Archiv:Der wiedergefundene Stachel (BB 46)

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Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 46 Yaquirkurier.png Datiert auf: PER 1045 BF


Der wiedergefundene Stachel – oder aber: Festbankett nach dem Turnier mit ungestümen Abgang
von Alricilian ya Costera

Sewamund. Mitte Peraine 1045 fand das traditionelle Ritterturnier von Mortêc statt. Viele Gäste reisten daher von nah und fern zu diesem Dorf vor den Toren von Sewamund. Doch auch an der Stadt Sewamund sollte das Turnier nicht vorbeigehen. Einige Gäste des Turniers hatten sich in Sewamund einquartiert, bietet die reiche Handelsstadt doch zahlreiche Möglichkeiten auch abseits des reinen Turniers sich zu beschäftigen und für Gäste insbesondere aus der Ferne etwas mehr Komfort.

Erlan Sirensteen zu Gast im Palazzo Phecadien

Am Palazzo Phecadien, der seit einiger Zeit so gut wie nicht genutzt wird, fielen im Vorfeld des Turniers Arbeiten auf. Die eine oder andere Sewamunder Stimme wunderte sich darüber, dass dann Ende sogar die riesigen Glasfronten wieder einmal geputzt wurden. Und fragten sich vor allem: "Wer soll das bezahlen?" - um damit ein stadtweit bekanntes Thema aufzugreifen.

Am 14. Peraine, so bestätigten es nachher auch offizielle Stellen, bezog eine größere Delegation aus dem Osten des Reiches, genauer gesagt aus der Baronie Yaquirbruch bzw. der dort in der Nähe gelegenen Landstadt Unterfels, den Palazzo Phecadien. Die Delegation wurde angeführt von Comto Erlan Sirensteen von Irendor, dem Baron des Yaquirbruchs, dem Consiliere von Unterfels etc.pp.

Besuch beim Baron
Doch bevor dieser den Palazzo Phecadien persönlich aufsuchte, machte er sich auf den Weg zum Schloss Corello, damit er direkt nach Ankunft in Sewamund seinem Amtsbruder, Baron Irion von Streitebeck, die Aufwartung machen konnte. Worüber die beiden redeten ist im Detail nichts bekannt geworden, die offiziellen Verlautbarungen sprachen von einem intensiven Austausch über die Geschehnisse im Norden, im Reich an sich und ganz Aventurien. Kenner des horasischen Adels vermuteten aber (ob zurecht oder nicht), dass das Ganze auch einfach nur ein der Etikette und Höflichkeit geschuldeter Besuch war, denn es würde ja schon merkwürdig anmerken, wenn ein Comto länger zu Besuch wo anders weilt und es dann keine Gespräche vor Ort geben würde. Doch von den Festivitäten ein paar Tage später - da können wir mehr berichten.

Nach dem Turnier ist vor dem Festbankett
Noch während das Turnier lief, bekam ein nicht unerheblicher Teil der Teilnehmerschar, aber auch aus den Reihen der Gastgeber, der Gäste usw., jeweils ein mit dem Siegel der Sirensteens versehenes Einladungsschreiben in den Palazzo Phecadien. Direkt am Folgetag nach dem Turnier sollte dort eine Festivität stattfinden, zu der formvollendet eingeladen wurde. Fast alle Eingeladenen kamen auch, einige entschuldigten sich mit anderen Verpflichtungen und dass das so nicht planbar gewesen sei, war die Erklärung, warum die eine oder der andere nicht vor Ort war.

Begrüßung durch Baron Irion von Streitebeck und Comto Erlan Sirensteen
Zu Beginn richtete kurz Irion von Streitebeck das Wort an die Gäste und begrüßte sie als hiesiger Baron in Sewamund, dankte den Turnierteilnehmern für ihren Einsatz und warb dafür sich nicht nur Mortêc anzuschauen, sondern auch Sewamund zu genießen. Danach übergab er das Wort an Comto Erlan Sirensteen, der dann die Gäste herzlich begrüßte. Als Consiliere von Unterfels freute er sich besonders über die Gäste aus Unterfels mit folgenden Worten: „... und somit freue ich mich, gerade auch für Unterfels, dass unsere Sterne hier leuchten“. Bei diesen Worten prostete er einem Tisch, an dem man mit Vertretern der Familie Bolburri auch seine Verwandte Bellatrix Sirensteen sitzen sah, auch mit einem silbernen Pokal zu. Diese Begrüßung dauerte nicht viel länger und mit „... und man kann über alles reden, aber das sollte nicht länger dauern wie dieses Minutenglas.“ auf das er in diesem Moment zeigte und dessen letzter Sandkorn gerade fiel, endete sie.
Im Anschluss an das üppige Mahl welches mit Ifirnskugeln beendet wurde, erhob sich Comto Sirensteen noch einmal und nachdem die Gespräche verstummten, richtete er sich erneut an die Gäste.

Traditionelles Turnierschwert

Stachel - das Turnierschwert der Sirensteens.

„Liebe Freundinnen und Freunde, es gibt noch einen weiteren Anlass, warum wir uns hier treffen. Zumindestens für mich als Oberhaupt des Hauses Sirensteen.“ Den Blicken einzelner Gäste zufolge war man ein wenig überrascht darüber und wusste nicht so recht, was jetzt folgen sollte. Mit einem Mal öffneten sich die Flügeltüren des Saales und zwei Gardisten kamen herein und trugen eine längliche hölzerne Kiste in den Saal. Sie öffneten die Kiste und Erlan Sirensteen nahm ein silbernes Schwert heraus, hob es in die Höhe und präsentierte es den Gästen.

„Ich zeige Euch hier Stachel. Das ist das traditionelle Turnierschwert des Hauses Sirensteens.“ Er berichtete von den Taten, die seine Vorfahren mit diesem Schwert, dessen Name sicherlich mit dem Wappentier der Sirensteens zu tun hat, erlebt hatten. Seit vielen Jahrzehnten gebührt es historisch dem Mitglied des Hauses Sirensteen, welches das Banner der Sirensteens erfolgreich bei den Turnieren im Reich und darüber hinaus vertritt.

Die erstaunten Blicke wandelten sich ein wenig und schon rief jemand laut: „Warum hören und sehen wir jetzt zum ersten Mal davon?“ Sirensteen nickte dem Fragesteller zu: „Eine vortreffliche Frage, man könnte meinen, ich hätte sie bestellt. Aber das war natürlich nicht der Fall.“ Und unter leichtem Gelächter der Gäste fuhr er fort und erklärte, dass er diese Frage auch gerne beantworten würde: „Schon seit mehreren Jahrzehnten galt das Schwert als verschollen. Erst unlängst wurde es wiedergefunden. Nach einer längeren - den Zwölfen sei Dank! - erfolglosen Untersuchung auf sinistre Einflüsse... und ich sage Euch, die Vermutung lag nahe, wenn ihr wüsstet, wie es gefunden wurde... Auf jeden Fall ist es mir jetzt eine Freude es heute zu übergeben.“
Bei diesen Worten stand er auf, nahm das Schwert und ging damit zu einem der Tische des Saals. Den Tisch, an dem die Gäste aus Unterfels saßen - und somit auch Bellatrix Sirensteen.
„Geschätzte Bellatrix, ihr habt Euch in den rondrianischen Idealen bewährt. Ihr habt als Bellariccia in zahlreichen Turnieren die Sympathie für Euch und das Haus Sirensteen gewonnen. Somit wüsste ich niemand geeigneteren als Euch, die dieses Schwert zukünftig tragen soll“ - und mit diesen Worten überreichte Erlan seiner völlig überraschten Verwandten das Schwert. Diese hatte beim Tjost zwar nicht wirklich die letzten Runden erreicht, sich aber ansonsten recht passabel geschlagen und führte im Buhurt ihre Farbe zum Sieg.
Jetzt war auch dem Letzten klar geworden, warum es nach dem Ritterturnier zu Mortêc diesen eher ungewöhnlichen Empfang in Sewamund durch Comto Erlan Sirensteen gab.

Ungestümer Abgang
Just in dem Moment, als das Schwert überreicht wurde, fiel an einem anderen Tisch ein Stuhl um, als jemand ungestüm und höchst eilig aufstand und trotz gegenteiligen Zuredens anderer am Tisch unter lautem Gemurmel, welches nicht freundlich klang, den Saal verließ.
„War das nicht Signor Rinaldo Sirensteen?“ rief jemand überrascht und die Gäste, die die Person genauer sehen konnten (und sich in der Grafschaft Bomed auskannten), konnten bestätigen, dass dies wirklich Rinaldo Sirensteen war, der hier eher ungestüm den Saal verlassen hatte. Ein Kenner des yaquirischen Turnierwesens erläuterte im Nachgang dem Schreiber dieser Zeilen, dass es wohl so sei, dass in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Rinaldo Sirensteen der erfolgreichste Turnierkämpfer des Hauses gewesen sei. Das Schwert was ihm augenscheinlich zugestanden hätte, bekam er jedoch nie überreicht, denn es galt ja - wie man heute Abend erfuhr - lange Zeit als verschollen. Doch sollte dies der einzige Augenblick gewesen sein, der dieser Festivität nicht angemessen war.
Im Anschluss an die Überreichung des Schwertes, feierten die Gäste noch mit höfischen Tänzen, genossen die dargebotenen Spezereien und sprachen vor allem über das vergangene Turnier. Selbstredend war Bellatrix Sirensteen, die vom Verlauf des Abends vermutlich genau so überrascht war, wie der Rest der Gäste, zusammen mit dem sirensteen’schen Turnierschwert im Mittelpunkt eines Teils der Gespräche. Es musste sogar so weit kommen, dass mit Riccardo Bolburri, ein Bekannter der Familie aus Unterfels, sie aus einer Menge an Leuten, die sie befragten, „retten“ musste, damit sie auch etwas Ruhe abbekam.

Gerüchte und Zitate zum Bankett:

  • „Der Abgang Rinaldos wurde von vielen Gästen im Nachgang zwar vergessen, wer ihn aber kennt weiß: er vergisst das nicht.“
  • „Ist es ein Zufall, dass dieses Schwert, was lange wohl Rinaldo zugestanden hätte, erst gefunden wird, nachdem dieser aus Altersgründen nicht mehr wirklich an Turnieren teilnimmt?“
  • „Von was für sinistren Einflüssen der Comto da redet, weiß er wohl nur allein. Oder meint er seinen Einfluss?“
  • „So ein Minutenglas könnte er auch an anderer Stelle nutzen.“
  • „Die arme Bellariccia. Er hätte sie zumindestens vorwarnen müssen. Aber gut, dass der junge Bolburri sich ihrer angenommen hat.“
  • „Freundliche Worte des Barons Irion fürwahr. Aber ist Euch aufgefallen, dass er nur mit Comto Sirensteen und sonst niemanden persönlich sprach, bevor er zeitig aufbrach?“
  • „Das Turnierschwert der Sirensteens? Warum hat da noch niemand was in der Vergangenheit von gehört?“ - „Na augenscheinlich haben sie es verloren. Das zuzugeben wäre ja auch eine Schmach. Dann lieber borongefälliges Schweigen dazu.“

Hinweis zum (Brief-)Spiel: Zwischen Erlan Sirensteen und Rinaldo Sirensteen gibt es seit langer Zeit einen mehr oder weniger offen ausgetragenen Zwist; vergleiche auch - insbesondere zur Motivation - das Abenteuer Der Preis der Macht.

Jens Matheuszik mit Dank an Roman Huber