Briefspiel:Verschollen (4)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: Ende Rahja 1039 BF bis Anfang Praios 1040 BF Schauplatz: Urbet, Umland Aldan und Arivor, Burg Quellstein Entstehungszeitraum: 2018-2024
Protagonisten: Sanjana ya Malachis, Rondrigo Pelargon, Lorian di Salsavûr, Timor Sâl d. J. di Salsavûr und andere Autoren/Beteiligte: Familie ya Malachis.png Cassian, Haus di Salsavur.png Rondrastein
Zyklus: Übersicht · Ein besorgniserregender Brief · Eine zufällige Begegnung · Eine unerfreuliche Begegnung · Gefunden · In Sicherheit · Ein Schrei

Am gleichen Tag im Rahjamond 1039 BF, an einer Straße im Umland Arivors

Eine sture Suchende

Sanjana biss stur die Zähne zusammen und bedeutete ihrer Stute weiterzugehen. Im Stillen gab sie Rondrigo Recht. Ihr tat ebenfalls alles weh und sie war erschöpft, aber in ihrer dickköpfigen Art wollte sie nicht klein beigeben. So ritten sie voran, bis sich die Dunkelheit bereits über das Land gesenkt hatte. Endlich als selbst Sanjana bereit war zuzugeben, dass sie nicht mehr weiterkonnte, tauchte hinter einer Kurve das sanfte Licht einer Laterne auf, die über dem Eingang eines großen Gehöftes baumelte und ein Schild beleuchtete, dass einen Humpen unter einem grünen Baum zierte. Erleichtert seufzte Sanjana auf. „Den guten Göttern sei Dank! Eine Herberge. Rondrigo, wir werden in einem Bett schlafen!“
Travia sei Dank“, antwortete der junge Mann aus tiefstem Herzen. Das Tor der Herberge war zwar bereits verschlossen aber auf ihr Klopfen öffnete ihnen ein Knecht und ließ sie ein. Rondrigo und der Bedienstete brachten die Pferde in den Stall, während Sanjana bereits den Hof Richtung Gaststube überquerte.
In der Wirtschaft befanden sich etliche Leute, die wie Flüchtlinge aussahen, aber auch Fuhrknechte und einige Bewaffnete. Die Wirtin hatte noch ein Zimmer frei und erklärte sich auch bereit für Sanjana einen Zuber zu richten. Fürs Erste setzte sich die erschöpfte Adelige an einen freien Tisch und ließ sich einen leichten Wein einschenken.
Während sie an ihrem Becher nippte und die anderen Gäste musterte kam ein Mann in einer recht mitgenommenen rot- weißen Livree die Treppe herunter. Er trug blutige Verbände in einer Schüssel und einen leeren Krug in den Armen und steuerte direkt die Wirtin an. Sanjana konnte allerdings nicht verfolgen, was gesprochen wurde, denn Rondrigo kam aufgeregt in die Gaststube gestürzt: „Herrin, Herrin“, hektisch blickte er sich um, sie winkte, „Im Stall! Das werdet ihr nicht glauben, dort steht das Pferd, das ihr beschrieben habt. Ich bin mir ganz sicher, der Hengst steht da.“
Sanjana sprang auf, aber nicht nur sie war durch Rondrigos Worte aufmerksam geworden. Sowohl der Diener als auch die Gruppe der drei Bewaffneten wirkten alarmiert.
Rondrigo zuckte unmerklich zusammen, als er bemerkte, dass ihn die Bewaffneten gehört hatten. Ein grobschlächtig wirkender Mann erhob sich und musterte beiden Reisenden ausführlich. Er sprach kurz leise mit den anderen Bewaffneten und dem Diener. Letzterer verschwand nach oben und der Krieger kam zu Sanjana und Rondrigo herüber.
Als er sich näherte, waren harte Gesichtszüge und eine in der Vergangenheit offensichtlich gebrochene Nase zu erkennen. Der Kämpfer war nur unwesentlich größer als Sanjana, aber deutlich kräftiger. Der Junge zog seinen Kopf schützend zwischen die Schultern und wirkte verunsichert, wenn nicht gar verängstigt.
„Was interessieren dich unsere Pferde, Junge“, fragte er mit ruhiger, aber scharfer Stimme. Allem Anschein nach passte es dem Bewaffneten nicht, dass sich jemand laut stark über die Rösser im Stall ausließ. Er musterte bei seiner Frage sowohl den stehenden Rondrigo als auch die am Tisch sitzende Dame eindringlich und wartete auf eine Reaktion von einem der beiden.
Die beiden anderen Bewaffneten beobachteten die Situation angespannt vom Tisch aus, der den direkten Weg zur Treppe blockierte.
Sanjana hatte mehrere Augenblicke gebraucht, erst, um Rondrigos Worte zu realisieren und einzuordnen, dann, um ihr plötzlich wild flatterndes Herz unter Kontrolle zu bringen. Nun endlich gelang es ihr, ihre Aufmerksamkeit auf den Wächter zu richten. „Mäßigt euch, guter Mann“, tatsächlich schaffte sie es den Bewaffneten von unten herauf von oben herab anzusehen. „Es gibt überhaupt keinen Anlass meinen Diener zu maßregeln, es sei denn ihr betrachtet eine alleinstehende Frau mit einem halbwüchsigen Begleiter als Bedrohung“, spöttisch hob Sanjana die Augenbraue. Sie sah wie sich die Augenbrauen des so gescholtenen bedrohlich zusammen zogen und innerlich verfluchte sie ihre vorlaute Zunge.
Um zu deeskalieren, erhob sie sich, womit ihre Schwangerschaft mehr als deutlich wurde. „Verzeiht guter Mann, mein Tag war lang und unerfreulich. Ich bin bis auf die Knochen müde und daher wohl etwas zart besaitet. Ich will sicher nicht mit euch streiten und eure Vorsicht ist bei dem Gesindel, dass die Straßen bevölkert mehr als angebracht. Wenn ihr erlaubt, mein Name ist Sanjana ya Malachis und ich bin auf der Suche nach einem guten Freund, der einen edlen schwarzen Hengst aus Montarener Zucht reitet und soweit ich weiß zum Turnier in Arivor weilte.“ Hier musste Sanjana schlucken und konnte erstmal nicht weitersprechen, Angst und Hoffnung schnürten ihr gleichermaßen die Kehle zu.
Der Krieger, um einen solchen musste es sich handelt, trat näher an den Tisch Sanjanas. Erst jetzt wurde deutlich, dass der Wappenrock des Mannes offensichtliche Kampfspuren aufwies. An einer Stelle hatte der ohnehin schon rote Waffenrock einige dunkle Flecken, die man als getrocknetes Blut deuten konnte. Der Verband an seiner linken Hand, der jetzt offensichtlich wurde, hatte das Weiß, das er wohl mal hatte, verloren und war verschiedenen Brauntönen gewichen.
„Aktuell kann alles hier eine Bedrohung sein, Signora“, erneut musterte er die beiden Reisenden, bevor er weitersprach. „Julfo di Onerdi, Signora“", stellte sich der Gerüstete vor, „ihr seid weit weg von eurer Heimat, wenn ich mich nicht irre. Insbesondere in euren aktuellen Zustand. Was die Rösser dieser Zucht angeht, so reiten diese einige Herrschaften aus dieser Ecke der Gerondrata, unter anderem auch ich.“

Überraschendes Aufeinandertreffen

Der Baron

Sein Blick wanderte kurz zu Rondrigo, der immer noch seinen Kopf eingezogen hatte und versuchte sich klein zu machen. Gerade als er weitersprechen wollte, waren aus Richtung der Treppe schwere Schritte, die diese herunterkamen zu hören. Daher wanderte sein Blick in diese Richtung und er schwieg, als er die Person sah, zu welcher diese gehörten.
Auf den unteren Stufen der Treppe stand ein groß gewachsener Mann, dessen Statur von einer Rüstung, Umhang und Waffenrock verdeckt wurde. Letztere zeigten das Wappen des Barons von Montarena. Der Griffkorb an seiner Seite gehörte unverkennbar zu einem Kusliker Säbel.
Der Neuankömmling trug keinen Helm, so dass sein blank geschorener Kopf ebenso, wie das bärtige Gesicht zu erkennen waren. Kurz mustere er die Szenerie bevor her herüberkam. Ohne dass er sich vorstellte, wusste Sanjana, wen sie da vor sich hatte, da sie ihn schon mehrfach persönlich getroffen hatte.
„Ihr solltet nicht hier sein, Signora Malachis“, sprach Lorian sie an, „aus mehrerlei Gründen…“ Sein Blick war ernst als er sprach und deutete daraufhin, dass er keine Widerworte zulassen würde. Kurz schweiften seine Augen zu dem Jungen, der bei der Malachis saß, was dafür sorgte, dass dieser nervös auf seinem Stuhl herumrutschte.
„Nun offensichtlich bin ich aber hier, euer Hochgeboren“, die Signora klang ungehalten. Sanjana musste den Kopf in den Nacken legen, um Lorian in die Augen zu schauen, denn der Baron war eine gute Hand größer als sie. Dass sie ihrem Gegenüber körperlich weit unterlegen war, reizte die junge Dame. Es machte ihr keine Angst, es ärgerte sie vielmehr. Aber anders als in ihren Jugendtagen verkniff sich Sanjana bissige Bemerkungen und versuchte es begütigend: „Ich bin mindestens genauso überrascht Euch hier zu treffen, wie es umgekehrt der Fall sein muss. Wähnte ich euch doch in Montarena, soweit ich weiß, habt ihr an dem Turnier nicht teilgenommen. Ich hörte aber, dass ein Verwandter von euch, der Vogt von Garlák, Timor Sâl in Arivor gewesen sein soll. Wisst ihr näheres über seinen Verbleib?“ So sehr sich Sanjana auch bemühte ruhig und beiläufig zu sprechen, ein leichtes Beben konnte sie aus ihrer Stimme nicht fernhalten. „Ihr habt Recht, ich war nicht in Arvior als der Stern niederging, Lorian hatte wohl bemerkt, dass sein Gegenüber unruhig war und er ahnte, nein, er wusste auch den Grund, bevor sie den Namen aussprach. Ihre Frage ließ er vorerst unbeantwortet im Raum stehen. Beim Betrachten des Barons fiel Sanjana auf, dass dessen Rüstung und Gewandung auch unverkennbare Kampfspuren aufwiesen.
Kurz atmete der Salsavûr schwer aus. Dass jetzt eine hochschwangere Malachis hier war, erschwerte die allgemeine Situation deutlich, allein aufgrund der Tatsache, dass er sie hier nicht zurücklassen konnte. Der weitere Grund lag darin, dass ihm langsam dämmerte wessen Kind die jungen Damen, die ihm gegenüberstand, höchstwahrscheinlich unter dem Herzen trug, zumindest würde sowas zu seinem Vetter passen. Aus dem Drama würde sich Timor nicht so einfach rausstehlen, ‚das wohl‘, schoss es ihm dabei durch den Kopf. Kurz zucken seine Mundwinkel und über sein Gesicht huschte ein Lächeln.
„Junge, setz dich an den Tisch meiner Männer. Julfo, gebt auf ihn acht“, erst dann wandte er sich an Sanjana, deren gespielte Ruhe und Beiläufigkeit weniger ankamen als sie ahnte. „Folgt mir, Signora.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ging die Treppe wieder hinauf.
Die Treppe knatschte heftig unter dem Gewicht des gerüsteten Kriegers, aber wohl auch aufgrund des Alters. Im oberen Geschoss angekommen betrat man einen Gang, von welchem beidseitig mehrere Türen abgingen, die offensichtlich zu den jeweiligen Zimmern führten. Vor einer dieser standen zwei Gerüsteter, die die Farben der Eisenwölfe trugen. Auf diese Tür steuerte Lorian zu, öffnete diese und betrat den dahinterliegenden Raum, wobei er sich kurz umschaute, ob Sanjana ihm folgte. Die kleinere Frau musste sich Mühe geben mit dem Baron Schritt zu halten, aber sie tat es. Ihr war flau im Magen, irgendetwas stimmte hier ganz du gar nicht.
Der Raum, bei dem es sich offenkundig um ein Mietzimmer für besser gestellte Kundschaft handelte, war etwas größer als die anderen Zimmer und besser eingerichtet. Das Zimmer wirkte aber aktuell alles andere als edel. Auf dem Boden lagen Stofffetzen, die unübersehbar blutverschmiert waren. Auf dem Bett diente als Lagerstätte Kleidungsstücke, ein kleiner Koffer, Waffengehänge und, selbst für den Laien erkennbar, medizinisches Material.
Auf dem Buchenholztisch, auf dem normalerweise wohl ein Korb mit Obst stand, lag ein fast vollständig entkleideter Mann, zumindest konnte man diesen unter diversen Verbänden erahnen. Rechtsseitig der Behelfsliege stand eine Frau in der Kleidung, wie sie Feldschere trugen, und war gerade dabei den Krieger, um einen solchen handelte es sich, zu behandeln. Am Kopfende des Tisches stand eine weitere Person, die scheinbar der Medica assistierte, in dem sie eine Wasserschale hielt. Der Junge, der die Schüssel festhielt, mochte wohl an die zwölf Sommer zählen. Seine Augen weiteten sich, als er Sanjana erblickte…
Calvert hatte sich bisher gut geschlagen. So sehr ihn der Anblick der Verwüstung erschüttert hatte, er hatte sich ein Beispiel an seinem Schwertvater genommen und einfach stumm die Zähne zusammengebissen und getan was ihm aufgetragen worden war.
Es war auch nicht das erste Mal, dass er Tode und Schwerverletzte sah, aber dass es den lustigen Vetter von Lorian getroffen hatte, setzte ihm zu. Er mochte Timor gern. Der Krieger behandelte ihn oft wie einen kleinen Bruder. So war es ihm eine Ehrensache gewesen der Medica zur Hand zu gehen, auch wenn der Anblick der Wunden und das Richten der Knochen ihn wohl bis in seine Träume verfolgen würde. Tapfer hatte er die Aderpresse gehalten, während die Doktorin die Blutungen stillte und er hatte tief und erleichtert aufgeatmet, als sie verkündet hatte, dass es geschafft war und Timor nicht verbluten würde. Was ihn jetzt aber völlig aus der Bahn warf, war der unerwartete Anblick seiner Lieblingstante, die plötzlich neben Lorian in der Tür stand, und die Situation mit wachsendem Entsetzen realisierte. Calvert sah wie ihre Augen sich weiteten und jedwede Farbe aus ihrem Gesicht wich in dem Moment, als sie realisierte, wer da lag.

Der gefundene Gesuchte

„Timor, bei den Göttern! NEIN“, keuchte Sanjana erstickt. Tiefer Seelenschmerz lag in diesen Worten, so dass es Calvert das Herz zusammenzog. Seine Tante machte zwei unsichere Schritte in Richtung des Tisches, dann begann sie bedrohlich zu schwanken, sie war mittlerweile weißer als die Wand. Calvert ließ die Schüssel fallen „Tante San!“ rief er und hechtete vorwärts. Lorian aber war schneller. Er fing die fallende Dame auf und brachte sie sanft zu Boden.
„Verdammte Axt, Calvert“, donnerte es von neben dem Tische stehenden Medica, als der Junge die Schale fallen ließ. „Ich brauche das verdammte Wasser! Geh eine Neue mit heißem Wasser holen, schnell!“ Ohne aufzuschauen, gab sie die Anweisung und hatte daher auch nicht die beiden Neuankömmlinge gesehen, die eingetreten waren.
Sanjana war so entsetzt wie noch nie in ihrem Leben, es war ihr, als würde ihr buchstäblich der Boden unter den Füßen weggezogen und sie sank in ein schwarzes Loch. Als sie die Augen flatternd wieder aufschlug, lag sie auf dem Boden gehalten vom Montarener Baron und das besorgte Gesicht von Calvert über ihr. Innerhalb von wenigen Wimpernschlägen war ihr wieder bewusst was los war und flehentlich sagte sie: „Bitte, er ist nicht tot, sagt, dass Timor nicht tot ist.“ Das Gesicht Lorians wirkte besorgt, als er die Hochschwangere betrachtete. Wie es ihn an seine Frau erinnerte, als diese mit seinem ersten Sohn schwanger war. „Nein, er ist nicht tot, Sanjana“, der Hochgeborene sprach sie bewusst mit ihrem Vornamen an, „ihn hat es übel erwischt, aber Carisia flickt ihn wieder zusammen. Macht sie nicht zum ersten Mal.“
Er versuchte die Situation etwas aufzuhellen in dem er schief lächelte. „Es sieht auch schlimmer aus als es ist“, fügte er noch schnell hin zu und ergänze in Gedanken ‚so wie immer bei Timor‘.
Während er mit dem einen Arm die Malachis stützte, versuche er mit dem anderen einen Stuhl zu angeln, auf welchen er sie setzen konnte. Dies gelang ihm aber nicht, aber sein Knappe hatte dies bemerkt und den Stuhl herangezogen. „Schafft ihr es euch auf dem Stuhl zu setzen oder soll ich euch zum Bett helfen“, fragte er sie mit besorgter Miene.
„Verdammt noch mal Calvert, wo bleibt mein Wasser“, war eine leicht entnervte Stimme vom Tisch zu vernehmen. Carisia hatte ihre Behandlung unterbrochen und sich zu den Neuankömmlingen umgedreht.
„Bitte sag mir nicht, dass sie ihr Kind bekommt… Ich muss erstmal ihn versorgen“, dabei deutete sie mit dem Daumen auf den Liegenden, während sie die Szene mit hoch gezogener Augenbraue beobachtete. Dann wurde sie dem Knappen gewahr. „Calvert, reiß dich zusammen und hol eine neue Schale Wasser! Dein Schwertvater wird es wohl noch schaffen allein eine Frau in den Armen zu halten“, erteile sie dem Knaben Anweisung, ohne dabei auf irgendwelche möglichen Befindlichkeiten einzugehen.
Der barsche Ton der Medica erdete Sanjana, sie holte tief Luft und es war ihr, als würde sich ein Felsen von ihrer Brust rollen. „Den Göttern sei Dank“, murmelte sie, „Calvert, tu was sie sagt, das ist wichtig. Mir geht es gut. Eil dich!“ Irgendwie schaffte es Sanjana ihrem Neffen lächelnd zuzunicken, was bei diesem die Starre löste und er sauste los. Wenige Augenblicke später hörte man ihn die Treppe hinunterpoltern.
„Danke Herr Baron, für eure Hilfe. Es geht gleich wieder. Mir war nur kurz flau.“ Noch einmal atmete Sanjana ganz tief durch und schloss kurz die Augen. Lorian konnte spüren, dass sie immer noch zitterte und ihre Lippen bebten. Aber die Malachis kämpfte nun mit aller Macht um ihre Fassung. „Ihr müsst mir nicht helfen, ich kann gleich allein aufstehen, nur erwartet keine Eleganz von mir.“
„Hilf ihr gefälligst hoch, Lorian.“ Der barsche Tonfall schien die normale Gangart der Medica zu sein, die jegliche Ränge und Titel außer auch ließ.
Der gescholtene Baron schaute Carisia an und verdrehte dabei die Augen. Als ob er die Malachis einfach so loslassen würde. Sanft half er ihr auf dem Stuhl Platz zu nehmen. „Braucht ihr etwas Wasser, Signora“, der Salsavûr war wieder zu den üblichen höfischen Anreden gewechselt.
In dem Moment kam vom Tisch ein Stöhnen herüber, was die Ärztin dazu veranlasste, laut zu fluchen. Schnell wendete sie sich wieder ihrem Patienten zu. „Scheiße…“, war es leise, aber deutlich, von Carisia zu vernehmen. Offensichtlich lief etwas nicht so wie es sollte. „Lorian, komm her und halt ihn fest. Ich glaube die Dame kann ohne Hilfe auf dem Stuhl sitzen. Wenn Timor sich zu viel bewegt, platzt die verdammte Naht wieder auf.“
Sanft lehnte der Baron von Montarena Sanjanas Rücken an die Stuhllehne und war kurz darauf auf der rechten Seite des Tisches, um seinen Vetter zu fixieren.
„Kalman, Grifone kommt her und haltet die Beine fest“, bellte die Medica, um die beiden draußen stehenden Soldaten zu rufen. „Calvert, wo bleibt das Wasser!“
Derweil beobachtete Lorian, während er Timor fixierte, weiterhin Sanjana, ob diese erneut aufgefangen werden musste.
„Ich habe ihm so viel Kräuter gegeben, die Menge hätte selbst einen Gaul ruhiggestellt, aber nein, Timor ist immer noch wach…“, schimpfte Carisia vor sich hin. „Das nächste Mal kann sich Arono wieder um ihn kümmern. Ständig flickt man ihn zusammen, um kurz darauf erneut nähen zu müssen.“
Kurz schaffte sie es dennoch auf und zu Sanjana zu schauen. „Und ihr wartet mit eurem Kind noch schön, bevor es raus will. Ich kann mich nicht um zwei Patienten kümmern!“ Auf der anderen Seite des Tisches musste sich der Baron ein Glucksen verkneifen. Die beiden Soldaten schienen sich an einen anderen Ort zu wünschen.
Langsam bekam Sanjana wieder Farbe. Die Bemerkung der Medica sorgte dafür, dass sie rot wurde. „Keine Sorge, ich habe mich im Griff“, knirschte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Ich werde mein Kind nicht wie ein Esel einen Mehlsack im Galopp verlieren, sondern dann zur Welt bringen, wenn sein Vater es zu würdigen weiß.“
„Hier ist euer Wasser, Carisia“, Calvert stürmte in den Raum und übertönte den letzten Teil des Satzes seiner Tante. „Wird auch Zeit“, schnauzte die Medica, „stell dich hier neben mich.“
Sanjana bemerkte, dass Lorians Blick sehr nachdenklich auf ihr ruhte. Sie musste dringend daran arbeiten nicht immer auszusprechen, was sie dachte, dass würde sie eines Tages in Schwierigkeiten bringen. Aber jetzt galt es anderes zu tun. Timor wand sich immer noch und je mehr die Soldaten ihn festhielten, desto heftiger wurde seine Gegenwehr. Sanjana stand auf und trat um den Tisch herum neben Lorian am Kopfende. Glücklicherweise hatte Timor im Gesicht nichts abbekommen und die Malachis verbot sich auf die Wunden zu blicken. Sie legte ihrem Geliebten die Hände an die Wangen und beugte sich zu ihm nieder, bis ihre Lippen seine Stirn berührten. „Schschh... mein Herz, ich bin hier“, flüsterte sie, „Lieg still, ganz still. Ich brauche dich noch.“ Sanjana hoffte, dass niemand außer Timor sie verstand.
Lorian betrachtete die Malachis, wie sie zu ihm kam und seinen Vetter so liebevoll behandelte. Die Worte der Schwangeren hörte er, lies sich aber nichts anmerken.
Kurz nachdem sich Sanjana zu Timor gestellt und seine Stirn geküsst hatte, wurde dieser deutlich ruhiger.
„Drei Männer schaffen es nicht einen Mann ruhig zu halten, da braucht es wie immer nur eine Frau“, ertönte die Stimme der Medica scharf, aber mit einem leicht amüsierten Unterton. „Lasst los, Kalman, Grifone geht wieder vor die Tür und gebt Acht.“
Carisia hatte den Satz noch nicht beendet, da waren die beiden Soldaten schon fast aus dem Raum verschwunden, augenscheinlich erleichtert dies tun zu können. Auch der Baron ließ seinen Verwandten los, blieb aber am Kopfende schräg hinter der Malachis stehen, falls ihre Beine doch wieder nachgaben.
Timor atmete ruhig und gleichmäßig, so dass die Medica sich die Wunde erneut anschauen und verschließen konnte. „Timor sollte morgen transportiert werden können, denke ich, so dass wir zurück nach Montarena können. Ist zwar ein Risiko, aber ich halte es für machbar, wenn die Mittel wirken und er jetzt ruhig schläft“, sagte Carisia, ohne den Blick zu heben.
„Gut, wird Zeit, dass wir hier wieder wegkommen“, erwiderte der Baron prompt. „Einen Wagen werden die Männer bis dahin aufgetrieben haben. Kissen, Stroh und weiter Polsterung kaufen wir dem Wirt oder Bauern ab. Brauchst du sonst noch was für die Versorgung, Carisia?“
„Ein Schnaps für mich zu Stärkung wäre gut“, grinste die Angesprochene den Salsavûr an.
Dieser nahm die Aussage nur mit einem Schnaufen zur Kenntnis und schaute zu seinem Knappen herüber. „Besorg gleich zwei Flaschen, Wein, Wasser und was zu Essen. Der Wirt wird sicherlich noch was in der Küche haben. Sollte er dich abwimmeln wollen, geb Julfo Bescheid.“
Sanjana hatte eisern neben Timor ausgeharrt und ihn weiter liebevoll und beruhigend gestreichelt. Nun da sie die erlösenden Worte der Medica hörte und sie Erleichterung durchflutete spürte sie mit Macht ihre eigene Erschöpfung. Immerhin hatte sie den ganzen Tag im Sattel verbracht, ein paar Strauchdiebe abgewehrt und seit Stunden nichts mehr gegessen. „Calvert, bevor du gehst, magst du mir den Stuhl geben“, bat sie ihren Neffen, „Und unten in der Gaststube ist ein junger Mann, Rondrigo. Er ist mein Diener. Sag ihm bitte Bescheid, ich brauche ein Bad und wenn er dafür morden muss.“
Nachdem sie saß und ihr Neffe verschwunden war, blickte Sanjana zu Lorian auf. „Ich werde nicht fragen, ob ich euch nach Montarena begleiten darf. Ich tue es einfach.“ Ein Hauch eines mutwilligen Grinsens huschte über das Gesicht der Malachis.
„Es gab auch keine andere Option, als uns nach Burg Quellstein zu begleiten“, kam prompt die Antwort des Barons, ohne dass dieser auch nur eine Miene verzog.
Carisia hatte derweil ihr Handwerkszeug vom Bett eingesammelt und in ihrer Medizintasche verstaut. „Ich werde hier fürs Erste nicht mehr gebraucht und schaue mal, was mir die Jungs unten noch übriggelassen haben. Wehe ich bekomme keinen guten Tropfen mehr…“ Mit diesen Worten verließ sie den Raum, wobei sie ihre Tasche, bevor sie aus diesem heraustrat, neben der Tür abstellte, und schloss diese danach.
Als die beiden allein waren erhob der Salsavûr das Wort: „Wie kommt es eigentlich, dass ihr hier seid? Rein zufällig werdet ihr eher nicht einer Eingebung gefolgt sein.“ Er beobachte die Malachis aufmerksam.
Kurz überlegte Sanjana, ob sie sich eine Lügengeschichte ausdenken sollte, verwarf diese Idee aber sofort. Erstens war sie viel zu müde für sowas und zweitens hatte der Baron schon zu viel gesehen. Er hätte schon dümmer als Weißbrot sein müssen, um nicht zu erkennen, was zwischen ihr und Timor war. Also griff sie in die Tasche und holte den Brief heraus, den sie vorgestern erhalten hatte und hielt ihn dem Salsavûr hin.
Lorian überflog das kurze Schreiben seines Knappen schweigend, als er den Blick wieder hob, ergänzte Sanjana: „Ich war beunruhigt und habe mich noch am gleichen Tag auf den Weg gemacht gen Arivor. In Urbet kamen mir die ersten Flüchtlinge entgegen. Rondrigo war einer davon. Er konnte mir bestätigen, dass er Timor beim Turnier gesehen hatte. Heute mussten wir kurz vor Aldan die Straße verlassen, weil sie von Raubgesindel blockiert wurde. Ich kann mich allein nicht mit einem Trupp Räuber anlegen, also beschlossen wir querfeldein Richtung Alicorno zu reiten. Dass wir dieses Gasthaus erreichten und nicht vorher schon campierten, war Sturheit“, sie zuckte die Schultern, „vielleicht hat mich auch etwas vorwärtsgetrieben.“ Sanft strich sie über Timors Haar. „Mehr Geheimnis ist da nicht. Sagt ihr mir nun was geschehen ist? Ich kann Kampfspuren bei euch und euren Männern erkennen.“
Der Baron hörte ihr ruhig zu. „Ok, naheliegend bei so einem Schreiben, aber dennoch gefährlich, was ihr gemacht habt, insbesondere in eurem Zustand“, sah sich der Baron genötigt, die Unvernunft der Malachis zu kommentieren, auch wenn er den Grund verstand. Die Erkenntnisse, die er in der kurzen Zeit, die sie hier war, bekommen hatte, rückten einige Aktionen und Geschehnisse mit Timor in ein anderes Licht oder besser erklärten diese.
Kurz erwischte er sich beim Schmunzeln, sein Vetter war mal wieder für eine Überraschung gut. Romualdo würde vor Wut schäumen, wenn er dies herausbekommen sollte… Entweder das oder er würde es wieder ins rechte Licht rücken wollen, was den Ruccias nicht gut bekommen würde.
„Wir haben eine Gruppe von Gesindel beim Plündern erwischt und sie daran gehindert“, kommentierte er ihre Frage ausdruckslos. „Der Trupp, den ihr gesehen habt, dürfte nicht der Einzige sein. Wo habt ihr diesen gesehen und wann?“ Der Offizier und Lehnsherr kamen in ihm durch, solche Vorkommnisse mussten im Keim erstickt werden, bevor sie wie Unkraut wachsen konnten.
Sanjana beschrieb ihm den Vorfall ausführlich. Auf ihre Vernunft oder Unvernunft ging sie lieber nicht ein. Sie musste den Baron ja nicht mit der Nase drauf stoßen, dass sie sich höchst selten etwas verbieten ließ, was sie zu tun gedachte.

Im Gastraum

Im Gastraum war Rondrigo der Aufforderung gefolgt und hatte sich zu dem Soldaten gesetzt. Wohler fühlte er sich damit nicht sonderlich, aber er war wenigstens sicher. Die Soldaten hatten dem Jungen einen Teller und einen Becher hingestellt und ihm bedeutet, dass er sich bedienen solle. Danach gingen sie wieder ihren Gesprächen nach, so dass der Begleiter Sanjanas allein mit seinen Gedanken war.
Geistesabwesend hatte er sich an der Mahlzeit, die auf dem Tisch stand, bedient und sich auch aus dem Krug eingeschenkt. Er hatte mehr Durst, als ihm bisher bewusst war und nahm einen großen Schluck aus dem Becher. Seine Augen weiteten sich und er war drauf und dran den Inhalt seines Mundes über den Tisch zu verteilen. Er hätte vorher prüfen sollen, was in der Karaffe für eine Flüssigkeit war… Wasser war es definitiv nicht. Gerade noch konnte er verhindern das Getränk auszuspucken und schluckte es herunter. Der amüsierten Reaktion der Soldaten nach hatten diese das Unwohlsein ihres Gastes bemerkt und rissen den ein oder anderen Spruch darüber.
Rondrigo wurde puterrot. Er kam sich unglaublich dumm vor. Dabei hatte er die schlimmsten fünf Tage seines Lebens hinter sich. Genauer gesagt, er hatte sein komplettes Leben verloren. Da wo sein Elternhaus gestanden hatte, klaffte ein Krater. Seine Dienstherrin war von herabstürzendem Gestein erschlagen worden und er hatte sich nur mit dem, was er am Leib trug, davonschleppen können. Und nun wurde er verspottet. Plötzlich packte ihn die Wut und er blaffte die Soldaten an: „Ach hört doch auf zu lachen, ihr Mistkerle! Verspottet euch doch lieber gegenseitig und lasst mich in Ruhe. Ich hab echt die Schnauze voll!“
Als Rondrigo fertig war, waren alle am Tisch schlagartig verstummt und diverse Augenpaaren schauten ihn ungläubig an. Eine kräftige Frau fragte: Julfo, hat der Kleine das jetzt wirklich gesagt?“
Der angesprochene Offizier der Eisenwölfe atmete hörbar ein. „Jungchen, was glaubst du eigentlich mit wem du hier am Tisch sitzt?“ Mit gefährlich zusammen gekniffenen Augen starte ihn Julfo an. Er wirkte bedrohlich, ohne dass er sich erhoben hatte. „Wähle deine nächsten Worte mit Bedacht, sonst wird dich auch deine Begleiterin nicht retten!“
Er fixierte den Jungen noch etwas, bevor er sich wieder geringfügig entspannte. „Für dich, habe ich die Worte, die aus deinem Mund gekommen sind, jetzt mal nicht gehört oder schiebe sie auf die Anstrengung der letzten Tage.“ Wo sich seine Körpersprache entspannte, wirkten seine Worte weiterhin scharf.
So schnell wie er aufgeflammt war, verpuffte Rondrigos Zorn auch wieder. Zurück blieb nur Erschöpfung und das sah man dem jungen Burschen auch deutlich an. „Ich habe nicht nachgedacht. Natürlich weiß ich, wer die Eisenwölfe sind. Jedes arivorer Kleinkind weiß das. Letztes Jahr hab ich es meinem Bruder am großen Turnier noch erklärt”, Rondrigo schüttelte den Kopf und ließ ihn dann hängen.
„Ich werde ihm nie wieder was erklären”, murmelte er in seine Tunika. Als er den Kopf wieder hob, war er mühsam beherrscht aber in seinen Augen schimmerte es verdächtig. „Ich bitte um Vergebung für meine unbedachten Worte, sie waren unangemessen.“ „Gut“, quittierte Julfo die Aussagen des Jungen, sein Gemurmel hatte er nicht mitbekommen, zu laut war es in dem Schankraum. „Jetzt iss was und verdünn dir den Wein mit Wasser…“, er deutete auf die rechts der Weinkaraffe stehenden Krug. „Oben findet sich sicherlich später noch ein leerer Schlafplatz.“ Danach wandte er sich wieder den anderen Soldaten zu und ließ den Jungen in Ruhe.
Rondrigo tat, wie ihm geheißen und sobald er etwas im Magen hatte, wurde es sehr mühsam für ihn die Augen aufzuhalten, immer wieder nickte ihm das Kinn auf die Brust, wovon er jedes Mal wieder hochfuhr.
Gerade als sich Julfo das Drama nicht mehr länger anschauen wollte, und gedachte den Burschen ins Bett zu schicken, kam Calvert die Treppe herunter und blickte sich kurz suchend um. Dann kam er herüber. „Du musst Rondrigo sein, der Diener meiner Tante. Komisch, ich kenne dich gar nicht, bist du neu?“ „Sozusagen“, nickte der Angesprochene, „wir haben uns gestern vor Urbet getroffen, sie hat nach der Katastrophe gefragt, sie suchte wohl jemanden in Arivor und weil sie da partout hin reiten wollte, bin ich mit ihr mit.“
Calvert grinste. ‚Das ist mal ganz typisch für Tante San.‘ Calvert musterte den anderen Burschen kritisch, der sah echt fertig aus. „Weißt du was, ich kümmere mich für heute darum, dass sie alles bekommt, was sie braucht. Du kannst mir dafür morgen mit den Pferden helfen. Ich bin Calvert, der Knappe von Baron Lorian di Salsavûr.“
Rondrigo schüttelte die hingehaltene Hand. „Einverstanden. Ich mach es morgen wieder gut.“
Auch die Medica kam jetzt in die Schankstube und prompt wurde es laut. Sie setzte sich neben den müden Jungen, griff sich einen Becher und dann an dem Jungen vorbei, um an die Karaffe zu gelangen. Sie kippte die Karaffe über das Trinkgefäß, um sich etwas einzugießen, aber ihr Kelch bliebt trocken. Carisia holte tief Luft.
„Das ist doch nicht euer Ernst! Ihr sauft den Wein aus und lasst keinen neuen kommen“, böse starrte sie die Soldaten, die am Tisch saßen, an. „Wie immer! Ihr wollt wohl, dass ich euch mal nicht wieder zusammenflicke, da ich verdurstet und verhungert bin!“ Während ihrer Schimpftirade drehte sie sich um, um eine Schankmaid oder den Wirt zu finden, zu ihrem Verdruss war niemand zu sehen. Wenn sie allerdings sah, war Calvert.
Kurz darauf hatte er eine leere Karaffe vor der Brust und eine Medica mit einem Blick gegenübersitzen, der einem Donnerwetter glich. „Calvert, gut, dass du hier bist. Lass den bitte so schnell wie möglich auffüllen“, sie schaute kurz über die Mahlzeit oder das, was von dieser noch auf dem Tisch stand, „und besorg auch gleich noch etwas mehr zum Speisen!“

Zurück im Zimmer

Nachdem sie mit dem Bericht fertig war, klopfte es an der Tür und Calvert kam herein. Er machte eine kleine Verbeugung in Richtung Lorian und rapportierte: „Mein Herr, ich habe mir erlaubt Speisen und Getränke in das Zimmer nebenan bringen zu lassen. Es werden gleich vier Wachen hierherkommen und eine Magd, damit euer Vetter in sein Bett kommt. Euer Zuber liebe Tante wird gerichtet. Allerdings mag es noch ein halbes Wassermaß dauern, bis das Wasser heiß ist.“ Calvert schmunzelte, der Wirt war zunächst kein bisschen kooperativ gewesen, aber Calvert hatte sich im letzten Jahr so einiges von Lorian abgeschaut. Er hatte sich allein behauptet, ohne Julfo fragen zu müssen, und war stolz auf sich.
Der Baron hatte den Ausführungen Sanjanas schweigend gelauscht und nur an einigen Stellen nachgefragt, um mehr Einzelheiten zu erhalten. Auch Calverts Bericht wurde ruhig zugehört.
„Gut, aber wir lassen Timor lieber erstmal so liegen, wie er hier ist. Nicht dass wieder eine Naht reißt…“ ‚und Carisia wieder hochkommen müsste‘, fügte er in Gedanken hinzu. An die Malachis gewandt, sagte er: „Ich werde euch dann einstweilen in Ruhe lassen, damit ihr euer Bad und etwas Speis und Trank zu euch nehmen könnt. Wenn etwas sein sollte, findet ihr mich unten im Schankraum.“ Er deutete eine leichte Verbeugung an und verließ das Zimmer.
„Ich komme gleich, Calvert. Warte bitte kurz draußen.“ Sanjana wollte die Gelegenheit nutzen und wenigstens einige kurze, kostbare Minuten mit Timor allein sein. Er lag jetzt ruhig und schien zu schlafen. Zärtlich strich sie ihm einige verschwitze Locken aus der Stirn.
„Du hast es mal wieder geschafft, dass mir fast das Herz stehen geblieben ist, wie schaffst du das nur immer“, murmelte sie liebevoll ärgerlich. „Wage es nicht einfach zu sterben und mich hier mit unserem Kind allein zu lassen. Ja, du bist der Vater, wer auch sonst. Auch wenn ich das nie zugeben werde.“ Sanjana beugte sich über Timor und küsste sanft seine Lippen. Danach ging sie, um endlich Ruhe und Entspannung zu finden und etwas zu Essen, ihr Magen rebellierte bereits.