Gyda Calleano
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Während es ihre Schwester Ascania Calleano in die Hallen der Bäckergilde und die Ratssäle der Curia zog, fühlt Gyda Calleano sich seit jeher in der heimischen Backstube in der Wärme der Öfen und mit bemehlter Schürze am wohlsten. Besonders zeichnet sie sich dabei durch ihre Geduld und Beständigkeit aus: Ein vor zwei Dutzend Jahren geformter Brotlaib Gydas entsprach mit Garantie in jedem Detail einem, den sie heute Morgen buk und jeder Schritt und Handgriff scheint einer unveränderlichen Routine zu entsprechen, die vermutlich tiefer in der Bäckermeisterin verankert ist, als ihr eigener Familienname.
Gyda heiratete nie, umsorgte allerdings in ihren langen Dienstjahren so viele Lehrlinge auf ihre mütterliche Art, dass sich an ihrem Sterbebett wohl eines Tages mehr junge Menschen einfinden werden, als sie je Kinder hätte in die Welt setzen können.
Seit einigen Jahren zeigen sich zunehmend die Folgen vieler Jahre körperlicher Arbeit und in den kalten Monden spürt sie den Winter in den Knien, der ihr die Kraft zu arbeiten nimmt. Da sie Untätigkeit verteufelt, widmet sie sich in dieser Zeit dem Studium der Lehren Travias und dem Tempeldienst und trat als Akoluthin der Kirche bei. Eines Tages, wenn sie einen würdigen Nachfolger gefunden hat, wird sie wahrscheinlich die Weihe erbitten.