Briefspiel:Kinder der Nacht (12)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: in einer Nacht zwischen 17.-20. Travia 1038 BF Schauplatz: Gasthaus Firdayoner und die Katakomben Urbasis Entstehungszeitraum: ab August 2014
Protagonisten: siehe Übersichtsseite Autoren/Beteiligte: Familie ya Malachis.png Cassian, Familie Flaviora.png Flaviora, Haus Urbet-Marvinko.png Gonfaloniere, Familie di Bassalo.png Klimpermädchen,
Familie di Bassalo.png Neli, Haus di Salsavur.png Rondrastein, Familie Dalidion.png Storai, Familie Zorgazo.png Toshy
Zyklus: Übersicht · Finnian & Sanjana · Shafiro & Ivica · Cavalliera Yandriga · Das Vorhaben mit den Tunneln · Der Zusammenstoß vor der Tür · Ein Lachanfall · Blanker Stahl · Katakom... · Aufbruch · Beim Bestiarium · Unter der Erde · In die Tiefe · Verfolgung I · Verfolgung II · Angriff · Flucht · Verhör · Tumult · Rettende Begegnung

In die Tiefe

Autor: Cassian

Ein gutes halbes Wassermaß später hatte sich Sanjanas Begeisterung für das Unterfangen `Erforschung der Unterwelt´ merklich abgekühlt. Sie und ihre Freunde hatten noch etliche Abzweigungen passiert und sich nach Plan dabei immer linker Hand gehalten, naja, fast immer. Einer der abzweigenden Gänge hatte derart namenlos nach Verwesung oder Kloake gestunken, dass sich nicht nur die Damen gesträubt hatten ihn zu nehmen, und der andere Abzweig, den sie ignoriert hatten, war eher ein Spalt denn ein Gang gewesen. Die Herren mit den etwas breiteren Schultern wären da nur schwerlich durchgekommen. Aber ansonsten entpuppte sich das Unternehmen doch eher als langweilige Angelegenheit. Die Gänge waren staubig, muffig und die größte bisher aufgetretene Gefahr waren Spinnennetze. Sanjana seufzte. So hatte sie sich das nicht vorgestellt.
Momentan befanden sie sich in einem abschüssigen Gang, der sich wie eine Schnecke nach unten zu winden schien, zumindest hatte Sanjana das Gefühl im Kreis zu gehen. Einen Quergang hatte es schon seit längerem nicht gegeben. Die junge Malachis war grad alleine an der Spitze, denn der Tunnel war recht schmal. Aber endlich war auch ein Ende in Sicht, weiter vorne öffnete sich der Gang in einen anderen. Der Durchgang war im oberen Bereich rund gemauert und gemahnte an einen Torbogen, das war neu.
Unwillkürlich hob Sanjana ihre Laterne, als sie den neuen Tunnel betrat und blieb staunend stehen. Der Tunnel war so breit, dass ihr Licht kaum bis zur anderen Seite reichte, zwei Ochsenfuhrwerke hätten hier bequem nebeneinander Platz gehabt. Auch die Decke schwang sich zu einer hallenähnlichen Höhe auf. Alles in allem wirkte der Tunnel wie eine unterirdische Prachtstraße. Als sie sich nun leicht drehte und die Wand direkt neben sich sah, erkannte die Künstlerin, dass einst wohl Reliefs hier geprangt haben mussten. Zumindest konnte Sanjana noch den groben Umriss eines Streitwagens mit Pferden in Lebensgröße erkennen, auch wenn Satinavs Hörner sämtliche Details, die das Kunstwerk einstmals gehabt haben mochte, abgestoßen hatten.
„Beim heiligen Strohsack des Nandus! Seht euch das an!“
Sanjanas Stimme klang hohl in dieser hohen Halle und dünn, aber nichtsdestotrotz ehrfürchtig.


Autor: Gonfaloniere

Yandriga blieb seit dem Abstieg der Gruppe in die Unterwelt Urbasis konsequent an deren hinterem Ende. Da sie vorne den kampferfahrenen Salsavûr bei ihrer ‚Expeditionsleiterin‘ Sanjana wusste, erschien ihr das so am vernünftigsten und sichersten. Mit den Entscheidungen zur weiter einzuschlagenden Richtung hatte sie dadurch meist jedoch wenig zu tun. Dass die Gruppe bereits am ersten ‚etwas muffiger‘ riechenden Gang den zuvor gefassten Plan, sich immer links zu halten, über den Haufen warf, quittierte sie nur mit einem Schmunzeln. Nun aber begaben sie sich in einem wendeltreppenartigen Gang immer weiter in die Tiefe – und sie verlor immer mehr das Gefühl dafür, wie viele Höhenschritt sie sich mittlerweile unter der Hügelkuppe, unter dem Höhenniveau der Oberstadt Urbasis befanden. Floss der Sikram in seinem tief eingeschnittenen Tal nun noch unter, oder längst schon über ihnen? In solche und ähnliche Gedanken versunken, stapfte sie den Anderen hinterher.
Beinahe hätte sie der Person vor ihr in die Hacken getreten, als der Expeditionszug plötzlich ins Stocken geriet. Sofort war Yandriga wieder hellwach. Was war da vorne? Drohte ihnen eine Gefahr? Eine Gefahr, die man bekämpfen konnte? Dann kam wieder Bewegung in die Gruppe, und sie hörte die seltsam weit hallende Stimme Sanjanas: „Beim heiligen Strohsack des Nandus! Seht euch das an!“
Noch ein paar Schritt, dann war auch Yandriga in dem gewaltigen Tunnel angekommen. Und ihr Blick fiel sofort auf das Relief eines Streitwagens, dem auch Sanjana ihre Aufmerksamkeit zu schenken schien.
„Bei Rondra“, stieß sie nicht minder erstaunt hervor, „ein altbosparanischer Rennwagen.“
Yandrigas Begeisterung für Streitwagenrennen hatte sie sich diesbezüglich einiges Wissen aneignen lassen, auch wenn der Schluss, dass es sich um einen Rennwagen handelte, vielleicht etwas voreilig war.
„Also … altbosparanisch auf jeden Fall“, nahm sie ihr eigenes Urteil ein Stück weit zurück. Für einige Momente blieb ihr Blick wie gebannt an dem Relief hängen. Dann erst kamen ihre Instinkte wieder durch, die ihr rieten sich einen Gesamtüberblick zu verschaffen.
„Wo sind wir hier? Der Tunnel ist riesig …“, teilte sie ihre Verwunderung mit allen.
‚Hatten die Bosparaner unterirdische Rennbahnen?‘, ging es nur ihr durch den Kopf.


Autor: Storai

Haldan war die ganze Zeit mit der Gruppe mitgelaufen. Er hatte sich dabei immer wieder umgesehen, ob an den Wänden vielleicht interessante Dinge zu finden wären. Bis auf Spinnennetze und seltsamen Glibber, dessen nähere Bekanntschaft er lieber nicht machen wollte, war da aber nichts. So wanderte sein Blick immer wieder zu Ivica, die etwas weiter vorne bei Sanjana ging. Mit der Zeit bleib sein Blick in immer längeren Phasen an ihr hängen, und so bemerkte er erst gar nicht, wo sie waren, als ein Teil der Begleiterinnen in ungläubiges Staunen ausbrach ob eines riesigen Tunnels direkt vor ihnen.
"Hm, also dann stimmt es, dass man einfach über das alte Urbasi drüber gebaut hat. Wenn es sich hier wirklich um die Rennbahn von Agreppum handelt, dann ..."
Haldan stockte kurz und erinnerte sich an eine Warnung seiner Mutter.
"Ähm, dann müssten irgendwo oberhalb von uns ähm ... also ... die Ränge sein. Ja genau. Und auf den Rängen die Stützen. Also, was wir hier als Decke sehen, dürfte nicht die volle Höhe haben."
'Gut gefangen', dachte er sich. Und es klang sogar ein wenig gelehrt. Keinesfalls aber durfte er sagen, was vermutlich über der instabilsten Stelle der Unterwelt war ...
"Wenn Onkel Darian das nur sehen könnte ...", murmelte Haldan staunend vor sich hin, als er sich im Anblick des riesigen Tunnels vor ihnen verlor.


Autor: Gonfaloniere

Yandriga guckte skeptisch, als sie den Ausführungen Haldans folgte. Vor allem die Tatsache, dass er wie sie, aber offensichtlich unabhängig auf die Idee einer unterirdischen Rennbahn gekommen war, brachte sie zum Grübeln. ‚Kann er Gedanken lesen?‘ Andererseits, wenn er – als Mitglied der wohl gelehrtesten Familie Urbasis – schon auf denselben Gedanken kam, war dieser vielleicht doch gar nicht so abwegig, wie sie zunächst vermutet hatte.
Dennoch gab sie sich bewusst zurückhaltend, als sie schließlich offen fragte: „Signor, glaubt ihr ernsthaft, dass das hier eine Rennbahn gewesen sein könnte? So tief unter der Erde?“


Autor: Storai

Haldan war es überhaupt nicht gewohnt, dass ihm irgendwer zuhörte, wenn er hesindianisches Wissen preisgab.
"Oh ääh ...", kam er deswegen ins Stocken und errötete. "Naja dort ist ein Wagen an die Wand gemalt. Vielleicht ist es auch ein alter Wagenhersteller oder eine Paradestraße oder etwas Anderes. Man müsste sich halt mal umsehen, was für Hinweise die Tunnelwände und die Beschaffenheit insgesamt hergeben. Viel Wissen von früher ist ja leider verloren, gerade was Zeichnungen an der Wand bedeuten könnten."
Haldan lachte unsicher, bevor er mit fester Stimme fortfuhr.
"Aber dass sich hier unten alte Bauwerke finden lassen, finde ich überhaupt nicht ungewöhnlich. Dass das alte Agreppum versank, das war vermutlich wörtlich gemeint. Immerhin sind wir hier zwischen zwei Flüssen, weswegen das hier in alter Vorzeit vermutlich ein Sumpf war. So spekuliert zumindest mein Onkel. Danach wurde auf den Ruinen durch San Agreppo, der vermutlich genau aus dieser in dunklen Zeiten untergegangenen Stadt stammte, eine neue Stadt gebaut, die wir als 'Gemeinde des Heiligen Agreppo', oder in eingen Quellen auch nur 'San Agreppo', kennen. Und mit auf den Ruinen ist eben dies gemeint. Der größte Teil des Stadthügels besteht aus untergegangenen und überbauten Vorgängerbauten. Die meisten durch Brände zu Schutt zermahlen und verloren, aber einige wenige, robuste Gebäude haben sich eben als Kavernen oder Tunnel erhalten."
Ein klein wenig stolz über das gerade Referierte, schaute er Yandriga an und lächelte zufrieden.


Autor: Gonfaloniere

‚Ein Sumpf?‘ Der ganze Berg, auf dem die Stadt stand, sollte ein einziger Schutthaufen gewesen sein? Yandriga war überfordert. Zumal Haldan dazu auch noch immer wieder diesen Namen verwendete – ‚Agreppum?‘ –, der ihr bislang nie untergekommen war, als wüssten alle über ihn Bescheid. ‚Naja, was weiß ich als ignorante Urbeterin schon über derlei Dinge …‘, gab sie sich innerlich den Ausführungen des Gelehrtensprosses geschlagen. Über die Geschichte des Tafelbergs von Urbet, von der Gerons- über die Theaterordens- bis hin in die Zeit ihrer Vorfahrin Gräfin Tharinda hätte sie ihm einiges erzählen können. Das war ja auch interessant, weil es eben immer wieder rondrianische Heldentaten berührte … aber hier war der Drucker im Heimvorteil, keine Frage.
So griff sie lieber den einzigen interessanten Vorschlag auf, den sie dann doch seinen Ausführungen entnahm: „Nunja, dann lasst uns uns doch weiter umsehen.“
Sprach’s und ging mit der Fackel in der Hand einige Schritt weit in den Tunnel hinein.


Autor: Klimpermädchen

Ivica war noch dabei, die Figuren an den Wänden zu bewundern, als die anderen schon über deren Ursprung rätselten. Sie ging wieder zu Haldan und Yandriga hinüber und lauschte interessiert deren Diskussion. ‚Ob sie wohl Recht haben und wir durch eine längst verlassene Stadt streifen? Wie wundervoll der Gedanke ist. Aber bei den Göttern, auch etwas beängstigend, dass so eine riesige Stadt einfach versacken kann … wortwörtlich.‘ Als ihre Gefährten sich wieder verteilten um sich weiter umzusehen, schloss sie zu Haldan auf.
„Signore, woher wisst Ihr so viel über die Stadt, die hier einst gestanden hat? Ich habe noch nie von, wie sagtet Ihr, Aggreparum, gehört?“
Sie beeilte sich, um mit seinen langen Schritten mithalten zu können.
„Habt Ihr viel mit eurer Tante, der Hochgeweihten der Hesinde, zu tun? Oder habe ich nur nicht gut genug in meinem Unterricht aufgepasst?“
Sie errötete leicht, vielleicht hätte sie sich den Satz lieber verkneifen sollen.


Autor: Cassian

Ein Weilchen lauschte Sanjana interessiert den Ausführungen des jungen Dalidion, dann aber begann auch sie getrieben von Neugier den Gang entlang zu schlendern, wobei sie die Gegenrichtung zu Yandriga wählte. Das Relief an der Wand schien sich die ganze Länge des Tunnels fortzusetzen. Hinter dem Streitwagen, den sie zuerst entdeckt hatte, marschierten Soldaten in Viererreihen gestaffelt, auch sie reichlich verwittert. Aber immerhin konnte Sanyana noch erkennen, dass ihre Rüstungen und Helme altertümlich wirkten.
„Diese hohen Helme sehen ähnlich aus wie die Bilder, die mir Onkel Cantano einmal gezeigt hat von den bosparanischen Legionen, ich weiß nur nicht mehr von welchem Kaiser, aber bestimmt noch vor Bosparans Fall“, sagte sie zu niemand im Bestimmten.
Langsam leuchtete sie die Reihen der Soldaten entlang. Das Teilstück der Wand bildete bestimmt eine Hundertschaft ab. Wie war doch gleich wieder der militärische Begriff? Kohorte? Sanjana konnte sich sowas nie merken.
Ein weiterer Torbogen, allerdings zugemauert, unterbrach das Bildnis, und danach schloss sich eine Gruppe von Menschen an, die einfache Gewandung trugen und Ochsen, Schafe, Schweine und Ziegen dabei hatten. Einer trug eine Gans unter dem Arm, eine Frau einen Korb auf dem Rücken.
'Nicht das klassische Motiv für eine Rennbahn', dachte sich Sanjana bei diesem Anblick. 'Aber was soll dieser Tunnel dann sein?'
Erneut zweigte ein Gang ab und die junge Urbaserin leuchtete hinein. Der Abzweig war recht breit und halbrund gemauert, allerdings war er nach wenigen Schritt eingestürzt. So wie es schien, hatte die eine Seitenwand nachgegeben und Steine und Geröll versperrten den Durchgang größtenteils.
Gerade als sich Sanjana wieder abwandte, hörte sie von hinter dem Schuttberg ein gedämpftes Scheppern. Das Geräusch war dem, das sie vorhin mit dem Eimer verursacht hatte, nicht unähnlich. Sanjanas erster Gedanke war es, zu fragen wer denn da sei, diesen unterdrückte sie aber genauso schnell, wie er gekommen war. Wer oder was hier unten auch immer schepperte … besser sie wurde nicht bemerkt. Sanjana ließ die Laterne am Eingang des Tunnels stehen und schlich bis zu der Geröllhalde vor. Ohne diese allerdings zu erklettern, würde sie nichts sehen können, und das ging nicht leise. Unschlüssig blieb sie stehen. Sie strengte ihre Sinne an, versuchte willentlich das Dunkel zu durchbohren und wurde belohnt mit dem fernen Gemurmel zweier Stimmen, die sie für männlich hielt. Außerdem war es ihr, als würde sie kurz den schwachen Schein einer Lichtquelle erkennen, bevor beides, Geräusch und Helligkeit, wieder verschwanden.