Briefspiel:Das Erbe des Siegelmeisters (Rondra 1046 BF) (3)

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Beteiligte (irdisch)
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Palazzo della Signoria, 18. Rondra 1046 BF

Autor: Familie Bolburri.png Philburri

Cassius kehrte gerade von einem hastigen Mittagessen in die Kanzlei zurück und hatte schon das nächste Schriftstück im Kopf, das auf seinem Schreibtisch wartete. Fast wäre er an Targuin Hal Cirrention vorbeigelaufen, der auf einem der Sessel im Vorzimmer saß und wohl auf seine Rückkehr wartete. Dieser stand jetzt auf. „Signor Cassius! Ihr habt es aber eilig. Es freut mich zu sehen, dass der Kanzler der Stadt so gewissenhaft seinen Verpflichtungen nachgeht.“ So aus seinen Gedanken gerissen, brauchte Cassius einen Moment zum Verstehen. Dann lächelte er Targuin an. „Signor Targuin, welche Ehre für meine Amtsstube! Sicherlich seid Ihr nicht grundlos hier. Verzeiht, dass Ihr warten musstest. Kommt doch herein!“ Er wies einladend auf sein Büro und schaute zu seinem Secretario. „Festo, bringe uns bitte ein Glas Wein.“

Nachdem Cassius die Tür geschlossen hatten, konnten die beiden formloser miteinander umgehen. Sie kannten sich schon lange und seit ein paar Jahren entwickelte sich eine respektvolle Freundschaft zwischen den beiden. Beide nahmen Platz und erkundigten sich kurz nach dem Wohlbefinden der Familien.

Nach einigen Minuten kam Targuin zum Grund seines Besuches. „Hast Du schon gehört, dass Dein Vater im Büro des Centenarios ein wenig ausfallend geworden ist?“

Cassius schaute erstaunt. „Mein Vater? Das kann ich mir kaum vorstellen. Was ist passiert?“

„Er soll wohl gegenüber Signor Rafik laut geworden sein. Ich habe von einem lauten Wortwechsel im Zehntamt gehört.“

„Nun, so hat er es mir nicht erzählt. Er berichtete mir, dass Dom Rafik unsere Familie bei der Neubesetzung des Siegelmeisters nicht besetzen wird. Was mich nicht überrascht hat. Aber mein Vater ärgert sich sehr darüber, das habe ich ihm angemerkt.“

„Er soll sich gegenüber dem Centenario ziemlich respektlos verhalten haben, zumindest wurde das meinem Secretario erzählt.“

„So kannte ich meinen Vater bisher nicht. Erst seit dem Tod von Therengar ist er dünnhäutig geworden. Aber ich kann ihn verstehen, die Missachtung von Dom Rafik ärgert mich auch. Er drückt nur seine Interessen durch.“

Targuin machte eine kurze Pause und sagte knapp: „Sicherlich. So wie das der Senescalio und der Consiliere auch tun.“

Cassius blickte den Schatzmeister an. Dieser hatte auch Verbindungen zur Familie von Aranjuez. Er sollte ein wenig vorsichtiger sein und meinte diplomatisch: „Natürlich. Jede und jeder von uns dient der Stadt, aber handelt auch in seinen Interessen.“ Cassius stand auf und blickte aus dem Fenster. „Trotzdem wurde meine Familie so schnell wie möglich aus dem Siegelamt vertrieben. Das mein Vater dies nicht gutheißen kann, ist verständlich.“

„Das ist verständlich. Aber dass er dies dem Centenario so direkt sagt, ist vielleicht nicht das Beste.“

Cassius setzte sich wieder hin und blickte Targuin an. „Was meinst Du damit? Sprich bitte offen.“

Targuin schaute kurz in sein Weinglas und bereitete seine Worte vor. „Deine Familie und Bassiano insbesondere sind in der Stadt bekannt für ihre besonnene Art. Zu Recht, damit habt ihr es im Laufe der Jahre und Jahrzehnte zu viel Ansehen geschafft. Ich denke aber, dass sich das Amt des Siegelmeisters nicht lohnt, um dieses Ansehen aufs Spiel zu setzen. Dir ist sicherlich klar, dass eine Konfrontation mit Rafik von Aranjuez zu dieser Zeit unklug ist. Und deinem Vater auch, wenn er drüber nachdenkt.“

„Wir sollen die Sache also auf sich beruhen lassen.“

„Ehrlich gesagt: nicht nur das.“

Cassius schaute überrascht und schüttelte nur den Kopf.

„Cassius, auch wenn es Dir schwerfällt: Um dauerhaften Schaden abzuwenden, solltet Ihr mit Dom Rafik reden.“

„Das wird mein Vater niemals tun!“

Targuin lächelte leicht. „Stimmt. Dann muss es jemand anderes machen. Früher oder später wirst Du für die Familie verantwortlich sein.“

Cassius sah seinen Freund länger an. „Ich danke Dir für Deine Einschätzung, Targuin. Und ich bitte Dich, bei Dom Rafik vorzufühlen, ob er zu einem Gespräch mit mir bereit wäre. Es muss wohl sein.“

Targuin nickte dem Kanzler zu. „Das will ich gerne tun.“