Briefspiel:Magistratswahlen 1036 BF/Curatoren und Cavalleristi

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Sheniloneu3k klein.png Briefspiel in Shenilo Sheniloneu3k klein.png
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Beteiligte (irdisch)
Familie Menaris klein.png Athanasius
Familie Brahl klein.png Brahl

Die Briefspielgeschichte Curatoren und Cavalleristi ereignet sich im Vor- und Umfeld der Wahlen zu Gransignore und Magistrat.

Shenilo, Magistratspalast, 30. Rahja 1035 BF

Der Gildenmeister der Parinorszunft fuhr sich mit einem Handtuch über die Halbglatze und nahm einen tiefen Schluck der bitter schmeckenden Flüssigkeit, die er – immerhin mit Wein zersetzt – auf Anweisung des Medicus Menaris seit einigen Monden gegen seine Kollik einzunehmen hatte. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann hätte man diese letzte Versammlung der Curia im alten Götterlauf gerne ausfallen lassen können. Die Hitze der Namenlosen Tage schwebte bereits durch die Gänge des Magistratspalastes, durch die, trotz ihrer Größe und dem Vorhandensein von Fenstern, an diesem Tage nicht einmal ein laues Lüftlein wehte. Als hätte er nicht ohnehin schon genug Gründe gehabt, ins Schwitzen zu geraten. Er entschied, dass es an der Zeit war, das Gespräch zu suchen. Glücklicherweise war es nicht ganz unproblematisch im weitläufigen Magistratspalast ein Gespräch zu belauschen. Allerdings war es auch nicht eben einfach, die gesuchte Person zu finden, weswegen der Gildenmeister erleichtert aufatmete, als er den Leiter des Hauptkontors der Weinhandlung Yaquiria Shenilo, Edorian Angold, ausfindig gemacht hatte – bevor ihm wieder in den Sinn kam, was er zu besprechen beabsichtigte.
„Und, was hört man in der Weinhandlung über die anstehenden Wahlen? Erwägt Euer Patron gar, statt als Camerlengo, die Geschicke der Stadt erneut prominent übernehmen zu können und kandidiert wieder als Gransignore wie zu Beginn jenes schrecklichen 1033ten Götterlauf?“ Der heute wieder unverschämt protzig gekleidete Edorian kratze sich an seiner unansehnlichen Nase, bevor er spöttisch antwortete. „Was kümmert Euch, was die Familie Brahl plant? Man muss doch wohl nicht befürchten, dass alle Fortschritte wieder vergessen sind und der Hohe Lehrmeister eine Intrige gegen lautere Absichten des Cavalliere Daryl unternehmen will?“
Alvin runzelte überrascht die Stirn, obwohl ihn die Reaktion nicht wirklich unerwartet traf. „Eine Intrige? Ihr missversteht die Familie Menaris, geschätzter Angold, zumindest insofern ich mir anmaßen darf, deren Interessen zu deuten. Erst kürzlich konnte ich vernehmen, dass man im Palazzo nicht einmal einer Allianz von begrenzter Reichweite, in dieser Sache zumindest, nicht völlig abgeneigt wäre, wenn nicht...“ Edorian wartete einen Augenblick und kicherte dann. Dieser Eselborn war wirklich ein beneidenswert schlechter Lockvogel. „Wenn nicht was, Gildenmeister?“, fügte er dann aber dennoch auf den irritierten Blick seines Gegenübers hinzu. „Wenn da nicht jene Taten jenes unglücklichen Cavalleristo im Palazzo Carolani im Travia vor gut zwei Götterläufen gewesen wären, die immer noch ungesühnt sind!“ Edorian lächelte nicht mehr. „Ungesühnt? Die Brahl haben, soweit ich weiß, eine nicht unerhebliche Summe Geldes bezahlt, um die Sache zu beenden.“ Jetzt war es an Alvin, zu kichern, wenn er dabei auch eine bemerkenswert unamüsierte Miene aufgesetzt hatte. „Manches vergossene Blut kann man auch durch Blutgeld nicht sühnen, lieber Angold. Mancher geronnene Blutfleck aus der Vergangenheit kann nur durch Blut hinfortgewaschen werden.“ Das klang jetzt so sehr nach einem Zitat, dass es Edorian aufhorchen ließ. „Von wem stammt das, der Cavalliera Gerondrata?“ Das verwirrte Gesicht von Eselborn hätte Angold beinah wieder Lachen lassen, wenn er nicht bereits darüber nachgegrübelt hätte, was er seinem Patron, dem Handelsmeister der WYS später am Tage über dieses Gespräch berichten würde.

Palazzo Brahl, Shenilo, 30. Rahja 1035 BF

Scheppernd landete der feine Pokal auf den Dielen des kleinen, getäfelten Studiolos. Der beinahe dickflüssig scheinende Wein breitete sich ungehindert auf dem Holz aus. Die Lache spiegelte das Licht der Kerzen wie eine dunkle Perle. Niemand kam um sie wegzuwischen. Fast schien es, als würde das Holz bluten. Selten - nein noch nie! - hatte Edorian seinen Patron derart wütend, derart unbeherrscht gesehen. "Wie kann dieses Geschmeiß es wagen MIR solche Worte zu senden!" Die folgende Stille schien eine halbe Ewigkeit anzudauern. Nach einer Weile entspannte sich Edorian wieder. Es war nicht die Wut dieses Mannes, die man zu fürchten hatte. Daryl Brahl schien sich wieder gefangen zu haben. Die beiden Männer ließen den Fleck außer Acht, als wäre er nie entstanden. "Aber, aber, mein Guter. Signore Tankred stichelt doch nur. Sicher um die Seinen im Zaum zu halten. Die Menaris erörtern jeden Schritt doch wie die Veritaner statt der Führung eines fähigen Mannes zu vertrauen. Das macht sie schwach und uneins." Der Kontorleiter stand am Ende diesen langen Tages nicht der Sinn nach Politik, schon gar nicht der stets schwelenden Fehde der Brahl und Menaris. Lieber gönnte er sich einen tiefen Schluck aus seinem unversehrten Weinkelch.

Daryl missfiel der fehlende Respekt des Kontoristen, aber es gab wichtigere Qualitäten. Nicht Edorian war der Grund für seinen Zorn, es waren die vermaledeiten Menaris, die sich doch tatsächlich erdreisteten, für das vergossene Blut weiteres Blut zu fordern. Nur zu gerne wäre der scheidende Camerlengo ihrer Bitte nachgekommen: Schon sah er den Blut spuckenden Kopf Valerans vor seinem inneren Auge, hörte das Gurgeln, als er am eigenen Saft erstickte. Der Gedanke beruhigte ihn, dann schob er ihn beiseite. Wie sagte Carisia so schön? Niederen Gefühlen wie der Rache gibt sich nur der Popolo hin. Ein Brahl aber folgte der Arete, dem patrizischen Ideal. Seinem toten Bruder wäre jedenfalls nicht damit gedient, das magische Duell nicht ungeschehen, wenn der Menaris ebenfalls zu Boron fahren würde. Auch konnte Varsinias Tod nicht das Ableben seines Großvaters Zerbero aufwiegen. Nur die von den Flammen verzehrten Innereien des leblosen Palazzos der Menaris konnten vergolten werden - und das hatte er in barer Münze getan.
"Ihr verkennt die Menaris, Angold. Sie zeigen nach außen Stärke, wie es sich für ein Haus Shenilos gehört, und ihre Intrigen schärfen bloß den Verstand ihrer Kinder. Unterschätzt sie nicht. Sie werden nur vergehen, wenn die Zeiten sich schneller ändern als die Grauhaarigen und ihre verstaubten Traditionen es vermögen." Der junge Patriarch war wieder so ruhig und nachdenklich wie üblich.
Edorian hatte begonnen seinen Kautabak durchzuwalzen. Um zu sprechen spuckte er in einen wohlweislich bereit stehenden Napf aus. "Das mag schon sein, Signore Daryl. Aber wollt ihr etwa auf solche Zeiten warten?" Zu seiner Überraschung nahm der Patrizier seine rhetorische Frage ernst. "Ja. Genau das. Wir wissen nicht, ob dies die Position der Menaris ist - oder eines Menaris. Und wir wissen nicht, was sie mit dem Versuch bezwecken, den schlummernden Bären zu stechen. Oder waren sie gar von unseren großzügigen Reparationen derart überrascht, dass sie nun gierig mehr fordern? Lassen wir sie ruhig warten. So leicht verleitet man keinen Brahl zu einem Fehltritt. Sie werden ihr Blatt schon offener spielen müssen."
Zufrieden quittierte Edorian diese Worte mit einem schwarzen Lächeln. Zum Abschied nickte er seinem jüngeren Gegenüber zu. Als er sich bereits zur Tür gewandt hatte, hielt ihn Daryl noch einen Moment zurück. "Natürlich warten wir nicht tatenlos. Stellt sicher, dass der Esel ohne es zu merken verrät, welcher Menaris seine Reden schreibt." Innerlich seufzend vernahm der WYS-Mann diese Worte. Zu früh hatte er gehofft, sich vorerst nicht mehr mit derlei leidigen Themen beschäftigen zu müssen. Nun, wenigstens diesen Abend würde er sich damit nicht mehr herumplagen. Die laue Sommernacht galt es mit seiner Frau zu verbringen, nicht mit diesem Mummenschanz.