Briefspiel:Gericht der Getreuen
- Briefspielgeschichte aus: Briefspiel in Urbasi
- Datum (aventurisch / irdisch): Mitte Rondra 1033 BF / Oktober 2012
- Beteiligte (aventurisch / irdisch): Letzte Getreue des Fürsten / Horasio
- Schauplatz: Keller des Palazzo Casciano in Urbasi
Gericht der Getreuen
In den Gewölben des Palazzo Casciano, Mitte Rondra 1033 BF:
Leises Getuschel wurde von den groben Wänden der Gruft zurückgeworfen, es war das übliche Gemurmel von Edelleuten vor dem Auftritt eines Fürsten. Doch statt seinen Hofstaat mit seinem Erscheinen zu beehren, zog es der einstige Herr von Urbasi, den manche einen Tyrann nannten, vor in borongefälliger Ruhe zu verweilen.
Flackerndes Kerzenlicht warf dunkle Schatten auf die Gesichter der anwesenden Verschwörer. Ein blonder Mann hob seine Hand und gebot den anderen zu schweigen. "Als den Gesetzen des Herren Praios und unseres Reiches ergebene Signori gilt es Verbrechen, wie Mord und Verrat, zu bestrafen." Die anderen nickten zustimmend. "Doch praiosgerecht soll zunächst die Schuld und das rechte Strafmaß durch dieses Gericht," er blickte einem nach den anderen in die Augen, "ermittelt werden, ehe die Exekution unseres Urteils vollzogen wird."
"Die Götter wollen es!", bestätigte einer flüsternd, ehe die anderen ebenfalls bejahten.
Die Lippen des blonden Mannes wurden von einem leichten Lächeln umspielt. "Die Anklage möge beginnen." Er blickte einen ernst dreinschauenden Jüngling an.
Dieser nickte, breitete seine Arme aus und wandte sich an die Runde. "Hohes Gericht, edler Schwurbund der letzten Getreuen des Fürsten Traviano," begann er zwar leise, doch immer noch darauf bedacht eine leicht theatralische Stimme anzunehmen, "die Anklage wird zeigen, dass in das übelste Verbrechen unserer Gemeinde, den Mord an unserem geliebten Fürsten Traviano am siebenten Tag der Rahja im Jahre 1029 nach dem Fall des vieltürmigen Bosparan eine Vielzahl von üblen Verschwörern involviert war, die sich heute in ihrem Spott göttlicher Ordnung Herren der Stadt Urbasi und des Silbertals nennen."
"Hört!", flüsterte eine rauchige Frauenstimme.
"Zuvorderst klagen wir Khadan di Salsavûr, seines Zeichens vermutlich ein mit dunklen Mächten in Verbindung stehender Zauberer, an, direkt am Morde beteiligt zu sein. Mitsamt einiger Komplizen gelang es ihm dank der Hilfe von Verrätern in Reihen des fürstlichen Gefolges Seiner Durchlaucht aufzulauern und ihn grausam zu morden."
Der Blonde drehte sich zu einer lockigen Frau. "Ihr vertretet den Angeklagten in Abwesenheit, da sich jener der Verhandlung entzieht. Auf was plädiert ihr?"
"Schuldig," antwortete sie ruhig.
Das merkwürdige Verfahren in dem dunklen Gewölben nahm seinen Gang. Ginge es nach Ankläger, Verteidigerin und dem Gericht, sollte es nicht das letzte dieser Art sein.
Am 4. Efferd starb Khadan di Salsavûr in der Schlacht von Portecorvo, eben jenem Ort, dessen Name auf die Pforte des Raben verweist. Durchbohrt von Bolzen hatte er heldenhaft sein Leben im Kampfe für Urbasi gegeben. Zwei dieser Bolzen hatten ihn rücklings getroffen.