Detaillierte Stadtbeschreibung von Arinken

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Außerhalb der Mauern

Erreicht man Arinken von Pertakis kommend, bekommt man die Stadt erst gar nicht zu sehen. Zwischen Banquirstieg und der Stadt erhebt sich links der Straße der schroffe Banquirfels, ein steiler Berg, der sich etwa 100 Schritt über das Banquirtal erhebt. Auf dem Felsen erhebt sich düster wachend die alte Burg Banquirfels mit ihren drei Bergfrieden. Zur rechten fällt der Blick auf die fruchtbaren Banquirauen, Obsthaine und die Villa Rustica Razonis, ein altes Landhaus, das der ebenso alten Arinkener Patrizierfamilie Razo gehört. Die Villa wurde im Thronfolgekrieg von Pertakischen Söldnern als Hauptquartier verwendet und bei deren Rückzug in Brand gesteckt. Sie wird momentan wieder aufgebaut. Zur Linken im Schatten des Banquirfelses steht der Gasthof zum Postillon, eine Wechselstation des Postendienstes Pertakis, in dem die meisten Reisenden unterkommen. Über den Banquir führt eine befestigte Steinbrücke, die als Sperrfestung dient. Zoll muss hier nicht bezahlt werden, dafür wird jeder Reisende kontrolliert. Neben der Brücke befinden sich die Reste einer älteren Brücke. Eine Kuriosität ist die Statue des Silem-Horas, die in einer Ruine am Fuße der alten Brücke steht. Der große Kaiser wird dort höchst untypisch als Wagenlenker dargestellt. Hinter der Brücke schlängelt sich die Straße durch das Hügelland vorbei an endlosen Weinhängen nach Itrento im Norden. Der Weg nach Arinken ist für den Ortsfremden schwer zu finden, da er durch einen Tunnel unter dem Banquirfels führt. Dem Tunnel ist anzumerken, dass er nicht von Zwergen gegraben wurde, denn er hat einen deutlichen Doppelknick. Der Arinkener Tunnel war das Hauptschlachtfeld der Schlacht von Arinken im Krieg der Drachen, wurde aber auch schon vorher des Nachts von Geistern heimgesucht. Nach dem Tunnel steht man schnell vor dem Osttor Arinkens. Die Stadtmauern von Arinken sind hoch, sehr alt und aus dem selben dunklen Gestein wie die Burg Banquirfels erbaut. Sie sind mit zum Teil verfallenen Gargylen und Dämonenfratzen verziert. Die Torwache kontrolliert alle Fremden sehr streng, da auswärtige Unruhestifter, ein in Arinken weit gefasster Begriff, nicht geduldet werden. Ist man sich bei einer Person nicht ganz sicher, und steht gerade ein Gardist zur Verfügung, dann begleitet dieser den Neuankömmling und passt ein wenig auf ihn auf.
Eine zweite Möglichkeit, die Stadt zu erreichen, ist die alte Arinkener Landstraße, die einst von Satara durch den Wald nach Arinken führte. Heute ist sie bis auf ein kleines Stück völlig von Wald verschluckt. Um sie zu erreichen, verlässt man die Stadt durch das Arinkeltor. Danach muss man in einigen Serpentinen den Banquirfels ersteigen. Die schärfste Kurve wird die St. Leomarskurve genannt, da es heißt, nur der Heilige sei in der Lage, sie bei voller Fahrt mit dem Streitwagen zu meistern. Auf dem Banquirfels liegt vor der Burg das Turnierfeld, auf dem die Banquirische Turney stattfindet, genauso wie die Heimspiele der Immanmannschaft Banquiria Arinken und die Wehrübungen der Stadtmiliz. Weiter in den Wald hinein führt die Straße an einigen Ruinen, einem kleinen Gestüt, einigen Schweinehirten und einer Hütte vorbei, in die unlängst eine Alchimistin, angelockt vom Kräuterreichtum des Arinkelwaldes, eingezogen ist. Will der Reisende jedoch tiefer in den Wald, etwa zum Kloster Rondrisfels, muss er einen einheimischen Führer anheuern, will er sich nicht verlaufen.

Vorstadt

Die meisten Reisenden betreten die Stadt durch das Osttor. Von dort führt die ungepflasterte Hauptstraße ins Zentrum. Diese Straße ist als einzige breit genung für Fuhrwerke. Zur rechten Seite hin ist am Tor eine Ansammlung kleiner Krämerläden zu sehen, zur linken einige Küferwerkstätten. Auf dieser Seite, zum Banquirfels gerichtet, steigt das Gelände steil an, weswegen viele der Wohnhäuser dort nur über Treppen erreicht werden können. Abseits der Hauptstraße liegt, von den meisten Reisenden unbemerkt, ein kleiner Platz, in dessen Zentrum ein kleiner Brunnen steht, der von einigen rahjagefälligen Figuren umgeben ist. Nach seinem Stifter wird der Brunnen auch Orjolsbrunnen genannt. An disem Platz findet sich die große Kelterei der Stadt, die von der Familie Kelpie betrieben wird sowie die Taverne Doppelaxt, die vornehmlich von Einheimischen besucht wird, und in der es zuweilen sehr rauh zugeht. Auf der Südseite des Platzes kann der Reisende zwei der typischen verwilderten Arinkener Gärten bewundern. Etwas abseits liegt das Haus des Stadtschreibers, das ebenfall einen kleinen aber prächtigen Garten besitzt. Zurück an der Hauptstraße liegen die wichtigsten Handwerksbetriebe der Stadt. Die Lanzenschäfterei der Familie Lanzi, die auch allerlei andere Waffen und Werkzeuge herstellt, sowie der Biberhof, eine große Ansammlung verschiedener holzverarbeitender Betriebe, die um einen Innenhof gruppiert sind. Dazwischen befindet sich der Stadtpalast des Hauses Wildenholz, eines der wenigen Gebäude aus bosparanischer Zeit, das jedoch in sehr schlechtem Zustand ist und nur zu Teilen bewohnt wird. Im Ostflügel des Hauses suhlen sich gar Schweine im Dreck, der altbosparanische Mosaike bedeckt. An der Grenze zum Stadtzentrum liegt ein weiterer Platz an dem das Kontor der Familie Tuachall steht, ein mehrstöckiges Wohn- und Lagerhaus, das unlängst ausgebessert wurde. Das vielleicht größte Kuriosum der Stadt bildet die Grenze zwischen Vorstadt und Zentrum, das Akroidron. Dabei handelt es sich um einen innerstädtischen Aquädukt, der von einem hoch gelegenen Teich im Südteil der Stadt das Wasser über den Platz zu einem Turm in der Nordmauer führt, der entsprechend Wasserturm heißt, aber keinerlei Speicherfunktion besitzt. Sowohl der Stadpalast des Hauses Serillio, als auch die Fleischerei können über dieses Konstrukt fließendes Wasser im Obergeschoss beziehen. Der eigentliche Zweck des Akroidrons ist jedoch im Dunkel der Geschichte verloren gegangen.

Zentrum

Das Herzstück der Stadt ist der Arinsplatz, um den sich alle wichtigen Gebäude gruppieren. Im Zentrum steht eine uralte Bosparanie, die der Legende nach der Stadtgründer Arin selbst sein soll. Seit etwa 10 Jahren verschlechtert sich der Zustand des Baumes zunehmend, doch überragt er immer noch jedes Gebäude Arinkens und ist von jedem Punkt der Stadt aus zu sehen. Am Fuße des Baumes steht eine steinerne Sitzbank, die einst mit Reliefs verziert war. Der kleine Perainetempel am Arinsplatz wird nur von einer einzigen Geweihten betrieben, hat aber einen schön anzusehenden Garten. Etwas abseits in einer Nebengasse ist ein hervorragend bestückter Kräuterladen zu finden, der jedoch nur dann geöffnet hat, wenn der Besitzer nicht im Arinkelwald nach Kräutern sucht. Das größte Haus am Platze ist das Magistrats- und Gerichtsgebäude, ein vierstöckiges Fachwerkhaus, das in einem fast schon baufälligen Zustand ist. Nur die Fassade wird stets erneuert und gut in Schuss gehalten. Nebenan ist das prächtige Haus der Schreinerzunft, der bedeutendsten Zunft in Arinken. Die Fassade dieses Fachwerkhauses ist mit allerlei Darstellungen von Bibern versehen, die verschiedenen Tätigkeiten nachgehen. Das Haus der Rebmannszunft grenzt direkt daran. Es ist zwar kleiner, aber ebenfalls ansehnlich verziert. Südwestlich des Arinsplatzes führt die Alte Arinkener Landstraße steil bergauf zum Arinkeltor. Dort, wo sie den Platz verlässt, stehen die Herberge Maronenteller und das Gasthaus Zum Waldschrat, die besten Gasthäuser in der Stadt. Im Waldschrat finden die Stadtratssitzungen statt. Die höher gelegene Oberstadt beherbergt ein uraltes Wasserbecken, das von einem kleinen Bach gespeist wird. Es stammt noch aus bosparanischen Zeiten und wird heutzutage zum Waschen verwendet. Es speist das rätselhafte Akroidron und einen Kanal, der von oben zum Arinsplatz führt und der Bewässerung der Bosparanie dient. Nahe des Wasserbeckens ist auch ein Badehaus zu finden, in dem vor allem das einfache Volk einkehrt. Im Viertel westlich und nördlich des Arinsplatzes sind weitere Handwerksbetriebe und Wohnhäuser zu finden. Hier hausen die alten Patrizierfamilien Kelpie und Parenis. Das Westtor wird Tor des allgegenwärtigen Raben genannt. Es führt zum Borontempel Arinkens, der in einem eigenen Viertel liegt und aus schwarzem Stein erbaut ist.

Nekropole

Ausserhalb der Stadtmauern, umgeben von Banquir, Arinkelwald und der Stadtmauer liegt der Borontempel. Er wurde in den dunklen Zeiten erbaut und wirkt auf Fremde sehr unheimlich. Am Eingang stehen zwei schwarze Obelisken, die den Durchgang zu einem mit einem Säulengang umgebenen Innenhof flankieren. Dieser Innenhof ist vollständig leer und still. Von hier führt ein schweres Portal in den Gebetsraum. Dies ist der einzige zugängliche Raum des Tempels. Er ist kleiner als der Tempel von außen aussieht, daher wird vermutet, dass es neben den Gemächern des Tempelvorstehers einige weitere geheime Kammern gibt, vor allem, da das rückwärtige Ende des Tempels direkt in den Hang des Arinkelwaldes gebaut ist. Umgeben ist der Tempel von satten Wiesen, Blumenbeeten, Kakteen und Bäumen wie Palmen, Trauerweiden, Bosparanien und Birnbäumen, was den Ort idyllischer als manch anderen Boronanger macht. Raben und Krähen teilen hier die Natur mit Bachstelzen, Singdrosseln, Klunckerpicken und Totenamseln. Zwischen den Pflanzen verlaufen kleine Pfade, die zu den Gräbern und Grüften führen. Gesäumt werden die Pfade von Fackelhaltern, deren Fackeln nachts entzündet werden. Viele Gräber sind in kleinen, schwarzen Pyramiden untergebracht, doch auch herkömmliche Gräber und Gruften sind vorhanden. Im Zentrum des Boronangers befindet sich die Richtwiese, auf der traditionell Hinrichtungen vollzogen werden, auch wenn der letzte Fall schon sehr lange zurückliegt. An der Richtwiese steht der Kiosk, eine Art Pavillon ohne Dach, der ebenso alt wie der Tempel ist, aber noch stabil steht. In den Steilhängen, die zum Arinkelwald hoch führen, befinden sich drei Höhlen. Die größte davon ist die Grabhöhle des Hauses Matienna, in die außer Familienmitgliedern nur ausgewählte Freunde eintreten dürfen und die von gefährlichen Schutzmechanismen geschützt sein soll. Am Eingang stehen die Statue eines unbekannten Kriegers mit einer schweren Axt und die eines übergroßen, aufrecht stehenden Bibers. Die andere Grabhöhle ist öffentlich zugänglich und beherbergt die Knochen derer, die sich kein Grab leisten können sowie die überreste unbekannter Toter. Ein dicker Foliant mit den Namen der Verstorbenen und auch Anekdoten aus ihrem Leben ist dort zu finden. Die Knochen sind zu Borongefälligen Kunstwerken angeordnet und führen bei so manchen Besuchern zu Nachdenklichkeit, besonders im Zusammenhang mit den überall zu findenden Plaketten, auf denen Sinnsprüche wie Die Sonne ging unter bevor es Abend wurde oder Ihr habt mich nicht verloren, ich bin euch nur vorausgegangen zu lesen sind. Der dritten Höhle in den Hängen entspringt ein kleiner Wasserfall, der sich in einem mit Seerosen und Lotosbüten bewachsenen Teich entlädt, der von Schildkröten bewohnt ist und in dem eine schmucklose graue Gruft völlig von Wasser umgeben steht.

Ein Reisebericht

„So hatte ich mich auf den Weg nach Arinken gemacht, wo der meisterhafte Streitwagenfahrer Coccerano di Matienna auf Burg Banquirfels wohne, den ich ob der bevorstehenden 1000 Meilen von Yaquiria um Rat fragen wollte. Wäre ich von Süden her gekommen, ich hätte Arinken wohl kaum wahrgenommen, aber da ich von Norden kam, versperrte mir nicht der Banquirfels die Sicht. Auch war reichlich Verkehr an der Brücke, wo die Reisenden und Wägen nur einzeln hintereinander fahren durften, was mich, der ich ein Freund des raschen Vorkommens bin, langweilte und ich so einen Blick aus der Ferne auf Arinken werfen konnte. Zwischen Banquirfels und dem Fluss zieht sich das Städtchen wie die Puniner Maquammeile entlang. Aufgrund der hohen Mauern blieb mir ein Blick in die Stadt verwehrt. Trotz meiner Zurufe ließ man mich nicht vor, und so fing ich eine Fachsimpelei mit meinem Vordermann an, dem Fahrer einer neumodischen flotten Kusliker Quadriga für zwei Personen.

Ich fragte ihn, ob man hier immer so lange warten müsse. Er sagte, dies sei so üblich. Einmal habe der Banquir mehrere Wochen lang sein Bett verlassen und dabei sogar die alte Statue des Silem-Horas auf der gegenüber liegenden Seite umspült. Dabei sei der letzte Hochsommer sogar andernorts recht trocken gewesen. Mit solchen Sachen müsse man rechnen, wenn man auf der Straße hier fahre. Einen schönen Wagen habe er, bemerkte ich mit einem leidigen Blick auf meinen schon mehrmals geflickten Fünfwind, bei dem schon der Lack abblätterte. Den habe er sich erst vor wenigen Monden leisten können, erzählte er stolz, dafür sei sein ganzer Sparstrumpf draufgegangen. An seiner Stelle hätte ich genauso gehandelt, gab ich zu. Es gebe doch nichts über eine schneidige Karosse, mit der man schneller als eine Semaphorennachricht die Küste entlangpreschen könne. Und immer diese verschreckten Bauern, die es in den Graben werfe, das sei jedes Mal köstlich anzuschauen. Aber im Futterverbrauch schlage sich solch ein Luxusgefährt doch nieder, bemerkte er mit Bedauern. Er werde wohl drüben an der Poststation des Pertakiser Postendienstes erneut eine Ladung Heu erstehen müssen. Die letzte habe er in Ruthor erstanden. Früher habe das Heu von Ruthor aus immer bis Elmantessa gelangt, erzählte er, als er dem Landgendarm das Brückengeld in die Hand zählte. Ob er nicht auch nach Arinken fahre, geriet es über meine Lippen, denn ich hatte insgeheim schon gehofft, ihm auf der letzten Strecke zeigen zu können, zu was meine alte Mühle noch gut sei. Praios bewahre nein, entfuhr es ihm, dort sei er noch nie gewesen und das solle auch so bleiben. Bevor ich ihm nach dem Grund für seine überraschende Reaktion fragen konnte, wurde er allerdings schon durch das Brückentor gewunken. Er schaute mich noch einmal befremdlich an und ließ die Peitsche knallen.

Der letzte Fahrer habe es aber eilig gehabt meinte der alte Landgendarm, der einen lustigen Schnauzer trug. Beim Bezahlen – ich musste einen Aufpreis bezahlen, da mein Gefährt angeblich nicht mehr straßentauglich sei – fragte ich ihn, was er mir in Arinken empfehlen könne. Er winkte ab, ich solle jemanden fragen, der von dort komme. Wo er denn herstamme, gab ich zurück, er sei schließlich der Landgendarm der Banquirbrücke von Arinken. Es wollten noch andere die Brücke benutzen, er habe nicht den ganzen Tag Zeit, wies er mich ab und gab meinem Pferd einen Klapps auf die Hinterbacken. So fuhr ich unfreiwillig über die moosbewachsene Brücke. Arinken verschwand zu meiner Rechten hinter einem Ausläufer des Banquirfelses. Vor mir stand die Postenstation. Von meinem Gesprächspartner an der Brücke war keine Spur zu sehen, jedenfalls erblickte ich seinen Wagen nirgendwo. Vielleicht war er doch nach Arinken abgebogen und hoffte, in der Stadt billigeres Heu zu erstehen, wer weiß. Es war bereits Mittag und ich beschloss, hier ein Mahl zu mir zu nehmen. Sie war gut besucht und das Essen schmeckte gut. Aber es war das Essen, was man in jeder Postenstation bekommt, dabei hatte ich auf eine örtliche Spezialität gehofft.

Um mir vor der Weiterfahrt noch einmal die Beine zu vertreten und da mich die Natur dazu drängte, kreuzte ich in einem freien Moment die Straße und schaute mir die Silem-Horas-Statue aus der Nähe an. Mir war, als würde mich die Statue böse anschauen, als ich mich an einem nahen Mauerrest erleichterte. Sie sah gar nicht so aus, wie ich mir Silem-Horas immer vorgestellt hatte. Ein Kaiser wäre sicher anders gekleidet gewesen. Der Mann trug Sandalen, hatte eine Schriftrolle in den Gürtel geklemmt und hielt die Hände weniger in einer gebieterischen Pose ausgestreckt als vielmehr wie ein Wagenlenker, der Zügel und Peitsche hält. Aber da ich nirgendwo Zügel und Peitsche sah, musste ich mich wohl irren und früher waren herrische Posen wohl anders als heute. Das zeigte einmal mehr das schwindende Ansehen der Streitwagenfahrer im alten Reich, die früher ja so angesehen waren. Auch wunderte es mich wenig, in der Nähe des berühmten Streitwagenfahrers Coccerano eine solch gut gearbeitete Steinfigur in solch einer Pose zu finden.

Nun hatte ich mein Geschäft erledigt und ging unter den Augen der Statue zurück zur Postenstation, an der mein Wagen wartete. Ich fragte einen Stallburschen, ob er aus Arinken stamme und was er mir dort empfehlen könne. Wortlos nahm er eine verbeulte Laterne von der Wand, entzündete sie und drückte sie mir in die Hand. Ob ich sie ihm auf dem Rückweg wiedergeben solle, fragte ich, worauf er nur antwortete, dies sei nicht nötig, sie halte eh nicht mehr lange. So beeilte ich mich und lenkte meinen Wagen auf die Straße, in deren Richtung ein verdreckter kaum leserlicher Wegweiser Arinken ausschilderte.

Mich erstaunte es, dass es dorthin nach Arinken ging, war ich bis eben doch noch davon ausgegangen, die Straße nach Arinken zweige hinter dem Banquirfels ab. Aber nein, ein Tunnel führte durch den Stein. Deswegen die Laterne! Ich hielt sie weit voraus, als ich in die Dunkelheit einritt, aber auch mit ihrem Schein war kaum etwas zu erkennen. Das Knattern des Fuhrwerks hallte von den blank geschlagenen Steinwänden wider und ich rief aus Vorsicht – denn ein Horn hatte ich nicht dabei, was dem Landgendarm auch aufgefallen war – man gebe Acht, hier käme ich! Nicht alle im Tunnel hielten sich an meinen Ratschlag und so fuhr nur knapp an einem alten Mutterchen vorbei, das mit einem Korb voller Pilze durch den Tunnel schlich. Sie rief mir etwas Unverständliches nach, was ich nicht verstand und das wie Gurvan klang. Ich drehte mich irritiert um um zu überprüfen, ob sie sich verletzt habe, aber sie war schon längst wieder in der Dunkelheit verschwunden. Als ich meinen Blick wieder nach vorne wandte, wurde mir rasch klar, was sie gemeint hatte. Ich fuhr direkt auf die Felswand zu, denn der Tunnel hatte hier einen Knick. Funken stieben von meinen Rädern, als ich die Bremse zog und an den Zügeln riss, aber die Pferde hatten instinktiv schon die Kurve erahnt und so kam ich mit dem Schrecken davon. Kurz vor Ende des Tunnels ging das Licht aus. Im letzten Schein der Laterne war mir, als hätte ich ein zerbrochenes Wagenrad am Tunnelrand ausgemacht. Dann zeigte vor mir Licht das Ende des Tunnels an.

Im freien führte die Straße durch eine Senke entlang einiger Weiden, auf denen mir einige Kühe wiederkäuend hinterherblickten. Vor mir erhoben sich die efeubewachsenen Mauern von Arinken, schwarz gefärbt durch Satinavs Hörner und mit Wasserspeiern und Geisterfratzen verziert. Das Stadttor aus massivem, schwarzen Holz, flankiert von zwei alten, steil aufragenden Türmen war verschlossen, ein Fallgatter versperrte zusätzlich den Weg. Ich zügelte mein Gespann und rief mit lauter Stimme, dass ich gekommen sei, um den Signor von Arinken zu sprechen. Einige Zeit verstrich, ohne dass jemand antwortete. Ich warf einen Blick auf den schnell dahinrauschenden Banquir, und erblickte einen unförmigen Baumstamm, auf dem ein kleines Nagetier saß, das mir direkt in die Augen blickte. Bevor ich genaueres erkennen konnte, öffneten sich plötzlich beide Torflügel knarrend und gaben den Blick in die Stadt frei. Rasch durchquerte ich das sich daraufhin hebende Fallgatter, da ich befürchtete, es würde sich jeden Moment wieder schließen.

Ich hielt an, als ich hinter dem Tor einen Gardisten in grüngelbem Waffenrock erspähte. Ich grüßte ihn freundlich und fragte, warum es nötig sei, am hellichten Tage Stadttor und Fallgatter beide zu schließen. Mit verwundertem Blick entgegnete er, ich sei wohl auswärtig, sonst wüsste ich doch vom Thronfolgekrieg, und dass man auf der Hut sein müsse, um nicht von den Timoristen oder – gar schlimmer – den Aldarenern überrannt zu werden. Die seien flink wie die Galahaner Wiesel, die ja auch nicht besser seien. Ich lachte und beruhigte ihn, der Thronfolgekrieg sei längst entschieden. Wer denn gewonnen hätte, fragte er verwundert. Niemand, entgegnete ich, die Straßen seien genauso schlecht wie immer. Aber ich war noch nicht zufrieden und fragte deshalb, auf wessen Seite Arinken denn gewesen wäre. Das wüsste er nicht so genau, er habe nur Anweisung erhalten, Tag und Nacht die Tore verrammelt zu halten und niemanden einzulassen, der kein Nagetier auf dem Wappen führe und nicht aus Arinken käme. Wieso er mich dann hineingelassen hätte. Ob ich es nicht schon wüsste, der Thronfolgekrieg sei vorbei. Die Worte, die ich ihm nun entgegnete, will ich hier nicht wiedergeben. Beleidigt fragte ich ihn nach dem kürzesten Wege zu Signore Coccerano und zur Burg Banquirfels. Ich müsse mich entscheiden, wohin ich zuerst wolle, kam es zurück. Ob der Herr nicht auf seiner Burg sei. Nein, er habe seine Bleibe aus Altersgründen in das Viertel neben dem Wasserfall verlegt, er wolle Feierabend machen und entschuldige sich. Vielleicht sähe man sich heute Abend noch im Waldschrat, vielleicht auch nicht. Er machte sich daran, das Tor zu schließen.

Mir war es jetzt egal, ob man in Arinken wusste, dass der Krieg vorbei sei oder nicht, ich ritt weiter. Geschickt manövrierte ich meinen Wagen an ein paar am Wegesrand stehenden Obstkörben vorbei, übersah dabei aber einige bunt bemalte Lanzen, die am rechten Straßenrand an einer Hauswand lehnten. Der herbeieilende Lanzenschäfter konnte mit Mühe verhindern, dass mir eine Lanze zu nahe kam. Ich bremste und bedankte mich, worauf er sich entschuldigte, er habe die Lanzen unüberlegt zu weit auf die Straße gestellt, es hätte sich leicht jemand daran verletzen können. Ich erhaschte einen Blick in seine Werkstatt, die in einem schmucken Anwesen im bosparanischen Stil untergebracht war. Offenbar stellte er auch Piken, Hellebarden und langstielige Äxte her. Ob er wisse, wo man Signor Coccerano finde, fragte ich. Er schaute betrübt drein und gab zu, es sehr gut zu wissen, er sei schließlich derjenige gewesen, der den Signor dorthin brachte, wo er heute sei. Ich fragte, ob der Signor bereits so alt sei, dass er den Weg nicht mehr alleine fände. Ihn schossen die Tränen in die Augen. Der Signor sei sein bester Kunde gewesen, schluchzte er. Es war ihm anscheinend peinlich und er zog sich in seine Werkstatt zurück.

Ratlos setzte ich meinen Weg fort, vorbei an engen Fachwerkhäusern mit überhängenden Dächern, wie man sie sonst im Mittelreich findet. Zur Rechten passierte ich eine Stadtvilla, die wohl schon bessere Zeiten gesehen hatte. Arinken könnte der Traum jedes Wagenlenkers sein, hätte es nicht so enge Straßen. Es waren kaum Leute unterwegs, die mir den Weg versperrten. Die Straße wurde wieder breiter und ich fuhr unter einer Art Brücke hindurch, deren Zweck sich mir nicht erschließen wollte. Plötzlich preschte von rechts ein blutroter Zweispänner hinter einem großen Fachwerkhaus mit seltsamen Schnitzereien hervor und schnitt mir den Weg ab. Bei meinem Ausweichversuch fuhr ich fast in den Zaun eines prächtig blühenden Gartens. Ein kleines Mutterchen in einer grünen Robe kam durch das Gartentor und fragte mich mit leiser Stimme, ob mir auch nichts geschehen sei. Dabei versperrte sie mir die Straße, so dass ich dem roten Wagen nicht folgen konnte. Ich fragte sie, wer das denn war. Ob es sich bei ihm gar um den großen Coccerano di Matienna gehandelt habe. Der fahre mittlerweile woanders, antwortete die Frau. In der Furcht, meine ganze Reise sei umsonst gewesen, fragte ich, ob er denn noch in dieser Stadt anzutreffen sei. Ganz gewiss, antwortete sie, Prätor Boronir könnte mir weiterhelfen. Ich bedankte mich und fuhr weiter.

Von dem roten Wagen war keine Spur mehr zu sehen. Ich erreichte einen Platz, der im Schatten einer riesigen Bosparanie lag, die in dessen Zentrum wuchs. Auch hier war recht wenig Volk anzutreffen. Gesäumt wurde der Platz von besonders hübschen Fachwerkhäusern. Einzig das Gebäude zur Rechten, obwohl es das größte war, erschien etwas stumpf und vernachlässigt. Der eben gestreifte Garten musste allerdings zu dem kleinen Perainetempel zu meiner Linken gehören. Ich entschied, dass es Zeit für eine Pause war, und hielt an. Die Pferde ließ ich an einer Tränke trinken, die dem großen Gebäude gegenüber lag. Ich ließ ihnen Zeit und schaute mich etwas um. Ein Wandel vollzog sich: überall kamen Leute aus den Häusern, bauten Stände vor den Geschäften auf, trugen Waren durch die Straßen und spielten die Kinder unter der Bosparanie. Ich betrachtete die kunstvollen Schnitzereien und Malereien an einem Haus, das wohl ein Zunfthaus war. Sie zeigten eine gar drollige Szene, in der Biber die Arbeiten verrichteten, die sonst den Menschen vorbehalten waren. Aus einem schmucken Wirtshaus kam eine angetrunkene Gesellschaft. Wie konnte man sich nur um diese Zeit schon so gehen lassen? Zumal sie wie Ratsherren aussahen. Aber es sprach für die Qualität des Gasthauses. Deswegen trat ich ein. Neben der Eingangstür stand eine knorrige Holzfigur, die in den Armen eine Tafel hielt, auf der in geschwungenen Buchstaben „Heute: “ geschrieben stand. Eine Inschrift über der Tür verriet, dass das Gasthaus „zum Waldschrat“ hieß. Als ich eintrat, erhoben sich gerade die letzten Gäste und gingen.

-Jüngster Bericht des Streitwagenfahrers Borsepe Aldubhor aus Selshed