Briefspiel:Goldene Lanze von Bomed 1040/Ein liebreizender Empfang
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Prolog: Zum Turnier ist zu planen
An einem Abend im Perainemond 1039 BF.
Die abendliche Phexensstunde war gerade angebrochen, da saß Erlan Sirensteen, der Baron des Yaquirbruchs immer noch über diversen Papieren, die die Baronie betrafen. Die lange Zeit, in der über den Yaquirbruch de facto niemand herrschte, hatte ihre Auswirkungen, die sich wohl noch einige Monde hinziehen würden. Erlan wusste nicht mehr, ob er froh sein sollte, dass in der Vergangenheit die diversen Besatzer des Palazzo kein Interesse an den ganzen Akten hatten und diese somit noch nahezu vollständig zur Verfügung standen. Eine vernünftige Amtsübergabe war nie geschehen - von wem auch? Der letzte reguläre Amtsinhaber hier war er selber - als Stellvertreter der Marchesa. Und in den Wirren des Thronfolgekrieges war es wichtiger die Getreuen vor den Mordbrennern in Sicherheit zu bringen als eine Übergabe vorzubereiten. Die sowieso hinfällig gewesen wäre, hätte er damals gewusst, dass diese an ihn selbst zu erfolgen hätte...
Er sinnierte noch ein wenig über die vergangenen Jahre und geriet dabei so in Gedanken, dass er die Bewegung in seinem Amtszimmer erst einige Augenblicke nach dem Betreten bemerkte. Seine Gemahlin Shahane kam zu ihm und schaute ihn fragend an.
"Gleich, ich muss nur noch eben etwas erledigen..."
Shahane schüttelte den Kopf und reagierte etwas gereizt:
"Das hast Du bereits vor zwei Stunden gesagt... Du bist seit der morgendlichen Firunsstunde hier."
Sie hatte damit recht und so stapelte er die Vorschläge des Thisdan Arsago wieder unter - das war sowieso kein Thema, was er mit Freude bearbeiten konnte. Dazu war noch Rücksprache mit den Rechtsgelehrten aus Vinsalt notwendig. Als er gerade aufstehen wollte, legte ihm Shahane jedoch ein Schriftstück hin, dessen gebrochenes Siegel er sofort erkannte: Das war ein Schreiben der della Trezzi und somit vermutlich von Tilfur. Als er auf das gebrochene Siegel deutete antwortete ihm seine Gemahlin, dass das Schreiben primär an sie und sekundär an ihn gerichtet war und sie daher natürlich das ganze schon gelesen hätte.
Einladung zur Goldenen Lanze von Bomed 1040 BF
Es handelte sich um die Einladung zur Goldenen Lanze von Bomed im kommenden Jahr. Er hatte Tilfur zugesagt, dass er sich wieder einmal anmelden würde - aber nur unter der Bedingung, dass er nicht vorher beim Königsturnier teilnehmen würde. Zwei Turniere innerhalb so kurzer Zeit wären für ihn - der Turniere nicht zu den liebsten Beschäftigungen zählt - eher nichts.
"Nun, da bleibt mir ja nichts anderes übrig: Ein Sirensteen steht zu seinem Wort und ich habe es Tilfur versprochen. Sagt aber dann die Reservierung zu Arivor ab. Auch wenn es nur als Zuschauer wäre, wäre es doch mit Strapazen verbunden erst in Arivor zu sein um kurz darauf wieder in Bomed zu sein."
Shahane schmunzelte ein bisschen, denn "kurz darauf" war die Lanze nicht wirklich, aber sie hatte mit einer solchen Planung bereits gerechnet und den Cancellario bereits beauftragt ein entsprechendes Schriftstück aufzusetzen. Ebenso die Bestätigung der Anmeldung ihres Gemahls.
"Damit erfreust Du übrigens nicht nur mich, Erlan. Auch Deine Nichte Udora wird erfreut sein, zu erfahren, dass ihr Oheim dabei sein wird."
Erlan wirkte ein wenig verwirrt - denn was hatte die Goldene Lanze mit Udora zu tun? Sie hätte zwar gerne an der Turnei (oder an jeder weiteren...) teilgenommen, aber ihr Vater hatte ihr das untersagt. Auf den fragenden Blick ihres Gemahls reagierte Shahane mit folgender Antwort:
"Wusstest Du es nicht? Udora möchte dem Turnier beiwohnen. Sie wollte, so berichtete Erlgard mir kürzlich, eigentlich zuvor nach Arivor fahren. Doch der Hof hat andere Termine für sie vorbereitet, so dass das dieses Jahr nicht geht. Aber nach Bomed soll sie kommen, auch wenn das aus guten Gründen noch bis zum Turnier selbst geheim gehalten werden soll. Insofern: Du weißt von nichts..."
In dem Moment fragte sich Erlan, wieviele Personen bereits von nichts etwas wussten, denn natürlich war da ein gewisser Aufwand mit verbunden. Je länger er drüber nachdachte umso klarer wurde ihm, dass auch TIlfur schon davon wusste. Der Erbkämmerer, der das Turnier vorbereitete, hatte in den letzten Wochen mal die eine oder andere Andeutung fallen lassen, die sich jetzt dadurch erklärte.
Ein Empfang ist zu geben...
Der Baron richtete die Unterlagen auf seinem Schreibtisch und begleitete seine Gemahlin in die Privatgemächer im ersten Stock des Palazzos.
Wie so oft genoss er den Blick auf den Yaquir, unterhalb der Schlossgalerie. Das Kräuseln der Wellen von Väterchen Yaquir hatte beruhigende Wirkung auf ihn. Während er vor dem Fenster so stand näherte sich Shahane ihm und flüsterte ihm ins Ohr: "Mein horasischer Ritter... Du weißt, dass Du jetzt bei dem Turnier eine weitere Verpflichtung hast?"
Er drehte sich zu ihr um und hätte in dieser Situation eher von anderen Verpflichtungen geredet bzw. diesen entsprochen und schaute sie etwas verwirrt an: "Was meinst Du genau?"
Seine Gemahlin lächelte ihn kokett an und erklärte ihm, dass es doch wohl das mindeste sei, wenn der neue Baron des Yaquirbruchs einen Empfang zu Ehren der Goldenen Lanze, des neuen Grafen, zu seiner Belehnung zum Baron usw.usf. geben würde. Auch dürfe er nicht vergessen, dass auch ihro imperiale Hoheit vor Ort sei, auch wenn natürlich derzeit nicht der offizielle Grund für den Empfang sein könne...
Erlan schloss die Augen und stöhnte ein wenig auf. Nach den Feierlichkeiten zu seiner Belehnung hatte er tatsächlich keinen Ball, keinen Empfang oder eine sonstige Festivität mehr gegeben - was inzwischen wohl überfällig war.
"Du hast recht. Wobei es was anderes ist bei uns hier, in Unterfels oder gar auf Burg Irendor zu feiern oder aber in Bomed."
Shahane die es sich inzwischen im Bett gemütlich gemacht hatte, spielte mit einer Haarsträhne als sie im unschuldigen Ton fragte: "Aber wäre nicht der Palazzo Sirensteen in Bomed dafür geeignet?"
Erlan schüttelte den Kopf: "Wie kommst Du denn darauf? Nur weil er den Namen Sirensteen trägt? Ich habe nicht wirklich mit Rinaldo zu feiern. Denn dann wäre es keine Feier. Abgesehen davon: Er hat doch die letzten Einladungen immer rundheraus abgelehnt. Nicht mal geantwortet hat er. Sollen wir ihn dafür belohnen, in dem wir seinen Palazzo nutzen? Und uns noch bei ihm dafür bedanken müssten? Nein, auf keinen Fall. Und auf eine Gästeliste kommt er auch nicht, Geheimer Rat hin oder her. Das Büttenpapier und den Botenreiter können wir uns sparen."
Shahane hatte vergessen, wie Erlan auf seinen Anverwandten in Bomed reagierte. Nun ja, in jeder Familie gibt es schwarze Schafe - so auch in dieser. Sie antwortete ihm:
"Du hast recht, wir verzichten auf Ronaldo. Und ich werde mich um den Empfang kümmern, Du hast damit dann nichts zu tun. Du darfst aber dabei sein. Du MUSST dabei sein."
... und bevor Erlan noch was anderes sagen konnte, presste sie ihre Lippen auf die seinigen und beendete dieses Thema damit recht effektiv.