dem Esquirio nicht mehr glaubhaft mit dem Tod der Edelmunde von Streitebeck drohen kann. Dafür also braucht Herr Irion die Tochter seines Feindes.
Information und Belohnung: Die Informationen, die Irion von Streitebeck den Helden mit auf den Weg geben kann, sind etwas vage. Nach seinen Informationen hält sich Lamea Aldigona von Nupercanti aus unbekannten Gründen derzeit im Tempel der Göttin TRAvia in der Landstadt Veliris auf. Dies erschwert die Mission in zweierlei Hinsicht:
Denn einmal vermutet der Esquirio, dass der mächtige Baron Ariano von Veliris heimlich mit dem Signor von Nupercanti gemeinsame Sache macht und ein Entkommen der Entführer also nicht leicht sein dürfte. Deshalb (und weil ihr Weg sie durch nupercantisches Territorium führen würde) sollen die Helden von Veliris aus sich mit der Signorina auch nicht direkt zum Lager der 'roten Liga' durchschlagen, sondern zu einem Landgut, der Casa Yaquero, südlich des Städtchens Shumir reisen, wo ein Vertrauensmann des Esquirio sie erwarten und die Signorina unter reichlicher Bedeckung in Sicherheit bringen werde.
Zum anderen würde die Verletzung der 'heiligen Gastung' eines TRAviatempels ('Tempelasyl') einem schweren Frevel an der Göttin gleichkommen. Ein solches Verbrechen möchte der Edelmann aber nicht auf sein Gewissen laden. Die Entführung kann, erklärt der Esquirio, also nur außerhalb der Tempelmauern erfolgen.
Meisterinformation: Ein Verstoß gegen dieses heilige Recht könnte später tatsächlich ein Mal des Frevlers zur Folge haben.
Außerdem bittet der Esquirio die Helden auch – vor allem wenn seine 'Söldner' ihm Anlass geben sollten eine gewisse Ehrvergessenheit oder mangelndes Benehmen bei ihnen zu vermuten – die Dame von Nupercanti mit der größtmöglichen Umsicht und Zuvorkommenheit zu behandeln. "Eine Fehde ist schließlich kein Grund, Anstand und Etikette zu vergessen."
Was die Belohnung anbelangt, zeigt der Esquirio sich im übrigen recht großzügig: Sein erstes Angebot beläuft sich bereits auf 15 Dukaten pro Person (oder entsprechende Leistungen, Gunstbeweise etc. in etwa diesem Wert – je nachdem, was eine angemessene Dankesgabe an den jeweiligen Charakter scheint) und lässt erkennen, dass im Erfolgsfalle die Belohnung auch großzügiger ausfallen könnte.
Meisterinformation: Allerdings sollten die Helden bei weiteren Verhandlungen nicht zu gierig sein – der Esquirio hat keine Skrupel, für diesen Auftrag auch andere 'Experten' anzuwerben und dreiste und unbotmäßige Personen, die womöglich zuviel wissen, auf unbestimmte Zeit in Kerkern und Verliesen verschwinden zu lassen.
Wenn es wn die Vorbereitung der Entführung geht, wird der Herr von Streitebeck sich natürlich nicht lumpen lassen, solange die Wünsche der Helden in einem vernünftigen Rahmen liegen.
Die Reise nach Veliris dürfte relativ ungefährlich von statten gehen. Die Helden werden zwar des öfteren durch Posten des Signors von Nupercanti kontrolliert und ein pedantischer Weibel mag sogar die Untersuchung des Gepäcks oder Reisegefährts anordnen. Solange die Helden aber keine auffälligen Gegenstände (merkwürdige Phiolen, Mengbillare u.ä.) mit sich führen, dürften sie nicht weiter belästigt werden.
Eine Karte und ausführliche Beschreibung der Stadt Veliris findet sich im Internet unter der Adresse http://www.veliris.de/veliris/veliris1.htm
Der Tempel der TRAvia
Das Haus der milden Göttin ist ein schöner, dreigeschossiger Säulenbau, dessen Fundament der Schräge des Hügels angepasst wurde und somit über die Stadtmauer hinausragt. Die Tempelräume und die Armenküche liegen deshalb im ersten Stock, der von der Straße her ebenerdig zu erreichen ist, während das, von oben über eine Treppe zu erreichende, Erdgeschoss den Geweihten und ihren Angehörigen vorbehalten ist. Hier leben neben der Vorsteherin des Tempels, Mutter Yadwine Sewakmeër, stets noch ihre ganze Familie – die beiden Töchter und deren Männer, der noch unverheiratete Sohn und zwei Enkelkinder.
Im zweiten Stock befinden eine kleine Bibliothek und die Schreibstube, die in den belebten Wohnräumen keinen Platz mehr fand. Außerdem liegen hier die Gästezimmer, wo mittellose Reisende unterkommen oder auch Besucher, die im Haus der Göttin Ruhe und Besinnung suchen. Derzeit belegt Lamea di Nupercanti hier drei Zimmer, die von zwei (im Tempel unbewaffneten) Soldaten des Signors bewacht werden und wohl gleichermaßen dem Schutz als auch der Bewachung der unbotsamen Tochter dienen.
Die eigentlichen, relativ großzügigen Tempelräume ähneln eher einem großen aber gemütlichen Versammlungssaal in dessen Mitte ein warmes allerdings verhältnismäßig kleines Herdfeuer glimmt. An jedem Markttag bittet Mutter Yadwine hier die Gläubigen zu einem gemeinsamen Mahl. Angehöriger höherer Stände freilich sieht man kaum bei diesen Gelegenheiten – allenfalls senden sie Dienstboten mit Körben voller Speisen vom letzten Tage.
Um so zahlreicher ist hingegen, was aufmerksamen Augen nicht entgehen wird, in jüngster Zeit die Zahl der Wachen und Patrouillen rings um den Tempel. Es scheint, als sei die Sicherheit dieses Hauses der Göttin der Obrigkeit in jüngster Zeit besonders bedeutsam geworden.
Das Kätzchen ...
Lamea, die unglückliche Tochter aus gutem Hause, lebt im Tempel unter der strengen Aufsicht ihrer unnachsichtigen Erzieherin, Erlane von Rotten-Meier. Zusammen mit den Nupercanti-Gardisten Alricilian Farsido und Kortrud Karvin trägt sie Sorge dafür, dass die Signorina ihre Tage gemäß dem Willen ihres Vaters mit Besinnung und Einkehr verbringt. Nur zu Gebeten und Andachten verlässt sie ihr Zimmer. Höhepunkt ihrer Woche ist das Traviamahl am Markttag, an dem sie teilnehmen darf, nachdem Mutter Yadwine insistierte, dass dies ein "unverzichtbarer Bestandteil traviagefälliger Besinnung" sei. Ihr einziger Kontakt zur Außenwelt ist ihre Zofe Rahjanka, die hin und wieder kleine verbotene Besorgungen erledigt und Lamea z.B. heimlich mit romantischen Novellen der berühmten Schriftstellerin Geronett Rheplic versorgt.
Vor der Kontrollwut Erlanes und den Augen ihrer Bewacher weiß sich Lamea nur Abends sicher, wenn sie sich einsam und allein in ihrer Kammer in den Schlaf weint, während die Dame von Rotten-Meier in einem eigenen Zimmer nächtigt und Zofe und Wachen sich zu dritt eine weitere Stube in der Nähe der Treppe teilen.
Die Entführung
Der Möglichkeiten, Signorina Lamea zu entführen, gibt es mehrere. Sei es, dass die Heiden sie während des Traviamahles vor die Tür des Tempels locken und ihre Wachen überwältigen; dass sie eine gefälschte Einladung des Barons von Veliris nutzen, um der Nupercanti eine Falle zu stellen; oder dass sie, nachdem sie z.B. durch Rahjanka oder alkoholisch angeheiterte Wachen von dem Grund der 'Besinnungshaft' Lameas erfahren haben (siehe S. 16), die Signorina mit einem gefälschten Liebesbrief des Nachts vor die Tür locken. Der Spielerphantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt.
Sollten die Helden übrigens tatsächlich hoffen, Lamea mit dem Versprechen, sie zu ihrem Geliebten zu bringen, davon zu überzeugen, ihnen freiwillig zu folgen, werden sie überrascht werden. Zwar würde sie auf einen gefälschten Brief ihres geliebten Yanno oder eine Nachricht der Helden hin, dass sie in seinem Auftrag hier seien, zwar versuchen aus dem Tempel zu kommen (was ihr aber nur mit Unterstützung der Helden gelingen dürfte). Allerdings tut sie dies nur um Abschied zu nehmen bzw. die Helden zu bitten "Ihm" einen letzten Brief von ihr zu überreichen. Denn Lamea denkt nicht daran ihren Kerker zu verlassen! Auch wenn sie ihrer romantischen Liebe noch so manche Träne nachweint, so war die Affäre mit Yanno für sie doch vor allem ein lustiges Spiel und es nicht wert so zu enden, wie die armen Menschen, mit denen sie jüngst jeden Markttag zu speisen gezwungen war. Sie hat ihre Wahl längst getroffen – gegen die 'Liebe' und für das Erbe.
Auch in diesem Fall wird ihre kommende Reise also eine unfreiwillige sein.
Verfolgungsjagd!
Nach der geglückten Festsetzung der Signorina sollte eine stilechte Verfolgungsjagd zu Kutsche oder zu Pferd natürlich eigentlich nicht fehlen. Sei es, dass Frau von Rotten-Meier das Verschwinden Lameas bemerkt und Alarm schlägt oder Lamea selbst noch einen verzweifelten Hilferuf ausstoßen kann oder die Helden durch eigenes Missgeschick, aufmerksame Wachen oder durch eine von Blasenschwäche aus dem Bett getriebene Mutter Yadwine entdeckt werden – auf die ein oder andere Weise sollten die Helden sich schließlich auf der wilden Flucht nach Süden befinden, die Häscher des Barons von Veliris dicht auf ihren Fersen, ein Held auf dem Kutschbock, der andere auf dem Dach im Kampf mit einem Gardisten, ein dritter bemüht um die Ruhigstellung der Geisel... die genaue Ausgestaltung der Szene sei Ihrer Phantasie überlassen.
Schließlich erspähen die Helden jedoch vor sich eine Straßenbarriere – ob die Gardisten des Barons durch Lichtsignale oder einen schnellen Boten in Kenntnis gesetzt wurden, sei dahingestellt. An ein Durchbrechen ist bei der zahlenmäßigen Überlegenheit der Gegner aber nicht zu denken, hinter ihnen nahen des Feindes Schergen - die letzte Hoffnung: Sich in den Wald zur rechten zu schlagen...
Vor ihren Verfolgern glücklich in den Wald entkommen, mögen die Helden nun glauben, die schwierigsten Hindernisse seien überwunden.
Doch tatsächlich hält das Opfer ihres dreisten Überfalls, Lamea di Nupercanti, in den folgenden Tagen und Nächten noch so manche kleine Überraschung für sie bereit. Nachfolgend präsentieren wir einige Vorschläge für mögliche Szenen, wobei es Ihnen natürlich freisteht diese nach Ihrem und Ihrer Spieler Geschmack zu verändern und der jeweiligen Situation anzupassen; oder auch weitere Aktionen zu ersinnen.
Die Grundstimmung dieser Szenen sollte sich dabei vielleicht weniger an mafiosen Geiseldramen als vielmehr an einschlägigen Entführungskomödien orientieren.
... die hat Krallen ...
Wie von Bestien des Namenlosen gehetzt jagt ihr durch den Wald, immer noch könnt ihr hinter euch die lauten Schritte und Rufe der Schergen des Barons vernehmen. Neben Dir rennt, mit rasselndem Atem, die Signorina, das arme zierliche Ding, die sich bisher kaum wehrte und auch brav neben euch einherlief, nachdem ihr euren Weg zu Fuß fortsetzen musstet – dabei immer wieder furchtsam auf eure Waffen und auf Alriks gefährliche Narben schielend. Plötzlich jedoch stürzt sie neben Dir zu Boden – Du kannst nicht sagen, ob sie womöglich von einem umherirrenden Pfeil getroffen wurde, unglücklich über eine Wurzel stolperte oder nur erschöpft zusammenbrach.
Anfänglich leistet Lamea ihren Entführern keine nennenswerte Gegenwehr, abgesehen vielleicht von einigen Hilferufen und kurzer kratzbürstiger Rangelei, als die Helden sie in die Kutsche verschleppen. Schließlich ist sie sich ziemlich sicher, dass die Entführer von den Soldaten des Barons aufgegriffen und sie schnell wieder in Freiheit sein würde – durch Widerstand würde sie nur unnötig ihre eigene Sicherheit riskieren. Als sich jedoch abzeichnet, dass ihre Entführer entkommen können, wagt sie doch noch den Versuch. In einem günstigen Augenblick, da möglichst viele der Helden beschäftigt sind, wird sie wie ohnmächtig zu Boden sinken – um, wenn ihr Bewacher sich über sie beugt und den vermeintlich leblosen Körper umdreht, diesem blitzschnell die Finger in die Augen zu rammen und so schnell es geht das Weite zu suchen. Da die Helden ihr – so die Aktion denn gelingt – den Weg in Richtung der Soldaten aber höchstwahrscheinlich versperren, bleibt ihr nur der Weg tief in den Wald... in der Nacht, ohne eine Flamme oder auch nur rudimentärste Kenntnisse der Wildnis, ist Lamea jedoch bald ziemlich verloren und als sie sich bei einem Sturz das Bein verstaucht, ist es schnell aus mit ihrer wilden Flucht. Es sollte den Helden ein leichtes sein das Mädchen wiederzufinden.
Zuerst hörst Du nur ein leises, unterdrücktes Wimmern, doch dann entdeckst Du die Signorina auf einem Baum in einiger Entfernung, wo sie offensichtlich Schutz vor den Wildtieren des Waldes gesucht hat. Als Du das Mädchen aus seiner unglücklichen Lage befreit hast, siehst Du, dass Hände und Kleidung zerkratzt und das schmale Gesicht von Tränen verschmiert sind. Auch wenn sie zu stolz zu sein scheint, um sich bei Dir zu bedanken, so ist die Kleine doch offensichtlich erleichtert über ihre "Rettung". In ihren Augen meinst Du sogar so etwas wie Dankbarkeit und Bewunderung zu lesen.
Nachdem ihre Flucht so jämmerlich missglückt ist, wird Lamea für den Augenblick von weiteren Abenteuern absehen. Vielmehr wird sie versuchen, während die Helden mit den Soldaten und Agenten des Barons Katz und Maus spielen, das Vertrauen und die Zuneigung des ein oder anderen Charakters zu gewinnen, die Helden gegeneinander auszuspielen und sie so weit wie möglich unauffällig zu behindern.
Auf der Flucht: Die Helden sind gezwungen langsam zu reisen, denn überall an den Straßen, Wegen und in den Dörfern sind Schergen und Spitzel des Barons unterwegs, der im nördlichen Shumir über einigen Einfluss verfügt. Vor allem die Wege nach Süden und Westen werden scharf bewacht. Bisweilen gibt es regelrechte Straßenkontrollen. Und bald tauchen auch die ersten, allerdings wenig geglückten Steckbriefe auf (ein Hinweis auf die Entführung der Signorina fehlt übrigens – scheinbar legt Baron Ariano noch Wert darauf, dass die Nachricht vom Verschwinden Lameas keine weiteren Kreise zieht; stattdessen steht dort zu lesen, dass einer der "dreisten Verbrecher womöglich auf den Namen Yanno Yannerlein" höre – der Name von Lameas ehemaligem Liebhaber, wie die Helden vielleicht schon wissen). Dies erzwingt zahlreiche Umwege, die Helden müssen sich verstecken und verbergen, so dass die Reise, die sonst höchstens anderthalb Tage in Anspruch nehmen sollte, leicht vier bis fünf Tage dauern kann.
Natürlich könnten die Helden auf die Idee kommen, eine Entdeckung zu vermeiden, indem sie abseits von Straßen und Dörfern reisen und so auch Lameas Sabotage verhindern. Allerdings sollten die Helden dann relativ bald feststellen, dass man in einer dicht besiedelten Region wie dem südlichen Veliris oder der Baronie Shumir kaum unbemerkt reisen kann und durch Heimlichkeit eher mehr denn weniger Verdacht erregt. Zu oft begehrt der nahe wohnende Eigentümer zu wissen, wer da ohne Genehmigung auf seinem Grund kampiert; des Signors Wildhüter (oder eine adelige Jagdgesellschaft) entdeckt die Spur der Fremden und setzt den vermeintlichen Wilderern nach... Relativ sicherer wäre tatsächlich (würde Lamea nicht dem entgegenwirken) die belebte Straße am Tage und des Nachts die Gasthöfe und Weiler am Wegesrand, wo man sich 'nur' vor den Häschern des Barons in acht nehmen sollte, während die meisten Menschen die Helden schlicht ignorieren. Wenn Ihren Helden dies noch nicht Grund genug sein sollte 'im Schutz der Menge' zu reisen, wird Lamea aber auch nicht davor zurückschrecken ob ihrer vorgetäuschten Schwangerschaft (s.u.) ein "zivilisiertes Nachtlager" zu fordern und bitter drohen, dass "der Fluch der Zwölfe über Euch kommen möge, wenn ich ob Eurer Grausamkeit mein Kind verliere!"
... doch man sieht sie manchmal nicht!
Entsprechend 'geeignete' Charaktere – also all jene, denen Lamea so etwas wie Anstand und Ehrgefühl unterstellt – wird die Signorina versuchen für sich einzunehmen. Sie gibt sich, vor allem ihrem "Retter" gegenüber, dankbar, gibt vor ihren "grausamen Vater" nicht zu vermissen und schon fast dankbar für ihre Entführung zu sein, lässt sich von den Helden beruhigen, dass sie von dem Herrn von Streitebeck nichts zu fürchten habe. Und am abendlichen Lagerfeuer wird sie einem weichherzigen Charakter von ihrer "großen Liebe" erzählen und wie ihr Vater ihr drohte, sie schlug und prügelte, ihr mit dem Tod ihres Geliebten drohte (was, wie sie erklärt, der Grund gewesen sei, warum sie nicht zu ihm zurückkehren könne – sie fürchtet immer noch um sein Leben!). Kurz und gut, sie lässt kein Mittel ungenutzt, um die Helden für sich einzunehmen, vielleicht sogar in sich verliebt zu machen. Wenn die Helden dann in ihrer Wachsamkeit nachlassen, wird sie anfangen gegen sie zu arbeiten.
Außerdem wird sie, wenn möglich, versuchen, die Helden gegeneinander auszuspielen, indem sie Konflikte zwischen den Gefährten schürt. Vielleicht belauscht sie einen der Helden, wie er schlecht über einen anderen spricht und gibt dieses Wissen weiter oder sie stibitzt dem Krieger ein wertvolles Kleinod und schiebt dies dem Streuner unter... ob und wie derlei Intermezzi in Ihrer Runde sich gestalten lassen, wissen Sie selbst wohl am besten.
Schwangerschaft: Die Signorina war auch schon in ihrer Kindheit ein freches Gör und faul dazu – daher kennt sie natürlich auch den alten Eleventrick, mit einem kleinen Bissen von dem minder giftigen Grolmenpilz (der zu dieser Jahreszeit auf fast allen schattigen und feuchten Plätzen steht) die Symptome einer akuten Erkrankung vorzutäuschen. Leichtes Fieber, Schweißausbrüche, Übelkeit sind die unmittelbare Folge. Lamea wird daraufhin die Helden eindringlich bitten, sich in einem "gastfreundlichen Haus" auskurieren zu dürfen – sie fürchte, und dabei steigen ihr die Tränen in die Augen, um das Leben ihres Kindes!
Unnötig zu sagen, dass diese Schwangerschaft natürlich nur ein Vorwand ist. Auf Nachfragen erklärt sie, dass sie dies bisher verschwiegen hätte, weil sie fürchtete, dass ihr "edler Beschützer" schlecht von ihr denken könnte (wenn sie einen Helden becirct haben sollte) oder, falls die Charaktere bisher eher abweisend waren, dass "die Entführer aus diesem Wissen vielleicht Kapital schlagen würden." Auf jeden Fall wird sie etwaige Tage im Krankenbatt waidlich ausnutzen, um ritterliche Charaktere für sich einzunehmen.
Krankheit: Der Trick mit den Grolmenpilzen funktioniert natürlich auch andersherum – ein größerer Bissen von diesem, in den Eintopf gerührt, kann einen Helden tatsächlich für einige Tage ziemlich unpässlich werden lassen.
Wenn die Erkrankung nicht auskuriert wird (drei Tage Bettruhe, reduziert um 6 Stunden für jeden aus einer Heilkunde Krankbeiten-Probe verbliebenen Talentpunkt, mindestens aber 24 Stunden) leidet der Held bis zu zwei Wochen (reduziert um 12 Stunden für jeden aus einer Heilkunde Krankheiten-Probe verbliebenen Talentpunkt, mindestens aber fünf Tage) an schweren Durchfallerscheinungen, Übelkeit etc. In dieser Zeit ist die KK und KO um vier, CH und GE um je zwei Punkte reduziert, die AU halbiert.
Mit einem entsprechenden Gegenmittel wäre die Vergiftung schnell geheilt (ca. sechs Stunden). Allerdings ist die Pilzvergiftung kaum als solche zu erkennen (Heilkunde Gift +12), sondern ähnelt einer Erkrankung an Flinkem Difar.
In einem Gasthaus: Bei anderer Gelegenheit versucht Lamea Streit in einem Gasthaus oder auf einer Straße provozieren, indem sie einen schmierigen, angetrunkenen Fremden laut und unter Tränen beschuldigt, er habe sie "unsittlich berührt". Weinend und schluchzend wird sie sich ihrem "Beschützer" in die Arme werfen. Der Fremde wird natürlich jede Schuld von sich weisen und dabei Lamea aggressiv beleidigen ("Dir sollte mal Dein Vater die Ohren lang ziehen... vielleicht sollte ich das einmal besorgen!"). Wenn die Helden nicht geschickt deeskalieren, könnte es zu einem heftigen Streit, womöglich sogar zu einer Keilerei kommen – der dann die Stadtgarde oder den örtlichen Büttel auf den Plan ruft, der vielleicht in den Helden die "Gesuchten" erkennt und sie, unter dem Vorwand sie über diese "hässliche Prügelei" befragen zu müssen, dann auf die Wachstube zu locken versucht...
Hinterhalt: Wenn die Signorina etwas über die Pläne der Helden in Erfahrung bringen kann, wird sie versuchen ihren Verfolgern diese mitzuteilen. Zum Beispiel, indem sie die Helden darum bittet ihre Notdurft unbeobachtet verrichten zu dürfen und bei Gelegenheit auf dem Abort eine Nachricht in den festgestampften Lehm ritzt. Selbstverständlich wird sie solches nicht gleich beim ersten Mal versuchen, sondern erst, wenn die Helden ihr ein wenig vertrauen. So von den Absichten der Entführer in Kenntnis gesetzt, lauern Schergen des Barons ihnen bald darauf an geeigneter Stelle auf. Sobald sich abzeichnet, dass der Hinterhalt missglückt, wird die Signorina übrigens aus ihrem Versteck herbeieilen "wohin sie im ersten Schreck, vor Angst und Furcht zitternd, geflüchtet" war und den Helden zu Hilfe kommen, um so wenigstens deren Zutrauen zu vergrößern ("Ich sagte Euch doch – noch weniger als eine Geise1 des Streitebeck möchte ich die Tochter meines Vaters sein).
Ein anderes Mal wird sie die Helden vielleicht bitten, sich "ungestört" in einer Kammer umziehen zu dürfen (nachdem sie 'zufällig' kurz vor einem Dorf ins Wasser gestürzt ist) und aus dem Fenster einen vorbeieilenden Bauernburschen bitten, dem Schulzen eine Nachricht zukommen zu lassen...
Früher oder später werden die Helden wohl der listigen Signorina auf die Schliche kommen und gut darauf acht geben, dass sie ihnen keine weiteren Steine in den Weg legt. Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt für den Auftritt von Lameas Liebhaber, des Streuners Yanno Yannerlein, gekommen. Dieser hat, als er von der Entführung Lameas erfuhr, den Plan gefasst, sie zu retten und ihrem Vater zurückzubringen – in der Hoffnung, dass dieser, wie man es aus Märchen kennt, ihm damit die Hand der Prinzessin und sein halbes Reich schenken werde.
Ihr feiert euren bevorstehenden Triumph! Morgen endlich werdet ihr die Casa Yaquero erreichen und oben sitzt, fest und sicher, die Signorina, für die euch ein stattliches Sümmchen versprochen wurde. Ihr stoßt mit dem besten Wein des Hauses an, während der Wirt, ein schmaler, grauhaariger und etwas nervöser Mann, euch den warm dampfenden Braten aufträgt...
An dem letzten Abend, bevor die Helden ihr Ziel erreichen, wird Yanno versuchen, Lamea 'zurückzuentführen', indem er den Wirt besticht und das Essen der Helden – wenn diese in einem Gasthaus speisen – in der Küche mit einem leichten, langsam wirkenden Schlafgift versetzt. Wenn die Helden erwachen (der Wirt hat sie auf ihre Zimmer tragen lassen), ist Lamea verschwunden. Wenn die Helden den Wirt befragen, können sie schnell erfahren, dass die Signorina vor einigen Stunden mit einem jungen Mann (Yanno) verschwunden ist. Bevor jedoch die Helden noch zu irgendeiner Tat schreiten können, schreitet Signorina Lamea, vollkommen aufgelöst, durch die Tür.
Ein Versprechen
Von Lamea erfahren die Helden, dass ihr Geliebter, Yanno Yannerlein, hinter dem Anschlag steckt – und sie erzählt auch, dass er es aus Liebe zu ihr getan habe, um ihre Hand zu erringen. Statt jedoch von den Bütteln des Barons herzlich in Empfang genommen worden zu sein, hätte der Weibel gleich befohlen, Yanno festzusetzen. Nur unter Mühen können die Helden aus dem Mund des völlig aufgelösten Mädchens erfahren, dass sie selber schuld sei, weil sie ihren Geliebten nicht gleich fortgeschickt habe, "obwohl ich doch wusste, dass sein Wagemut...für mich...mein Vater...oh Rahja, soll er sterben, weil er mich befreite?"
Das Unheil geschah, als Yanno sich den Gardisten stolz als "Yanno Yannerlein, Retter der Dame von Nupercanti" vorstellte: Sofort ließ der Weibel den "gesuchten Verbrecher" festsetzen, trotz des lauten Protestes Lameas, die bat, man möge ihn doch gehen lassen. Und dass der Signor von Nupercanti den armen Yanno nicht fur seinen Heldenmut belohnen, sondern nur für seinen Hochmut bestrafen würde, dessen ist die Signorina sich vollauf bewusst. Von ungeahnten Empfindungen überwältigt, wusste sie da nur noch einen Ausweg: die Helden! Und so nahm sie bei der ersten Gelegenheit Reißaus und kehrte in das Gasthaus zurück, um die Helden zu bitten: wenn diese Yanno aus seiner ungerechten Not befreiten, würde sie ihnen überallhin folgen. "Aber ich flehe euch an, lasst nicht zu, dass dieser gute Mensch sterben muss, nur weil seine Liebe – oh, wie wenig ich sie verdiene! – nur weil seine Liebe zu mir größer war als seine Se1bstsucht!" Allerdings wird, wenn die Helden ihr versprechen Yanno zu befreien, Lamea sie bitten, diesem nicht zu verraten, wer sie geschickt habe. Sie möchte den Geliebten niemals wiedersehen. "Ich bringe ihm nur Unglück. Und ich verdiene seine Liebe nicht."
Willigen die Helden ein, so gestalten Sie noch eine abenteuerliche Rettung Yannos aus den Händen der Schergen des Barons von Veliris – ein Überfall auf die Kutsche, mit der der Gefangene nach Norden verbracht werden soll; das Eindringen in das Landhaus eines örtlichen Esquirios, der Baron Ariano nahe steht, wo die Gardisten mit ihrem Gefangenen für die Nacht Quartier genommen haben...
Natürlich steht es Ihren Helden, die ja allen Anlass haben Lamea zu misstrauen, auch frei sich die Signorina zu schnappen und eiligst weiter zu reisen. Die Nupercanti wird sich zwar nach Kräften wehren und auf dem ganzen Weg bitterlich weinen und flehen – ihr Schicksal wird sie aber nicht mehr zu wenden vermögen. Wenn allerdings dann zwei Wochen später die Nachricht von der Hinrichtung Yannos bekannt wird, seien ihre Helden versichert, dass sie in Lamea für den Rest ihres Lebens eine Todfeindin haben.
Natürlich steht es Ihren Helden, die ja allen Anlass haben Lamea zu misstrauen, auch frei sich die Signorina zu schnappen und eiligst weiter zu reisen. Die Nupercanti wird sich zwar nach Kräften wehren und auf dem ganzen Weg bitterlich weinen und flehen – ihr Schicksal wird sie aber nicht mehr zu wenden vermögen. Wenn allerdings dann zwei Wochen später die Nachricht von der Hinrichtung Yannos bekannt wird, seien ihre Helden versichert, dass sie in Lamea für den Rest ihres Lebens eine Todfeindin haben.
In der Casa Yaquero, einem hübschen aber unscheinbaren, von Oliven umstandenen Landgut nahe des Yaquirs, werden die Helden von einem Vertrauten des Streitebeckers, Hauptmann Hagen von Nervuk erwartet. Dieser befiehlt Signorina Lamea umgehend ein Schreiben an ihren Vater aufzusetzen und sendet dies (zusammen mit einem Ring und einer Haarlocke der Entführten) mit einer Brieftaube zu seinem Herrn. Ohne große weitere Verzögerung brechen der Hauptmann und seine neun Mann Bedeckung dann mit der Signorina wieder auf, nachdem sie den Helden die versprochene Belohnung ausgehändigt haben. Die Gesellschaft der Entführer sucht man freilich nicht – wenn die Helden wieder an den Sewak möchten, müssen sie auf eigene Faust reisen, denn der Hauptmann befürchtet, dass man in den Helden die Gesuchten erkennen und seine Mission dadurch gefährdet werden könnte. Hinzu kommt die offensichtliche Abneigung Hagen von Nervuks für die Helden – er billigt zwar die Entführung als "notwendig", deswegen schätzt er aber keineswegs den Umgang mit Entführern.
Wenn die Helden Yanno gerettet haben sollten, wird der Abschied von Lamea tränenreich ausfallen. Sollte einer der Helden sich durch herausragende Ritterlichkeit ihre besondere Zuneigung erworben haben, wird sie ihm noch einmal besonders danken und mit den Worten "dies soll tragen, wer wahrer Liebe tatsächlich würdig ist", ihm das Amulett vermachen, dass Yanno ihr einst schenkte. "Mehr vermag ich Unglückliche euch im Augenblick nicht zu geben," so lauten ihre letzten Worte, bevor sie die Kutsche besteigt, die sie in die Gefangenschaft entführt ..
Lamea Aldigona di Nupercanti
Die junge Signorina ist nach dem plötzlichen Tode ihres Bruders das einzige verbliebene Kind des Signors von Nupercanti. Ihre unstete und flatterhafte Lebensweise bereitet diesem fortwährend Sorgen – weshalb er auch seine Tochter für einige Zeit der Obhut des TRAviatempels zu Veliris überantwortete, als er von ihrer Affäre mit dem Abenteurer Yanno Yannerlein hörte. Kenntnis von dieser Liebelei erhielt er übrigens von Lameas Zofe Rahjanka, mit der der Signor selbst gelegentlichen Umgang pflegt. Rahjanka plagt seither ob ihres 'Verrates' deshalb ein schlechtes Gewissen und wird alles in ihrer Kraft stehende tun, um ihrer unglücklichen Herrin zu helfen.
Lamea selbst empfindet die Verbannung in den Tempel zwar als schrecklich und grausam, die Trennung von ihrem Geliebten hat sie aber schnell verwunden. Gefühle und Emotionen hat sie in ihrem Leben nur als Schauspiel und Sensation kennen gelernt – und so war auch ihre 'Liebe' zu Yanno für sie mehr ein Spiel, für das sie natürlich nie ihr Erbe riskiert hätte.
In der Vortäuschung und Manipulation von Gefühl und Zuneigung ist Lamea hingegen, trotz ihrer wenigen Jahre, bereits eine Meisterin, wie die Helden am eigenen Leibe erfahren werden. Erst Yannos abenteuerlicher Rettungsversuch zeigt der Signorina, was wahre Liebe bedeutet (auch wenn sie selbst hier Opfer einer Täuschung wird). Und wenn sie auch selbst (noch) nicht lieben kann, so wird dieses Erlebnis sie doch verändern.
MU 11 LE 25
KL 13 AU 26
IN 12 MR 4
CH 15 Geboren: 12. Tsa 2502 Horas
FF 12 Haarfarbe: blond
GE 13 Augenfarbe: grün
KO 11 Größe: 1,69 Schritt
KK 9 AT/PA (Raufen): 11/10 (Dolche): 11/9
Vorteile: Gutaussehend, Nachteile: Arroganz 8
Herausragende Talente: Betören 12, Menschenkenntnis 8
Yanno Yannerlein
Yanno Yannerlein – gebürtig eigentlich Travian Burman – ist ein Abenteurer und Taugenichts wie er im Buche steht: stets auf der Suche nach dem Glück und dem Weg zu Reichtum. Beides blieb ihm bisher freilich verwehrt. Vor etwa einem halben Jahr aber lernte er Signorina Lamea kennen, als diese, der Obhut von Fräulein von Rotten-Meier glücklich entkommen, sich ein wenig in den Straßen der Herzogsstadt Farsid verlustierte. Bald glaubte er das Herz der jungen Dame gewonnen zu haben und sah sich schon als zukünftiger Herr von Nupercanti. Er folgte der Signorina heimlich in ihre Heimat – doch dauerte die Affäre nur solange, bis Signor Tiro davon erfuhr und seine Tochter in den TRAviatempel sperrte. Das Glück schien Yanno erneut verlassen zu haben – bis er von der Entführung Lameas hörte und seine Chance gekommen sah, doch noch die Hand der Signorina zu gewinnen und zu Macht und Reichtum zu gelangen. Dieses Vorhaben scheitert letztlich und vermutlich verdankt Yanno es ihren Helden, dass er noch mit dem Leben davonkommt. Dass ausgerechnet der Hochstapler und Zyniker Yanno Yannerlein es ist, der Lamea von Nupercanti den Wert wahrer Liebe lehrt, ist freilich nicht frei von einer gewissen Ironie.
MU 13 LE 32
KL 11 AU 34
IN 13 MR 2
CH 14 Geboren: 9. Travia 2500 Horas
FF 14 Haarfarbe: braun
GE 13 Augenfarbe: schwarz
KO 13 Größe: 1,82 Schritt
KK 12 AT/PA (Rapier): 13/12
Vorteile: Glück im Spiel, Linkshänder Nachteile: Goldgier 9, Eitelkeit 6
Sonderfertigkeiten: Finte, Gezielter Stich
Herausragende Talente: Falschspiel 11, Überreden 10, Betören 9, Tanzen 7, Zechen 7
Esquirio Irion von Streitebeck j.H.
In einem reich beschnitzten Lehnstuhl vor euch sitzt ein groß gewachsener, schlanker Mann, dessen Schläfen schon deutlich ergraut und dessen Gesicht von den ersten Furchen des Alters durchzogen ist. Das Antlitz ist unauffällig, ja fast schon ein Jedermannsgesicht. Nur die aufmerksam blickenden grauen Augen und ein spöttischer Zug um den Mund geben diesem Menschen einen Hauch von Charakter. Erst nach einer Weile scheint er euch zur Kenntnis zu nehmen, kurz flackert ein erkennendes Lächeln auf, dann hebt er an zu sprechen. Seine Stimme klingt warm und freundlich. Doch die Einfühlsamen unter euch spüren einen Hauch von Schärfe – und Besorgnis?
Anders als etwa sein Neffe Amando zählt Irion von Streitebeck keineswegs zur Gruppierung phecadischer Traditionalisten, welche die Macht und Stärke eines Landes an der Größe des Heeres bemessen und kluge Staatsführung als ein Privileg des Adels und der Kirchen begreifen. Im Gegenteil ist Irion ein konsequenter Verfechter einer phexisch-hesindianischen geprägten Weltsicht, demnach Macht in "unseren neuen Welt" nicht mehr allein durch militärische Schlagkraft bedingt wird, sondern vor allem in den Commercien eines Landes begründet liegt. Dementsprechend sucht er seit jeher die Nähe vor allem der grangorischen Kaufmannschaft und man sagt ihm ein mehr als enges Verhältnis zur Glaubensgemeinschaft des göttlichen Fuchses nach.
Im Abenteuer tritt er mit der Bitte an die Helden heran, ihm aus einer Zwangslage zu helfen und das Leben seiner Nichte und seine Ehre zu retten. Gegenüber den Helden wie auch in der Politik erweist der Streitebecker sich dabei als herausragender Staatsschauspieler – denn die Ziele, die er verfolgt und zu deren Verwirklichung er sich der Helden bedienen will, sind tatsächlich weit weniger ehrenhaft als er vorgibt.
Mutter Yadwine Sewakmeër
Die Vorsteherin des TRAviatempels zu Veliris ist eine Tochter des einflussreichen Handelshauses Nestefan. Doch aus der Stadtpolitik hält die 52-jährige sich schon seit langem heraus. Allenfalls bemüht sie sich hin und wieder Zwistigkeiten zwischen den streitenden Familien zu schlichten und TRAvia gefälligen Frieden zu wahren. Seit dem frühen Tod ihres geliebten Mannes Rondred – Wirt der Herberge 'Gänseweide' und Akoluth der Kirche – ist die Geweihte jedoch sichtlich gealtert. Ihre Aufgaben im Tempel übernimmt deswegen immer mehr ihre Tochter Travanja.