Kartenwerkstatt Villestano

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Auge-grau.png Die Seekartenmanufaktur der Familie Villestano findet sich in einem zweistöckigen Fachwerkhaus in Efferdas. Von Weitem gut erkennbar prangen Zirkel und Kursdreieck an einem Schild, das bei näherer Begutachtung die Worte „Publicationes Nauticis“ zeigt.

Betritt eine Kundin das Gebäude, kündigt keine Klingel ihre Ankunft an. Stattdessen ist sofort ein eilfertiger Diener zur Stelle, der Mantel, Schirm oder Spazierstock entgegen nimmt, und sie servil zu Sitzecke und Tisch geleitet. Dort wird ihr, je nach Wunsch, entweder Tee und Gebäck, oder gleich ein wärmender Grog gereicht, während nach dem Verwalter geschickt wird. Ungewöhnlicherweise für die Stadt Efferdas zieren keine Blumen den Raum. Dafür erfreuen feine, aus Holz gefertigte Schiffsmodelle das Auge, mit kostbaren Farben bemalt und mit echtem Segeltuch bespannt. Auch die sonst in der Oberschicht beliebten Wandgemälde sucht man hier vergebens. Stattdessen finden sich an den Wänden, zum Genuss der Betrachterin, minutiös angefertigte Seekarten, die Efferdas und die umliegenden Küstenregionen zeigen. Die Karten sind von beispielloser Detailgetreue, und versehen mit Entfernungs- und Tiefenangaben; sogar Angaben zum Tidenhub kann man hier finden. Nicht nur will man so das Auge der wartenden Kundschaft erfreuen, man zeigt auf diesem Wege bereits, welche Qualität hier zu erwerben ist.

Die Karten selbst werden im ersten Stock angefertigt, und selbstverständlich ist der Verwalter bereit, der wohlhabenden Signora einen kurzen Einblick in den Entstehungsprozess der kostbaren Seekarten zu gewähren. Eine enge Treppe führt in das Obergeschoss, einen großen, lichtdurchfluteten Raum, bis zu dem kaum etwas vom Lärm der Straße hinauf dringt. Eifrig sitzen hier an großen Holztischen die drei angestellten Zeichner, die unter der Aufsicht des Herren Tizian Antonio Villestano mit dünnem Kohlestift, Tintenfeder, sowie Zirkel und Maßband zu Werke gehen. Ausgehend von bereits bestehenden Karten, sowie genauen, in neuerer Zeit vorgenommenen Messungen, entstehen hier die besten Seekarten der Coverna, ja, vielleicht des ganzen Horasreiches, und somit der bekannten Welt.

Nur unscheinbar steht ein Bewaffneter am Fenster, immer wieder die Straße und den Arbeitsraum im Blick.

Doch zur eigentlichen Transaktion ist es vonnöten, eine Treppe bis zu einem unterirdischen Kellerraum zu nehmen. Man passiert dabei eine kleine verschlossene Holztür, in der bestimmte alchymische Stoffe aufbewahrt werden. Mit diesen werden die Karten nach ihrer Fertigstellung behandelt, damit sie Efferds Element nicht schutzlos ausgeliefert sind. Die Rezeptur ist ein Geheimnis der Familie Gerber, die sich die Versorgung mit dem farblosen Mittel (von dem auch dem Alchimisten des Hauses, Marbio Villestano, nicht klar ist, ob es sich um eine Art Lack oder ein Öl handelt) eine Menge kosten lässt. Betreten darf man den Raum nur zu zweit, und mit vor Mund und Nase angelegten Schutz, seitdem im letzten Jahr einer der Arbeiter wegen der Dämpfe bedauerlicherweise einen Ohnmachtsanfall erlitt und mehrere Stunden in seinem eigenen Erbrochenen lag.

Hinter einer schweren Tür mit gusseisernem Schloss, die von zwei weiteren Bewaffneten flankiert wird, befindet sich das Archiv. In diesem kühlen Raum mit gemauerten Wänden werden die Erzeugnisse der Manufaktur in hohen Holzregalen gelagert. Erhellt wird der Raum nur mit einer Sturmlaterne, die draußen vor der Tür aufbewahrt und entzündet wird.

In einem großen Folianten bei der Eingangstür ist der genaue Bestand des Archivs verzeichnet. Wünscht die Kundin eine Karte der Bucht von Efferdas, so wird man nahe der Eingangstür fündig. Führt sie ihre nächste Route in die Gegend von Pailos, so finden sich in den hinteren Reihen der Regale entsprechende Karten. Für ausgefallene Wünsche, wie zum Beispiel den verzeichneten Untiefen vor Maraskan, oder gar – soweit bekannt – Küstenlinien Uthurias, sind besondere Einzelstücke vorher aus der Casa Villestano in einem sicheren Behältnis her transportiert worden. Hier können sie begutachtet werden, bevor man für sich die signifikante finanzielle Investition der Anfertigung einer Kopie entscheidet.

Je nach Karte muss ein zwei- bis vierstelliger Dukatenbetrag aufgebracht werden, doch vor fremden Gestaden, nur Efferds Gnade ausgeliefert, ist eine gute Seekarte oft ein Lebensretter, und damit jeden Heller wert.