Archiv:Das Weilenscheinkomplott - Teil 3 (BB 22)

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Auge-grau.png Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 22, Seiten 28-31
Aventurisches Datum: 1022 BF

Siehe auch: Teil 1 und Teil 2



Des Weilenscheinkomplottes 3ter und letzter Teil


Elanor von Efferdas, Castello Weilenschein:

‚Ruhig!' gemahnte sie sich selbst, ‚ruhig!' Das allzu selbstsicher zur Schau gestellte Grinsen auf den faltigen Wangen dieses Weilenscheinpopanzes, war sicherlich seiner persönlichen Situation nicht angemessen. Jedoch war die Lage in Efferdas, welche er ihr genüsslich dargelegt hatte, bei den Zwölfen gewisslich ernst zu nennen, was jedoch war Aufschneiderei? Die vereinten weilenscheinschen und letraner Truppen hatten Chintûr bereits überrannt und schickten sich an, die Stadt Efferdas anzugreifen. Entsprach dies der Wahrheit? Sie wusste nur von Truppen in Letran und davon, dass ihr nachbeordertes Corps festgesetzt jedoch nicht gefangen genommen war. Sie zwang sich ruhig zu überlegen: Sicherlich fühlten sich die Tilaisanis aufgrund ihrer rondraianischen Gesinnung Arivor näher als Methumis, würden sie jedoch ebenfalls eingedenk ihrer Tugenden die Treueschwüre ihrer Baronin gegenüber leichtfertig brechen? Vielleicht, nimmer jedoch würden sie sich so offen ohne Not in eine politische Intrige verstricken lassen. Was also hatte sie in dieses Bündnis gezwungen? Und sollte es dieser Weilenschein tatsächlich gewagt haben ohne weitere Verbündete gen Efferdas zu ziehen. Nimmer! Wer dieser besser diese Verbündete war, war nur allzu offensichtlich: Elvene von Berlinghân-Efferdizza, welche sich von ihr um die Krone von Efferdas betrogen fühlte. Die einzige offene Feindin, welche sie im Rat der Signori hatte.

"Was mich nur zu brennend interessiert, Weilenschein, stammt der formidable Plan, auf diese Weise die Signora von Efferdizza auf den Thron von Efferdas zu hieven nun ursprünglich von Euch oder jener Dame?"

Dass ihr Gegenüber nicht allzu verblüfft ob ihrer Schlussfolgerungen war, verstand sie trotzdem als Kompliment; immerhin unterschätzte er sie nicht. "Ihr müsst nicht gleich antworten, denkt ruhig in Euren eigenem Verließ ein wenig darüber nach! Aber, gestattet mir die Bitte, nicht übertrieben lange, sonst werden meine Söldner wohl doch anfangen zu plündern." Sie machte eine Kopfbewegung in Richtung des Burghofs, von wo das trunkene Gegröle der meisten "Söldner" heraufklang. "Schafft ihn fort!" Sie würde die Zeit nutzen, ein wenig das Arbeitszimmer zu inspizieren, vielleicht ließ sich ja das ein oder andere Aufschlussreiche finden.


Calliana, eine Schmiedin aus Ranaqídes, Efferdas:

Vom Regen in die Traufe oder wie hiess es? Schon wieder spähte sie in die Dunkelheit nach dem Feuerschein heranrückender Feinde. Schon wieder erwartete man den Angriff mit dem Morgengrauen. Zwar befanden sich in Efferdas mehr Verteidiger und es ging jenen nicht nur um ihr nacktes Leben, doch war auch die Zahl der Angreifer deutlich größer und die Stadt wohl noch schlechter zu verteidigen denn die Burgruine, wo sie sich noch vor einem Tag versteckt hielten.


Elanor von Efferdas, Castello Weilenschein:

Heureka! hätte wohl eine Zyclopäa ausgerufen. Mit Hilfe dieser zugegebenermassen sehr aufschlussreichen Dokumente also hatte der Weilenschein geplant die Letraner auf seine Seite zu binden. Sicherlich würden ihr diese Schriftstücke noch zum Vorteil gereichen. „Leutenant!“ befahl Sie ihren Gardeoffizier zu sich. „Sorgt dafür, dass sich diese Bauern nicht vollständig um ihren geringen Verstand trinken. Morgen brechen wir mit dem ersten Hahnenschrei auf. Ich begebe mich nunmehr zur Ruhe. Weckt mich jedoch, wenn die Späher aus dem Süden zurückkehren oder unser Gefangener mich zu sprechen wünscht. Weggetreten!“ Sie schloss die Tür und gönnte sich den wohligen Genuss sich mitsamt ihrer Reitstiefel auf die Schlafstatt ihres Widersachers fallen zu lassen.


Calliana, eine Schmiedin aus Ranaqídes, Efferdas:

Die Feinde waren nur langsam vorgerückt, so dass die Sonne heute schon einiges an Kraft gewonnen hatte. Doch sicherlich waren es nicht ihre Strahlen, die ihr den Schweiß auf die Stirn trieben, sondern das Gedonner vieler Hufe, welches anschwoll, als die angreifende Kavallerie in Galopp fiel. Sie griff den langen Stecken, mit welchem sie die Reiter, wenn sie von der Palisade aufgehalten wurden, aus dem Sattel heben sollte. Sie lugte vorsichtig aus der Toreinfahrt, in welcher sie sich mit ihren Kameraden verborgen hielt. Wo war die Palisade geblieben? Sie drehte sich um, doch kam sie nicht mehr dazu ihre Frage zu stellen, denn im selben Moment krachten die ersten Pferde in die nun wieder plötzlich aufgetauchte Palisade.

„Voran, voran! Hebt sie aus den Sätteln!“ Sie stürmte vom Strom der anderen Kämpfer mitgerissen auf die Strasse. Verletzte und gestürzte Pferde und Reiter lagen vor und in der Palisade, wer sich aufzurappeln versuchte, wurde von den Efferdanern gnadenlos niedergestreckt. Weiter hinten herrschte ebenso heilloses Durcheinander: Den wenigsten Reitern war es gelungen, ihre Tiere rechtzeitig zu parieren. Viele hatten Mühe, sich auf ihren aufsteigenden Rösser zu halten, während die anderen von den Verteidigern mit den langen Stecken attackiert wurden. Beherzt fasste sie nun auch ihren Stecken und stürmte auf den nächsten noch im Sattel Sitzenden zu. Sie traf ihn an der Schulter, aber er stürzte nicht schwer, sondern ließ sich beinah elegant vom Pferd gleiten. Einen Augenblick schwankte sie zwischen Triumph und Furcht, bis sie gewahr wurde, dass er mit blanker Waffe um das Pferd herum auf sie zulief. Sie ließ den Stecken fallen und versuchte an ihre Waffe zu gelangen. Doch das Schwert wollte nicht aus seiner Scheide. Noch drei Schritte und es würde um sie geschehen sein. Er weiß es auch, wie sein breites Grinsen enthüllt. Doch von Seite eilt jemand herbei sie zu retten. Effredo, ihr tapferer Effredo! Der Söldling muss den ersten Treffer hinnehmen. Sein zwiefach getroffener linker Arm hängt nur noch schlaff an ihm herab. Doch in seinem rechten Arm ist noch genug Kraft, um eine Gegenattacke anzusetzen. Den kurzen, kraftvoll geführten Schlägen hat ihr kleiner Schäfer nichts entgegenzusetzen. Aus einer klaffenden Halswunde blutend, fällt er vorne über. Effredo! Endlich hat sie ihr Schwert frei. Sie wischt sich die Tränen aus den Augen, denn sie will diesem verfluchten Mietling in die Augen schauen, wenn sie ihn tötet.


Elanor von Efferdas, vor Letran:

„Sie belagern also noch die Stadttore, gut! Wusste ich doch, dass die Letraner keine Verräter sind. Wie viele Belagerer konntest Du zählen, Soldat?“ „Uns sind sie wohl zwiefach überlegen, Euer Hochgeboren. Aber verteilt auf alle drei Tore.“ Da brauchte sie nur kurz überlegen: „Dann werden wir am Efferdaner Tor von zwei Seiten in die Zange nehmen. Die Überraschung ist auf unser Seite und wenn wir schnell und hart zuschlagen, werden wir die Lage dort schnell unter Kontrolle haben. Und mit Hilfe der letraner Hausmacht dürften die Reste der Belagerung auch alsbald hinfort gefegt sein. Nu gut, die Infanterie greift unter meiner Führung von firunwärts her an, sobald ihr sie mit der Kavallerie umgangen und von Praios her angreift, Leutenant. Eilt Euch!“ Sie blickte auf ihre „Infanterie“. Ein wilder Haufen immer noch. Mittlerweile jedoch dank weilenscheiner „Leihgaben“ schon besser ausgerüstet. Und ob der in Aussicht gestellten Belohnung auch recht kampfesmutig. Nun, die Besten unter Ihnen würden sicherlich wehrhafte efferdische Bauern werden können.


Tilaisan Malatesta von Letran Striazirro der Jüngere, Letran:

Er betrachtete versonnen seinen zerbeulten Schild. Seine Ehre war wiederhergestellt, doch waren beim Ausfall zu grosse Verluste auf ihrer Seite zu beklagen gewesen. Wohl die Hälfte der Belagerer war danach gen Efferdas abgezogen. Aber konnte er es wirklich wagen, noch einmal das Leben der braven letraner Bürger aufs Spiel zu setzen? Er war nicht nur angehender Hochgeweihter sondern auch Signor. Und hatte demnach sorgfältig abzuwägen. Doch es zehrte an ihm.

Von Osten her erklang Kampfeslärm. Er sprang auf. Sollten es sie es tatsächlich wagen mit ihren wenigen Truppen die Stadt anzugreifen? Er eilte in Richtung des Efferdaner Tores.


Calliana, eine Schmiedin aus Ranaqídes, Efferdas:

In ihr war kein Triumph, in ihr war auch kein Hass mehr. Sie empfand nur noch eine grosse Leere. Warum hatte sie diesen Mann getötet? Wegen Effredo. Effredo? Sie stürzte zu ihm und fiel auf ihre Knie. „Effredo, Geliebter.“ Er röchelte nur noch matt. Warum, ihr Götter, warum? Flehentlich erhob sie ihren Blick nach oben. Dort stand auf einem Balkon ein Mann in einem schillernden Gewand, der ihr bekannt vorkam. Von irgendwoher brüllte jemand, man solle diesen vermaledeiten Magier dort herunter holen. Der Bruder der Baronin natürlich! Ein Magier. Er würde Effredo noch retten können. Doch zunächst galt es diesen Magier hierher zu bringen. Schon drangen einige Söldner in das Haus ein, auf dessen Balkon er stand. Wo war ihr Schwert? Hilfesuchend blickte sie sich um. Dort in der Gasse lehnte ihr Schmiedehammer. Sie hastete zu dem ihr so wohlvertrauten Werkzeug, mit welchem sie sich zur Rettung Effredos durch sämtliche Reihen der Feinde schlagen würde. Sie packte den Stiel fest mit beiden Händen und stürmte los.


Ebius von Efferdas, Efferdas:

Hesinde solle ihm Ratschluss schenken. Er war gefangen. Von unten drang schon das Gepolter schwerer Stiefel die Treppe hinauf. Schnell verriegelte er die Tür. Das würde sie jedoch nur kurz aufhalten. Was also sollte er tun? Schnell noch einmal die kleine combatative Magie rekapitulieren und seine Kräfte in einem Gefecht mit unsicherem Ausgang verschwenden? Zumal er die meisten Sprüche schon seit mehreren Jahren nicht mehr studiert hatte. Ein Visibili schied aufgrund seiner Beschränkungen aus. Eine Dunkelheit zu wirken, wäre aufgrund der räumlichen Enge sicherlich auch nicht die beste Entscheidung. Ein Chamaelioni. Natürlich! Obwohl er das lange bewegungslose Stehen nie gemocht hatte, hatte er diesen Spruch in seiner Jugend doch recht häufig verwandt, da man mit seiner Hilfe hervorragende Streiche spielen konnte. Eine möglichst geschützte Stelle in der Nähe der Tür, welche von der Treppe her bereits mit Fusstritten malträtiert wurde, musste es sein. Dort neben dem Schrank wären es nur zwei Schritt bis zum Fluchtweg. Jetzt galt’s!


Tilaisan Malatesta von Letran Striazirro der Jüngere, Letran:

Er hatte keine andere Wahl mehr und er war froh darum. Niemals würde Letran tatenlos zusehen, wie ihr Entsatz die Stadt zu befreien trachtete und dabei in Bedrängnis geriet. Denn die offensichtlich war die Infantrie -ohnehin ein recht disziplinloser Haufen- zu langsam vorgerückt und musste sich nun an seiner rechten Flanke wütender Attacken erwehren. Der kleinen Anzahl Berittener dagegen gelang es nur durch striktes Halten der Formation die Belagerer des Efferdaner Tores in Inrah zu halten.

„Angetreten! Wir machen einen Ausfall. Ihr Zwei, eilt an die anderen Toren und richtet meinen Befehl aus, es uns gleich zu tun!“ Er schwang sich in den Sattel. „Öffnet das Tor! Für Letran!“


Ebius von Efferdas, Efferdas:

Er hatte sie unterschätzt. Zwar war die Vermutung ihres Anführers, er hätte sich unsichtbar gemacht, falsch. Jedoch würde das Herumstechen mit ihren Schwertern über kurz oder lang auch zu seiner Enttarnung führen. Er wog seine Möglichkeiten ab, durch ein blitzschnelles Vorstossen zur Tür die Flucht zu ergreifen als durch eben jene erneut eine Gestalt den Raum betrat. Aus dem Augenwinkel heraus war es ihm unmöglich Näheres zu erkennen. Doch nach einem dumpfen Schlag fiel einer der Söldlinge direkt vor ihm bewusstlos zu Boden. Erneut war ein solcher dumpfer Schlag zu hören, gefolgt von dem Geräusch eines auf dem Boden aufschlagenden Körpers, bis wieder Leben in die drei überraschten verbliebenen Söldlinge kam.

Nun konnte auch er sehen, wer zu seiner Rettung erschienen war: Eine junge Frau angetan mit einer Lederschürze und bewaffnet mit einem Hammer. Welchen sie jedoch trefflich und mit Mut zu führen verstand. So wehrte sie den Säbelhieb des einen mit dem Stiel ab, um hernach den Kopf des Hammers ruckartig in das Gesicht ihres Gegenübers zu stossen, wo mit hässlichem Knacken das Nasenbein brach. Doch nun war seine Retterin in Bedrängnis: Von zwei Seiten drangen die noch Kampffähigen Söldner auf sie ein. Schon hatte ein Säbelhieb ihr eine Wunde am Oberarm zugefügt. Er zögerte nur kurz, auch wenn dies sicherlich sein erster Waffengang auf Leben und Tod sein würde und die Verlockung groß, sich diesem einfach durch Flucht zu entziehen. Er rammte dem ihm am nächsten Stehenden die Spitze des Stabes dorthin, wo laut aller Anatomien die Nieren saßen. Der Söldling wirbelte herum, doch nicht schnell genug, um sich noch gegen seinen bethaner Doppelschlag zu verteidigen. Er war im Stockfechten immer etwas zu zaghaft gewesen, doch klangen ihm nun noch die Worte seines Lehrmeisters im Ohr: Setze nach, solange du im Vorteil bist!


Elanor von Efferdas, Letran:

„Crasio, Ihr und Eure verbliebenen Kämpen könnt doch sicher reiten, oder?“ „Nun, Hochgeboren, äh ...“ „Dann binden wir Euch eben auf den Pferden fest. Ich benötige nur diese Rösser, Signor Malatesta. Und jeder Berittene, welcher mich begleiten will, ist mir willkommen. Letran ist befreit, doch nun muss ich eilen, um mein Efferdas zu retten.“ Bei Rondra, das hatte pathetisch geklungen! Aber dies war die Sprache, welche diese Letraner am ehesten anrührte. Der junge Tilaisan konnte gar nicht anders, als zu verkünden, dass man die benötigten Tiere aus den Ställen holen und in einer halben Stunde ein jeder kampfesmutige, berittene Letranen sich am Efferdaner Tor einfinden möge, um gen Efferdas zu ziehen. „Die anderen aber sollen die Tore geschlossen halten und wachsam bleiben!“ fügte er noch hinzu.

„Der Weilenschein ist auf seiner Burg sicher gefangen gesetzt. Von dort droht keine Gefahr.“ rief sie zur Beruhigung der Bürger, welche sonst sicherlich aus Angst um Hab und Gut nicht so zahlreich zum Tor strömen würden, aus. Und wesentlich leiser, zum neuen Signor von Letran gewandt: „Und wenn die Bewachung doch, wie ich annehme, irgendwann überrumpelt und massakriert wird, stehen ihm doch noch immer keine Truppen zur Verfügung noch einzugreifen.“


Maricio von Weilenschein, Conetabel von Terubis, vor Efferdas:

Wenigstens beim Wasserabschlagen war er vor den herausfordernden Blicken Ricardos und dieser widerwärtig hochnäsigen Signora sicher. Mühsam presste er ein dünnes Rinnsal hervor. Harnschwäche, das Leiden alter Männer, hatte ihn schon vor seinem 40ten Tsafest ereilt. Doch das Scheitern seiner Pläne am heutigen Tage war nicht der Behäbigkeit des Alters zuzuschreiben - mitnichten. Weder jugendliches Feuer noch die grösste Weisheit des Alters hätte es verhindern können. Gegen zu viele Widrigkeiten hatte er kämpfen müssen: Restufans Verrat vor Letran hatte nicht nur die willkommene Aufstockung seiner Truppen durch die Letraner verhindert, denn auch zu viele Truppen vor Letran gebunden.

Natürlich hatte er gefürchtet, dass ihm die Malatestas in den Rücken gefallen wären. Sicherlich jedoch wäre es ihm auch trotz dieser Widrigkeiten gelungen seine Schlachtpläne umzusetzen. Gerade zur Stunde am Nachmittag hätte die Oberstadt in seiner Hand sein sollen.. Die Zugänge zur Unterstadt und zum Castello abgeriegelt und die Residenz eingekreist. Natürlich hatte er einige Kriegslisten der Efferdaner nicht vorhersehen können. Aber wahrhaft durchkreuzt hatten seine die Pläne die Eigenmächtigkeiten der Signora von Efferdizza, die ja unbedingt ihre Hellebardieri von Süden her ins Gefecht schicken musste, damit jene alsbald ihren Palazzo sichern konnten - selbstsüchtiges Weib. Und natürlich Ricardo. Dieser neidzerfressene Jüngling hatte die Kavallerieattacke am Morgen viel zu früh vorgetragen und war schmählich zurückgeschlagen worden. Praios Gerechtigkeit sei Dank, hatte er dabei wenigstens eine Verwundung erlitten. Und nicht zuletzt diese die Kampfkraft schmälernden Einschränkungen: Dieser Palazzo darf nicht angegriffen werden, da man noch auf die Fürsprache des neutralen Signors hofft, jene Gebäude sollen auch nicht angetastet werden, da die Signora schon jetzt Ansprüche auf die Beute erhebt. Und keine Plünderungen bitte, schließlich sollen die Patrizier nicht zu sehr aufgebracht werden. Wie sollte er so eine Schlacht gewinnen.

Er knöpfte seinen Hosenlatz zu. Mit unwilliger Geste wies er seinen Pagen zurück, der ihm hierbei zur Hand gehen wollte. Er wandte sich dem Kommandozelt zu. Hufgetrappelt. Nein, kein Angriff der Letraner in den Rücken, nur ein eigener Kurier. Was immer dieser auch für Nachrichten bringen mochte, er würde jetzt oder besser bis zum Abend eine Entscheidung herbeiführen müssen. Er blieb stehen und sog tief Luft ein. Einmal, zweimal, dreimal. Ja er würde. Er straffte sich und ging weiter. Sein erster Sieg am heutigen Tage.


Ebius von Efferdas, Efferdas, vor der Residenz:

Sie hielt den erkalteten Körper noch immer auf ihrem Schoß. Sie hatte ihn nicht losgelassen, seitdem er ihr eröffnet hatte, dass nicht einmal ein Hanskar vermögen würde, die Lebenskraft in jenem Körper wieder pulsieren zu lassen. Nur mühsam hatte er sie hernach vor den vorrückenden Feinden durch die Gänge und Gassen von St. Parvenus hierher , zwischen die Palisaden vor der Residenz führen können.

Er schaute sich um: Auf beiden Seiten war es jeweils einmal zu einem kleineren Scharmützel gekommen. Doch sie hatten standgehalten. Lächelnd blickte er auf die KK-Prachtkarosse, welche ebenfalls zum Palisadenbau zweckentfremdet worden war. Ob seine Schwester wohl sehr darüber verstimmt sein würde? Nur wenig sicherlich, schmerzlicher würden da schon die Zerstörungen im Residenzgarten und an den dortigen Glasfenstern sein. Aber hatte sie nicht ohnehin geplant den Garten endlich zu einem standesgemässen Park zu erweitern? Nein, der heldenhafte Kampf um die Stadt glich alles aus: Die Patrizier hatten grosse Summen an jeden auch nur notdürftig Bewaffneten gezahlt, um ihren wertvollen Besitz im Quarto Novo und am Alten Markt zu verteidigen. Unterstadt, Castell und Residenz waren ebenfalls noch in ihren Händen. Allein die Gerberstadt im Süden und St. Parvenus hatte man den Weilenschein überlassen müssen. Ja , er würde darauf bestehen, etwas bei ihr gut zu haben.


Maricio von Weilenschein, Conetabel von Terubis, vor Efferdas:

Ungewissheit, erneut diese lähmende Ungewissheit. Er nagte an seiner Unterlippe. Und wieder diese Blicke: Kühl abschätzend, beinah vernichtend musterte ihn diese Signora. Und Ricardo? Er hatte wahrhaft die Stirn, ihm voller Hohn in Gesicht zu lachen. Er lächelte nicht einmal, er lachte. "Scheint so als hätte Onkel ... das Feld nicht gut für uns bestellt, Signora." wandte dieser sich an die Herrin von Efferdizza. Der gleiche vernichtende Spott, der auch dem Vater zu eigen war.

"Genug! Ich dulde es nicht mehr." Seine Stimme überschlug sich vor Zorn. Doch klar und unmissverständlich brüllte er ihnen seine Befehle entgegen: "Bestelle dein Feld selber mein Neffe! Nehme, was du von unserer Reiterei noch übrig gelassen hast und reite dem Trupp der Baronin entgegen. Halte ihn auf!" "Aber..." "Kein Aber, du Wicht!" Der Hass in seiner Stimme brachte wohl selbst diesen vorlauten Stutzer zum Schweigen. Sein zweiter Sieg am heutigen Tage. Ohne die Stimme zu senken fuhr er auch die Signora an: "Und ihr, kämpft endlich auch um euer hehres Ziel! Sammelt eure Truppen und bestürmt zur nächsten vollen Stunde die Palisade von Süden her. Ich werde gleiches von Norden tun." Sie blickte ihm unverwandt in die Augen. Er hielt ihrem Blick stand. Ein-, zweimal blinzelte er, von der schon in den Kommandostand hinein scheinenden Sonne geblendet, hielt ihrem Blick aber sonst stand. "ich habe verstanden." sagte sie gedehnt und verließ das Zelt. Ein Hochgefühl durchflutete ihn. Sein dritter Sieg am heutigen Tag.


Ebius von Efferdas, Efferdas, vor der Residenz:

„Sie brennt! Sie haben die Gerberstadt in Brand gesteckt“ Tatsächlich stiegen von Süden her Rauchsäulen in den frühabendlichen Himmel auf. Er verstand nicht viel von diesen Dingen, doch dies war unmißverständlich: Die Moral der Verteidiger sollte geschwächt werden. Er musste handeln. Zumindest nominell war er der Truppenführer. Etwas Ermunterndes, Aufrüttelndes. Er hob die Arme und rief, so laut er es vermochte: „Efferdaner, ich verstehe eure Bestürzung. Doch verzagt nicht ...“ Nicht viel fehlte und der Gerbergeselle vor ihm hätte ihm einen derben Schlag versetzt. „Von so was tun wir uns doch nicht bange machen, verdamte Pferdepisse. Also du, du .. äh, ich mein‘, äh“ Er jetzt schien er zu bemerken, wer da vor ihm stand. Oh Hesinde, was sollte er auf diesen Zornesausbruch antworten. Hilfesuchend schaute er zur Seite direkt in das unverhohlen breit grinsende Gesicht des alten Torremuners. Mit einem Lachen fiel alle Anspanung von ihm ab“ Nein davon lassen wir uns nicht bange machen.“ Forza Efferdas!“ stimmte der alte Torremunder mit ein und vielstimmiges, schaurig-schönes Gebrüll antwortete ihm.

Er warf einen Blick auf seine Rondra. Auch sie hatte den Kopf erhoben.


Elanor von Efferdas, zwischen Letran und Efferdas:

Sie warf ihren Fuchs herum. Tatsächlich: Die Nachhut wurde von der rechten Flanke angegriffen. Die Angreifer trugen die weilenscheinschen Farben. Sie würden mit dem ungeordneten und im Kampf zu Pferd gänzlich unerfahrenen Haufen ihrer „Söldner“ und der letraner Bürger leichtes Spiel haben. Die klügeren von ihnen liessen sich bereits vom Pferd fallen, um zumindest mit sicherem Stand dem Bevorstehenden zu begegnen. Man sollte sie ihrem Schicksal überlassen, behinderten sie ohnedies nur ihr Vorwärtskommen. Wohl knapp zwei Handvoll erfahrener Krieger würde sie so gen Efferdas führen können. „Hochgeboren, wir müssen ihnen zu Hilfe eilen.“ Natürlich, der rondraianische Geist des Signors. Ihr blieb keine Wahl. Nur gut Signor, aber nicht direkt ins Gewühl. Drängen wir sie von der Seite her ab.“ Eine bessere Verklausulierung von ‚in den Rücken fallen‘ kam ihr schneller nicht in den Sinn. Immerhin es gelang. „Ja Baronin“


Maricio von Weilenschein, Conetabel von Terubis, vor Efferdas:

Wie er es vorhergesehen hatte: Die Aussicht auf Plünderung der Residenz beflügelte die Mietlinge. Ein wilder Kampf Mann gegen Mann auf der Palisade war entbrannt. Doch noch waren es zu viele Verteidiger. Natürlich hatte sich die Signora verspätet. Ausgerechnet jetzt war ihr nichts besseres eingefallen als die Gerberstadt anzuzünden. Das hätte man bereits vor Stunden tun sollen. Ihm jedoch sollte es als Zeichen des Angriffs nur recht sein. Wenn sie nur endlich angriff.


Ebius von Efferdas, Efferdas, vor der Residenz:

Sie war ihm fast direkt vor die Füsse gefallen. Wieder hatte sie gekämpft wie eine Leuin. Doch nun ragte der abgebrochene Schaft einer Lanze aus ihrer Schulter. Er ließ sich auf die Knie fallen. Ihre Augen blickten ins Leere, doch sie lebte. Ihr Atem ging heftig. Sicherlich verursachte ihre durchbohrte Schulter ihr entsetzliche Schmerzen, doch hielt sich der Blutverlust in Grenzen. Bei fachkundiger Hilfe würde sie sicher alsbald wieder hergestellt sein. Nur heraus aus diesem Getümmel musste sie zunächst. Sein Blick fiel auf drei Pagen, deren Neugier über ihre Angst gesiegt hatte und welche nun im Torbogen der Residenz mit aufgerissenen Augen dem dem Kampf beiwohnten. „Kommt her!“ brüllte er und winkte sie mit ausholender Geste heran. Nach kurzem Zögern liefen sie geduckt heran. „Bringt sie in meine Gemächer und schickt nach dem Medicus! Er soll ihr beste Hilfe angedeihen lassen.“ verwirrt, beinah staunend schauten ihn die Pagen an. „Macht schon“ Endlich schickten sie sich an seinen Auftrag zu erfüllen.


Maricio von Weilenschein, Efferdas:

Die Wucht seiner eigenen Erkenntnis warf ihn beinah zu Boden. Wie blind war er gewesen. Niemals hätte er alles auf eine Karte setzen dürfen. Die Rauchsäulen im Süden waren kein Fanal für den bedingungslosen Angriff, sondern der Rache für die erlittene Niederlage. Die Signora hatte sich in jene gefügt und war - so stand zu vermuten - auf ihr Landgut entflohen, um der Arretierung durch die Baronin von Efferdas zu entgehen. Ihn jedoch hatte sie verraten. Er und seine Pläne waren verloren. Dies war die entscheidene Niederlage am heutigen Tag. Stünde nur zu hoffen, dass die Familie die Schuld zufürderst bei Damion und seinem verzogenen Sohn suchen würde. Schließlich war es seine Idee gewesen. Zunächst jedoch sollte er es der Signora gleichtun und sich auf sein Landgut zurückziehen. Leise gab er die Befehle dazu.


Elanor von Efferdas, Efferdas, Residenz:

„Seid noch einmal unseres Beileides ob des ruhmreichen Todes euer Kameraden versichert, Crasio. Doch euch Fünfen und den“ (wahrscheinlich nicht) „aus Terubien Nachfolgenden werde wir das versprochene Land zu eigen geben. Ihr solltet meinen Vorschlag jedoch noch einmal überdenken und in unsere Garde eintreten. Wem es gelingt diesen weilenscheinschen Signorino zu fangen, der mag es noch weit bringen. Also, denkt noch einmal nach! Doch nun entfernt euch, ich bin müde.“ Sie war tatsächlich müde. Und schlimmer als die Schmerzen in ihren vom ausdauernden Reiten geplagten Gliedern war nur noch das Hämmern in ihrem Schädel. Wohl noch die Folge ihrer Verwundung.

Es war weit nach Mitternacht, doch nun stand ihr nach einer nicht enden wollenden Folge von Dankesbezeigungen und Belobigungen nur noch dieses wohl so wichtige Gespräch mit Ebius bevor, ehe sie sich endlich ausruhen konnte, während draußen die siegestrunkenen Efferdaner wohl noch bis zum Morgen weiter feiern würden. Wahrhaft ausgeruht sollte sie sein, damit sie all die Trümpfe welche ihr Phex zugespielt hatte, wie den gefangenen Signorino oder die die Efferdizza belastenden Schreiben seines Vaters zu ihrem grössten Vorteil konnte. „Also gut komm herein Ebius!“


Calliana, eine Schmiedin aus Ranaqídes, Efferdas, Residenz:

Ein neuerlicher Traum? Wieder diese schrecklichen Bilder vom toten Effredo?. Nein zu wohlig, zu real es. Nur mühsam gelang es ihr die Augen aufzuschlagen. Ein Baldachin, ein riesiges Bett in einem vornehm eingerichteten Zimmer, grösser als die meisten Schäferkaten zuhause in Ranaqídes. Schäfer? Effredo war Schäfer gewesen. Nie würde sie ihn und ihre flüchtige Liebe vergessen. Doch wo war sie hier? Sie versuchte sich hoch zu stemmen, doch ein stechender Schmerz in der rechten Schulter ließ sie sofort wieder zurück sinken. „ Ihr solltet euch noch schonen, werte Dame.“ ‚Werte Dame‘, ein kurzes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Nein, sie würde ihn nie vergessen, doch was würde das Leben noch für sie bereithalten?


Ebius von Efferdas, Efferdas, Residenz:

Natürlich wieder die nicht enden wollende Litanei davon, wie ihr ihre Mutter ihre Herkunft eröffnet hatte, wie sie den Entschluß gefasst hatte um ihr Erbe zu streiten, was sie alles dafür auf sich genommen hatte, welche Kränkungen sie erlitten hatte, wie sie schliesslich doch noch Baronin Wurde, weil man glaubte in ihre eine einfältige Marionette zu haben, dass sie es allen gezeigt hatte, wie leicht er es doch gehabt habe, dass er auch mal an die Familie denken solle, die Familie, die Familie ...

War sie schon geendet? Er mochte es kaum glauben. „Langweile ich dich, mein Bruder?“ Er kannte diesen leichte Neigung ihres Kopfes und ‚mein Bruder‘ gemahnte ihn zur höchster Vorsicht. „Oder bist du in Gedanken bei ihr?“ Er entschied für die kleine Notlüge der Bejahung. Ein Lächeln flog über ihr Gesicht. „Endlich einmal eine solch menschliche Regung mein unterkühlter Magicus. Es rührt mein Herz. Aber sag‘, was ist so Besonderes an ihr, dass sie so etwas vollbringen konnte?“ Es sprudelte nur so aus ihm heraus: Ihr Mut, ihre unbändige Kraft gepaart mit jugendlicher Anmut, dieses strotzende Leben, Ihre naiver Glaube. „Ausserdem hat sie mir das Leben gerettet.“ fügte er noch leise hinzu. „Er ist verliebt, mein unnahbarer Bruder ist wahrhaftig verliebt.“ Sie lachte das unbekümmerte, offene Lachen ihrer gemeinsamen Kindheit.

„Also gut Ebius, gebe du dich deiner Liebe hin! Erobere sie , mach‘ sie zu deiner Mätresse! Ich werde mich um das übrige kümmern. Ein sicheres Auskommen und ein passender Titel wird sich sicher finden. Und auch mit der Hochzeit will ich dich nicht zu sehr bedrängen, es ist zwar vereinbart, aber ein Termin steht noch nicht fest. Ein Jahr wird es sich gewiss noch heraus schieben lassen. Und frohlocke, Ebius, jene Rondrajane von Treuffenau-Verliris soll von Gebaren und Statur deiner Angebeteten nicht unähnlich sein, wie ich hörte. Da wird es dir sicherlich eine Freude sein, ein paar stramme von Efferdas zu zeugen. Ja, überhaupt dürfte es von Vorteil sein, die Hochzeit noch ein wenig aufzuschieben, halten wir diesen Ariano dardurch noch ein bißchen klein. Wer sind wir denn, uns anbiedern und überstürzt die Ehe eingehen zu müssen. Ja ein kleiner, aber nicht uninteressanter Aspekt...“ Die Familienpolitik hatte sie wieder. Nun war sie ohnehin unerreichbar für ihn. Aber er wollte zufrieden sein. Ein Jahr Unbeschwertheit standen ihm bevor. Und danach? Danach würde er sich beugen. Heute hatte er seine Freiheit ohnehin verloren. Für alle Zeiten, wie er hoffte. Und wenn er es recht bedachte, hatte er diese Freiheit wohl ohnehin wirklich nie gänzlich besessen.


Epilog

Elanor von Efferdas, Arivor:

Sie schaute dem alten Viburn von Westfar nach. ‚Meine liebe Efferdas!‘ Zunächst war sie wirklich ein wenig konsterniert gewesen. Aber welch ein bewundernswertes altes Schlitzohr der Alte doch war. Obwohl er das Scheitern von Damions Plänen voraus geahnt hatte, hatte er diesem weder ab- noch zugeraten. Damion war grandios gescheitert und trotzdem war die Familienehre kaum befleckt, hatte man doch das meiste der Dame von Efferdizza in ihre bestickten Pantoletten geschoben. Doch hatte er wirklich durch seine Verbindungen zur Admiralität dafür gesorgt, dass wirklich alle efferdischen Seesoldaten und Matrosen just an jenem Tage Freigang hatten? Hatte er wirklich den Torremunder dazu gebracht ihr beizustehen? Hätte er wirklich auch am Hof in Methumis intervenieren können? Sie war sich nicht ganz sicher, aber in einem hatte er wahrhaft Recht: Sie beide waren die Sieger in diesem Kampf.

Er war nunmehr wieder der uneingeschränkte Patron aller Westfar-Weilenscheins und seine geschätzte Nichte dürfte zur Zeit in Damion einen lammfrommen Gatten haben. Und auch sie hatte gewonnen: Ihre alte Feindin Efferdizza war durch die liebe Verwandtschaft am methumischen Hof kräftigst zusammengestutzt worden und im edlen Rat von Efferdas isoliert, während das Haus Efferdas einige Ländereien als Wehrgeld hatte einstreichen können. Nie hatte sie fester auf ihrem Thron gesessen als heutigentags. Nur in Shumir war nicht alles zum Besten verlaufen, aber immerhin hatte sie das Protektorat über die Landstadt erringen können. Ebenso einträglich wie von politischem Gewicht. Es hätte jedoch auch mehr herausspringen können, aber sie war geneigt dem Alten zuzustimmen: Einen aten Streit endlich zu beiderlei Fromm beigelegt zu haben, war dies wert. Ja von diesem alten Schlitzohr könnte man noch viel lernen!


Olaf Tomaszewski
(Mit besonderem Dank an Frank Mienkuss! ... auch wenn er ein verdammter Thorwaler ist ;-))