Archiv:Silberstadt trägt Weiß (BB 29)

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Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 29, Seiten 25, 27 Schildwacht.png Datiert auf: 14./15. Phex 1028 BF


Silberstadt trägt Weiß

Alte und neue Stadtherren im Traviabund vereint – Kirschblütenwunder krönender Abschluss

von Sinjara Acciaioli

Der Rausch eines unvergleichlichen Festes liegt über der Stadt Urbasi, ihren Bürgern und den teilweise von weit her angereisten Gästen, da der Morgen des 15. Phex Einzug hält. Die prachtvolle Hochzeit des Stadtherrn und Gransignore Traviano Nepolemo von Urbet-Marvinko und der lieblichen Preciosa Aureliana Firdayon-Auspizzi hat der Silberstadt einen Glanz verliehen, nach dem diese jahrzehnte-, womöglich gar jahrhundertelang vergeblich sich dürstete. Eine Konzentration auf das Wesentliche fällt nach einer solch rauschhaften Nacht schwer – dennoch soll versucht werden, das Ganze chronologisch verständlich auch jenen Lesern zu berichten, die selbst nicht Anteil an diesem unvergesslichen Fest haben konnten.

Bereits die Bekanntgabe der Vermählung am 1. Phex hatte die Urbasier mit überraschter Vorfreude und hoffnungsvoller Spannung erfüllt – konnte die Verbindung zwischen dem neuen Stadtherrn und einer der vornehmsten Töchter aus der Familie der alten Stadtherren doch endlich Frieden zwischen beiden Geschlechtern, Marvinko und Auspizzi, stiften. Die ungewöhnlich eilige Ansetzung der Hochzeit – keine zwei Wochen blieben nach der Ankündigung noch – wurde gemeinhin als Ausdruck echter, keine Verzögerungen mehr duldender Liebe angesehen, und ließ zudem keine emotionale Pause auch der Urbasier zu, die die sogleich anlaufenden Vorbereitungen des Festes stets vor Augen hatten. An den Baustellen des Palazzo Casciano und des Hesinde-Tempels San Francidio wurden noch eilige Ausbesserungen an den zur Piazza di Renascentia weisenden Fassaden vollzogen, der Platz selbst wurde von fleißigen Arbeitern von den letzten Spuren des Winters befreit und blank geputzt. Vom angekündigten Ereignis angelockte Händler, Gaukler und Schausteller errichteten in der ganzen Stadt Feststände und kleine Theaterbühnen, Girlanden und Wimpel schmückten bald alle Straßen.

Preciosa Aureliana, die Gemahlin.

Am 14. Phex war es dann soweit: Der unbekümmert dreinblickende Gransignore und seine schüchtern lächelnde Verlobte traten aus dem Castello d’Urbasi heraus auf die menschenüberlaufene Piazza di Renascentia, abgeschirmt von prachtvoll anzusehenden Lutisanern und urbasischen Arbalettieren, gefolgt von einer noch beeindruckender wirkenden Schar yaquirischer Adliger (in der allerdings sowohl Graf Croenar von Marvinko als auch einige Mitglieder des Auspizzi-Geschlechts wie der alte Stadtherr Comto Ulmessan oder Signore Orphiles von Regredia vermisst wurden). Wenige Schritte taten die zu Vermählenden über den Platz, um sogleich zum Rahja-Tempel Santa Ricarda abzubiegen und dort mitsamt ihrer ausgewählten Gästeschar Einlass zu finden. Dass er dem eigentlichen Trauungsakt in der keinesfalls für alle Bürger ausreichenden (und darob schon im Voraus gesperrten) Tempelhalle nicht beiwohnen konnte, dauerte so manchen Urbasier und schien die Spannung noch zu erhöhen.

Nach schier endlos erscheinender Wartezeit erklang jedoch endlich das fröhliche Glockenspiel des Rahja-Tempels – Zeichen für die vollzogene Ehe –, und noch während die anderen Glocken der Stadt (des Campanile della Signoria, der Tempel von Hesinde, Ingerimm und Tsa) ebenfalls miteinläuteten, öffnete sich das Portal Santa Ricardas wieder. Dann aber geschah das Unglaubliche: Als das frisch vermählte Paar, der strahlende Traviano und die noch immer etwas zurückhaltend lächelnde Preciosa, den ersten Fuss aus dem Tempel setzen, begannen plötzlich tausende weiße und rosafarbene Kirschblüten vom Himmel herabzuregnen – mehr als einen Monat vor der ersten erwarteten Kirschblüte im Sikramtal! Was danach geschah, lässt sich kaum noch mit Worten zusammenfassen – Lebens- und Leibesfreude schienen die Urbasier vollständig ergriffen zu haben, und während der Adel und das Patriziat im mühsam von seinem Festungscharakter befreiten Castello d’Urbasi dem Ball des Brautpaars beiwohnten, feierte das gemeine Volk auf der Piazza davor und den Straßen drumherum ein von Wein und Lustbarkeiten berauschtes Fest.


Erbangelegenheiten und Treueschwüre

Da der Rausch des Festes langsam abklingt, soll noch nachgetragen werden, was sich am Tag nach der Hochzeit ereignete: Um die Mittagsstunde ließ die Comtessa Fiona Firdayon-Auspizzi, Mutter der Braut, ihren Verzicht auf alle ihre Ämter und Besitzungen verlautbaren, die damit nun auf ihre Tochter übergehen – betroffen ist davon vor allem die Herrschaft Silvaniesco mitsamt des berühmten Jagdschlosses Mortecervi. Keine Stunde später verkündete ein Ausrufer des Gransignore Traviano, dass sich die Familie Urbet-Marvinko (der nun auch Preciosa angehört) nach gründlicher Prüfung aller Sachverhalte dazu entschieden habe, künftig der rechtmäßigen Königin Aldare Firdayon im Kampf gegen ihren schurkischen Bruder und Thronräuber Timor beizustehen!

Armin Bundt